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Leo Trotzki 19340721 Einige ergänzende Bemerkungen und Anregungen zu den Artikeln der Vérité

Leo Trotzki: Einige ergänzende Bemerkungen und Anregungen zu den Artikeln der Vérité

[Nach Auszüge aus dem Bulletin Interieur de la Ligue Comuniste, S. 9 f., enthalten in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 957, International Institute of Social History, Amsterdam.]

Wenn die KP heute unsere Genossen aufnähme, würden die Unversöhnlichen für den Eintritt sein? Ja oder nein? Es wäre eine zu große Beleidigung für sie, anzunehmen, sie würden den Beitritt ablehnen. Folgt also, dass eine gewisse Anzahl Genossen einen grundlegenden Unterschied machen zwischen der KP und der SP und damit unsere Analyse beiseite schieben, die nachwies, dass wir mit zwei Abarten von Zentrismus zu tun haben, von denen die eine sich nach links entwickelt, die andere stagniert oder gar nach rechts gewendet ist.

Gerade jetzt bringen die Ereignisse eine glänzende Bestätigung dieser Analyse. Die stalinistischen Führer verzichten auf die Kritik und setzen sich die organische Einheit (Einheitspartei) zum Ziel. Damit geben sie zu, dass ein grundlegender Unterschied zwischen der KP und SP nicht besteht. Die Genossen, die bereit sind, in die KP einzutreten und mit der Spaltung im Falle des Eintritts in die SP drohen, beweisen damit nicht nur, dass sie noch Gefangene unserer Vergangenheit und der traditionellen Terminologie sind, sondern dass sie sich auch keineswegs von der wirklichen Lage der beiden Parteien und ihrem augenblicklichen Zustand Rechenschaft ablegen.

Alle Mitglieder der Liga wären im Prinzip zu einer Verschmelzung mit der Organisation von St. Denis bereit. Andererseits sind sich unsere Genossen, die mit dieser Organisation zu tun hatten, über das außerordentlich niedrige Niveau ihrer ideologischen Formung einig. Doriots Haltung beweist dass er dem Marxismus nicht näher steht als Marceau Pivert oder selbst Zyromski. St. Denis ist nur noch viel konservativer und mehr mit lähmenden Vorurteilen vollgesogen als beispielsweise der Pariser Bezirk der SP. Welches Argument kann man also für diese platonische Verteidigung der abgehalfterten Stalinisten wie Doriot, und für diesen Widerwillen gegen eine sozialistischen Organisation, die sich rapid zur Revolution entwickelt, vorbringen?

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Einige Genossen drohen mit Spaltung. Was werden sie danach tun? Soviel ist sicher, dass man in die KP nicht eintreten kann, ohne auf unser Programm zu verzichten, dessen Richtigkeit jetzt deutlicher ist als je. Aber, indem sie aus Prinzip ablehnen, in die SP einzutreten, werden die Unversöhnlichen, die Unnachgiebigen auf die Prinzipien verzichten müssen und letzten Endes doch mit den Sozialisten sich verschmelzen. Wo ist da die Logik?

Jeder Tag bekräftigt, dass die Politik der sogenannten Einheitsfront mit ihrem Gelärm, ihrer Reklame und ihrer Leere nur dazu dient, der Arbeiterklasse die wahren Gefahren, die wahren Aufgaben und die wahren Mittel zu ihrer Erfüllung fortzuzaubern. Mehr als je gilt es die materiellen Fragen des Kampfes und seiner Mittel zu stellen.

Man muss die Sozialisten und die Stalinisten fragen, ob sei weiter glauben, dass Doumergue, Sarraut, Tardieu die Faschisten entwaffnen und ihre Verbände auflösen werden. Ja oder nein? Und wenn sie diese idiotische Hoffnung nicht teilen, was wollen sie den Faschisten entgegenstellen, die während dieses Sommers kolossale Fortschritte gemacht haben müssen. Die Frage der Arbeitermiliz muss eindringlicher, aggressiver und präziser gestellt werden. Man muss in Form von Flugblättern den Reglementsentwurf für die Arbeitermiliz herausgeben. Man muss den Artikel von H. über die Kundgebung des 6. Juli in der Vérité bringen und eine breite Rubrik zu diesen Fragen in der Zeitung einrichten. Gleichzeitig muss man sich in jeder Nummer kurzer Auszüge aus dem Aktionsprogramm als politischer Losungen bedienen.

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Man muss alle Sektionen über die Diskussionen in der französischen Liga auf dem Laufenden halten. Die Genossen, die sagen, der Eintritt in die SP sei eine internationale Politik und mit der Liquidierung unserer internationalen Organisation gleichbedeutend, täuschen sich gewaltig. Der Beitritt zur SP – wie in England zur ILP – ist bestimmt durch eine nationale Tatsachenfeststellung. Das ist kein Prinzip. Das ist eine Opportunitätsfrage, lässt man diese Gelegenheit aber fahren, so mag man die Grundsätze für Jahre einpökeln. Es gibt und es kann keine mechanische Regel geben, die alle nationalen Sektionen verpflichtete, sich mit den SP zu vereinigen. Absolut unsinnig wäre es, eine derartige „Politik" aufzwingen zu wollen, aber mehr oder minder analoge Situationen können in anderen Ländern eintreten und darum müssen alle Sektionen Gelegenheit bekommen, Schritt für Schritt die Entwicklung der Diskussion in der französischen Liga zu verfolgen

21. Juli 34

Van.


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