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Leo Trotzki 19360708 Die IV. Internationale und die UdSSR

Leo Trotzki: Die IV. Internationale und die UdSSR

Die neue Verfassung – eine neue Etappe der Entartung des Arbeiterstaats

[Nach Schriften 1.1. Sowjetgesellschaft und stalinistische Diktatur 1929-1936. Hamburg 1988, S. 670-678. Dort mit zahlreichen Fußnoten]

Hønefoss-Wexhall, 8. Juli 1936

1. Der Beschluss des VII. Weltkongresses der Komintern, demzufolge der Sozialismus in der Sowjetunion – ungeachtet des im Vergleich zu den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern niedrigen Niveaus der Arbeitsproduktivität und unabhängig vom Gang der Entwicklung in der übrigen Welt – »endgültig und unumstößlich« gesiegt hat, ist eine plumpe und gefährliche Lüge. Der Hinweis darauf, dass die UdSSR »ein Sechstel der Erdoberfläche umfasst«, ändert nichts daran, dass auf diesem Gebiet nur 8,5 Prozent der Menschheit leben. Es handelt sich noch immer um den Kampf zweier unversöhnlicher Systeme: Sozialismus und Kapitalismus. Dieser Kampf ist noch nicht entschieden und kann innerhalb der Grenzen der Sowjetunion auch nicht entschieden werden. »Endgültig und unumstößlich« kann dieses Problem nur in der Weltarena entschieden werden.

2. Die Menge der industriellen Produktionsmittel der UdSSR hat außergewöhnlich stark zugenommen und ist in den Händen des Staates konzentriert – in der Landwirtschaft in den Händen der Kolchosen, die zwischen dem Staats- und dem Privateigentum stehen. Doch selbst das Staatseigentum ist noch kein sozialistisches Eigentum, weil das letztere das Absterben des Staats als Hüter des Eigentums, die Minderung der Ungleichheit und das allmähliche Verschwinden des Eigentumsbegriffs sogar in der gesellschaftlichen Moral und in den gesellschaftlichen Sitten voraussetzt. Die reale Entwicklung in der UdSSR ist in den letzten Jahren genau in entgegengesetzter Richtung verlaufen. Die Ungleichheit nimmt zu und mit ihr der staatliche Zwang. Von dem gegenwärtigen Staatseigentum aus ist der Übergang zum Sozialismus unter günstigen inneren und internationalen Bedingungen möglich; unter ungünstigsten Bedingungen ist aber auch ein Rückfall in den Kapitalismus möglich.

    3. Jeder Arbeiterstaat wird in der Anfangsphase das System des Arbeiterlohns, oder, wie Marx es nannte, »die bürgerlichen Verteilungsnormen« beibehalten, um die Produktivkräfte zu steigern. Diese Frage wird durch die allgemeine Entwicklungstendenz entschieden. Bei einem Übergreifen der Revolution auf die entwickelten Länder und bei raschem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums müsste die Ungleichheit rasch verschwinden und der Staat hätte bald nichts mehr zu »beschützen«. Aufgrund der Isolierung und der Rückständigkeit des Sowjetlandes nahmen die bürgerlichen Verteilungsnormen grobe und skandalöse Formen an (ungeheure Differenzierung der Arbeitslöhne, Prämien, Titel, Orden und dergleichen mehr) und gaben restaurativen Tendenzen Auftrieb, die das System des Staatseigentums selbst bedrohen.

    4. Niedrige Arbeitsproduktivität bei hohen Investitionen, ungeheuren Rüstungsausgaben und enormer Verschwendung durch den unkontrollierten Apparat bedeutet für die Masse der Bevölkerung ständigen empfindlichen Mangel bei den wichtigsten Gebrauchsgütern. Die wirtschaftlichen Erfolge, die allzu gering sind, um eine spürbare materielle und kulturelle Besserstellung der gesamten Bevölkerung zuwege zu bringen, genügen schon für die Herausbildung einer breiten privilegierten Schicht. Im Verlauf des zweiten Fünfjahresplans haben sich die sozialen Gegensätze nicht abgeschwächt, sondern außerordentlich verschärft. Die Ungleichheit wächst mit Siebenmeilenstiefeln. Die Lobeshymnen auf das »glückliche Leben« werden nur ganz oben gesungen, während die Unteren zum Schweigen verurteilt sind.

    5. Die Sowjetbürokratie hat sich faktisch von den Arbeitern unabhängig gemacht, indem sie die vielfältigen gesellschaftlichen Widersprüche (Stadt und Land, geistige und körperliche Arbeit, bäuerliche Individualwirtschaften, Kolchosen und winziger Privatbesitz der Kolchosbauern, Stachanowisten und die übrigen arbeitenden Massen) nach Belieben gegeneinander ausspielt. Wie jede Bürokratie reguliert sie die Widersprüche im Interesse der Mächtigeren, Bessergestellten, Privilegierten. Wie jede Bürokratie eignet sich auch die Sowjetbürokratie letztlich einen bedeutenden Teil des Volkseinkommens für den eigenen Bedarf an und wird so zur privilegiertesten aller privilegierten Schichten [der UdSSR].

    6. In Bezug auf die persönlichen Existenzbedingungen gibt es in der Sowjetgesellschaft schon jetzt eine ungeheure Hierarchie: von den vagabundierenden Kindern, Prostituierten, Proletariern, die in Elendsvierteln leben, bis hin zu den »oberen Zehntausend«, die ein Leben wie westeuropäische Kapitalmagnaten führen. Entgegen den Beteuerungen des VII. Kominternkongresses hat der Sozialismus in der UdSSR noch nicht gesiegt; weder auf der Ebene der objektiven wirtschaftlichen Verhältnisse (nach dem Kriterium der Arbeitsproduktivität) noch im Bewusstsein der arbeitenden Massen (nach dem Kriterium des persönlichen Verbrauchs).

    7. Von entscheidender Bedeutung bleibt aber, dass sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse in der UdSSR, einschließlich der Privilegien der Sowjetaristokratie, letztlich auf dem staatlichen und dem Kolchose-Eigentum basieren, das durch die Enteignung der Bourgeoisie entstand und, im Unterschied zum [heutigen] kapitalistischen Eigentum, das Wachstum von Industrie und Kultur ermöglicht. Die historische Kluft, die durch die Oktoberrevolution aufgerissen wurde, trennt auch weiterhin die staatlich geplante Sowjetwirtschaft vom kapitalistischen »Etatismus«, der Staatsintervention zwecks Rettung des Privateigentums bedeutet und der das überholte Wirtschaftssystem »reguliert«, indem er die Entwicklung der Produktivkräfte blockiert und den Lebensstandard der Bevölkerung senkt. Die bei Liberalen so häufig zu findende Gleichsetzung der Sowjetwirtschaft mit der faschistischen (in Italien oder in Deutschland) rührt von Ignoranz oder Scharlatanerie her. Der Sieg der bonapartistischen Bürokratie der UdSSR über die proletarische Avantgarde ist keineswegs gleichbedeutend mit dem Sieg der kapitalistischen Konterrevolution, auch wenn er ihr den "Weg ebnet.

8. Wer (wie die Anarchisten und Ultralinken aller Schattierungen) erklärt, die Haltung des revolutionären Proletariats zur Sowjetunion sei die gleiche wie die zu den imperialistischen Staaten, der behauptet auch, dass es für die Arbeiterklasse gleichgültig ist, ob die verstaatlichte Industrie und die kollektivierte Landwirtschaft in der UdSSR beibehalten und weiterentwickelt werden oder ob die Wirtschaft wieder auf ein Zerfallsstadium und, durch Bürgerkrieg, auf einen faschistischen Kapitalismus zurückgeworfen wird. Eine solche Einstellung passt für die enttäuschten idealistischen »Freunde« der Sowjetunion, d.h. für die Dilettanten und politischen Windbeutel vom liberalen und anarchistischen Schlage, niemals aber für marxistische Revolutionäre, die unter keinen Umständen den wichtigsten Faktor der Geschichte vergessen: die Entwicklung der Produktivkräfte.

9. Die soziale Differenzierung der Sowjetgesellschaft entwickelt sich, wie gesagt, vor allem im Bereich der Distribution, und nur partiell (vor allem in der Landwirtschaft) auch im Bereich der Produktion. Doch die Verteilung ist von der Produktion nicht durch eine undurchdringliche Mauer getrennt. Indem die Bürokratie den Appetit von Individuen und Gruppen bis hin zur Gier anstachelt, diskreditiert sie die Idee des gesellschaftlichen Eigentums. Das Anwachsen materieller Privilegien weckt bei den Massen berechtigte Zweifel, wem das System letzten Endes nutzen wird. Die »bürgerlichen Verteilungsnormen«, die die zulässigen Grenzen längst gesprengt haben, drohen schließlich die sozialistische Disziplin der Planwirtschaft und damit auch das Staats- und Kolchosen-Eigentum zu untergraben.

10. Die möglichen Wege zu einer bürgerlichen Restauration werden an der Frage der Familie besonders deutlich. Da die Bürokratie infolge des niedrigen materiellen und kulturellen Niveaus des Landes und infolge der Unterdrückung der Selbsttätigkeit der Massen die Aufgaben der gesellschaftlichen Fürsorge und Kindererziehung nicht lösen konnte, begann sie, die kleinbürgerliche Familie wiederherzustellen und zu verherrlichen, einschließlich ihrer beschränkten Privatwirtschaft – diesem Nährboden aller Arten von gesellschaftlichem Schwachsinn. Mit der Familie aber stellt sich in besonderer Schärfe die Frage des Erbrechts. Die Bürokratie, die sich politisch auf die konservative Familie zu stützen sucht, empfindet ihre eigene Herrschaft als Stückwerk, da sie ihre materiellen Privilegien ihren Nachkommen nicht vererben kann. Die Frage des Erbrechts führt aber zur Frage einer Ausweitung der Grenzen des Privateigentums. Das ist einer der möglichen Wege zur bürgerlichen Restauration. In allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gefährdet die Bürokratie das, was am Sowjetsystem fortschrittlich ist. Statt Wächter des »sozialistischen Eigentums« zu sein, wird die Bürokratie zu dessen Totengräber.

    11. Die politische Bedeutung der neuen Verfassung der UdSSR ist das Gegenteil ihrer offiziellen Interpretation. Die »Stalin-Verfassung« ist kein Schritt vorwärts, »vom Sozialismus zur kommunistischen Gesellschaft«, wie die offiziellen Behörden unverschämterweise behaupten, sondern im Gegenteil ein Schritt zurück: von der Diktatur des Proletariats zu einem bürgerlichen politischen Regime.

Die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft müsste ihren politischen Ausdruck im Absterben des Staates finden. Der Grad dieses Absterbens ist der zuverlässigste Maßstab für die Erfolge der sozialistischen Entwicklung. Der Beginn des Absterbens des Staates müsste die vollständige Beseitigung der Bürokratie sein, die sich über die Gesellschaft erhebt. In Wirklichkeit aber macht die neue Verfassung gerade den entgegengesetzten Entwicklungsprozess zum Gesetz. Das kann auch nicht anders sein. Das Anwachsen der Privilegien macht einen Gendarmen zu ihrem Schutz erforderlich.

    12. Nach der neuen Verfassung wird der staatliche Zwang nicht verringert, sondern erhält im Gegenteil außergewöhnlich konzentrierten, offenen und zynischen Charakter. Die Sowjets sind vernichtet. Die örtlichen und die zentralen, d.h. die »munizipalen« und »parlamentarischen« Institutionen, die auf der Grundlage des plebiszitären Systems errichtet werden, haben mit den Sowjets als Kampforganisationen der arbeitenden Massen überhaupt nichts gemein. Außerdem ist ihnen von vornherein jede reale Bedeutung genommen worden. Die neue Verfassung überträgt der stalinistischen »Partei«, die von der Bevölkerung wie von ihren eigenen Mitgliedern unabhängig ist und eine politische Maschine der herrschenden Kaste darstellt, offiziell und für alle sichtbar die alleinige Macht und Kontrolle über alle Bereiche des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens.

13 Nebenbei beseitigt die Verfassung rechtlich die faktisch längst schon liquidierte Vormachtstellung des Proletariats im Staat. Die Diktatur, heißt es, stützt sich nicht mehr auf »eine bestimmte Klasse«, sondern auf das »Volk«, was, unter marxistischem Gesichtspunkt, reiner Unsinn ist. Die Diktatur des »Volkes« über sich selbst würde die Auflösung des Staates in der Gesellschaft bedeuten, d.h. das Ende des Staates. In Wirklichkeit besiegelt aber die neue Verfassung die Diktatur der privilegierten Schichten der Sowjetgesellschaft über die arbeitenden Massen, verhindert dadurch das friedliche Absterben des Staates und eröffnet der Bürokratie »legale« Wege zur wirtschaftlichen Konterrevolution, d.h. zur Wiederherstellung des Kapitalismus auf »kaltem« Wege; und diese Möglichkeit bereitet die Bürokratie durch ihr betrügerisches Gerede über den »Sieg des Sozialismus« vor. Unsere Aufgabe ist es, die Arbeiterklasse aufzurufen, dem Druck der Bürokratie ihre eigene Stärke entgegenzusetzen, um die großen Errungenschaften des Oktobers zu verteidigen.

    14. In direktem Widerspruch zu den offiziellen Lügen baut die neue Verfassung die Sowjet-»Demokratie« nicht aus, sondern sanktioniert deren vollständige Unterdrückung. Jeder Paragraph der Verfassung beweist, dass die gegenwärtigen Herren der Lage ihre Vormachtstellung dem Volk nicht freiwillig überlassen werden. Am klarsten kommt der aristokratische und absolutistische Charakter der neuen Verfassung in dem neuen Kreuzzug zur »Vernichtung der Volksfeinde, der trotzkistischen Scheusale und Furien« zum Ausdruck, der am Tage ihrer Veröffentlichung angekündigt wurde (Prawda, 5. Juni 1936). Die Bürokratie ist sich völlig darüber im Klaren, woher ihr die tödliche Gefahr droht; darum richtet sie ihren bonopartistischen Terror gegen die Vertreter der proletarischen Avantgarde.

    15. Der Arbeiterklasse der UdSSR ist die letzte Möglichkeit einer legalen Reform des Staates genommen worden. Der Kampf gegen die Bürokratie wird notwendigerweise zu einem revolutionären Kampf. Der marxistischen Tradition treu, verwirft die IV. Internationale den individuellen Terror wie alle anderen Arten von politischem Abenteurertum mit allem Nachdruck. Die Bürokratie kann nur durch eine zielbewusste Massenbewegung gegen die Usurpatoren, Parasiten und Unterdrücker zerschlagen werden.

Wenn für die Rückkehr der UdSSR zum Kapitalismus eine soziale Konterrevolution, d.h. die Abschaffung des Staatseigentums an den Produktionsmitteln und am Boden sowie die Wiedereinführung des Privateigentums nötig ist, so ist für die Weiterentwicklung zum Sozialismus eine politische Revolution unvermeidlich geworden, d.h. der gewaltsame Sturz der politischen Herrschaft der entarteten Bürokratie, da nur so die durch die Oktoberrevolution geschaffenen Eigentumsverhältnisse aufrechterhalten werden können. Die proletarische Avantgarde der UdSSR, die sich auf die arbeitenden Massen des ganzen Landes und auf die revolutionäre Weltbewegung stützt, wird die Bürokratie mit Gewalt stürzen, die Sowjetdemokratie erneuern, die ungeheuerlichen Privilegien abschaffen und eine wirkliche Entwicklung zu sozialistischer Gleichheit garantieren müssen.

16. In der Kriegsfrage, lassen sich, wie in allen anderen Fragen, die Parteien der IV. Internationale nicht von formalistischen und idealistischen Erwägungen und Sympathien leiten, sondern nur von materialistischen Kriterien. Wenn sie z.B. Abessinien ungeachtet der Sklaverei, die in diesem Lande herrscht, unterstützen, und ungeachtet des barbarischen politischen Regimes, dann zum einen, weil ein unabhängiger Nationalstaat für ein vorkapitalistisches Land ein fortschrittliches geschichtliches Stadium ist, und zum andern, weil eine Niederlage Italiens den Beginn des Zusammenbruchs der obsoleten kapitalistischen Gesellschaftsordnung bedeuten würde.

Die proletarische Avantgarde der ganzen Welt wird die UdSSR im Kriege unterstützen – trotz der parasitären Bürokratie und des ungekrönten Negus im Kreml –, weil das gesellschaftliche Regime der UdSSR samt all seinen Deformationen und Krebsgeschwüren im Vergleich mit dem verfaulenden Kapitalismus doch einen ungeheuren geschichtlichen Fortschritt darstellt. Die Niederlage eines imperialistischen Landes im kommenden Krieg wird nicht nur zum Zusammenbruch seiner Staatsform, sondern auch zum Zusammenbruch seiner kapitalistischen Grundlage führen, – folglich auch zur Ersetzung des Privateigentums durch Staatseigentum. Die Niederlage der Sowjetunion hätte nicht nur den Zusammenbruch der Sowjetbürokratie zur Folge, sondern auch die Ersetzung des staatlichen und des Kolchosen-Eigentums durch kapitalistisches Chaos. Die Wahl der politischen Linie ergibt sich unter diesen Bedingungen von selbst.

Die entschlossene und furchtlose Unterstützung der UdSSR in einem Kriege durch die Avantgarde des Weltproletariats bedeutet aber nicht, dass das Proletariat zu einem Verbündeten der imperialistischen Alliierten der UdSSR werden soll.

»Das Proletariat des im Bündnis mit der UdSSR stehenden kapitalistischen Landes behält seine unversöhnliche Feindschaft der imperialistischen Regierung des eigenen Landes gegenüber voll und ganz bei.« (Die 4. Internationale und der Krieg, Thesen, angenommen vom Internationalen Sekretariat der Liga der Kommunisten-Internationalisten [Bolschewiki-Leninisten], Punkt 44.)

»Die unversöhnliche proletarische Opposition gegen den imperialistischen Verbündeten der UdSSR müsste sich entfalten auf dem Boden der inneren Klassenpolitik einerseits, der imperialistischen Ziele der betreffenden Regierung, des treubrüchigen Charakters ihres [der Regierung] ,Bündnisses', ihrer Spekulation auf den bürgerlichen Umsturz in der UdSSR andererseits. Die Politik der proletarischen Partei im ,verbündeten' wie im feindlichen imperialistischen Land muss folglich gerichtet sein auf den revolutionären Sturz der Bourgeoisie und die Eroberung der Macht. Nur auf diesem Wege kann man ein wirkliches Bündnis mit der UdSSR schaffen und den ersten Arbeiterstaat vor dem Zusammenbruch retten.« (Ebd., Punkt 45.)

17. Die Befürchtungen der »Ultralinken«, dass ein Sieg der UdSSR zur weiteren Festigung der Positionen der bonopartistischen Bürokratie führen könnte, resultieren aus einer falschen Auffassung der internationalen Beziehungen und der inneren Entwicklung der UdSSR. Die Imperialisten aller Lager werden sich mit der Sowjetunion solange nicht aussöhnen, bis das Privateigentum an den Produktionsmitteln wiederhergestellt ist. Wie auch immer die Staaten zu Beginn des Krieges gruppiert sein mögen – im Verlauf des Krieges werden sich die Imperialisten zu verständigen und umzugruppieren wissen, immer auf Kosten der UdSSR. Die UdSSR wird nur unter der einen Bedingung ungeschlagen aus dem Krieg hervorgehen können, dass ihr die Revolution im Westen oder im Osten zu Hilfe kommt. Aber die internationale Revolution, die einzige Rettung für die UdSSR, wird zugleich der Todesstoß für die Sowjetbürokratie sein.

18. Ist die UdSSR ein Arbeiterstaat? Die UdSSR ist ein Staat, der auf Eigentumsverhältnissen beruht, die durch die proletarische Revolution geschaffen wurden, und der von einer Arbeiterbürokratie im Interesse neuer privilegierter Schichten verwaltet wird. Die Sowjetunion kann in ähnlichem Sinn als ein Arbeiterstaat bezeichnet werden, wie man Gewerkschaften, die von Opportunisten, d.h. Agenten des Kapitals, geführt und betrogen werden, als Arbeiterorganisationen bezeichnen kann. Wie Revolutionäre jede, auch die reformistischste Gewerkschaft gegen den Klassenfeind verteidigen, so verteidigen die Parteien der IV. Internationale die Sowjetunion gegen die Schläge des Imperialismus, ohne dabei auch nur für einen Augenblick den Kampf gegen den reaktionären stalinistischen Apparat aufzugeben. In Krieg und Frieden wahren sie ihre uneingeschränkte Freiheit zur Kritik der herrschenden sowjetischen Kaste und zum Kampf gegen deren Abkommen mit den Imperialisten, die auf Kosten der Interessen der UdSSR und der internationalen Revolution gehen.

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