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Leo Trotzki 19350310 Tagebucheintrag

Leo Trotzki: Tagebucheintrag

[Nach Tagebuch in Exil. Köln-Berlin 1958, S. 62 f.]

10. März

Habe die Unterlagen des »Wirtschafts-Plans« der CGT genau geprüft. Welche Gedankenarmut unter dem Deckmantel bürokratischer Phrasendrescherei! Und was für eine erniedrigende Feigheit dabei gegenüber den Arbeitgebern! Nicht an die Arbeiter wenden sich diese Reformatoren, um den Plan zu verwirklichen, sondern an die Arbeitgeber, um sie davon zu überzeugen, dass der Plan in seinem Wesen konservativ sei. In Wirklichkeit gibt es überhaupt keinen »Plan«, denn ein Wirtschaftsplan – im wahren Sinne dieses Wortes – hat nicht algebraische Formeln, sondern bestimmte arithmetische Größen zur Voraussetzung. Davon ist selbstverständlich auch nicht im Entferntesten die Rede: um einen solchen Plan aufzustellen, muss man Herr und Besitzer sein, das heißt alle Grundelemente der Volkswirtschaft in seinem Griff haben: dies ist nur dem siegreichen Proletariat möglich, das seinen eigenen Staat geschaffen hat.

Aber auch die algebraischen Formeln der Jouhaux & Co. müssten durch ihre Inhaltslosigkeit und Zweideutigkeit verblüffend wirken, wüsste man nicht von vornherein, dass diese Herrschaften nur um dies eine besorgt sind: die Aufmerksamkeit der Arbeiterschaft von dem Bankrott des syndikalistischen Reformismus abzulenken.

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