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Leo Trotzki 19350502 Tagebucheintrag

Leo Trotzki: Tagebucheintrag

[Nach Tagebuch in Exil. Köln-Berlin 1958, S. 129]

2. Mai

Die Radikalen haben das Wählerkartell fast im ganzen Lande gesprengt. Jetzt werden die Sozialisten, daneben auch der lokale Gemeinderatsklüngel des Dr. Martin, von ihren Verbündeten von gestern – »zerstörerischer« und »antinationaler« Tendenzen angeklagt. Vergebens wird nun Martin seine Vaterlands- und Ordnungsliebe beschwören. Es wird ihm nichts helfen! Anstatt ihre Beziehungen zu den Radikalen abzubrechen und als Ankläger des Radikalismus aufzutreten, wurden die »Sozialisten« aus dem Kartell ausgestoßen und gerieten in die Rolle von angeklagten Vaterlandsverrätern. Auf dem Grunde ihrer Feigheit haben die Radikalen das notwendige Maß an »Mut« entdeckt: sie handeln unter den Peitschenhieben des Großkapitals (das sie übermorgen dem Faschismus mit Haut und Haaren ausliefern wird). Eine ähnliche Initiative könnten die Sozialisten nur unter den Peitschenhieben der Kommunisten entwickeln. Doch den Stalinisten selbst tut eine Peitsche not. Übrigens auch die Peitsche wird ihnen keine Hilfe mehr bringen können. Da wird es eher schon eines Besens bedürfen, um alle Reste von dem, was sich angeschickt hatte, eine Revolutionspartei zu werden, hinwegzufegen.

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