Leo
Trotzki: Notizen eines Journalisten
[Nach
Unser Wort. Halbmonatszeitung der IKD, Jahrgang 4, Nr. 3 (67), Anfang
Februar 1936, S. 3, Nr.
11 (75), Anfang Juli 1936, S. 2, gezeichnet Alpha]
Torgler
und Maria Reese
Im
Dezember 1935 brachte die Kominternpresse die Mitteilung von dem
Ausschluss Torglers aus der Partei wegen «unwürdigen Verhaltens im
Berliner Prozess». Augenscheinlich zeichnet sich die Komintern, wie
viele andere kranke Organismen, durch ungemeine Langsamkeit der
Reflexe aus. Seit dem Prozess Dimitrow-Torgler sind schon zwei Jahre
verflossen. In dieser Zeit war die Komintern imstande, tausende von
Kommunisten auszuschließen, die an der Richtigkeit der
sozial-patriotischen Wendung oder an dem marxistischen Wesen der
«Volksfront» Zweifel hegten. Mit Torgier zögerte man: offenbar
hoffte man, diesen feigen Kleinbürger eines Tages noch zu benötigen.
Dimitrow wurde zum Halbgott gemacht, über Torgier aber wurde höflich
geschwiegen. Eine wirklich revolutionäre Organisation hätte kurz
das mutige Verhalten Dimitrows als etwas selbstverständliches
gebucht und Torgler auf der Stelle ausgeschlossen. Allein, die
Komintern ist schon längst nicht mehr zu normalen revolutionären
Reflexen fähig …
In
Wirklichkeit ist Torgler nicht wegen seines bereits halb vergessenen
Verhaltens vor Gericht ausgeschlossen worden, sondern wegen seines
endgültigen Übergangs ins Lager des Nationalsozialismus. Nach der
Meldung der «Prawda» wurde Torgler nicht nur aus dem Lager
entlassen, sondern arbeitet er auch zusammen mit Maria Reese «an
einem Buch». Wenn das der Fall ist, so kann es keinen Zweifel geben,
denn Maria Reese selbst hat sich schon seit langem an das
nationalsozialistische Propagandaministerium verkauft.
Die
Moskauer «Prawda» (27. XII.) unterstreicht, dass Reese «von
Trotzki zu Hitler» überlief. Ausnahmsweise ist in dieser Behauptung
ein Kern Wahrheit. Marin Reese, die in der stalinistischen Partei
eine große Rolle spielte, hat, bevor sie sich an Goebbels verkaufte,
tatsächlich sich bei den Organisationen der Bolschewiki-Leninisten
anzuschmieren versucht. Sehr bald stellte sich jedoch heraus, dass
diese Person zu jenem im Kominternapparat herrschenden Typus gehört,
der die Arbeiterbewegung als Einfluss- und Einkommensquelle
betrachtet. Eben darum konnte sie sich unter uns nicht wie bei den
Stalinisten Jahre halten, sondern nur wenige Monate, ja eigentlich
bloß ein paar Wochen.
Wie
aber steht es mit Torgler?
Das
ist keine zufällige Figur. Er war Vorsitzender der kommunistischen
Reichstagsfraktion! Und er jedenfalls ging gar direkt von Stalin zu
Hitler über, ohne bei den Bolschewiki-Leninisten Einkehr zu halten.
Diesen Umstand verschweigt die «Prawda». Indessen sind die Reihen
der Stalinbürokratie aller Länder voll von solchen Torgler und
Reese. Sie sind zu jeder Wendung bereit, wenn nur zwei
Voraussetzungen gegeben sind: erstens, dass ihrem eigenen Balg nichts
widerfahre; zweitens, dass ihnen für die Wendung mit klingender
Münze gezahlt werde. Alles Übrige ist ihnen gleichgültig. Unschwer
ist vorherzusehen, in den furchtbaren Ereignissen, die über Europa
hereinbrechen, wird der Kominternapparat eine Pflanzstätte des
Renegatentums sein.
10.
Januar 1936.
Uruguay
und die UdSSR
Uruguay
hat die diplomatischen Beziehungen zur UdSSR abgebrochen. Diese
Maßnahme Ist zweifelsohne unter dem Druck Brasiliens oder anderer
südamerikanischer Staaten. möglicherweise sogar der Vereinigten
Staaten erfolgt, als eine Art «Warnung».
Der
Abbruch
der diplomatischen Beziehungen ist mit anderen Worten ein Akt
imperialistischer Provokation. Einen anderen Sinn hat er nicht. Was
die finanzielle Hilfe der Komintern für die südamerikanischen
Revolutionäre betrifft, so ist dafür eine diplomatische Vertretung
keineswegs erforderlich. Dafür gibt es Dutzende andere Mittel und
Wege. Wir wollen schon gar nicht davon reden, dass der Einfluss der
Komintern auf die revolutionäre Bewegung immer und überall
unvermeidlich zu ihrem Zusammenbruch führte und führt, so dass die
bürgerlichen Regierungen sich ruhigen Gewissens nicht etwa über die
Führer dieses Instituts beklagen, sondern im Gegenteil ihnen einen
hohen Orden verleihen sollten, – natürlich keinen «Leninorden»,
aber sagen wir einen Stalinorden.
Doch
nicht diese Seite der Sache interessiert uns augenblicklich, sondern
das Verhalten der Sowjetpresse. Schwerlich ist ein widerwärtigeres
Schauspiel auszudenken! Statt die Schläge ihres vollauf
gerechtfertigten Unwillens gegen die mächtigen Inspiratoren der
uruguayischen Reaktion zu richten, ergeht sich die Sowjetpresse in
abgeschmacktem, dummem Spott über die Kleinheit Uruguays, über die
niedrige Bevölkerungszahl, seine Schwäche. In frechen und
urreaktionären Versen schildert Demjan Bjedny, wie er auf der Karte
Uruguay nur mit einem Vergrößerungsglas habe finden können, und
erinnert bei dieser Gelegenheit, wie während der Oktoberrevolution
der Konsul von Uruguay sich hilflos über die Beschlagnahme seines
Autos durch die Bolschewiki beschwerte. Dabei gibt dieser Hofpoet die
Rede des Konsuls mit allen «nationalen» Akzenten wieder, ganz im
Geiste der Schwarzhundertwitze der zaristischen Offiziosi «Nowoje
Wremja» und «Kiewljalin» (man sagt übrigens, Demjan Bjedny habe
seine literarische Laufbahn im «Kiewljalin» begonnen). Dass die
Arbeiter und Rotgardisten in den Tagen des Oktoberumsturzes den
Herren Diplomaten die Automobile wegnahmen, ist wahr: es galt den
Klassenfeind zu entwaffnen; die Diplomaten standen aber alle auf der
Seite der Konterrevolution. Es genügt daran zu erinnern, dass
Kerenski aus Petrograd floh unter dem Schutz der amerikanischen
Standarte. Nach dem Sieg aber wurde bei der Behandlung der
Beschwerden den kleinen und schwachen Ländern seitens der
Sowjetregierung viel mehr Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit zuteil
als den großen Räubern. Auf jeden Fall, wenn gar jemand sich damals
über den «nationalen» Akzent lustig zu machen versuchte, so
landete er auf den nächstbesten Misthaufen.
Heute
ist es umgekehrt. Stalin und Litwinow scharwänzeln um Mussolini und
Laval. In welch unterwürfigem Ton sprach Moskau mit Hitler kurz nach
dessen Machtantritt! Dafür erlauben sich diese Herren in all ihrer
Macht und Herrlichkeit über das «kleine», «winzige», «auf der
Karte unauffindbare» Uruguay herzufallen. Als ginge es um die Größe
des Landes oder um die Zahl seiner Bevölkerung, und nicht um die
Politik seiner Regierung! In solchen «Kleinigkeiten» äußert sich
der reaktionäre Geist der herrschenden Bürokratie wohl noch
anschaulicher als in ihrer allgemeinen Politik.
Erinnern
wir noch an eine andere Episode. Am Tage der Ankunft des englischen
Ministers Eden In Moskau schrieb das Mohilewer Parteiblatt einen
Artikel über die Heuchelei der britischen Politik. «Prawda»
empörte sich: «Bedarf es eines stärkeren Zeugnisses für
politische Dummheit?». Von der Heuchelei der britischen Diplomatie
schreiben, heißt Dummheit an den Tag legen; dafür ist es vollkommen
erlaubt, sich in fremdenfeindlicher und chauvinistischer Pornographie
gegenüber dem Volk von Uruguay zu ergehen – ja. dem Volk, denn –
das wird den Sykophanten der «Prawda» bekannt sein – Sprache,
Gebiet und Zahl der Bevölkerung, das bezieht sieh auf das Volk und
nicht auf die Regierung.
10.
Januar 1936.
P.S.
So unwahrscheinlich es klingen mag. in seinem Bericht auf der Sitzung
des Zentralexekutivkomitees bezog sich Molotow auf Demjan Bjednys
freches Produkt als
auf
den Ausdruck der Regierungsansicht über den Bruch mit Uruguay. Die
chauvinistische
Pornographie
hat somit den offiziellen Stempel der Stalinregierung erhalten. Kann
man tiefer sinken?
Betagter
Smerdjakow
In
der Jubiläumsnummer der Iswestija
gab
ein gewisser Smerdjakow Erinnerungen an die Oktobertage in Petrograd
zum Besten. Natürlich, «der Oktober war siegreich, weil die Linie
Lenin-Stalins siegte». Anders war es ja nicht zu erwarten. In den
letzten fünf, sechs Jahren hat das historische Gesetz des
«Stalinismus» ein für allemal rückwirkende Kraft bekommen und die
Geschichte der Vergangenheit wurde entsprechend umgearbeitet.
Allerdings gibt es in dem Artikel dieses Memoirenschreibers ein
konkretes Detail, das sehr aufschlussreich ist wenigstens für die,
die wissen, wo Smerdjakow der Schuh drückt. Wir lesen da folgendes:
«Unter direkter Leitung des Kampfzentrums (Stalin, Swerdlow,
Dserschinski, Bubnow, Uritzki) bereitet das Militärische
Revolutionskomitee energisch den bewaffneten Aufstand vor». Ein
derartiger Hinweis auf die «direkte Leitung des Kampfzentrums»
begegnet uns in den Erinnerungen zum ersten Mal. Das «Kampfzentrum»
wurde bekanntlich zufällig In alten Protokollen des ZK im Jahre 1923
entdeckt. Unglücklicherweise jedoch hatte keiner der Organisatoren
des Oktoberumsturzes jemals von diesem Zentrum etwas gehört. In
allen Erinnerungen der unmittelbarsten Leiter des Aufstandes. die in
den ersten Jahren nach dem Umsturz geschrieben wurden, vor der
Entdeckung besagter Protokolle, sowie In allen Dokumenten der
Oktoberperiode. findet sich kein Sterbenswörtchen von der Tätigkeit
eines besonderen «Kampfzentrums», In der «Geschichte der
Russischen Revolution» hat Trotzki mit Hilfe ganz unwiderlegbarer
Tatsachenangaben und von zumeist aus dem Lager der heutigen
Stalinisten stammender Zeugnisse nachgewiesen, ein für allemal
nachgewiesen, dass das sogenannte «Parteikampfzentrum»
nie existiert hat. Es ist jedenfalls wohl zu Ende einer nächtlichen
Sitzung der ZK gewählt worden, just in dem Augenblick, wo im Smolny
das Militärische Revolutionskomitee geschaffen wurde, welches den
Aufstand tatsächlich leitete. Das «Kampfzentrum» war bereits am
folgenden Tage von allen vergessen, darunter auch von den dazu
ernannten ZK-Mitgliedern. Das Zentrum hat keinerlei Beschlüsse
gefasst. hat es sich doch nicht ein einziges Mal versammelt. Von
seiner Einrichtung erfuhren wir, wie gesagt, erst nach sechs Jahren,
bei der Aufstöberung der alten Archive. Darin ist, beiläufig
gesagt, noch von manch anderem «Zentrum» die Rede, die alle im
Strudel von 1917 gelegentlich durch das ZK ernannt worden waren, aber
in Wirklichkeit nie existierten.
Einer
der aktiven Teilnehmer des Oktoberumsturzes, Antonow-Owsejenko, hat
in seinen zahlreichen und umfangreichen Erinnerungen niemals auch nur
mit einem Wort des «Kampfzentrums» gedacht, geschweige denn mit dem
Namen Stalin an der Spitze. In den ersten Jahren nannte
Antonow-Owsejenko. wie auch Stalin selbst, ganz andere Führer des
Aufstandes. Welch erstaunlicher Gedächtnisschwund! Ganzer 18 Jahre
bedurfte es, damit die Erinnerungen des Teilnehmers am Oktoberumsturz
schließlich vollkommen in Ordnung waren, d.h. sich um Stalins Person
gruppierten. Denn – das vergaßen wir zu erwähnen – Smerdjakow,
von dem hier die Rede ist, das ist eben niemand anderer als der
ehemalige Revolutionär Antonow-Owsejenko.
Jungkommunisten
und Pioniere können diese Herrschaften täuschen. Aber die
Geschichte betrügen sie nicht: dazu reicht selbst Stalins
Fälschungsapparat nicht aus. Und darum werden die Jungkommunisten
und Pioniere eines Tages, früher oder später, die Wahrheit
erfahren. In Europa und Amerika wendet die Jugend bereits ihr Antlitz
der Wahrheit zu. Ein frischer Wind weht. Sie mit ihren verspäteten
Erinnerungen zu vergiften, wird keinem Smerdjakow gelingen.
Beiläufige
Geständnisse
Sarkissow,
Sekretär des Donezbeckens, machte In seinem Bericht über die
Stachanowbewegung auf der ZK-Sitzung zwei bezeichnende Bemerkungen.
Über die Stachanowisten sollten, seinen Worten nach, in den
Zeitungen nur die Stachanowisten selbst schreiben: «Das sieht klarer
und einfacher aus, und ein anderer Arbeiter, der es liest, weiß,
dass so ein Mensch
wirklich existiert», Molotow:
«Richtig».
Nebenbei
kommt in diesen Worten eine mörderische Wahrheit zum Vorschein: der
Leser glauben durchweg der offiziellen Presse nicht; die Arbeiter
zweifeln nicht, dass die Bürokraten nicht nur Ziffern, sondern auch
Menschen erfinden. Man muss besondere Mittel ausfindig machen, damit
die Arbeiter auch glauben, dass «so ein Mensch wirklich existiert».
Das ist auch eine der Aufgaben all dieser feierlichen
Stachanowistenkonferenzen im Kreml, mit Photos in der Zeitung usw.
Der
gleiche Sarkissow brachte folgendes Beispiel für die Steigerung der
Arbeitsproduktivität in den Kohlenschächten: «Ein Fahrer kann mit
zwei Pferden arbeiten». Neben der Erhöhung der
Arbeitsproduktivität, sagt er, ist noch der Vorteil vorhanden, dass
«die Pferde verschnaufen». Der Fahrer jedenfalls kommt nicht dazu
zu verschnaufen: an seiner Stelle verschnauft das schwitzende Pferd.
Byzantinismus
Am
17. November sprach Woroschilow im Kreml auf dem
Stachanowistenkongress von den Fliegern, «die vollkommen, wirklich,
auf
Stalinart die
Technik des Flugwesens beherrschen» (Prawda, 20. XII. 35). So
erfahren wir überrascht, dass Stalin die Flugtechnik zur
Vollkommenheit beherrscht.
In
der gleichen Rede sagte derselbe Woroschilow: «Stalin, der sich mit
den Fragen der Ausrüstung der Armee eingehend … mehrfach …
beschäftigt hat, sagte: Tanks, Flugzeuge, Geschütze, das sind keine
Seife, keine Streichhölzer, keine Kuchen, das sind Mittel zur
Verteidigung, und darum habt die Güte zu arbeiten, wie es sich
gehört». Wir erfahren also, dass es erlaubt ist, Streichhölzer und
Seife nicht so herzustellen «wie es sich gehört», sondern wie es
sich gerade trifft. Das heißt man einen Übereifer!
Dass
Stalin sich eingehend mit der Ausrüstung der Armee befasst, das kann
man noch verstehen. Da aber erzählt Mikojan, Woroschilow vertiefend,
auf demselben Kongress folgende erbauliche
Anekdote.
Die Sowjetfabriken erzeugen für die Ausfuhr «vorzügliches Konfekt,
Kölnisch Wasser, Delikatessen» usw., während sie für den inneren
Bedarf dieselben Waren in ganz unzulänglicher Qualität liefern (von
Woroschilow hörten wir soeben, dass dies für Streichhölzer, Seife
und Kuchen erlaubt ist). Stalin gab, so hören wir, Mikojan den Rat …
die Arbeiter zu betrügen:
man
solle ihnen sagen, die Ware sei fürs Ausland, sie aber dann in
inländische Zirkulation bringen. Man weiß nicht recht, worüber man
sich bei dieser Unternehmeranekdote mehr wundern soll: über die
Geringschätzung des Sowjetbedarfs, über Stalins Findigkeit oder
über Mikojans maßlosen Eifer.
Letzterer
geht jedoch noch weiter. Es stellt sich heraus, dass als Mikojan
«befahl, wieder alle besseren Seifensorten herzustellen», Stalin
damit nicht zufrieden war und er (dem Mikojan!) befahl, Muster
von Toiletteseife auf die Sitzung des Politbüros mitzubringen.
Schließlich,
erzählt der beflissene Mikojan, «erzielten wir einen besonderen
Beschluss des ZK … über die Auswahl und die Zusammensetzung der
Seife». Somit ist Stalin nicht nur ein Flieger, sondern auch ein
qualifizierter Seifensieder.
In
solchem Geiste, mit größerem oder kleinerem Zuschuss von
Mikojanerei, waren alle Reden auf dem Kongress gehalten. Die ganze
Atmosphäre ist getränkt mit dem Geruch unerträglichen
Byzantinismus. Nein, Ihr Herren, diese Atmosphäre wird das Land
lange nicht atmen können noch wollen!...
Und
wer sind die Richter?
Dmitri
Swertschkow nahm als Menschewik
am
Petrograder Sowjet von 1905 teil. Als rechter
Menschewik
war er Agent des Innenministers Aksentjew, unter Kerenski. Vor der
Oktoberrevolution verbarg er sich im weißen Kuban und griff in der
dortigen Presse die Bolschewiki an. Nach der Säuberung des
Kaukasusgebietes durch die Rote Armee, schloss sich Swertschkow
seelenruhig den Bolschewiki an. 1922 schrieb er ein Buch: «Morgenröte
der Revolution», wo er nach seinen persönlichen Erinnerungen die
Periode des Sowjets von 1905 schilderte. Das gewandt geschriebene
Buch erlebte mehrere Auflagen. Da aber das Buch Tatsachen
und
nicht nachträgliche Erfindungen
enthält,
so war es jetzt nicht mehr hoffähig. Die Prawda widmete (am 12. XII.
1935) diesem alten, angeblich «Trotzki verherrlichenden» Buch eine
wütende Notiz. Inzwischen hat Dmitri Swertschkow Karriere gemacht:
heute ist er Mitglied des Obersten Gerichtshofs der UdSSR. In einem
Brief an die Prawda erkannte der unglückliche Verfasser unverzüglich
die Beurteilung seines Buches als «richtig» an. Nun ja! 1922 war
Swertschkows Gedächtnis nach den schweren Erlebnissen zeitweilig
geschwächt, aber 1935 kam es wieder In Gleichgewicht. In einem
Zeitungsartikel zum Jubiläumstag des ersten Sowjets gibt Swertschkow
«Erinnerungen»
zum Besten, direkt entgegengesetzt zu denen, die er dreizehn Jahre
vorher in seinem Buch gab!.
So
sind die Herren Richter. Manch einem von ihnen wird es wohl einmal
geschehen auf der Anklagebank zu sitzen … höchst wahrscheinlich
wegen Schleicherei, Meineid
und
anderen Erscheinungen menschlicher Niedrigkeit.
10.
Januar 1936