Leo Trotzki 19311107 Aufgaben der Linken Opposition in England und in Indien

Leo Trotzki: Aufgaben der Linken Opposition in England und in Indien

Einige kritische Bemerkungen anlässlich misslungener Thesen

(Auszug)

[Nach Schriften 2.2, Hamburg 1990, S. 746 f., dort mit ausführlicher Fußnote]

5. Der Paragraph über Indien leidet ebenfalls unter einer außerordentlichen Abstraktheit. Es ist völlig unstrittig, dass Indien die volle nationale Unabhängigkeit nur durch eine wirklich große Revolution erhalten kann, die das junge indische Proletariat an die Macht bringt. Ein anderer Entwicklungsweg wäre nur dann denkbar, wenn die proletarische Revolution in England früher zum Sieg gelangen würde als die Revolution in Indien. In diesem Fall könnte die nationale Befreiung Indiens der Diktatur des indischen Proletariats, das die armen Bauern um sich vereinigt, vorausgehen, allerdings wohl nur für einen kurzen Zeitraum. Aber von dieser – sicherlich richtigen – Perspektive ist es weit zu der Behauptung, Indien sei bereits für die Diktatur des Proletariats reif, das indische Proletariat habe bereits die versöhnlerischen Illusionen abgestreift usw. Nein, vor dem indischen Kommunismus stehen noch immense Aufgaben. Die Bolschewiki-Leninisten in Indien müssen eine gewaltige, hartnäckige, alltägliche, schwere Arbeit leisten. Man muss in alle Organisationen der Arbeiterklasse eindringen, vor allem in die reformistischen, nationalistischen Gewerkschaften. Man muss die ersten Kader von kommunistischen Arbeitern ausbilden. Man muss am täglichen »prosaischen« Leben der Arbeiter und ihrer Organisationen teilnehmen. Man muss alle existierenden Verbindungen zwischen Stadt und Land studieren.

Um diese Arbeit zu realisieren, sind natürlich programmatische und taktische Thesen erforderlich. Aber es wäre falsch, die Sache mit der Einberufung einer internationalen Konferenz über Indien zu beginnen, wie dies unsere Autoren vorschlagen. Eine Konferenz ohne intensive Vorbereitungsarbeit wird nichts bringen. Wenn die indischen Linksoppositionellen sich mit der Auswahl und Aufarbeitung neuer Materialien oder wenigstens mit ihrer Übersetzung in eine der europäischen Sprachen beschäftigen würden (Streiks, Demonstrationen, Formen der Agrarbewegung, Parteien und politische Gruppierungen in den verschiedenen Klassen und besonders im Proletariat, Tätigkeit der Komintern, ihre Aufrufe und Losungen), dann würde eine solche Vorbereitungsarbeit die Möglichkeit einer kollektiven Ausarbeitung des Programms und der Taktik der proletarischen Avantgarde in Indien außerordentlich erleichtern.

Man muss mit der Schaffung einer ernsthaften Zelle der Linken Opposition aus indischen Genossen beginnen, die wirklich auf dem Standpunkt der Bolschewiki-Leninisten stehen.

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