Leo Trotzki u.a. 19260325 Fragen unserer Politik gegenüber China und Japan

Leo Trotzki u.a.: Fragen unserer Politik gegenüber China und Japan

[Nach Schriften 2.1, Hamburg 1990, S. 87-98, dort mit zahlreichen Fußnoten]

1. Bei der Situation Chinas sind drei Kategorien von Faktoren zu berücksichtigen:

a) das Kräfteverhältnis in China selbst;

b) die Organisationen der Militärmachthaber, die in der einen oder anderen Weise Ausdruck des Kräfteverhältnisses in China sind, zugleich aber in außergewöhnlichem Maße von fremden Staaten abhängen;

c) die Kräfte des ausländischen Imperialismus einerseits und die der UdSSR und der proletarischen revolutionären Bewegung andererseits.

Die ganze Schwierigkeit bei der Orientierung beruht auf der Wechselbeziehung dieser drei Kategorien von Faktoren, von denen jeder seine innere Logik und sein Entwicklungstempo hat.

Bei der Entwicklung eines erwachenden Landes mit einer Bevölkerung von 400 Millionen sind letztlich die innenpolitischen Faktoren entscheidend. Auf die Entwicklung dieser innenpolitischen Kräfte, d.h. vor allem darauf, dass die Bauern in die Revolution einbezogen werden und die Führungsrolle der proletarischen Organisationen sichergestellt wird, müssen wir unser Hauptaugenmerk richten. Unser entscheidender Vorteil besteht darin, dass wir in China die Möglichkeit zu einer Politik von großen historischen Maßstäben haben.

Dabei dürfen wir natürlich nicht den Kampf der militärischen Gruppen mit all ihren zeitweiligen Erfolgen oder Misserfolgen ignorieren; doch dürfen wir uns durch diese Episoden nicht von der Hauptlinie unserer Politik abbringen lassen.

1. Die internationale Orientierung der chinesischen Revolution und die UdSSR

2. Es gibt keine Daten, die uns glauben machen könnten, die Dynamik der innenpolitischen Kräfte der chinesischen Revolution könnte auch nur zeitweilig gestoppt werden. Im Gegenteil, es besteht aller Grund zu der Annahme, dass sich die Bewegung der breiten Volksmassen – der Arbeiter und der Bauern – in nächster Zeit weiterentwickeln und verstärken wird. Wir unsererseits müssen alles daransetzen, um dieser Bewegung zu maximalen Ausmaßen zu verhelfen. Doch ist die internationale Situation in Verbindung mit einer gewissen Stabilisierung Europas (dem Vertrag von Locarno) und vor allem damit, dass die Imperialisten das Chinaproblem in vollem Umfang aufgebracht haben, ungleich schwieriger geworden. Unter diesen Umständen müssen die führenden revolutionären Kräfte Chinas, und um so mehr der Sowjetstaat, alles daransetzen, um den Aufbau einer vereinigten imperialistischen Front gegen China zu verhindern. Äußerst gefährlich für die chinesische Revolution kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt Japan werden, sowohl wegen seiner geographischen Lage als auch wegen seiner vitalen wirtschaftlichen und militärischen Interessen an der Mandschurei. Die revolutionäre Bewegung Chinas hat ein Stadium erreicht, wo der Frage nach ihren Beziehungen zu Japan größte Bedeutung zukommt. Es sollte unbedingt versucht werden, hier Zeit für eine Atempause zu gewinnen, und das heißt praktisch, dass man die Frage nach dem Schicksal der Mandschurei als Staat »aufschiebt«, also sich faktisch damit abfindet, dass die südliche Mandschurei vorerst in japanischer Hand bleibt.

3. Diese politische Orientierung, die natürlich keineswegs die Beendigung des allgemeinen politischen Kampfes gegen den japanischen Imperialismus bedeutet, muss insgesamt mit der chinesischen KP und der Guomindang abgestimmt werden. Dabei muss jedoch von Anfang an berücksichtigt werden, wie schwierig angesichts der tiefsitzenden Feindschaft gegen Japan eine solche Orientierung für die revolutionären Elemente Chinas und für dessen breite Öffentlichkeit ist. Dennoch ist diese Orientierung von den inneren Bedürfnissen der chinesischen Revolution diktiert, die, bevor nicht Europa und Asien von einer neuen revolutionären Welle erfasst werden, dem vereinten Druck der Imperialisten nicht standhalten kann. Hier wie auch in anderen Fällen stimmen die Interessen der chinesischen Revolution mit denen des Sowjetstaates vollkommen überein, für den eine Verlängerung der Atempause genauso notwendig ist wie das Erkämpfen einer Atempause für die revolutionäre Bewegung Chinas.

4. Aus dem Gesagten wird klar, dass der Kurs auf eine Verschärfung der Gegensätze zwischen den imperialistischen Mächten im Fernen Osten und vor allem der Kurs auf eine gewisse Verständigung mit Japan in Bezug auf die öffentliche Meinung der revolutionären Kräfte Chinas sorgfältig vorbereitet werden muss, damit die Möglichkeit einer Fehlinterpretation dieser Politik durch unzureichend informierte Elemente – als opfere man die Interessen Chinas einer Regelung zwischenstaatlicher Beziehungen der UdSSR und Japans – ausgeschlossen wird.

5. Um angemessen auf die öffentliche Meinung Chinas einwirken zu können, muss insbesondere der revolutionäre und antiimperialistische Einfluss auf die chinesische Presse verstärkt werden, indem man sowohl neue Organe schafft, als auch auf die bereits vorhandenen einwirkt.

6. Falls eine autonome Mandschurei geschaffen wird, was Japan anstrebt, dann muss erreicht werden, dass Zhang Zuolin auf die Expedition in den Süden, wie überhaupt auf jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten des übrigen China verzichtet. Natürlich können wir dabei auf keinen Fall die Initiative ergreifen oder auch nur indirekt Verantwortung übernehmen. Doch aus dem klaren Verständnis dessen, was eine Autonomie der Mandschurei bedeutet, ergibt sich sowohl das unter den gegenwärtigen Umständen notwendige Verhalten der führenden Kreise der revolutionären Bewegung Chinas als auch das unsere.

7. Angesichts der oben dargelegten allgemeinen Ausrichtung unserer Politik ist es jetzt wichtiger als je zuvor, alle überflüssigen peripheren und zweitrangigen Momente zu eliminieren, die die chinesische öffentliche Meinung irritieren könnten. Es steht außer jedem Zweifel, dass die Vertreter einzelner Ressorts in Bezug auf China ein unzulässiges Großmachtgebaren an den Tag gelegt haben, wodurch die Sowjetmacht kompromittiert und der Eindruck eines sowjetischen Imperialismus hervorgerufen worden ist.

Man muss den entsprechenden Organen und Personen einschärfen, dass in der Politik gegenüber China selbst diese äußeren Formen von lebenswichtiger Bedeutung für uns sind, damit auch nicht ein Schatten des Verdachts von Großmachtabsichten auf uns fällt. Diese politische Linie, die auf der größten Achtung gegenüber den Rechten Chinas, auf der Betonung seiner Souveränität usw. usf. gründet, muss überall und allenthalben eingehalten werden. In jedem einzelnen Falle, wo die Grundsätze dieser Politik verletzt werden, und sei er auch noch so unbedeutend, müssen die Schuldigen bestraft und dies der chinesischen öffentlichen Meinung zur Kenntnis gegeben werden.

8. Es ist in verschiedenen Formen öffentlich zu erklären: Unsere Politik ist ganz vom Mitgefühl mit dem Kampf der chinesischen Volksmassen für einen unabhängigen Staat und für die Demokratie getragen, verwirft jedoch den Gedanken an wie auch immer geartete militärische Interventionen unsererseits. Die Lösung des chinesischen Problems liegt allein beim chinesischen Volk. Bis zur Verwirklichung der Einheit Chinas ist die Sowjetregierung bestrebt, loyale Beziehungen zu allen in China bestehenden Regierungen, sowohl den zentralen als auch denen in der Provinz, aufzunehmen und zu unterhalten.

9. Die diplomatische Tätigkeit in der Mandschurei wird voll und ganz von Harbin nach Mukden verlagert.

10. Mit Zhang Zuolin muss man auf folgender Basis verhandeln: Uns ist klar, dass die Regierung der Mandschurei unter den derzeitigen Bedingungen gute und stabile Beziehungen zu Japan unterhalten muss; wir werden nichts gegen diese Beziehungen unternehmen. Aber es wäre vorteilhaft für die Regierung der Mandschurei, zur gleichen Zeit auch die friedlichen und stabilen Beziehungen zu uns beizubehalten und sich dadurch eine gewisse Unabhängigkeit von Tokio zu sichern.

Bei den Verhandlungen ist Zhang Zuolin darauf hinzuweisen, dass gewisse Kreise in Japan bereit sind, ihn durch einen anderen General der Pufferzone zu ersetzen, dass wir jedoch unter der Bedingung der Aufnahme normaler Beziehungen keinen Grund sehen, ihn durch eine andere Person zu ersetzen.

11. Grundelement unserer Vereinbarungen mit der Mandschurei ist die Ausarbeitung von streng geschäftsmäßigen Betriebsbedingungen für die Ostchinesische Eisenbahn:

a) ein genaues Schlichtungsverfahren (nach den Prinzipien der Parität) für alle Streit- oder Konfliktfragen;

b) im Falle irgendwelcher Komplikationen die Weiterleitung des Problems nach Mukden.

Gleichzeitig erhalten unser Bahnverwalter, der Konsul in Harbin und der Generalkonsul in Mukden die Anweisung, jeden Versuch der Eisenbahnbehörden, offene Fragen einseitig über den Kopf der chinesischen Behörden hinweg oder, was noch schlimmer ist, durch ein Ultimatum an die letzteren zu lösen, ohne jede Nachsicht zu bestrafen.

12. Nachdem eine Übereinkunft mit Zhang Zuolin getroffen und entsprechend in Peking registriert worden ist, sollte auf die Einberufung einer chinesisch-japanisch-sowjetischen Eisenbahnkonferenz gedrungen werden, damit ein für alle drei Mächte gemeinsamer Plan für den Betrieb und den Ausbau der Eisenbahn in der Mandschurei, wie auch ein die Mandschurei betreffendes Wirtschaftsabkommen, das die gegenseitigen Interessen und Rechte voll anerkennt, ausgearbeitet werden kann.

13. Während der eigentliche Apparat der Ostchinesischen Bahn weiterhin strikt in Händen der Sowjetmacht bleibt – allein das kann die Bahn in nächster Zeit vor einer Eroberung durch die Imperialisten schützen –, sind unbedingt und sogleich großangelegte Maßnahmen kulturpolitischer Art zu ergreifen, um die Bahn zu sinifizieren.

a) Der Geschäftsverkehr ist in zwei Sprachen abzuwickeln. Stationsnamen und Beförderungshinweise auf den Bahnhöfen und in den Waggons usw. sollten zweisprachig sein.

b) Eine chinesische Ausbildungsstätte für Eisenbahner ist einzurichten, in der die technische Ausbildung mit der politischen Erziehung verbunden ist.

c) An geeigneten Stellen entlang der Strecke sollten die notwendigen kulturpädagogischen Einrichtungen für die chinesischen Arbeiter und die von der Bahnlinie berührten chinesischen Siedlungen geschaffen werden.

14. Es muss unbedingt überprüft werden (Gen. Serebrjakow), ob nicht eine Übertragung der Eisenbahn unmittelbar auf das Volkskommissariat für Eisenbahnen von chinesischer Seite als ein Schritt zur einseitigen Inbesitznahme der Bahn durch uns ausgelegt werden könnte.

Alle Details für den Wechsel in der Verwaltung der Eisenbahn sind sorgfältig mit den interessierten chinesischen Kreisen zu durchdenken und auszuarbeiten.

15. Die derzeitige Lage, wo wir für unsere Aktivitäten bei der Bahn vollkommen freie Hand haben, ist zu nutzen, um in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Politbüros vom … 1 einen Monat lang eine sorgfältige Säuberung bei der Ostchinesischen Bahn durchzuführen, indem wir weniger geeignete Elemente in der Verwaltung und unter den Arbeitern oder solche, die sich kompromittiert haben, an die Bahnen der Union versetzen und sie in der Mandschurei durch absolut zuverlässige und politisch geschulte Arbeiter der Zentralbahnen ersetzen.

16. Andererseits sind jetzt alle Fälle von Willkür und Gewalt von Seiten der chinesischen Soldateska, der Polizei und der russischen Weißgardisten gegenüber russischen Arbeitern und Angestellten der Ostchinabahn sorgfältig zu sammeln (und im Weiteren aufzuklären). Außerdem sollten alle Konfliktfälle erfasst werden, die auf die unterschiedlichen nationalen Lebensformen von Russen und Chinesen zurückzuführen sind. Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, für die persönliche und die nationale Würde der russischen Arbeiter einzutreten, damit Konflikte in diesem Bereich nicht chauvinistische Gefühle auf beiden Seiten wecken, sondern zur politischen Erziehung beitragen können. Unbedingt sind besondere Schlichtungskommissionen oder Ehrengerichte bei der Gewerkschaft einzurichten, an denen beide Seiten prinzipiell gleichberechtigt teilnehmen und die faktisch von ernsthaften Kommunisten geleitet werden, die die volle Bedeutung und Brisanz der nationalen Frage begriffen haben.

Maßnahmen zum Schutz der Eisenbahnangestellten vor Willkürakten der lokalen chinesischen Verwaltung sind in einem entsprechenden Vertrag (mit Mukden und Peking) zu vereinbaren und mit allen notwendigen organisatorischen Garantien auszustatten.

Instruktionen und Aufrufe zu diesen Themen sind unbedingt auf russisch und chinesisch herauszugeben und entlang der Strecke zu verteilen sowie in den Bahnhöfen und ähnlichen Gebäuden und in den Waggons anzuschlagen.

17. Das Personal des Generalkonsulats in Harbin ist entsprechend der oben dargelegten Politik zu erneuern.

18. Einer der Punkte im Abkommen mit Zhang Zuolin (und in Zukunft auch mit Japan) muss die revolutionäre Volks-Mongolei vor dessen Anschlägen schützen.

19. Zur Zeit sind keine allgemeinen Verhandlungen mit Japan aufzunehmen, vielmehr ist die Aufmerksamkeit auf die tatsächliche Verbesserung der Beziehungen zu konzentrieren, indem alle obengenannten Maßnahmen durchgeführt werden, außerdem entsprechend auf die öffentliche Meinung in Japan eingewirkt wird. Das Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten wird deshalb angewiesen, ein entsprechendes Paket von Maßnahmen auszuarbeiten. Ohne im Voraus die Formen eines möglichen dreiseitigen Abkommens (zwischen der UdSSR, Japan und China) festzulegen, ist der Boden politisch und diplomatisch so vorzubereiten, dass die Zugeständnisse, die China vielleicht zeitweise Japan gegenüber machen muss, auf keinen Fall von China als Aufteilung der Einflusssphären mit unserer Beteiligung ausgelegt werden können. Wir müssen gegenüber der öffentlichen Meinung in China, vor allem in linken Kreisen, klarstellen, dass wir uns nur mit den Zugeständnissen Chinas an den japanischen Imperialismus abfinden, die für die revolutionäre Volksbewegung Chinas zum Schutz gegen die vereinigte Angriffsfront der Imperialisten nötig sind. Unter diesem Aspekt sollten die möglichen gemeinsamen Verhandlungen das Ziel haben, Japan durch Zugeständnisse von England zu lösen.

20. Sollte es sich herausstellen, dass die Volksarmeen auf lange Zeit Wu Peifu Stellungen überlassen müssen, dann könnte es sinnvoll sein, mit diesem letzteren eine Übereinkunft zu suchen, um seine Abhängigkeit von England zu verringern, gleichzeitig aber unvermindert gegen England als den schlimmsten und unversöhnlichsten Feind der chinesischen Unabhängigkeit zu kämpfen.

21. In Bezug auf die Volksarmeen ist unbedingt und umfassend politisch erzieherische und organisatorische Arbeit zu leisten (Guomindang, KP), um sie zu einem wirklichen Bollwerk der revolutionären Volksbewegung zu machen, das von persönlichen Einflüssen unabhängig ist.

22. Kanton. Aufgrund der langsamen Entwicklung der revolutionären Bewegung in China ist Kanton nicht nur als provisorischer revolutionärer Brückenkopf anzusehen, sondern auch als ein gewaltiges Land mit einer Bevölkerung von 37 Millionen Seelen. Es braucht unbedingt ein wirklich stabiles wirtschaftliches und staatliches Regime. Die Regierung Kantons muss all ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, die Republik im Inneren zu konsolidieren, indem sie Reformen auf dem Agrarsektor, im Finanzwesen, in Verwaltung und Politik durchführt, indem sie die breiten Volksmassen in das politische Leben der südchinesischen Republik einbezieht und ihre innere Verteidigungsbereitschaft stärkt.

Die Regierung von Kanton sollte zum gegenwärtigen Zeitpunkt von dem Gedanken an militärische Expeditionen offensiver Art, wie überhaupt von Aktivitäten, die die Imperialisten auf den Weg einer militärischen Intervention drängen könnten, entschieden Abstand nehmen.

Anmerkung: Über Genosse Rakowski ist in Erfahrung zu bringen, ob für die Regierung von Kanton gewisse Chancen bestehen, offiziell oder inoffiziell den einen oder anderen Modus vivendi mit Frankreich zu finden, und ob es nicht sinnvoll wäre, einen Vertreter der Kanton-Regierung nach Paris zu schicken, um bei der französischen Regierung in dieser Richtung vorzufühlen.

23. Wenn man bedenkt, dass es bei einer ganzen Reihe von Beschlüssen auch Elemente gibt, die die Führer der Guomindang in bestimmten klar umrissenen Fragen zu Vorsicht und Nachgiebigkeit zwingen, dann muss, um jede Abweichung von der allgemeinen Politik zu vermeiden, überzeugend und deutlich erklärt werden, dass solche, durch die Umstände erzwungenen Zugeständnisse auf keinen Fall den revolutionären Elan der Bewegung schwächen oder die breitest mögliche Agitation innerhalb Chinas, wie auch außerhalb seiner Grenzen, beschneiden dürfen, wo sie die revolutionäre Bewegung der benachbarten unterdrückten Kolonialvölker unterstützen soll usw. usf.

24. Angesichts der Tatsache, dass die chinesische Reaktion, aufgestachelt von den Imperialisten, die Abberufung des Genossen Karachan fordert, ergibt sich für uns die Notwendigkeit, in China (und nach Möglichkeit auch in anderen Ländern, vor allem in England und Japan) gegen diese Unverfrorenheit eine äußerst energische politische Kampagne zu beginnen, um Sinn und Inhalt der Befreiungspolitik zu erklären, die Genosse Karachan als Vertreter der Sowjetunion verfolgt.

II. Probleme der Eisenbahn in der Mandschurei

1. Ein Aufschub der Konferenz über die mandschurischen Eisenbahnen bis zur Verbesserung der praktischen Beziehungen zur Ostchinesischen Bahn wäre wünschenswert.

2. Die Ostchinesische Bahn muss im Voraus ein Abkommen über den Bau der Eisenbahn mit Mukden schließen und hat dabei zu berücksichtigen, dass die UdSSR nicht selbständig mit dem Streckenbau in der Mandschurei beginnen darf.

3. Um den Bau der Ostchinesischen Bahn voranzutreiben, sollten die Aufwendungen für Komfort der Bahn vermindert werden, damit alle freien Mittel für den Eisenbahnbau verwendet werden können.

4. Der vom Volkskommissariat für das Verkehrswesen vorgelegte Streckenplan für die Ostchinesische Bahn ist anzunehmen.

5. Für den Bau der einzelnen Zufahrtswege wäre es wünschenswert, Aktiengesellschaften zu gründen und dazu das lokale chinesische Kapital heranzuziehen, und zwar möglichst auf chinesische Initiative.

6. Die Ostchinesische Bahn sollte ihre Aufgabe nicht nur in der Anlage von Zufahrtswegen sehen, sondern möglichst auch den Bau von Landstraßen für den Autotransport vorantreiben sowie den Schiffsverkehr ankurbeln.

7. Mit allen verfügbaren Mitteln ist gegen den Bau von japanischen Eisenbahnlinien nördlich der Ostchinesischen Bahn oder auch nach Khajlar vorzugehen sowie gegen eine Verbindung der Eisenbahnlinien östlich von Kirin mit der Ostchinesischen Bahn.

8. Um auf Japan Druck auszuüben, sollte die Nachricht verbreitet werden, dass wir eine Eisenbahnlinie von Tschita durch die östliche Mongolei bauen.

9. Wir müssen uns vornehmen, bei erster Gelegenheit mit dem Bau einer Eisenbahn von Werchne-Udinsk nach Urga-Kalgan und von Chabarowsk nach Sowjetskaja Gawan zu beginnen.

10. Das Volkskommissariat für das Verkehrswesen sollte in Erfahrung bringen, welche Unstimmigkeiten zwischen der Ostchinesischen Bahn und der südmongolischen Eisenbahn hinsichtlich der Tarife, der Rabatte und der Verteilung der Fracht bestehen und bei Regierungskonferenzen vorgebracht werden sollten.

11. Debutschi ist zu antworten, dass die vor uns stehenden Fragen im Zusammenhang mit der Reise des Genossen Serebrjakow vor Ort geklärt werden sollen, wobei Genosse Serebrjakow persönlich nach Tokio fährt; danach werden von unserer Seite konkrete Vorschläge gemacht, um die strittigen Fragen zu regeln und bei prinzipieller gegenseitiger Wahrung der Interessen aller drei interessierten Seiten Reibungspunkte aus dem Weg zu räumen.

III. Über die japanische Einwanderung

Bei der Lösung des Problems der japanischen Einwanderung nach dem sowjetischen Fernen Osten ist mit dem größten Interesse der öffentlichen Meinung in Japan zu rechnen. Wenn man jedoch die Gefahr einer japanischen Kolonisation im Fernen Osten bedenkt, müssen alle Schritte mit größter Vorsicht und Zurückhaltung unternommen werden. Es ist noch nicht an der Zeit, Quoten für die in die UdSSR zuzulassenden japanischen Einwanderer festzulegen, keinesfalls aber sollte die japanische Einwanderung sehr umfangreich sein. Sie sollte strikt reguliert und kontrolliert werden und in Schüben, auf japanische Kosten, mit Hilfe einer besonderen, eigens zu diesem Zweck gegründeten Gesellschaft vor sich gehen. Die japanischen Kolonisten sollten nach dem Schachbrettprinzip angesiedelt werden, gleichzeitig mit einer verstärkten Kolonisation aus Zentralrussland Die zur Verfügung gestellten Parzellen sollten für die japanischen Bauern akzeptabel sein, wobei die Besonderheiten der japanischen Landwirtschaft zu berücksichtigen sind. Geeignete Parzellen für die japanischen Kolonisten gibt es im Gebiet von Chabarowsk und weiter südlich, nicht aber im Inneren Sibiriens. Die Einwanderung von Koreanern als vorgebliche Japaner in diese Gebiete ist nicht zuzulassen. Die Frage der koreanischen Einwanderung muss gesondert behandelt werden, wobei den Koreanern Gebiete zur Verfügung gestellt werden können, die wesentlich weiter im Inneren Sibiriens liegen.

1 Auslassung im Original.

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