Leo Trotzki‎ > ‎1936‎ > ‎

Leo Trotzki 19360700 Resolution zum Antikriegskongress des Londoner Büros

Leo Trotzki: Resolution zum Antikriegskongress des Londoner Büros

(verabschiedet auf dem 1. Internationalen Kongress für die IV. Internationale, Juli 1936)

[Nach Schriften zum imperialistischen Krieg. Frankfurt am Main 1978, S. 104-106]

Der „Weltkongress gegen Krieg, Faschismus und Imperialismus“, für Oktober 1936 vom „Internationalen Büro für Revolutionär-Sozialistische Einheit“ (Londoner Büro) angekündigt, ist von seiner ganzen Natur sowie von der Zusammensetzung der Organisationen, welche ihre Absicht bekundeten, daran teilzunehmen von vornherein zu Impotenz und zur Unfähigkeit verdammt, die Funktion, für die er angeblich einberufen wurde, zu erfüllen.

Der „Kampf gegen den Krieg“ kann nicht als etwas Unabhängiges und abseits vom Klassenkampf geführt werden, abseits des unversöhnlichen Kampfes des Proletariats gegen den imperialistischen Kapitalismus, d.h. gegen die soziale Ordnung, welche unvermeidlich zu imperialistischen Kriegen und Unterdrückung führt und ohne diese eng verwandten Geißeln nicht denkbar ist. Jeder Versuch, einen Kampf „gegen den Krieg“ mittels vom Klassenkampf unabhängigen oder „darüber hinausgehenden“ Methoden zu führen, ist bestenfalls eine grausame Illusion und in der Regel ein heimtückischer Betrug, der die Arbeit der imperialistischen Kriegstreiber erleichtert. In dieser Hinsicht kann die Konferenz, welche vom Londoner Büro einberufen wurde, nur eine lächerliche Wiederauflage der unzähligen „Amsterdamer Kongresse“ der Stalinisten sein, die schließlich alle im Lager des kaum verheimlichten Sozialpatriotismus endeten.

Dieser Schluss wird durch die Untersuchung der Zusammensetzung der beabsichtigten Konferenz noch bekräftigt. Ihre Basis soll, wie öffentlich erklärt wird, „direkter Widerstand der Arbeiterklasse gegen den Krieg und die Ablehnung einer Einheit mit der Kapitalistenklasse und kapitalistischen Regierungen sowohl bei Kriegsvorbereitungen als auch bei der Kriegsführung“ sein. Die Zusicherung der Teilnahme an dem Kongress durch eine Anzahl von Organisationen, von denen die meisten bereits dem Londoner Büro angeschlossen sind, straft diese Basis bereits Lüge und verwandelt sie in eine hohle Phrase. „Einheit mit der Kapitalistenklasse oder kapitalistischen Regierungen“ ist für eine proletarische Organisation nicht nur in „Kriegszeiten“, sondern auch in „Friedenszeiten“, d.h. in der Zeit zwischen Kriegen, die von den Imperialisten zur Kriegsvorbereitung benutzt wird, verwerflich. Die am meisten praktizierte und daher gefährlichste und verheerendste Form einer solchen „Einheit“ ist die von den verschiedenen Parteien der II. und III. Internationale mit der Bourgeoisie gebildete „Volksfront“, in der letztere notwendigerweise und tatsächlich eine dominierende Rolle spielt. Indem sie das Proletariat seiner Klassenunabhängigkeit berauben und es der imperialistischen Bourgeoisie oder Teilen von ihr unterwerfen, erleichtern die „Arbeiterparteien“ in den „Volksfronten“ die imperialistische Arbeit, die „Nation“ für den bevorstehenden Krieg zu organisieren und stellen direkte Hindernisse auf dem Weg des proletarischen Kampfes dagegen dar. Unter den angekündigten Teilnehmern an dem Kongress des Londoner Büros sind solche Befürworter der Volksfront wie die Italienische Sozialistische Partei, die Spanische Arbeiterpartei, die Deutsche SAP zu finden und auch, so ungeheuerlich es auch scheinen mag, die französische „Sozialistische Linke“, deren Führer Marceau Pivert ein führender Beamter des patriotischen Blum-Regimes ist, welches sich gegenwärtig so besorgt um die „Verbesserung“ der Armee des französischen Imperialismus zeigt.

Der Kampf gegen den Krieg, richtig verstanden und durchgeführt, setzt immer und überall den kompromisslosen Gegensatz des Proletariats und seiner Organisationen mit seiner eigenen und jeder anderen imperialistischen Bourgeoisie voraus. Unter den angekündigten Teilnehmern am Kongress des Londoner Büros sind solch offenkundige Unterstützer der (imperialistischen) „Sanktionen“ des Völkerbundes zu finden, wie die italienische Sozialistische Partei, welche wahrscheinlich mit Gegnern dieser „Sanktionen“ wie die britische ILP vorgibt, einer zu sein, einen gemeinsamen Kampf gegen den Krieg organisieren soll. Eine Vorbedingung für den proletarischen Kampf gegen den Krieg ist aber nicht die Einheit von Befürwortern und Gegnern der „Sanktionen“, sondern die unbarmherzige Trennung zwischen ihnen. Der Kampf gegen den Krieg und seinen sozialen Ursprung, den Kapitalismus, setzt direkte, aktive und unzweideutige Unterstützung der unterdrückten kolonialen Völker in ihren Kämpfen und Kriegen gegen den Imperialismus voraus, Eine „neutrale“ Position ist gleichbedeutend mit einer Unterstützung des Imperialismus. Nun findet man unter den angesagter Teilnehmern am Kongress des Londoner Büros ILP-Mitglieder, welche dafür eintreten, die mutigem äthiopischer Kämpfer gegen den marodierenden italienischen Faschismus aus Gründen der „Neutralität“ im Stich zu lassen, und „linke“ Poale-Zionisten, welche sich gerade jetzt an den britischen Imperialismus bei seinem brutalen Feldzug gegen den legitimen, wenn auch konfusen Kampf der arabischen Bauern anlehnen. Schließlich, selbst wenn die Konferenz des Londoner Büros eine formal korrekte Resolution zur Frage des imperialistischen Krieges annehmen sollte, was unwahrscheinlich genug ist, würde das die Angelegenheit nicht besser, sondern nur schlechter machen, Die Übereinstimmung von Worten und Taten ist ein charakteristisches Merkmal einer ernst zu nehmenden revolutionären Organisation. Für eine ernsthafte revolutionäre Organisation sind die Resolutionen, welche sie auf ihren Versammlungen annimmt, nicht bloß Formalitäten, sondern das schriftlich festgehaltene Ergebnis in der Aktion erworbener Erfahrungen und ein Führer ihrer Aktion in der Zukunft. Für die Zentristen haben „revolutionäre“ Thesen, die sie bei feierlichen Gelegenheiten annehmen, die Bedeutung, als betrügerische Dekoration, als Deckmantel für unvereinbare Differenzen in ihren eigenen Reihen, als Vorwand für ihre nicht revolutionäre Taten in der vorhergegangenen Periode sowie auch in der kommenden Periode zu dienen. Es gibt nicht den geringsten Grund für wirklich revolutionäre Internationalisten, den Zentristen irgendeine Unterstützung bei ihrer Arbeit des Einschläferns der Vorhut zu gewähren. Auf den ersten Blick ist die geplante Konferenz daher ein ungeheurer Betrug, welcher den wirklich proletarischen Kampf gegen Krieg, Faschismus und Imperialismus nur paralysieren kann. Würde sich dieser Kongress nur aus Massenorganisationen der Arbeiterklasse zusammensetzen, könnte es sich trotz seines angeblichen Programms oder seiner Führung als nützlich für die revolutionären Organisationen erweisen, daran teilzunehmen, um den Betrug vor einer Tribüne der Arbeiterklasse aufzuzeigen und ihm das Programm des revolutionären Kampfes entgegenzuhalten. Im gegenwärtigen Fall könnte eine Teilnahme an einem solchen Kongress aber nur das Ziel haben, sich mit diesen professionellen Konfusionisten des Zentrismus zu verbrüdern oder die massenlosen Führer vor sich selbst zu entlarven. Die Bewegung für die IV. Internationale lehnte es in jedem Fall ab, an dieser Schmach teilzunehmen oder ihr einen revolutionären Anstrich oder Würde durch die Entsendung einer Delegation zu verleihen. Sie empfiehlt die gleichen Aktionen allen Organisationen, die mit ihr assoziiert sind. Die Konferenz für die IV. Internationale nimmt die Resolution des letzten Kongresses der Revolutionären Sozialistischen Arbeiterpartei Hollands bezüglich einer möglichen Teilnahme an Kongressen des Londoner Büros zur Kenntnis. Die Konferenz ist nicht in der Lage, die Verantwortung für den Beschluss ihrer niederländischen Schwesterpartei zu übernehmen, noch hat sie die Absicht, es zu tun. Aber sollte es das ZK der RASP gemäß dem Beschluss seiner Parteikongresse als notwendig erachten, eine Delegation zum Kongress des Londoner Büros zu entsenden, nimmt die Genfer Konferenz für die IV. Internationale an, dass die holländische Delegation im Sinne der vorliegenden Resolution auftreten wird.

Kommentare