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Leo Trotzki 19350729 Wer verteidigt die UdSSR und wer hilft Hitler?

Leo Trotzki: Wer verteidigt die UdSSR und wer hilft Hitler?

[Nach Unser Wort, Halbmonatszeitung der IKD, 3. Jahrgang, Nr. 9. (61), Anfang September 1935, S. 2 f.]

Jaquemotte, die traurige Führergestalt der belgischen Stalinisten, lichtet an Walter Dauge, einen der Führer des linken Flügels der belgischen Sozialistischen Partei, die Frage, ob dieser im Falle eines Hitlerangriffes auf die Sowjetunion «marschieren» werde oder nicht. Diese Fragestellung enthüllt vor uns mit einem Schlage die ganze Flachheit des spießerischen Denkens. Was soll hier das Wort marschieren bedeuten? Wenn Belgien auf Seiten Frankreichs gegen Deutschland marschiert – sicherlich nicht aus demokratischen öder sowjetfreundlichen sondern aus rein imperialistischen Beweggründen –, und wenn Dauge zu jener Zeit militärpflichtig ist, wird er marschieren müssen. Er wird aber auch marschieren müssen, wenn Belgien an einer antisowjetischen Kriegskoalition teilnimmt. Bleibt jedoch Belgien neutral, so wird Dauge wie alle anderen nicht marschieren können. Der kluge Jaquemotte und seine Gesinnungsgenossen in Frankreich, der Tschechoslowakei und anderswo vergessen einfach, dass nicht das unterdrückte Proletariat sondern die unterdrückende Bourgeoisie zu entscheiden hat, wann und zu welchem Zwecke die imperialistische Armee marschieren soll.

Der zu allem bereite VailIant-Couturier wollte diese «kleine» Schwierigkeit beheben, indem er die These aufstellte: wir sind eine realistische, eine Regierungspartei. Dass wir keine Anarchisten sind, ist schon richtig. Aber ansonsten pflegen wir zwischen einer imperialistischen und einer proletarischen Regierung zu unterscheiden. Um Regierungspartei zu werden, müssen wir erst die herrschende Klasse durch den revolutionären Aufstand niederwerfen und eine eigene, die Rote Armee schaffen. Dann erst werden wir entscheiden können, ob wir «marschieren» und zu welchem Zweck. Die Herren stalinistischen – mit Verlaub zu sagen: – «Theoretiker» verwischen immer mehr die Hauptfrage, die Frage der Machteroberung, und setzen unter dem Vorwand der Verteidigung der UdSSR das Proletariat seinem Todfeind, der nationalen Bourgeoisie, gleich. Das ist der Verrat in seiner theoretisch vollendetsten Form.

- Treiben wir aber in Frankreich, Belgien, der Tschechoslowakei usw. den Klassenkampf weiter, erwidern die Stalinisten und ihre Nachbeter, so schwächen wir unvermeidlich den Verbündeten der Sowjetunion und hiermit die Sowjetunion selbst. Hitler wird dadurch, ob wir es wollen oder nicht, gestärkt. Wir wissen nicht, ob und wann der Klassenkampf zur Machtergreifung führen wird. Jedenfalls kann Hitler bis dahin den Krieg gewinnen, Herr über Europa werden und somit auch unseren weiteren Kampf (in Frankreich, Belgien, der Tschechoslowakei usw.) verhindern, wenn nicht zunichtemachen. Durch unseren angeblichen revolutionären Klassenkampf werden wir folglich zu wirklichen Handlangern Hitlers.

Diese so logisch sein wollende Beweisführung ist nichts anderes als eine Wiederholung dessen, was die Imperialisten und Sozialpatrioten (d. h. Sozialimperialisten) ihren revolutionären Gegnern immer und unveränderlich entgegenhielten: War doch Liebknecht ein Helfershelfer des Zaren, Lenin ein Agent der Hohenzollern usw. ohne Ende.

- Damals gab es noch keine Sowjetunion, wird man einwenden. Ganz richtig. Das beweist nur, dass die sozialpatriotische Ideologie schon vor der Oktoberrevolution fertig war, und dass die größten geschichtlichen Geschehnisse an der spießerischen Plattheit der Sozialpatrioten nichts geändert haben.

Die deutschen Sozialdemokraten – nicht nur die käuflichen Schufte sondern auch ehrliche Durchschnittsarbeiter – sagten während des Krieges: Wenn der Zar siegt, so werden seine Kosaken unsere Partei und Gewerkschaften, unsere Zeitungen und Volkshäuser auflösen, verwüsten, vernichten. Auch der französische Durchschnittsarbeiter lauschte vertrauensvoll dem Appell der Renaudel, Cachin usw., die Republik und die Demokratie vor den Hohenzollern und seinen Junkern in Schutz zu nehmen. Der Sowjetstaat seinerseits ist nicht vom Himmel gefallen. Er ist nur dank der Aktion der proletarischen Vorhut zustande gekommen. Will man den Sowjetstaat verteidigen – und das mit Recht –, so muss man die Arbeiterorganisationen der kapitalistischen Länder verteidigen. Diese zwei Aufgaben sind politisch gleichartig, jedenfalls eng miteinander verbunden. Wir haben die unbestreitbare Pflicht, den Sowjetstaat zu verteidigen, wie er ist (mit den Theorien von Doriot, Treint usw. haben wir nichts gemein), ebenso wie wir jede Arbeiterorganisation, auch mit den schlimmsten Reformisten an der Spitze, gegen den Faschismus und die Militärreaktion zu verteidigen haben. Die ganze Frage ist aber: Wie? Mit welchen Mitteln?

Marxisten sagen: Nur mit jenen Mitteln, über die wir selbst verfügen, die wir bewusst anwenden können, d. h. mit den Mitteln des revolutionären Klassenkampfes in allen kriegführenden Ländern. Welches auch die Wechselfälle des Krieges selbst sein mögen.

in letzter Instanz wird der revolutionäre Klassenkampf für das Proletariat doch die besten Ergebnisse zeitigen. Das bezieht sich ebenso auf die Verteidigung der Arbeiterorganisationen und der demokratischen Einrichtungen der kapitalistischen Länder, wie auf die Verteidigung der Sowjetunion. Unsere Methoden bleiben im Grunde immer die gleichen: Wir können unsere revolutionäre Aufgaben in keinem Falle und unter keinem Vorwand unserer nationalen Bourgeoisie übertragen.

- Das alles, wird der weise Philister antworten, mag «theoretisch» schon richtig sein. Wer aber will bestreiten, dass der Klassenkampf in Frankreich Hitlers Positionen stärken, somit die Möglichkeit des Kriegsausbruchs wie auch Hitlers Chancen in so einem Kriege vergrößern wird? Und das faschistische Deutschland ist für die Sowjetunion die Hauptgefahr. Die Niederwerfung der Sowjetunion aber würde die Entwicklung der Weltrevolution für Jahre lahmlegen.

Diese Beweisführung – abermals eine sklavische Wiederholung der alten Argumente von Scheidemann, Wells, Vandervelde, De Man, Cachin und Konsorten – ist durch und durch falsch. Bei der ersten Berührung mit marxistischer Kritik zerfällt sie zu Staub.

Der Faschismus ist nichts anderes als die Idee der Klassengemeinschaft, zu ihrer höchsten Potenz gesteigert und ins Mystische übertragen. Wenn sich die französischen, belgischen, tschechischen Arbeiter «ihrer» Bourgeoisie anschließen, so werden sie unvermeidlich die deutschen Arbeiter zur Sammlung um die Nazi stoßen. Der Sozialpatriotismus kann nur Wasser auf die Mühle des Rassentums treiben. Um Hitler zu schwächen, muss man den Klassenkampf entfachen. Eine mächtige proletarische Bewegung in einem beliebigen Lande Europas würde unvergleichlich mehr zur Lahmlegung des rassentümlerischen Militarismus beitragen als alle möglichen Bündnisse der Imperialisten untereinander oder auch mit der Sowjetunion. Denn jedes Bündnis, das gegen das faschistische Deutschland gerichtet ist, liefert einerseits dem Rassentum neue Nahrung und stößt andererseits gegnerische imperialistische Staaten auf dessen Seite, sintemalen sie nicht um die Demokratie oder die Sowjetunion sondern um das famose Gleichgewicht besorgt sind (Polen, Japan, England usw.).

Hat das Proletariat der mit der Sowjetunion (für wie lange?) verbündeten Staaten seine Bourgeoisie im Kriege zu unterstützen, muss es mit dieser Politik schon im Frieden beginnen. Denn bevor es gilt, Hitlers Sieg zu verhindern, muss man doch den Ausbrach des Krieges zu unterbinden suchen. Man müsste also die dem faschistischen Deutschland gegnerischen Imperialismen auch im Frieden unterstützen, um das Kräfteverhältnis noch rechtzeitig zu Ungunsten Hitlers zu verschieben. Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger als die vollständige Preisgabe des Klassenkampfes. Dies war auch der Zweck der berüchtigten Erklärung Stalins. Er heißt auch jetzt, im Frieden, die militaristischen Verbrechen der französischen Bourgeoisie gut, ebenso natürlich die der belgischen und tschechoslowakischen. Wie könnte es auch anders sein?

Wollen wir den mit der Sowjetunion verbündeten Imperialismus nicht durch Klassenkampf schwächen, so heißt dies nichts anderes, als dass wir ihn durch Verankerung im Volksvertrauen stärken wollen. Was werden wir aber tun, wenn der durch das eigene Proletariat gestärkte, französische, belgische, tschechoslowakische Militarismus noch im Laufe des Krieges durch eine vollständig mögliche und natürliche Wendung seine Waffen gegen die Sowjetunion richtet? Sich damit zu trösten, dass wir ihm dann heftig entgegentreten werden, ist Wahnsinn. Die großen Volksmassen machen nicht so leicht kehrt. Die Macht, zu der man dem Militarismus verholfen hat, lässt sich nicht auf Wunsch zurückfordern. Es würde sich in diesem Falle erweisen, dass wir eigentlich zur Zertrümmerung der Sowjetunion nicht nur passiv sondern aktiv beigetragen haben.

Die Stalinisten schwanken jedenfalls, aus ihren Voraussetzungen die letzten Schlussfolgerungen zu ziehen. Um parlamentarische Scheinopposition treiben zu können, berufen sie sich darauf, dass im französischen Offizierskorps Faschisten seien. Dieses Argument beweist nur die ganze Hohlheit und Stumpfsinnigkeit des stalinistischen Sozialpatriotismus. Denn soweit es darum geht, die Gegensätze zwischen den Imperialisten auszunützen, kann man auch sehr gut einen Faschisten gegen den anderen ausspielen. Als Verbündeter Frankreichs wird jetzt Mussolini zum Verbündeten der Sowjetunion. Der Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland ist keineswegs der Gegensatz zwischen Demokratie und Faschismus, sondern zwischen einem gesättigten und einem hungrigen Imperialismus. Dieser Gegensatz bliebe auch bestehen, wenn Frankreich faschistisch würde.

Durch ihre Bereitschaft, für die imperialistische Armee zu stimmen, wenn sie von faschistischen Elementen «gesäubert» wird, beweisen die französischen Stalinisten, dass es für sie, genau so wie für Blum, eigentlich nicht um die Verteidigung der Sowjetunion sondern nur um die französische «Demokratie» geht. Sie haben sich nunmehr ein hohes Ziel gesetzt: die reine Demokratie im Offizierskorps der Versailler Armee zu pflanzen (Versailler – im Sinne der Kommune wie im Sinne des Versailler Friedens). Auf welche Weise? Durch die Regierung Daladier. «Les Soviets partout!» «Daladier au pouvoir!» (Sowjets überall! Daladier an die Macht!). Warum aber hat sich der große Demokrat Daladier, der zwei Jahre (1932-1934) Kriegsminister war, nicht darum gesorgt, die Armee von Faschisten, Bonapartisten und Royalisten zu säubern? Nicht etwa deshalb, weil Daladier selbst sich damals noch nicht in der Heilquelle der «Volksfront» geläutert hatte? Möge doch die Humanité mit der ihr eigenen Tiefe und Ehrlichkeit uns dieses Rätsel aufhellen. Möge sie zugleich die Frage beantworten: warum hat Daladier beim ersten Druck der bewaffneten Reaktion im Februar 1934 kapituliert? Wir wollen für die Humanité antworten: weil die Radikale Partei die kläglichste, feigste, lakaienhafteste aller Parteien des Finanzkapitals ist. Es genügt, dass die Herren de Wendel, Schneider, Rothschild, Mercier und Kompanie mit dem Fuße stampfen, – die Radikalen werden immer in die Knie sinken: zuerst Herriot, ein wenig darnach auch Daladier.

Nehmen wir jedoch an, es würde diesmal einer Regierung der «Volksfront» gelingen, zur Demonstration (d. h. zur Täuschung der Massen) einige zweitrangige Reaktionäre aus der Armee zu entfernen und (auf dem Papier) einige Banditenligen aufzulösen. Was wird sich im Wesen ändern? Die Armee wird nach wie vor das wichtigste Werkzeug des Imperialismus bleiben. Der Generalstab der Armee bleibt weiter der Stab der militärischen Verschwörung gegen die Werktätigen. Während des Krieges werden die reaktionärsten, entschiedensten und grausamsten Elemente im Offizierskorps das Übergewicht erlangen. Das Beispiel Italiens und Deutschlands zeigt, dass der imperialistische Krieg für die Offiziere die Hochschule des Faschismus ist.

Und was weiter mit jenen Ländern, von denen nicht bekannt ist, welche Stellung sie im Kriege einnehmen weiden: für oder gegen die UdSSR? So paralysieren schon heute die britischen Labourleute und Tradeunionisten den Kampf gegen den eigenen Imperialismus mit dem Hinweis darauf, Großbritannien werde vielleicht die UdSSR verteidigen müssen. Diese politischen Betrüger berufen sich natürlich auf Stalin, nicht nur mit Erfolg sondern auch mit Recht. Wenn die französischen Stalinisten großspurig versprechen, die Außenpolitik ihres Imperialismus zu «kontrollieren», so können auch die britischen Labouristen den gleichen Einwand bringen. Und was soll das polnische Proletariat tun. dessen Bourgeoisie durch ein Bündnis mit Frankreich und durch Freundschaft mit Hitler verknüpft ist?

Welches auch der Vorwand sein mag, der Burgfrieden (union sacrée) bedeutet immer niedrigstes Lakaientum der Sozialisten gegenüber dem Imperialismus, grade wenn er die blutigste und abscheulichste Arbeit vernichtet. Welche Folgen die patriotische Bauchkriecherei hat, zeigte der letzte Krieg. Die sozialdemokratischen Führer gingen aus der Schule des «Burgfriedens» vollkommen erdrückt, politisch vernichtet, ohne Glauben und Mut, ohne Ehre und Gewissen hervor. Die Arbeiter Deutschlands hatten nach dem Kriege die Macht erobert; aber die sozialdemokratischen Führer gaben diese Macht den Generalen und Kapitalisten zurück. Wären die Führer der französischen Proletariats aus dem Kriege nicht als klägliche politische Invaliden hervorgegangen, Frankreich wäre heute ein Land des Sozialismus. Der Burgfrieden von 1914-18 hat den verfaulenden Kapitalismus für ganze Jahrzehnte gerettet und die Völker zu unerhörten Opfern und Entbehrungen verurteilt. Der Burgfrieden von 1914-18 im Interesse der eigenen «Nation» hat den neuen imperialistischen Krieg vorbereitet, der die völlige Ausrottung der Nationen zu bringen droht. Unter welchen Vorspiegelungen auch immer die Sozialpatrioten den neuen «Burgfrieden» vorbereiten mögen («Landesverteidigung», «Verteidigung der Demokratie», «Verteidigung der UdSSR»), das Ergebnis des neuen Verrats wäre der Zusammenbruch der modernen Kultur.

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Natürlich will die Sowjetbürokratie den Sowjetstaat verteidigen, wie auch den Sozialismus aufbauen. Sie will es aber auf ihre eigene Art, die mit der des internationalen Proletariats und somit auch des russischen in schroffsten Widerspruch steht. Die Sowjetbürokratie glaubt nicht an die internationale Revolution. Sie sieht nur die Schwierigkeiten, Hindernisse, Gefahren, nicht aber die grandiosen Möglichkeiten. Und Stalins elende Handlanger in Frankreich, Belgien, der Tschechoslowakei, in der ganzen Welt haben nicht den geringsten Glauben an sich selbst und die eigenen Parteien. Sie fühlen sich gar nicht – und mit Recht – als Führer der rebellischen Massen, sondern nur als Agenten der Sowjetdiplomatie vor dem Forum dieser Massen. Sie stehen und fallen mit dieser Diplomatie.

Die Kominternbürokratie ist daher organisch unfähig, dem patriotischen Ansturm der Bourgeoisie im Kriege entgegenzutreten. Das ist es, weshalb all diese feigen Wichte, die Cachin, die Jaquemotte, die Gottwald sich gerne an jeden beliebigen Anlass klammern, der ihre Kapitulation vor den entfesselten Fluten der patriotischen «öffentlichen Meinung» verhüllen kann. Ein solcher Anlass – kein Grund, sondern nur ein Anlass – ist für sie die «Verteidigung der Sowjetunion». Seiner politischen Physiognomie nach unterscheidet sich Doriot durch nichts von Cachin und Duclos: er ist das Erzeugnis der gleichen Schule. Aber man sehe nur, wie leicht Doriot mit der Idee der Verteidigung der UdSSR bricht, um zum Programm der «Verständigung mit Hitler» zu gelangen, obwohl es für jeden jungen Burschen in St. Denis klar sein müsste, dass eine Verständigung der französischen Bourgeoisie mit Hitler nur gegen die UdSSR gerichtet sein kann. Das ist es eben: es genügt, dass so ein Herr sich mit der stalinistischen Bürokratie überwirft, und sogleich kehrt er der Sowjetunion den Rücken. Diesen Politikern fehlt eine Kleinigkeit: Rückgrat. Das Bauchkriechen vor der Stalinclique war für sie nur ein Training für die Duckmäuserei vor der eigenen Bourgeoisie.

Mit der sie auszeichnenden Schamlosigkeit gehen diese Leute sofort zum Angriff gegen die revolutionären Internationalisten über und klagen uns – der Unterstützung Hitlers an. Sie vergessen, dass Hitler gestürzt werden kann nur durch das deutsche Proletariat. Dieses ist jetzt freilich geschwächt, zerstückelt, durch die ganze Schwere der Verbrechen von SoziaIdemokratie und Komintern zu Boden gedrückt. Aber es wird sich wieder erheben. Es ermutigen und ihm wieder auf die Beine helfen kann nur eines: die Entwicklung des revolutionären Kampfes im internationalen Maßstab, vor allem in Frankreich. Jede patriotische Erklärung Blums, Zyromskis, Thorez' usw. ist neue Nahrung für die Rassentheorie (Nationalismus) und festigt in letzter Instanz Hitler. Hingegen wird die marxistische, bolschewistische unversöhnliche Politik des Weltproletariats – im Frieden wie im Kriege – dem Rassentum den Todesstoß versetzen, denn sie wird durch die Tat zeigen, dass das Schicksal der Menschheit durch den Kampf der Klassen und nicht der Nationen entschieden wird. Muss man dies noch erst beweisen? Seitdem die Dritte Internationale – in den Fußstapfen der Zweiten – endgültig den internationalen Klassenkampf ersetzte durch den angeblichen «allgemeinen» Kampf gegen Hitler, hat sie in Wirklichkeit Hitler nur geholfen. Das bezeugen heute unumstößliche Tatsachen und Ziffern: das Wachstum des Nationalsozialismus in Österreich, das Saarplebiszit, die Wahlen in Böhmen. Der Kampf gegen den Faschismus mit den Mitteln des Nationalismus kann nur Öl ins Feuer gießen. Umgekehrt wird der erste ernsthafte Erfolg der proletarischen Revolution in Frankreich, Belgien, der Tschechoslowakei, in einem beliebigen Lande, für Hitler wie ein Totengeläute tönen. Wer diese ABC-Wahrheit nicht versteht, der möge sich mit allem Möglichen beschäftigen, nur nicht mit den Problemen des Sozialismus!

Welches der Verlauf des Krieges sein wird, wenn die Schwäche des Proletariats seinen Ausbruch gestattet, das können wir im Voraus nicht wissen. Die Fronten werden sich verschieben; die Staatsgrenzen durchbrochen werden: darin besteht eben der Krieg. Beim gegenwärtigen Stand des Flugwesens werden alle Grenzen durchbrochen, alle nationalen Gebiete missachtet und verwüstet werden. Nur ausgesprochene Reaktionäre (die sich des öfteren Sozialisten und sogar Kommunisten nennen) können unter diesen Bedingungen das Proletariat zur Verteidigung der «eigenen» nationalen Grenzen im Bunde mit der «eigenen» Bourgeoisie aufrufen. Die wirkliche Aufgabe des Proletariats besteht in der Tat darin, die Kriegsschwierigkeiten der Bourgeoisie auszunützen, um sie in den Abgrund zu stürzen und zugleich die nationalen Grenzen abzuschaffen, die Wirtschaft und Kultur ersticken.

In der ersten Periode des Krieges ist die Bourgeoisie am stärksten. Aber mit jedem Monat des Krieges wird sie unvermeidlich schwächer. Das Proletariat hingegen wird, wenn seine Vorhut vom Beginn des Krieges an vollkommene Unabhängigkeit von den patriotischen Schakalen bewahrt, sich festigen und erstarken nicht nach Tagen sondern nach Stunden. Letzten Endes entscheiden nicht die militärischen Fronten das Schicksal des Krieges sondern jene soziale Front, die zwischen Bourgeoisie und Proletariat hindurchgeht. Die Gewalttaten, Unbilden, Leiden, die der Krieg den Völkern verursacht, vermag nur die siegreiche Revolution wiedergutzumachen. Sie wird nicht nur dem Faschismus ein Ende setzen sondern auch dem Imperialismus, der unweigerlich den Faschismus zeugt. Sie wird nicht nur dem Faschismus ein Ende setzen sondern auch dem Imperialismus, der unweigerlich den Faschismus zeugt. Sie wird nicht nur dem Faschismus ein Ende setzen sondern auch dem Imperialismus, der unweigerlich den Faschismus zeugt. Sie wird die Sowjetunion nicht nur vor der äußeren Gefahr retten sondern auch vor der inneren Gegensätzen, die die barbarische Diktatur der Stalinclique erzeugen. Die proletarische Diktatur wird unseren zerklüfteten, ausgebluteten Kontinent vereinigen, die vom Untergang bedrohte Kultur retten, die Vereinigten Sowjetstaaten Europas aufrichten. Sie wird auf den Boden Amerikas übergreifen und die unterdrückten Völker des Ostens in Bewegung bringen. Sie wird die ganze Menschheit in einer sozialistischen Wirtschaft und harmonischen Kultur zusammenfassen.

29. Juli 1935.

L. Trotzki.

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