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Leo Trotzki 19320308 Auszug aus einem Brief

Leo Trotzki: Auszug aus einem Brief

[nach Internationales Bulletin der Kommunistischen Linksopposition, No. 16, Mai 1932, S. 11 f.]

[Angesichts der zahlreichen Falschmeldungen über unsere Stellung zur KPDO-Minderheit bringen wir einen Auszug aus einem älteren Brief des Gen.Trotzki.

Die Redaktion.]

Prinkipo, 8. März 32.

Lieber Genosse .....

Ich beantworte Ihren Brief umgehend: Die Tatsache, dass Ihre Gruppe ohne eigene Plattform und eigenes Organ sich der SAP anschließt, bedeutet, dass Ihre Gruppe sich in der SAP auflöst. Dass jeder einzelne und alle zusammen sich dabei die Aufgabe stellen, die SAP für den Kommunismus zu gewinnen, bezweifle ich selbstverständlich keinen Augenblick. Doch die Tagespolitik, die Anforderungen der Massenorganisation werden ihre unvermeidlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Ich sehe wirklich nicht, auf welche Weise Ihre Gruppe sich als kommunistische Gruppe in der SAP behaupten könnte.

In Ihrer Erklärung an die SAP finden sich schon unzweideutige Symptome dieser Auflösung. Wie scharf – und mit Recht – die Kritik an der SAP1 und KPD, wie milde verschwommen, verklausuliert die Kritik der SAP! Wo Sie das buntscheckige Bild der SAP wirklich mit Aquarellfarben malen, verschweigen Sie die Tatsache, dass die Führung dieser Partei und die Leitung des Zentralorgans vollständig Zentristen sind. Und für die Physiognomie der Partei, wie sie heute vor uns dasteht, ist das von entscheidender Bedeutung.

Von der KPD-O. haben Sie die Bezeichnung der KPD als ultralinks übernommen. Die Bezeichnung ist einseitig, nicht vielsagend und sogar für den heutigen Tag in gewissen Grenzen falsch: Die Scheringerei hat nichts „Ultralinkes“ an sich. Dabei verschließen sie t Augen vor der offenen opportunistischen Vergangenheit, die morgen wieder als lebendige Gegenwart auferstehen kann. Darüber spreche ich mich aber ausführlicher in meiner Broschüre aus.

Dass Sie in dieser allgemeinen Form das Unheil in der „Verstrickung der kommunistischen Politik in den kapitalistischen Ländern in die Fraktionskämpfe der russischen Partei" sehen, scheint mir ganz falsch zu sein. Umgekehrt würde schon eher ein Schuh daraus. Das Unheil der KPD-O. bestand darin, dass sie in den inneren Kämpfen der russischen Partei stets die falsche Linie gegen die richtige unterstützt hat.

Die Formulierungen in Bezug auf die Einheitsfront scheinen mir auch zu allgemein und, erlauben Sie mir das Wort, zu SAP-istisch zu sein. Das Bestehen auf einer einheitlichen Präsidentenkandidatur finde ich grundfalsch. Wollen Sie morgen auch gemeinsame Listen für Preußenwahlen und später die Reichstagswahlen vorschlagen? Wir sind für die Einheitsfront nur in praktischen Massenaktionen. Das hat absolut nichts gemein mit dem Verzicht auf eigene Fahne, eigenes Programm und eigene Kandidatur bei den Wahlen.

Ich will auf kleinere Dinge nicht eingehen. Das Wichtigste ist jedenfalls oben angedeutet. Dass Sie gegen eine voreilige Annahme eines Programms durch die SAP auftreten, scheint mir ganz richtig zu sein. Je umfangreicher und ausführlicher die Programmdiskussion sich gestalten wird, desto größere Vorteile wird die revolutionäre Tendenz daraus ziehen. Ich bekomme die SAZ und sammle die Programmentwürfe. Vielleicht werde ich später durch eine Broschüre in die Programmdiskussion eingreifen...........

gezeichnet

L. Trotzki.

1Muss wohl SPD heißen!

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