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Leo Trotzki 19330613 Über einen Wirtschaftsplan UdSSR-USA

Leo Trotzki: Über einen Wirtschaftsplan UdSSR-USA

[Nach Unser Wort. Halbmonatsschrift der deutschen Sektion der Internationalen Linken Opposition, Jahrgang 1, Nr. 8 (Anfang Juli 1933), S. 1]

[Die New Yorker bürgerliche Zeitung „World Telegram“ veröffentlichte ein Interview mit dem Genossen Trotzki über die Weltwirtschaftskonferenz. Wir geben hier die Antworten des Genossen Trotzki auf die Fragen des „World Telegram“ wieder, da sie trotz der unvermeidlichen Verwässerung durch den bürgerlichen Journalisten sehr beachtliche Bemerkungen zur Weltlage enthalten.]

Sie haben mich nach meiner Meinung über die Weltwirtschaftskonferenz gefragt. Ich habe bezüglich ihrer Resultate nicht die geringsten Illusionen. Wenn die zahllosen Konferenzen der letzten Jahre eine Lehre geben, dann die, dass die vorhandenen realen Widersprüche nicht durch die nichtssagenden allgemeinen Formulierungen, die unvermeidlich das Wesen aller solcher Konferenzen ausmachen, aufgehoben werden können. Taten sind nötig!

Eine der notwendigsten Taten würde die Regelung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sein. So weit wie ihre neue Regierung diesen Weg beschreitet, wird sie einen äußerst wichtigen Schritt tun, sowohl vom Standpunkt der internationalen Politik wie von dem der Volkswirtschaft.

Der Viermächtepakt regelt nichts. Hitlers wirklicher Plan ist, in England und Italien Unterstützung für einen Krieg gegen die Sowjetunion zu finden. Wer das nicht sieht, ist blind.

Die Errichtung normaler Beziehungen zwischen Washington und Moskau würde Hitlers kriegerischen Plänen einen bedeutend entscheidenderen Schlag versetzen als alle europäischen Konferenzen zusammengenommen tun können.

Nicht geringere Bedeutung kommt der Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion zu im Hinblick auf den Fernen Osten. Die gegenwärtige Regierung Japans ist keineswegs stark. Im Gegenteil, die abenteuerlichen Maßnahmen Tokios erinnern sehr an die Politik der zaristischen Bürokratie in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts.

Aber es sind gerade diese schrecklichen Operationen einer unverantwortlichen Militärkamarilla, die unerbittllich die furchtbaren Konvulsionen zeugen.

Ein Bündnis zwischen Washington und Moskau würde nicht ohne Wirkung auf Tokio bleiben und mit einer gemeinsamen Politik würde man in kurzer Zeit die ungestüme Entwicklung des militärischen Abenteurertums Japans aufhalten können.

Vom ökonomischen Standpunkt würde die Errichtung normaler Beziehungen zwischen der Sowjetunion und ihrem Lande noch positivere Resultate zeitigen. Der ausgedehnte Wirtschaftsplan der Sowjetunion kann in der kommenden Periode nicht auf dem faschistischen Deutschland basieren, mit dem Russlands außenpolitische Beziehungen unvermeidlich instabil werden müssen.

Die beiden Republiken, die europäisch-asiatische und die amerikanische, deren Bevölkerung zusammen fast die Zahl 300.000.000 erreicht, würden so durch die ökonomische Zusammenarbeit die weitaus größere Bedeutung erlangen.

Die Zusammenarbeit könnte planmäßigen Charakter tragen, von oben reguliert und für eine Reihe von Jahren aufgestellt werden.

Die Anmerkung einer Vertretung der USA in Moskau würde Washington die Möglichkeit geben, sich selbst zu überzeugen, dass trotz der gegenwärtigen vorübergehenden Handelsschwierigkeiten die Sowjetunion vielleicht die sicherste Kapitalanlage bietet.

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