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Leo Trotzki 19370219 Für den Sieg der spanischen Revolution

Leo Trotzki: Für den Sieg der spanischen Revolution

[Nach Unser Wort, Halbmonatszeitung der IKD, 4. Jahrgang Nr. 2 (82), Mitte Mai 1937, S. 2]

Gab ich «Instruktionen», um der republikanischen Front mit Freiwilligen zu helfen oder gab ich keine? Ich gab niemandem Instruktionen, ich pflege überhaupt keine Instruktionen zu geben, sondern drücke meine Meinung in Artikeln aus: Nur Feiglinge und verräterische Agenten des Faschismus können den republikanischen Armeen Hilfe versagen. Kampf gegen die Banden Francos, Mussolinis und Hitlers ist elementare Pflicht jeden Revolutionärs.

Die POUM

Der linke Flügel der Regierungskoalition steht zur Hälfte in Opposition. Die POUM ist nicht «trotzkistisch» und ich kritisiere ihre Politik des öfteren trotz meiner warmen Sympathie für diese Partei und für den Heldenmut ihrer Mitglieder, vor allem der Jugend, die an der Front kämpft.

Die POUM beging den Fehler, sich an der Wahlkombination der «Volksfront» zu beteiligen, unter deren Deckung Franco mehrere Monate hindurch ungestraft den Aufstand vorbereitete, der heute Spanien verwüstet. Eine revolutionäre Partei hatte nicht das Recht, weder direkt noch indirekt die Verantwortung für eine Politik der Blindheit und verbrecherischen Toleranz auf sich zu nehmen. Sie musste die Massen zu Wachsamkeit aufrufen.

Die Führung der POUM beging einen zweiten Fehler, nämlich in die katalanische Koalitionsregierung einzutreten. Um an der Front Hand in Hand mit den anderen Parteien zu kämpfen, braucht man sich nicht die Hände zu binden durch Teilnahme an der Regierungspolitik dieser Parteien. Ohne die militärische Front zu schwächen, gilt es, die Massen unter dem revolutionären Banner zu sammeln. Im Bürgerkrieg unvergleichlich mehr als im gewöhnlichen Kriege beherrscht die Politik die Strategie. Als Armeeführer war Lee gewiss begabter als Grant, aber das Programm der Beseitigung der Sklaverei, auf das er sich stützte, sicherte Grant den Sieg. In unserem dreijährigen Bürgerkrieg war die militärisch-technische Überlegenheit häufig genug auf Seiten des Gegners, aber letzten Endes siegte das bolschewistische Programm. Der Arbeiter wusste genau, wofür er kämpfte, der Bauer zögerte lange, doch verglich er anhand der Erfahrung die beiden Regimes, dann unterstützte er die Bolschewiki.

Die stalinistische Politik

In Spanien gaben die Stalinisten, die den Ton angeben, die Losung heraus, der sich auch Caballero anschloss: erst der militärische Sieg, dann die soziale Reform. Diese Formel ist, meine ich, verhängnisvoll für die spanische Revolution. Sehen die Arbeitermassen und vor allem die Bauern nicht in der Wirklichkeit den grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Programmen, dann verfallen sie in absolute Indifferenz. Unter diesen Umständen wird der Faschismus unvermeidlich siegen, denn der rein militärische Vorteil ist auf seiner Seite. Kühne soziale Reformen sind die stärksten Waffen im Bürgerkrieg und die entscheidende Vorbedingung für den Sieg über den Faschismus.

Die stalinistische Politik, die sich in revolutionären Situationen immer als opportunistisch erwies, wird bestimmt von der Furcht, die französische Bourgeoisie zu erschrecken, vor allem die «200 Familien», denen die Volksfront den Krieg erklärt hat … Stalins Politik in Spanien ist nicht so sehr die Wiederholung von Kerenskis Politik im Jahre 1917 als der von Ebert-Scheidemann in der deutschen Revolution von 1918, deren Strafe Hitlers Sieg war. In Deutschland verzögerte sich die Strafe um 15 Jahre. In Spanien kann sie in weniger als 15 Monaten kommen.

Der soziale und politische Sieg der spanischen Arbeiter und Bauern würde einen europäischen Krieg nach sich ziehen! Solche Prophezeiungen, diktiert von reaktionärer Feigheit, sind von Grund aus falsch. Siegt der Faschismus in Spanien, dann wird sich Frankreich in einem Schraubstock befinden, aus dem es sich nicht herauswinden wird. Francos Diktatur würde die unvermeidliche Beschleunigung des europäischen Krieges bedeuten unter den für Frankreich schwierigsten Bedingungen. Es ist unnötig hinzuzufügen, dass ein neuer europäischer Krieg das französische Volk mit Verblutung und Untergang bedrohen und dadurch der gesamten menschlichen Kultur einen schweren Schlag versetzen würde.

Sieg der Revolutionäre die Vorbedingung für den Frieden

Andererseits würde der Sieg der spanischen Arbeiter und Bauern unzweifelhaft Hitlers und Mussolinis Herrschaft erschüttern. Dank ihres hermetischen und totalitären Charakters erzeugen die faschistischen Staaten den Eindruck unerschütterlicher Festigkeit. Tatsächlich jedoch werden sie bei der ersten ernsthaften Prüfung Opfer innerer Explosionen sein. Die siegreiche russische Revolution untergrub die Herrschaft der Hohenzollern. Die siegreiche spanische Revolution wird Hitlers und Mussolinis Herrschaft untergraben. Aus diesem Grunde wird sich der Sieg der spanischen Arbeiter und Bauern als mächtiger Friedensfaktor erweisen. Die Aufgabe der wirklichen spanischen Revolutionäre besteht darin, bei Festigung und Verstärkung der militärischen Front die politische Vormundschaft der Sowjetbürokratie zu brechen, den Massen ein kühnes soziales Programm zu geben, die unerschöpflichen Quellen von Enthusiasmus, dessen die Massen fähig sind, zu erschließen, den Sieg der Revolution zu sichern und dadurch der Sache des Friedens zu dienen.

Nur darin liegt das Heil Europas!

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