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Leo Trotzki 19320415 Hitlers Sieg bedeutet Krieg gegen die UdSSR

Leo Trotzki: Hitlers Sieg bedeutet Krieg gegen die UdSSR

[Nach Permanente Revolution, 2. Jahrgang Nr. 17 (2. Augustwoche 1932), S. 1 f. und Nr. 18 (3. Augustwoche), S. 1 f.]

[Folgender Artikel Trotzkis erschien schon vor dem 15. April 1932 im «Forum», New York, und in «The Militant», übersetzt aus «The Militant».]

Die Weltpolitik hat zur Zeit zwei ungewöhnlich weit voneinander entfernte Brennpunkte: einen auf der Linie Mukden-Peking, den anderen auf der Linie Berlin-München. Jeder dieser Ansteckungsherde für sich genügt zur Zerstörung des «normalen» Ganges der Ereignisse auf unserem Planeten für Jahrefür Jahrzehnte. Die tag-tägliche Arbeit der Diplomaten und offiziellen Politiker jedoch sieht aus, als ob nichts Ungewöhnliches Geschehe. Ebenso sah sie 1912 während des Balkankrieges aus, der das Vorspiel zu 1914 war.

Mit einigem Rechtunter grober Verleumdung eines klugen Vogelsnennen die Menschen das eine Vogelstraußpolitik. Die vom Völkerbund angenommene Schmuckentschließung in der mandschurischen Frage ist ein Dokument für eine selbst in der Geschichte der europäischen Diplomatie beispiellose Unfähigkeit: kein selbstbewusster Strauß würde je seinen Namen darunter setzen. Dieserin einigen Fällen natürlich völlig freiwilligenBlindheit dem gegenüber, was sich im Fernen Osten vorbereitet, ist zumindest dieser mildernde Umstand zuzubilligen: dass die dortigen Ereignisse sich in einem verhältnismäßig langsamen Gang entwickeln. Der Osten ist, obwohl er zu einem neuen Leben erwacht, noch weit vom «amerikanischen» oder gar dem europäischen Tempo entfernt.

Deutschland ist ein schwieriger Stoff. Die Sackgasse, in die das in Versailles balkanisierte Europa jetzt hinein gerannt ist, findet in Deutschland einen verdichteten Ausdruck.wo sie die politische Form des «Nationalsozialismus» angenommen hat. In der Sprache der Sozialpsychologie könnte diese politische Richtung beschrieben werden als eine seuchenartige Verzweiflungsyysterie unter den Mittelschichten: dem zugrunde gerichteten Kleinhändler, Handwerker und Bauern, zum Teil auch dem arbeitslosen Proletarier, dem Beamten und dem Offizier a. D. des Weltkriegs, der immer noch seine Auszeichnungen trägt, aber ohne die Rationen, dem Angestellten der geschlossenen Büros, dem Buchhalter der bankrotten Bank, dem beschäftigungslosen Ingenieur, dem Journalisten ohne Gehalt und Aussichten, dem. Arzt, dessen Klienten wohl noch krank sind, aber nicht wissen, wie sie zahlen sollen.Hitler hat es abgelehnt, Fragen über sein innenpolitisches Programm zu beantworten, mit der Begründung, dass es ein militärisches Geheimnis sei. Er habe es nicht nötig, sagt er, seine geheimen Heilsmethoden seinen politischen Feinden preiszugeben. Das ist nicht sehr patriotisch, aber schlau. In Wahrheit aber hat Hitler gar keine Geheimnisse. Jedoch beschäftigen wir uns hier nicht mit Innenpolitik. In der Sache der internationalen Politik scheint seine Einstellung zuerst ein bisschen entschiedener auszusehen. In seinen Reden und Aufsätzen erklärt Hitler dem Versailler Vertrag, dessen willfähriges Geschöpf er ist, den Krieg. Seine Spezialität sind gegen Frankreich gerichtete Schimpfausdrücke. Aber Tatsache ist, wenn er zur Macht gelangt, würde Hitler einer der Hauptpfeiler von Versailles werden und sich so wenden, dass er eine Hauptstütze des französischen Imperialismus wird.

Diese Behauptungen mögen widerspruchsvoll klingen. Aber sie folgen mit unerbittlicher Logik aus der europäischen und internationalen Lage, wenn diese richtig analysiert wirdd.h. wenn die Analyse von den Grundkräften der Politik und nicht von leerem Gerede, Gebärden und anderem demagogischen Plunder ausgeht.

Hitler wird Bundesgenossen brauchen.

Die deutschen Faschisten erklären, dass der Marxismus und Versailles ihre beiden Feinde seien. Mit dem Ausdruck «Marxismus» meinen sie zwei deutsche Parteiendie Kommunisten und die Sozialdemokratie –, und einen Staat, die Sowjetunion. Unter Versailles verstehen sie Frankreich und Polen. Um zu verstehen, welches die derzeitige internationale Rolle eines nationalsozialistischen Deutschland sein wird, muss man diese Bestandteile des Problems kurz einmal gegeneinander abwägen.

Die italienische Erfahrung hat die Beziehungen zwischen dem Faschismus und dem Marxismus hell genug beleuchtet. Bis zum Augenblick des Operettenmarsches auf Rom, war Mussolinis Programm nicht weniger radikal, nicht weniger mystisch als das Hitlers. Als wirkliche Tat wurde es rasch ein Programm des Kampfes gegen die revolutionären und oppositionellen Kräfte. Wie das italienische Vorbild, kann auch der deutsche Nationalsozialismus die Macht nur ergreifen, nachdem er die Arbeiterorganisationen zerschlagen hat. Gewiss ist das nicht einfach; zwischen sich und der Macht, die sie erstreben, werden die Nationalsozialisten den Bürgerkrieg vorfinden. Selbst wenn Hitler auf friedlichem Wege eine parlamentarische Mehrheit verhelfen solltewas aus der Reihe der Möglichkeiten ruhig ausgeschlossen werden darfstände er zur Einführung der faschistischen Herrschaft genau so der Notwendigkeit gegenüber, der Kommunistischen Partei , der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften den Hals umzudrehen. Und das ist ein peinlicher und langwieriger chirurgischer Eingriff. Hitler selbst natürlich weiß das. Und darum ist er auch keineswegs geneigt, seine politischen Pläne dem ungewissen Geschick das deutschen Parlamentarismus anzupassen.

Wahrend Hitler mit Phrasen von seiner Legalität um sich wirft, wartet er auf den geeigneten Moment, wo er einen kurzen und scharfen Schlag führen kann. Wird es ihm gelingen? Es ist keine leichte Aufgabe. Aber es wäre unverzeihlicher Leichtsinn, seinen Erfolg für unmöglich zu halten. Und auf welchem Wege auch immer Hitler zur Macht kämeob durch die geöffnete Tür oder durch Einbruch – die Faschisierung Deutschlands würde auf jeden Fall einen ernsten inneren Konflikt bedeuten. Das würde unvermeidlich die Kräfte des Landes auf.eine beträchtliche Zeit lahmlegen und Hitler zwingen, in dem umliegenden Europa nicht Rache, sondern Verbündete und Beschützer zu suchen. Von dieser grundlegenden Betrachtung muss unsere Analyse ausgehen.

Die deutschen Arbeiter werden in ihrem Kampf gegen den Faschismus natürlich die Unterstützung der Sowjetunion suchen und auch finden. Kann man sich nur einen Augenblick lang vorstellen, dass es Hitlers Regierung unter solchen Umständen riskieren würde, in einen Waffenkonflikt mit Frankreich und Polen zu geraten? Zwischen dem Proletariat eines faschistischen Deutschlands und der Sowjetunion steht Pilsudski. Dem mit der Faschisierung Deutschlands beschäftigten Hitler wäre die Hilfe, oder mindestens wohlwollende Neutralität Pilsudskis, unendlich viel wertvoller als die Beseitigung des polnischen Korridors. Wie unbedeutend wird Hitler diese Frageja, die ganze Frage der Grenzen Deutschlandsinmitten seines erbitterten Kampfes um die Eroberung und die Bewahrung der Macht erscheinen!

Pilsudski würde für Hitler eine Brücke zur Freundschaft mit Frankreich seinwenn nicht tatsächlich andere Brücken näher lägen. Sogar jetzt sind Stimmen in der französischen Pressewenn auch nur in zweitrangigen Blätternzu hören, wie «Es ist Zeit, unseren Kurs auf Hitler zu steuern!». Die amtliche, von Le Temps geführte Presse nimmt, versteht sich, eine feindliche Haltung den Nationalsozialisten gegenüber ein. Aber nicht weil die Herren des Geschicks im heutigen Frankreich Hitlers kriegerische Gebärden ernst nähmen. Nein, was sie erschreckt, ist der Pfad, auf dem allein Hitler an die Macht kommen kann der Pfad des Bürgerkriegs, dessen Ausgang niemand vorhersagen kann. Kann seine Politik eines Staatsstreichs von rechts nicht eine Revolution von links entfesseln? Das ist es, was die regierenden Kreise in Frankreich – und auch ganz zu Rechtquält.

Aber eins ist klar: wenn Hitler alle Hindernisse überwinden und an die Macht kommen würde, so wäre er, um im eigenen Lande freie Hand zu bekommen gezwungen, mit einem Treueid auf Versailles zu beginnen. Niemand am Quai d'Orsay zweifelt daran. Mehr noch, man weiß dort genau, dass eine Militärdiktatur Hitlers, wenn sie einmal in Deutschland dauerhaft errichtet ist, zu einem außerordentlich viel zuverlässigeren Bestandteil der französischen Vorherrschaft in Europa werden würde, als es die jetzige (Gemeint ist Brüningregime, d.Red.) deutsche Regierungsform ist, deren mathematische Formel fast nur aus unbekannten Größen besteht.

Krieg wäre unvermeidlich.

Sich vorzustellen, dass die herrschenden Kreise in Frankreich «in Verlegenheit gebracht» würden, wenn sie als Beschützer eines faschistischen Deutschland aufträten, wäre vollkommen kindische Naivität. Frankreich beschirmt Polen, Rumänien und Jugoslawien, drei von Militärdiktaturen regierte Länder! Ist das ein Zufall? Nicht im mindesten. Die gegenwärtige französische Vorherrschaft über Europa entspringt der Tatsache, dass Frankreich als der alleinige Erbe des Sieges der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und seiner selbst übrig blieb. (Ich nenne Russland hier nicht, weil es an dem Sieg nicht Teil hatte, obwohl es die größte Zahl von Menschenleben dafür bezahlte.) Aus den Händen der mächtigsten Vereinigung der Weltkräfte, die die Geschichte nennt, hat Frankreich ein Erbteil empfangen, das es nicht fahren lassen wird, das aber zu schwer für seine schmalen Schultern ist. Frankreichs Grund und Boden, seine Bevölkerung, seine Produktivkräfte, sein Volkseinkommenall das ist offenbar der Aufrechterhaltung seiner Herrenstellung nicht angemessen. Die Balkanisierung Europas, die Aufhetzung der Gegensätze, der Kampf gegen die Abrüstung, die Unterstützung von Militärdiktaturendas sind die für die Verlängerung der französischen Vorherrschaft notwendigen Methoden.

Die starke Zersplitterung des deutschen Volkes tritt in das System der französischen Vorherrschaft ein als ein ebenso notwendiges Glied wie die phantastischen polnischen Grenzen mit ihrem berühmten Korridor. «Korridor» ist in der Sprache von Versailles der einem Eingriff verliehene Name, den andere Menschen die Abtrennung einer Rippe aus einem lebenden Körper nennen würden. Wenn Frankreich, das unterdessen Japan in der Mandschurei unterstützt, bei Gott schwört, dass es den Frieden will, so bedeutet das einfach, dass es für die Unverletzlichkeit seiner eigenen Vorherrschaft einstehtdas heißt für sein Recht, Europa zu zerstückeln und dem Chaos zuzuführen. Die Geschichte bezeugt, dass unersättliche Eroberer immer zum «Pazifismus» neigen, weil sie die Rache der Unterlegenen fürchten.

Ein faschistisches Regimedas nur um den Preis blutiger Zuckungen und einer neuen Erschöpfung Deutschlands geboren werden kannwäre eben dadurch ein unschätzbarer Bestandteil der französischen Vorherrschaft. Von der Seite der Nationalsozialisten hat Frankreich und sein Versailler System überhaupt nichts zu fürchten.

Würde Hitler an der Macht dann Frieden bedeuten? Nein, Hitler an der Macht würde eine neue Stärkung der französischen Vorherrschaft bedeuten. Aber gerade darum würde Hitler an der Macht Krieg bedeuten – Krieg nicht gegen Polen, nicht gegen Frankreich, sondern Krieg gegen die Sowjetunion.

Die Moskauer Presse hat in den vergangenen Jahren mehr als einmal von einer nahenden Militärinvasion in die Sowjetunion gesprochen. Der Verfasser dieser Zeilen hat mehr als einmal gegen diese Art oberflächlichen Prophezeiens Einwendungen gemachtnicht weil er glaubte, dass in Europa oder auf dem restlichen Erdball irgendwo Mangel an schlechtem Willen zum Kriege gegen die Sowjetunion herrsche. Nein, daran fehlt es nicht. Aber für ein solch gewagtes Unternehmen wären die Unstimmigkeiten und Widerstände nicht nur zwischen den verschiedenen europäischen Staaten, sondern noch mehr innerhalb eines jeden von ihnen zu groß.

Es gibt kaum einen nennenswerten Politiker, der jetzt daran glaubt, dass die Sowjetrepublik vermittels an der Grenze zusammengetrommelter Heere oder einfacher Landungsoperationen beseitigt werden könnte. Sogar Winston Churchill glaubt nicht mehr daran, trotz der sehr langen Tonleiter seiner politischen Stimmübungen. Ein Versuch dieser Art war in den Jahren 1918-20 unternommen worden, als Churchill seiner eigenen hochmütigen Prahlerei gemäß «vierzehn Nationen» mobil machte gegen die Sowjetunion. Wie glücklich wäre der britische Finanzminister jetzt, wenn er die hunderte von Millionen auf die Intervention in Russland verwandten Pfunde zurückbekommen konnte!

Aber wir dürfen über vergossene Milch kein Geschrei erheben. Außerdem ist mit jenem Geld eine gute Lehre bezahlt worden. Wenn zu jener Zeit, in den ersten Jahren der Sowjetrepublik, als die Rote Armee noch in den Kinderschuhen steckte – ach, in jenen Jahren hatte sie oft überhaupt nichts an den Füßen! –, die Truppen von «vierzehn Nationen» den Sieg nicht erringen konnten, wie viel weniger Hoffnung ist jetzt da, wo die Rote Armee eine gewaltige Kraft ist mit Siegestradition, mit jungen und doch erfahrenen Offizieren, mit unerschöpflichen, von der Revolution erschlossenen Hilfsquellen und mit genügend reichen Kriegsbedarfslagern!

Die vereinten Kräfte der benachbarten Völker wären, selbst wenn sie in das Abenteuer hineingezogen werden könnten, zu schwach für die Aufgabe einer Intervention in die Sowjetunion. Japan ist zu weit weg für eine selbständige militärische Rolle gegen die Sowjetunion, und überdies wird die Regierung des Mikado zuhause genug Wirren in den nächsten Jahren haben. Um eine Intervention möglich zu machen, ist ein großes, hoch industrialisiertes und dazu noch kontinentales Reich nötig, eins, das wünscht und fähig ist, auf sich die Hauptlast eines Kreuzzuges gegen die Sowjets zu nehmen. Genauerein Land wäre nötig, das nichts zu verlieren hat. Ein Blick auf die politische Landkarte von Europa überzeugt einen, dass solch eine Aufgabe, nur von einem faschistischen Deutschland übernommen werden könnte. Mehr als das, ein faschistisches Deutschland hätte gar keinen anderen Ausweg. Wenn die faschistische Herrschaft die Macht auf Kosten unzähliger Opfer erworben, ihren Bankrott in allen einheimischen Problemen offenbart, vor Frankreich und somit vor solchen Halbvasallenstaaten wie Polen kapituliert hat, so wäre es unweigerlich gezwungen, irgendeinen waghalsigen Ausweg aus dem eignen Bankrott und den Widersprüchen der internationalen Lage zu suchen. Ein Krieg gegen die Sowjetunion würde aus solchen Lmständen mit verhängnisvoller Notwendigkeit erwachsen.

Auf diese schwarzseherische Vorhersage könnte man mit der Anführung des Beispiels Italiens antworten, mit dem die Sowjetunion ein modus vivendi (Verständigung über das Zusammenleben) geschaffen hat. Dieser Einwand ist aber oberflächlich. Italien ist von der Sowjetunion durch eine Reihe von dazwischenliegenden Ländern getrennt. Der italienische Faschismus ging auf mit der Hefe einer bloß italienischen Kriseda die nationalen Ansprüche Italiens in Versailles freigiebig genug zufriedengestellt worden waren. Der italienische Faschismus kam kurz nach dem Weltkrieg zur Macht, zu welcher Zeit von einem neuen Kriege nicht die Rede sein konnte. Und schließlich blieb das faschistische Italien allein, und niemand in Europa wusste, wie standfest sich das faschistische Regime einerseits und das Sowjetregime andererseits erweisen würden.

In jeder dieser Hinsicht unterscheidet sich die Stellung des Hitlerschen Deutschland verhängnisvoll. Dieses braucht einen auswärtigen Erfolg. Die Sowjetunion wäre ein unerträglicher Nachbar. Wir erinnern daran, wie lang Pilsudski zögerte, den Nichtangriffsvertrag mit Russland zu unterzeichnen. Hitler, Schulter an Schulter mit Pilsudski – das allein ergibt eine Antwort auf unsere Frage. Andererseits wird Frankreich sehr wohl wissen, dass es nicht in der Lage ist, Deutschland dauernd entwaffnet zu halten. Die französische Politik wird die sein, den deutschen Faschismus auf den Osten zu lenken. Diese würde der nationalen Empörung über das Versailler System ein Sicherheitsventil öffnen und hättewer weiß?vielleicht das Glück, auf diesem Wege zu neuen Lösungen des heiligsten aller Weltprobleme, des Reparationsproblems, zu kommen.

Russland muss vorbereitet sein

Wenn man die Versicherung der faschistischen Propheten, dass sie in der ersten Hälfte des Jahres 1932 zur Macht kommen werden, für wahr hinnimmtobgleich wir fern davon sind, diesen Leuten auf ihr bloßes Wort hin zu glauben –, ist es möglich, im Voraus eine Art politischen Kalenders anzulegen. Ein paar Jahre müssen angesetzt werden für die Faschisierung Deutschlandsfür die Zertrümmerung der deutschen Arbeiterklasse, die Schaffung einer faschistischen Miliz und die Wiederherstellung des Heeres. Ungefähr während 1933/34, dann würden die Bedingungen für eine militärische Intervention in die Sowjetunion hinreichend reif sein.

Dieser «Kalender» geht natürlich von der Annahme aus, dass die Regierung der Sowjetunion unterdessen geduldig wartet. Meine Beziehungen zu der jetzigen Moskauer Regierung sind nicht von der Art, dass ich ein Recht hätte, in ihrem Namen sprechen oder auf ihre Absichten zu verweisen, die ich, wie jeder andere Leser und Politiker, nur auf Grund aller erreichbaren Nachrichten beurteilen kann. Aber um so freier heraus kann ich sagen, wie meiner Meinung nach die Sowjetregierung handeln müsste im Falle der faschistischen Staatsumwälzung in Deutschland. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich, sobald ich telegraphisch von diesem Ereignis erführe, eine Anweisung zur Klassenmobilisierung unterzeichnen. Wenn man einem Todfeind gegenübersteht und wenn der Krieg sich notwendig aus der Logik der tatsächlichen Lage ergibt, wäre es unverzeihlicher Leichtsinn, diesem Feinde Zeit zu geben, sich festzusetzen und zu verstärken, die notwendigen Bündnisse einzugehen, die nötige Hilfe zu empfangen, einen Plan allseitiger militärischer Angriffe nicht nur von Westen, sondern auch von Ostenauszuarbeiten, und so das Ausmaß einer ungeheuren Gefahr wachsen zu lassen.

Hitlers Stoßtruppen lassen schon über ganz Deutschland einen Kriegsgesang gegen die Sowjets erschallen, der von einem gewissen Dr. Hans Buchner komponiert ist. Es wäre unvorsichtig, die Faschisten dies kriegerische Lied brüllen zu lassen. Wenn sie es singen müssen, so sei es staccato.

Wer von beiden auch immer formal die Initiative ergreift, ein Krieg zwischen einem Hitlerstaat und dem Sowjetstaat wäre unvermeidlich und das schon in sehr kurzer Zeit Die Folgen dieses Krieges waren unberechenbar. Welche Illusionen man aber auch in Paris hegen mag, eins kann man zuverlässig versichern: In den Flamen eines bolschewistisch-faschistischen Krieges wurde als eines der ersten Dinge der Vertrag von Versailles aufgehen.

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