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Leo Trotzki 19400612 Diskussionen mit Trotzki

Leo Trotzki: Diskussionen mit Trotzki

[Eigene Übersetzung nach Discussions with Trotsky, June 12-15, 1940, Writings of Leon Trotsky (1939-40), S. 251-289, hier S. 251-259]

Trotzki: Es ist äußerst schwierig, Prognosen bezüglich des unvorhergesehenen Charakters des Krieges zu machen. Der moralische Faktor in der französischen Armee ist die große Unbekannte. Das Eingreifen Italiens verkompliziert und vereinfacht gleichzeitig die Lage. Wenn Großbritannien und Frankreich nicht kapitulieren, müssen sie sich im Mittelmeerraum verschanzen. Das würde eine aggressive Politik gegenüber Italien bedeuten. Dass Italien jetzt die Brücken an seiner Grenze mit Frankreich zerstört, zeigt, dass Italien nicht beabsichtigt, in Frankreich einzumarschieren, sondern einen Einmarsch fürchtet. Die Alpen geben Frankreich den Vorteil. Sie können abwärts kämpfen. Italien verfolgt eine rein defensive Politik in den Alpen, eine offensive Politik bezüglich des Suez-Kanals, Nordafrikas etc. Was eine Invasion Hitlers auf den britischen Inseln betrifft, das würde nur eine Frage der nationalen Existenz bedeuten; der Mittelmeerraum ist eine Frage der Existenz des Kolonialreiches.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Italien als Deutschlands schwaches Kettenglied erweisen wird. Großbritannien kann Nordafrika als neue Operationsbasis verwenden. Es würde die Blockade Europas bedeuten. Churchill spricht im Zusammenhang mit einer Invasion in Großbritannien von einem Rückzug nach Kanada, aber er erwähnte den Mittelmeerraum nicht. Sind sie bereit, diese Region aufzugeben? Es ist natürlicher, dass sie sich kämpfend in den Mittelmeerraum zurückziehen. Dann wäre Amerika die dritte Phase. Wenn es für Großbritannien nicht notwendig wäre, die Inseln länger zu verteidigen, hätte es die Vorherrschaft im Mittelmeer. Es würde Italien zum Ziel eines intensiven Kampfes machen und Deutschland, also Europa, blockieren.

Es ist auch ausgeschlossen, dass Russland auf der Seite von Hitler und Mussolini in den Kampf eintritt. Wenn die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten, und ich glaube, dass sie das werden, wird das einen gewaltigen Einfluss auf Moskau haben. Überlegen wir die Alternative: nicht einzutreten. Gerade die Geschwindigkeit von Deutschlands Vormarsch kräftigt die Isolationisten, die darauf warten würden, dass Kanada, Australien, Neuseeland und Lateinamerika ihnen in den Schoß fallen. Dann ein Krieg gegen Japan, bevor sie auf Hitler stoßen. Aber nicht nur die Isolationisten, sondern der Verlauf des Krieges in Europa bestimmt den Kurs, der verfolgt werden wird.

Ich muss eingestehen, dass ich in den letzten paar Wochen wenig über den Krieg gelesen habe, abgesehen davon, was in den Zeitungen erscheint. Sie werden verstehen, dass diese andere Angelegenheit [das Attentat auf Trotzki] in meiner Aufmerksamkeit Vorrang hatte.

Die sogenannten Isolationisten neigen dazu, die Niederlage des britischen Kolonialreichs zu akzeptieren. Sie fürchten Hitler. Sie sagen, dass sie den Krieg gegen ihn nicht vertagen können. Er kann uns daran hindern, das britische Erbe zu übernehmen. Deshalb lesen wir in den Zeitungen, dass der Senat Roosevelt einmütig beispiellose Machtbefugnisse bewilligte. Das zeigt, dass er ein Abkommen sowohl mit Republikanern als auch Demokraten bezüglich der Notwendigkeit, in den Krieg zu ziehen, gemacht hat

[Präsident] Cardenas’ [von Mexiko] Sympathietelegramm für Frankreich wegen dem italienischen Kriegseintritt ist die mexikanische Antwort auf die amerikanischen Stimmen, dass Mexiko ein Naziland sei und daher ein Eingreifen erfordere. Es zeigt Übereinstimmung zwischen Cardenas und Washington an. Natürlich sind das meine Eindrücke und nicht sichere Schlussfolgerungen. Wie ich erwähnte, habe ich die Ereignisse der letzten paar Wochen nicht so sorgfältig verfolgt, wie das für sichere Schlussfolgerungen notwendig ist. Die jüngsten Ereignisse haben die Vereinigten Staaten dichter an den Krieg gebracht. Welche Form wird der Krieg haben? Wenn die Alliierten gegen Italien Erfolg hätten, dann hätten sie gute Luftwaffenstützpunkte gegen Deutschland. Erfolg gegen Italien gibt Oberhoheit über Spanien. Unterstützung der Vereinigten Staaten in Form von Kriegsmaterialien kann dann sehr wirksam werden. Ein Eintritt der Vereinigten Staaten kann möglicherweise mit Flugzeugen, Kriegsschiffen, möglicherweise Marineinfanteristen beginnen – aber nicht der Armee, zumindest nicht am Anfang. Die Flotten müssen in Übereinstimmung mit Großbritannien und Frankreich organisiert werden; eine Blockade Europas muss organisiert werden, um Hitler trotz seiner Siege zu ersticken. Das kann besonders gemacht werden, wenn sie Moskau gewinnen, was sehr wahrscheinlich ist. Solche Erfolge in Italien würden Moskau auf die Seite der Alliierten bringen, mindestens so sehr wie gegenwärtig auf die Deutschlands – wie ein Satellit, der von einer neuen Kraft angezogen wird. Unsere Arbeitshypothese für Propaganda muss sechs Monate Legalität sein – nicht mehr. Wir haben oft Illegalität diskutiert und wie wir unter solchen Bedingungen arbeiten. Illegalität kann nur aufrecht erhalten werden, wenn wir in den Massenorganisationen versteckt sind.

Militarisierung findet jetzt in gewaltigem Umfang statt. Wir können sie nicht mit pazifistischen Phrasen ablehnen. Diese Militarisierung hat breite Unterstützung unter den Arbeitern. Sie haben einen sentimentalen Hass gegen Hitler, vermischt mit verworrenen Klassengefühlen. Sie haben einen Hass gegen die siegreichen Räuber. Die Bürokratie verwendet das, um zu sagen: Helft dem besiegten Gangster. Unsere Schlussfolgerungen sind völlig anders. Aber dieses Gefühl ist die unausweichliche Grundlage für die letzte Vorbereitungsperiode. Wir müssen eine neue realistische Grundlage für diese Vorbereitung finden. Wir müssen es ablehnen, dass unausgebildete Jungs in die Schlacht geschickt werden. Die Gewerkschaften müssen nicht nur in Friedenszeiten die Arbeiter und ihre beruflichen Fähigkeiten schützen, sondern sie müssen vom Staat die Möglichkeit fordern, die Militärkunst zu lernen.

Wir können zum Beispiel in den Gewerkschaften so argumentieren: Ich bin ein Sozialist und du bist ein Patriot. Gut. Wir werden diese Meinungsverschiedenheit unter uns diskutieren. Aber wir sollten übereinstimmen, dass die Arbeiter auf Regierungskosten ausgebildet werden, um Militärexperten zu werden. Schulen sollten in Verbindung mit den Gewerkschaften errichtet werden – auf Regierungskosten, aber unter Kontrolle der Gewerkschaften. Diese Art der Herangehensweise würde uns Zugang zu den Arbeitern verschaffen, die selbst jetzt zu 95 bis 98 Prozent patriotisch sind.

Nur mit dieser Perspektive, nicht mit abstrakter Opposition zum Militarismus, können wir in den Gewerkschaften und Militärorganisationen Erfolg haben. Wir können auf diese Weise neue Wege und Sympathien für illegale Situationen finden. Natürlich ist die technische Seite der Untergrundarbeit wichtig, aber sie ist nur ein kleiner Teil der illegalen Tätigkeit.

Was die Stalinisten betrifft: Sie lehnen den Kriegsbeitritt der Vereinigten Staaten platt ab, bis Moskau die Position wechselt. Aber inzwischen gibt es eine wichtige Unterscheidung zwischen ihnen und uns. Abstrakte Losungen haben eine Ähnlichkeit. Sie schreien mit ihrer größeren Organisation lauter als wir. Wir müssen versuchen, beim Thema des Militarismus eine sehr klare Unterscheidung zu treffen. Natürlich sind wir allgemein gegen alle diese Dinge, aber wir haben besondere Unterschiede beim Thema der Militarisierung. Es macht den wichtigsten Unterschied bei der Vorbereitung auf die Illegalität.

Alles zeigt an, dass Moskau einen Positionswechsel vorbereitet. In Mexiko, wo diese Wechsel sich oft zuerst zeigen, hat die KP das Recht, Hitler auf die selbe Stufe wie Churchill zu stellen. An dem Tag, an dem Moskau eine halbe Wendung als halber Freund zu den Demokratien macht, wird es eine neue Explosion in den Reihen der KP geben. Wir müssen bereit sein, daraus zu gewinnen. Ich halte die Möglichkeiten in der KP für sehr gut trotz der vorübergehenden Radikalität der KP, die nicht lange anhalten kann. Entsprechend sind allgemein trotz der Radikalität der KP die Möglichkeiten sehr gut. Es ist möglich, dass die USA während der nächtens sechs Monate in den Krieg eintreten wird. Sie wird als Militärmaschine eintreten. Wir müssen lernen, mit Waffen umzugehen. Alles wird jetzt an der militärischen Front entschieden.

Der Staat organisiert jetzt gewaltige Militärmaschinen mit Millionen Menschen. Wir haben nicht mehr bloß die kleinen Möglichkeiten von Verteidigungsgarden, sondern die vom bürgerlichen Staat selbst gegebenen großen Möglichkeiten.

Cannon: Kann das die Form von Resolutionen in den Gewerkschaften annehmen? Fordern wir militärische Ausrüstung, Training etc.? Was ist mit der Möglichkeit, dass wir mit den Patrioten verwechselt werden?

Trotzki: Teilweise Verwechslung ist unausweichlich, vor allem am Anfang. Aber wir stützen unsere ganze Agitation auf eine Klassengrundlage. Wir sind gegen die bürgerlichen Offiziere, die euch wie Vieh behandeln, die euch als Kanonenfutter verwenden. Wir sind besorgt wegen dem Tod von Arbeitern, anders als die bürgerlichen Offiziere. Wir wollen Arbeiteroffiziere.

Wir können den Arbeitern sagen: Wir sind bereit für die Revolution. Aber ihr seid es nicht. Aber wir und ihr wollen in dieser Lage unsere eigenen Arbeiteroffiziere. Wir wollen besondere Arbeiterschulen, die uns zu Offizieren ausbilden werden.

Zuerst wird die bürgerliche Presse zögern. Vielleicht unterstützt sie sogar die Idee. Aber wenn die Klassenlinien scharf gezogen werden, werden sie beunruhigt sein und dann einen Angriff machen.

Cannon: Die „New York Times“ druckte gerade einen Leitartikel, in dem sie allgemeine militärische Ausbildung befürwortete. Stimmen wir dem zu.

Trotzki: Ja. Das ist richtig – aber unter der Kontrolle unserer eigenen Organisationen. Wir lehnen die Kontrolle der sechzig Familien ab. Wir wollen eine Verbesserung der Bedingungen für den Arbeitersoldaten. Wir wollen sein Leben schützen. Es nicht vergeuden. Ja, Herr Bourgeois, du musst von den Arbeitern abhängen. Du bildest sie für Deine eigenen Ziele aus. Wir wollen, dass sie für ihre eigenen Ziele ausgebildet werden. Wir wollen nicht, dass sie für das Kommando von dummen gleichgültigen bürgerlichen Offizieren ausgebildet erden, die sie als Kanonenfutter verwenden werden.

Dobbs: Auf der technischen Seite gibt es einen Überfluss an Material für eine solche Agitation. Männer wurden im Mai [1917?] eingezogen und waren innerhalb von zwei oder drei Monaten in Frankreich tot. Sie wurden nicht genügend ausgebildet, um auf sich aufzupassen. Wir können Tatsachenmaterial über die vergangene Erfahrung zusammentragen. Wenn wir befürworten, dass Arbeiter zu Offizieren ausgebildet werden, können wir Material darüber zusammentragen, wie Offiziere Material verschwendet haben. Das ist auch ein guter Punkt bei der Argumentation gegen die Patrioten, indem wir zeigen, wie die Arbeiter ihre Leben verloren, weil sie nicht ausgebildet waren. Es ist ein für Arbeiter sehr beeindruckendes Argument.

Cannon: Macht diese Linie nicht einen scharfen Bruch mit den Pazifisten wie Norman Thomas und dem Haltet-Amerika-aus-dem-Krieg-raus-Verein? Lange Zeit war unsere Argumentation abstrakt. Sie war gegen den Krieg im Allgemeinen. Nur Revolution kann den Krieg stoppen. Daher sind wir für allgemeine [militärische] Ausbildung. Die Schwierigkeit ist, klarzumachen dass wir wirklich gegen den Krieg sind. Wir brauchen sehr klare und genaue Formulierungen.

Dobbs: Wir können die Pazifisten angreifen. Würde das nicht das Problem lösen? Es ist unausweichlich, dass man kämpfen muss. Ihr müsst euch ausbilden. Egal ob ihr in der roten oder in der bürgerlichen Armee seid, ihr müsst euch ausbilden.

Cannon: es stellt auch eine Umschulung unserer eigenen Bewegung dar. Die Jugend wurde von einer antimilitaristischen und drückebergerischen Haltung gegenüber dem Krieg durchdrungen. Schon haben viele gefragt, ob sie nach Mexiko gehen können, um sich in Sicherheit zu bringen. Unsere Propaganda ist nicht ausreichend von der der Pazifisten getrennt. Wir sagen, es darf keinen Krieg geben! Gleichzeitig sagen wir, dass wir den Krieg nicht vermeiden können! Da fehlt irgendwo ein Verbindungsglied. Alle Fragen werden mit Krieg gelöst. Bloße Opposition kann überhaupt nichts bedeuten. Aber das Problem, das die klarste Formulierung erfordert, ist, uns von den Patrioten zu unterscheiden.

Konikow: Was ist mit unseren Losungen wie „keinen Cent für Krieg“?

Trotzki: Nehmen wir an, wir hätten einen Senator. Er würde einen Antrag für Ausbildungslager für Arbeiter einbringen. Er würde vielleicht 500 Millionen dafür beantragen. Gleichzeitig würde er gegen den Militärhaushalt stimmen, weil er vom Klassenfeind kontrolliert ist. Wir können gegenwärtig die Bourgeoisie nicht enteignen, also lassen wir sie die Arbeiter ausbeuten. Aber wir versuchen, die Arbeiter mit den Gewerkschaften zu schützen. Die Gerichte sind bürgerlich, aber wir boykottieren sie nicht wie die Anarchisten. Wir versuchen, sie zu nutzen und in ihnen zu kämpfen. Genauso mit Parlamenten. Wir sind Feinde der Bourgeoisie und ihrer Institutionen, aber wir nutzen sie. Der Krieg ist eine bürgerliche Institution, die tausendmal mächtiger als alle bürgerlichen Institutionen ist. Wir akzeptieren ihn als Tatsache wie die bürgerlichen Schulen und versuchen ihn zu nutzen. Pazifisten akzeptieren alles Bürgerliche außer dem Militarismus. Sie akzeptieren die Schulen, das Parlament, die Gerichte fraglos. In Friedenszeiten ist alles gut. Aber Militarismus, der einfach genauso bürgerlich wie der Rest ist? Nein, sie ziehen sich zurück und sagen, wir wollen nichts davon. Die Marxistinnen versuchen, den Krieg zu nutzen wie jede andere bürgerliche Institution. Es ist jetzt klar, dass unsere Opposition zum Militarismus die Grundlage unserer Propaganda darstellen wird: unsere Agitation wird für die [militärische] Ausbildung der Massen sein.

Unser militärisches Übergangsprogramm ist ein agitatorisches Programm. Unser sozialistisches revolutionäres Programm ist Propaganda.

Wir müssen in der nächsten Periode furchtbar bestimmt sein. Wir müssen Thomas als den tückischsten Feind anprangern. Wir müssen sagen, dass Krieg unausweichlich ist. Bürokraten! der Krieg bedeutet den Tod eurer Gewerkschaften. Wir müssen die bestimmtesten Voraussagen in den dunkelsten Farben machen. Wir müssen bestimmt für die Diktatur des Proletariats auftreten. Wir müssen einen völligen Bruch mit den Pazifisten machen. Vor kurzer Zeit war jeder gegen den Krieg. Jede Verwechslung mit den Pazifisten ist hundert mal gefährlicher als vorübergehende Verwechslung mit den bürgerlichen Militaristen. Wir bereiten den neuen Schauplatz für den Sturz der Militaristen. Die Pazifisten helfen, die Arbeiter für die Unterstützung der Militaristen einzulullen. Wir müssen vorhersagen, dass Thomas den Krieg unterstützen wird – Krieg ist unausweichlich. Wir müssen die Kunst der Waffenführung lernen. Was die Drückeberger betrifft – auch die in unserer eigenen Partei – wir müssen mit voller Verachtung von ihnen sprechen. Sie sind Deserteure. Genauso wie die Verweigerer aus Gewissensgründen, die alles in Friedenszeiten akzeptieren, aber den Krieg nicht akzeptieren wollen. Drückeberger sind Deserteure von ihrer Klasse und ihrer Revolution.

Konikow: Ja, wir dürfen nicht von den Massen weglaufen.

Gordon: Ich glaube, dass die schnelle Militarisierung unter den breiten Massen helfen wird, dieses Programm rüberzubringen, und es leichter als unter den Radikalen machen wird, wo Antimilitarismus eine lange Tradition hat. Leute wie Debs sind ihre Helden. Diese Tradition gibt es noch in der Arbeiterbewegung. Wie wir um sie herumkommen, ist in meinem Kopf noch nicht klar.

Trotzki: Nicht einmal Debs hatte die Perspektive, die Macht zu nehmen und eine sozialistische Gesellschaft zu gründen. Er verkündete seine Ablehnung gegen den Krieg und ging ins Gefängnis [im Ersten Weltkrieg]. Er war tapfer und ehrlich, aber er hatte nicht die Perspektive der Revolution.

Cannon: Es war eine Protest- und keine revolutionäre Herangehensweise. Unsere Bewegung ist davon angesteckt, damit verseucht, besonders die Jugend, die die sozialistische Tradition des Protests, aber nicht die Tradition des Eintritts in die Streitkräfte und ihre Eroberung hat.

Trotzki: Es ist nicht mehr die Losung „Arbeitsplätze statt Kanonen“. In einer militärischen Lage brauchen wir neue Losungen. Es wäre gut, eine Parteidiskussion zu haben, möglicherweise eine kleine Konferenz, um einen guten Beginn für diese Agitation zu erarbeiten. Wir könnten eine kleine Erfahrung in Minneapolis oder St. Paul versuchen und dann sehen. Wir sollten Artikel im Magazin über militärische Fragen haben. Genauso im „Socialist Appeal“. In vier oder fünf Wochen können wir eine Umorientierung machen. Selbst die in der Mehrheit, die einen alten Gewerkschaftshintergrund haben, können in einem äußerst schnellen Tempo umgeschult werden. Thomas und seinesgleichen werden in kurzer Zeit lächerlich werden und ihr Publikum verlieren. Um den wirklichen Feind zu bekämpfen, müssen wir sein Land betreten, das jetzt der Militarismus ist.

Cannon: Können wir Militaristen genannt werden?

Trotzki: Ja – in einem gewissen Sinne – sind wir proletarische sozialistische revolutionäre Militaristen. Möglicherweise sollten wir es zuerst nicht verwenden, bis wir von Thomas oder so jemandem Militaristen genannt werden und dann eine polemische Antwort machen. Thomas hat uns Militaristen genannt. Ja, wir können in gewissem Sinne Militaristen genannt werden. Dann können wir es mit dieser Erklärung verwenden.

Konikow: Wir begannen, das in unserer Ortsgruppe zu diskutieren, aber fürchteten wegen Spionen, es herauszubringen. Wir wollen keine Bedingungen herbeiführen, wo sie unsere jungen Männer in Konzentrationslager statt in die Armee stecken. Wir hatten fast Angst, unsere Mitglieder würden aus der Armee ausgeschlossen werden. Wie können wir agitieren, damit wir nicht im Voraus als Verräter abgestempelt werden?

Trotzki: Wir werden Opfer haben. Es ist unausweichlich. Es wird Sorglosigkeit uns so weiter geben. Aber die allgemeine Linie wird uns schützen. In einer Gewerkschaft kann ich sagen, dass ich für die Vierte Internationale bin. Ich bin gegen Krieg. Aber ich bin mit euch. Ich werde den Krieg nicht sabotieren. Ich werde der beste Soldat sein, so wie ich der beste und geschickteste Arbeiter in der Fabrik war. Gleichzeitig werde ich versuchen, euch zu überreden, dass wir unsere Gesellschaft ändern sollten. Vor Gericht würde mein Arbeitskollege sagen: „Er sagte, dass er ein disziplinierter Soldat sein würde, dass er keine Rebellionen provozieren würde. Alles, worum er bat, war das Recht, seine Meinung zu sagen.“ Wir können eine ähnliche Verteidigung vor Gericht für unsere Voraussage machen, dass die bürgerliche Gesellschaft dem Untergang geweiht ist. Wenn die Bourgeoisie die Demokratie bewahren könnte, gut, aber innerhalb eines Jahres werden die eine Diktatur einführen. Wir sind gegen Diktatur. Wir werden mit Waffen gegen solch eine Diktatur kämpfen. Natürlich würden wir im Prinzip de sogenannte bürgerliche Demokratie stürzen, wenn wir die Gelegenheit hätten, aber die Bourgeoisie würde uns nicht Zeit geben.

Dobbs: Wie man in der Fabrik ein sehr guter Arbeiter sein muss, um die anderen Arbeiter zu beeinflussen, so muss man im Krieg ein guter Soldat sein.

Konikow: wir müssen in unserer Agitation Vorsicht anwenden.

Cannon: In welchem Ausmaß können wir die Analogie zwischen der Armee und der Fabrik verwenden? Können wir so bestimmt sein, wie Sie es hier ausgedrückt haben?

Trotzki: Ja, ich denke es. In den Fabriken sind jetzt mehr als die Hälfte ihres Produkts Kriegsgüter.

Dobbs: Ob wir uns melden oder auf die Einberufung warten oder den Eintritt vermeiden, ist wohl eine praktische Frage? Ob wir uns freiwillig melden, die Einberufung abwarten oder sie umgehen – das ist eine praktische Tagesfrage.

Trotzki: Wir müssen für militärische Pflichtausbildung für Arbeiter und unter der Kontrolle der Arbeiter sein. Es ist eine Herangehensweise an die Arbeitermiliz. Eintritt in die Armee ist eine individuelle Frage. Offensichtlich agitieren wir nicht für den Eintritt!

Dobbs: In Texas schlug ein Kongressmann Bereitstellungen für die Schaffung von militärischen Kampfeinheiten gegen die Fünfte Kolonne vor. Diese Arbeiter sollen von Offizieren ausgebildet werden, die von den Arbeitgebern ausgewählt werden. Das erscheint als ein idealer Fall, einer, den wir aufgreifen sollten und zeigen, wie er umgedreht und verwendet werden sollte.

Trotzki: Es wird Dutzende solcher Beispiele geben.

Ein weiterer Punkt: Wir müssen gegen das dumme Argument polemisieren, dass die USA nicht angegriffen werden können. Natürlich sind die USA angegriffen. Jedes moderne Reich wird durch Änderungen in der militärischen Macht anderer Länder angegriffen. Deutschland bedroht das Reich der Vereinigten Staaten. Der Kapitalismus ist international.

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