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Leo Trotzki 19321216 Die Internationale Linke Opposition, ihre Aufgaben und Methoden (Auszug)

Leo Trotzki: Die Internationale Linke Opposition, ihre Aufgaben und Methoden (Auszug)

Dezember 1932

[Veröffentlicht im im Internal Bulletin der CLA Nr. 11 vom 31. März 1933. Nach Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, S. 175-178]

Die spanische Revolution schuf außerordentlich günstige objektive Bedingungen für eine sehr schnelle Entwicklung des Kommunismus. Aber der Mangel an Kadern, die irgendwie ausgebildet waren, machte es der Linken Opposition wie der offiziellen Partei sehr schwer, aus einer günstigen historischen Situation Vorteil zu ziehen. Obwohl die spanische Sektion eine Reihe anderer Sektionen zahlenmäßig übertrifft – das muss dem revolutionären Aufschwung zugeschrieben werden – bieten ihre ideologische Festigung und der Charakter ihrer Führung ein äußerst unbefriedigendes Bild.

Um die Gründe dafür zu verstehen, müssen wir die wichtigsten Fehler der leitenden Kader der spanischen Opposition aufzeigen.

In Katalonien, wo das Proletariat ein gegebenes Feld für das schnelle Wachsen des bolschewistisch-leninistischen Einflusses bietet, haben die führenden Genossen in einer unentschuldbaren Weise Zeit verloren; anstatt offen als auch nur ein kleiner Kern unter ihrer eigenen Fahne aufzutreten, spielten sie während der kritischsten Monate der Revolution mit den Prinzipien Versteck: zuerst ließen sie sich auf diplomatische Beziehungen zu dem kleinbürgerlichen nationalistischen und provinziellen Phrasendrescher Maurín ein und hingen sich dann an seine Rockschöße.

Im übrigen Spanien war es auch nicht besser. Während die Linke Opposition die offizielle Partei ignorierte und marxistische Erziehung von Kadern durch revolutionäre Gefühlsduselei ersetzte, gelang es ihr lange Zeit nicht, zwischen sich und den Gruppen der Rechten Opposition den notwendigen Trennungsstrich zu ziehen.

Nicht weniger nachteilig wirkte es sich aus, dass die führenden Genossen dem Einfluss der übelsten Aspekte der spanischen revolutionären Tradition unterlagen, nämlich der internationalen Erfahrung den Rücken zukehrten und – trotz verbaler Solidaritätserklärungen gegenüber der Linken Opposition – tatsächlich direkt oder indirekt alle Wirrköpfe und Abtrünnigen (Landau, Rosmer, Mill usw.) unterstützten.

Auf die Frage Fraktion oder unabhängige Partei nahm die spanische Sektion auf ihrer letzten Konferenz eine – gelinde gesagt – zweideutige Stellung ein, indem sie sich dafür aussprach, ihre eigene Kandidatenliste bei parlamentarischen und anderen Wahlen aufzustellen. Diese Entscheidung, die im Gegensatz zur Politik der Linken Opposition steht und in keiner Weise praktisch vorbereitet war, blieb eine platonische, aber trotzdem schädliche Demonstration. Auf dem Wege, sich von den Bolschewiki-Leninisten zu entfernen, gingen die Führer der spanischen Opposition so weit, dass sie es für möglich erachteten, den Namen ihrer Organisation zu ändern. Durch Annahme der Bezeichnung „Linke Kommunisten" – vom theoretischen Standpunkt her ein offensichtlich falscher Name – stellten sich die spanischen Genossen in einen Gegensatz zu der Internationalen Linken Opposition und näherten sich gleichzeitig dem Namen, den sich der Leninbund, die Gruppe Rosmer usw. gegeben hatte. Kein ernst zu nehmender Revolutionär wird glauben, dass ein derartig wichtiger Schritt durch Zufall, ohne einen politischen Grund unternommen wurde. Gleichzeitig wird kein Marxist eine Politik gutheißen, die ihre Ziele bei prinzipiellen Fragen nicht offen darlegt, sondern zu Diplomatie und Manövern Zuflucht nimmt.

Durch ihre Forderung, zur internationalen Konferenz sollten alle Gruppen zugelassen werden, die sich als Anhänger der Linken Opposition bezeichnen – auch jene, die sich abspalteten und ausgeschlossen wurden – zeigt die spanische Opposition, wie weit sie sich von der tatsächlichen Entwicklung der Internationalen Linken entfernt hat und es immer weiter tut, und wie wenig sie sich von ihrer inneren Logik zu eigen gemacht hat.

Während die spanischen Genossen die anderen Sektionen einer falschen Organisationspolitik bezichtigen, ohne einen Versuch, diese Anschuldigungen zu untermauern, haben sie zur gleichen Zeit die ganze Verfehltheit ihrer eigenen Methoden schlagend bewiesen. Der Kampf, der plötzlich zwischen den beiden Gruppen im Zentralkomitee entbrannte, hat die spanische Sektion an den Rand der Spaltung geführt. Die Organisation als Ganzes wurde völlig überrascht, denn keine der beiden streitenden Gruppen konnte bisher die prinzipiellen Hintergründe dieses erbitterten Kampfes formulieren.

Auf ihrer gegenwärtigen ideologischen Grundlage kann sich die spanische Sektion nicht mehr weiterentwickeln. Da es völlig klar ist, dass die Berichtigung der begangenen Fehler und der Aufbau einer Organisation in Spanien, die prinzipientreu und auf revolutionäre Art organisiert ist, nur das Ergebnis einer langen und systematischen Arbeit sein kann, schlägt die Vorkonferenz folgende Sofortmaßnahmen vor:

a) Alle wichtigen internationalen Dokumente zu den umstrittenen Fragen müssen ins Spanische übersetzt und allen Mitgliedern der Sektion zur Kenntnis gebracht werden. Das Verbergen von Fakten muss aufhören. Das hier Gesagte bezieht sich besonders auf den Fall Mill, in dem die Führer der spanischen Sektion nicht nur eine unverkennbar prinzipienlose Person gegen die Internationale Opposition unterstützten, sondern sogar jetzt – zur Verteidigung der begangenen Fehler – sich völlig unpassende Anspielungen gegen die Internationale Opposition erlauben.

b) Beide streitenden Gruppen innerhalb des Zentralkomitees müssen die Vorstellung einer prinzipienlosen Spaltung und von organisatorischen Maßnahmen aufgeben, sodass die Diskussion über die strittigen Fragen ihren normalen Gang nimmt und alle Mitglieder der Organisation ohne Ausnahme teilnehmen können.

c) Die interne Diskussion muss in einem Bulletin fortgeführt werden, dessen Redaktionsstab eine völlige Unparteilichkeit gegenüber den streitenden Gruppen garantieren muss (durch ein gemeinsames Redaktionskomitee).

d) Alle prinzipiellen Fragen der Internationalen Linken müssen auf die Tagesordnung gesetzt werden, und Sympathien, Antipathien und persönliche Anspielungen dürfen nicht als Ersatz für klare politische Stellungnahmen genommen werden.

e) Eine umfassende Diskussion muss den Weg zu einer neuen nationalen Konferenz vorbereiten.

Die Vorkonferenz weist das Sekretariat an, die innere Entwicklung der spanischen Sektion mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen, ihr behilflich zu sein, die obengenannten und andere geeignete Maßnahmen in voller Übereinstimmung mit den Aufgaben und Methoden der Linken Opposition durchzuführen.

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