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Leo Trotzki 19330818 Die deutsche Opposition und die SAP sollten sich vereinigen

Leo Trotzki: Die deutsche Opposition und die SAP sollten sich vereinigen

[eigene Rückübersetzung nach Writings of Leon Trotsky (1933-1934), New York ²1975, S. 46 f.]

Lieber Genosse Schwab:

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass es ein ungeheurer Genuss war, diese drei Tage mit Ihnen zu verbringen und einmal alle unentschiedenen Fragen gründlich persönlich zu diskutieren. Ich hoffe, dass die Diskussion auf beiden Seiten nicht fruchtlos war. Ich zumindest empfing viele wichtige Fakten und Ideen und eine ganzen Menge Anregung von ihr. In diesem Brief würde ich gerne – sehr kurz – das Ergebnis unserer Diskussionen zusammenfassen, wie ich es sehe

Zweifellos war die Arbeit der KPO-Minderheit innerhalb der SAP erfolgreich. Aber dieser Erfolg muss weiter getrieben werden oder er wird verpuffen. Auch die Linke Opposition muss einen Sprung auf ein höheres Niveau unternehmen. Die Verschmelzung der beiden Organisationen wird der Ausgangspunkt für ein wichtiges neues Kapitel in ihrer Entwicklung.

Was ist mit den Meinungsverschiedenheiten? Ich will gewiss nicht leugnen, dass es in der Art und Weise, wie wir an Fragen herangehen Unterschiede gibt – die leicht durch die Geschichte unserer Organisationen erklärt werden können. Aber diese Unterschiede scheinen mir nicht grundlegend zu sein. Was mehr ist, mit gutem Willen auf beiden Seiten können sie einander sehr vorteilhaft ergänzen und fruchtbar sein.

Natürlich müsste die Vereinigung auf der Grundlage eines programmatischen Dokuments stattfinden. Dieses Dokument sollte sich natürlich mit der Zukunft befassen, nicht mit der Vergangenheit, und es sollte aus der Vergangenheit nur die für die neuen Aufgaben notwendigen Lehren ziehen. Dieses wichtige Dokument könnte von den vereinigten Kräften der zwei Organisationen erstellt werden und, weil es die Vereinigungsplattform darlegen würde, könnte es als Manifest dienen, um die Kräfte zum Aufbau der neuen Partei und der neuen Internationale zu versammeln. Es geht wirklich darum, das Eisen zu schmieden, so lange es heiß ist. Nicht nur – und das ist natürlich entscheidend – erfordern die Weltlage und die Lage des Weltproletariats jetzt ein schnelles und energisches Eingreifen der Vorhut, das die notwendige Initiative besitzt, sondern die innere Lage unserer Organisationen drängt in die selbe Richtung. Wen wir die nächste paar Wochen verstreichen lassen, werden die Mechanismen des politischen Lebens – besonders in der Emigration – eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen unseren Organisationen bringen. Konflikte werden sich vervielfachen. Und gerade weil diesen Konflikten eine prinzipielle Grundlage fehlen wird, könnten sie um so vergiftender sein. Diese beiden Phänomene würden unvermeidlich auf die internationale Ebene übertragen werden. In England, Holland, überall wo es deutsche Emigranten gibt, würden beide Gruppen versuchen, die wütende Konkurrenz zu gewinnen – auch innerhalb der „einheimischen“ Organisationen.

Um schnell zu handeln, sollten wir nicht auf Formalitäten bestehen. Die führenden Gremien innerhalb Deutschlands sind in einer sehr schwierigen Lage und sie besitzen viel zu wenige Information über das, was im Ausland passiert, um jetzt in dieser Frage die Initiative ergreifen zu können. Die Initiative gehört den Emigranen. Die Deutschen sind in eine Periode eingetreten, in der die Emigration den entscheidenden Konzentrationspunkt darstellt. Wir müssen eine gute gemeinsame Zeitschrift gründen, die in unmittelbarer Zukunft wöchentlich zu erscheinen beginnen sollte, wenn das irgendwie möglich ist. Die Tatsache der Vereinigung würde unausweichlich neue Hoffnungen und Perspektiven erwecken, neue Sympathie gewinnen und – was nicht unwichtig ist – neue Geldquellen eröffnen. Wir brauchen eine gute Wochenzeitung und mit unseren vereinigten Kräften wären wir in dieser Lage, eine zu gründen. Und die Zeitung wird hauptsächlich als Organisator wirken müssen. Ohne eine politische Wochenzeitung und vielleicht eine theoretische Monatszeitschrift würden unsere Freude in Deutschland schrittweise in den Gefängnissen und Konzentrationslagern verschwinden, ohne durch neue Kräfte ersetzt zu werden.

Offensichtlich muss die ganze Frage von den Organisationen selbst entschieden werden. Aber ich wäre außerordentlich glücklich, wann unsere Diskussion die Entscheidung leichter gemacht hätte.

Mit besten kommunistischen Grüßen,

L. T.

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