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Clara Zetkin 19271101 Die weltgeschichtliche Bedeutung des ersten Arbeiterstaates

Clara Zetkin: Die weltgeschichtliche Bedeutung des ersten Arbeiterstaates1

[Die Internationale (Berlin), 1. November 1927, H. 21, S. 649-661. Nach Für die Sowjetmacht. Artikel, Reden und Briefe 1917-1933, S. 406-434]

Ein Beben ging durch die blutdampfende Welt, als Anfang November 1917 die Meldung sie durchflog: In Russland haben die Arbeiter, geführt von der bolschewistischen Partei, unterstützt von den Bauern, in revolutionärem Kampfe die Staatsmacht erobert und in der neuen Staatsform der Sowjetordnung die Diktatur des Proletariats aufgerichtet. Als Nationaleigentum sind erklärt worden: der Grund und Boden, die großen Industriebetriebe und Wirtschaftsunternehmungen, die Verkehrs- und Transportanstalten, die Banken; der Außenhandel ist Staatsmonopol.

Die trockene Nachricht kündete die von den Altmeistern des wissenschaftlichen Sozialismus klar vorausgesehene entscheidende Weltwende der Menschheitsgeschichte, kündete ein revolutionäres Geschehen von tieffurchender Tragweite. Die Proletarier des ehemaligen Zarenreichs waren aus Bekennern von Marxens Lehre zu Kämpfern geworden. Als erste der vom Kapitalismus Ausgebeuteten und Verknechteten gingen sie an das titanische Unterfangen, den Sozialismus aus erklärender, vorwärtstreibender und erziehender Theorie zu gestaltender, schöpferischer Praxis zu erheben, ihn aus einem beseligenden Traum zur befreienden Wirklichkeit zu verwandeln. Sie hatten den ersten Arbeiterstaat der Welt errichtet, und ohne Verzug, ohne Schwanken und Wanken setzten sie seine Machtmittel an die weitere Erfüllung ihrer historischen Aufgabe: die Expropriateure zu expropriieren, ganz gleich, ob sie ihre Ausbeutungsgewalt dem verfallenden Feudalismus oder dem emportreibenden Kapitalismus verdankten. Der Arbeiterstaat proklamierte sofort stolz sein Ziel, seine Existenzberechtigung, indem er das Privateigentum an den großen Produktionsmitteln aufhob, diese in Gemeinschaftsbesitz überführte und sie in seine eigene Verwaltung und unter seine eigene Kontrolle nahm, d. h. sie der Verwaltung und Kontrolle des als Klasse politisch organisierten und herrschenden Proletariat unterstellte.

Dass in dem Wettern und Flammen revolutionärer Kämpfe der erste Arbeiterstaat in die Geschichte trat, wäre unter allen Umständen ein gewaltiges2 historisches Ereignis gewesen, das sich mit ehernem Griffel unauslöschlich in die Zeittafeln gegraben hätte wie die glorreiche Pariser Kommune von 1871. Die Bedeutung des Roten Oktober wurde jedoch noch erhöht durch die Situation, die das mörderische Ringen der imperialistischen Staatengruppen um Weltmacht und Weltausbeutung geschaffen hatte. Man erinnere sich! Die durch Opportunismus und Revisionismus bis ins Mark verseuchten sozialistischen Parteien und Arbeiterorganisationen der kriegführenden Staaten hatten – von vereinzelten, nicht ausschlaggebenden Ausnahmen abgesehen – die Grundsätze, ja das Bewusstsein der internationalen Solidarität der Proletarier verräterisch unter die Räder der imperialistischen Schlachtgeschütze und Tanks geworfen. Die Zweite Internationale war das Opfer des Kriegs geworden, ein Opfer, das in Schmutz und Schande verröchelte und nicht in Kampf und Ehren fiel. Mit der Erkenntnis der internationalen Solidarität des Proletariats war auch sein Bewusstsein als Klasse bis zum Verlöschen getrübt und verwirrt worden. Die rauschenden Militärmusiken und die mordspatriotischen Hassgesänge, die zur „Vaterlandsverteidigung" hetzten, übertönten die Wahrheit des „Kommunistischen Manifests", dass auf dem Boden der bürgerlichen Ordnung die Proletarier kein Vaterland haben, sondern sich ein solches erst durch die Revolution im internationalen Sozialismus erobern müssen. Burgfriedlich mit ihren Herren und Peinigern geeint, mordeten die Ausgebeuteten in verschiedenen nationalen Uniformen einander für den Schutz, die Machtgeltung des Hunger-und Zuchthausstaates der Ausbeutenden, für gesicherte und steigende Profite der herrschenden Bourgeoisie. Mehr als drei Jahre schon dauerte das Würgen und Sengen, die Massenvernichtung und Massenverkrüppelung von Menschenleben auf den Schlachtfeldern, die Zerstörung materieller und ideeller Kulturwerte, die Hinopferung von Frauen und Jugendlichen in den Rüstungsbetrieben, die leibliche und geistige Verkümmerung und Verlotterung von Generationen im schwärzesten Elend. Millionen wanden sich unter den zerfleischenden Griffen von Nöten und Qualen ohne Namen und Zahl. Die leidenden Massen sahen keinen Ausweg aus der Menschheit Jammer, denn mit dem Bewusstsein des Proletariats als kämpfender, revolutionärer Klasse waren auch Vertrauen und Hoffnung auf die erlösende Kraft des Sozialismus geschwunden.

In diesem dunkelsten und demütigendsten Augenblick der Geschichte des internationalen Proletariats erhob sich der Rote Oktober gleich der aufgehenden Sonne. Ein Beben ging durch die blutdampfende Welt.

Die Nutznießer des gräuelreichen Völkergemetzels, die Herren und Gewinnsäckler der kapitalistischen Profitwirtschaft und ihres Staats, erzitterten in Furcht vor der internationalen Auswirkung des unerwarteten ungeheuren Geschehens. Konnte, ja musste nicht das böse russische Beispiel die guten Sitten der Proletarier anderer Länder verderben, die guten Sitten von Millionen Ausgebeuteter, die die reformistischen Führer mit dem Gifttrank der Vaterlandsverteidigung für den imperialistischen Krieg, für den Kapitalismus gekirrt hatten? Konnte, ja musste in den Millionen nicht der Wille Tat werden, das kettenschmiedende Völkergemetzel durch die kettensprengende Revolution zu beenden? Jedoch die revolutionäre Geburt des ersten Arbeiterstaats ließ auch in allen Ländern die Lasten- und Leidtragenden des imperialistischen Beutekriegs, des auswuchernden Kapitalismus und seiner Ordnung erbeben. Überrascht, verblüfft, zum Teil verschämt blickten sie auf die Äußerungen des sich kraftvoll durchsetzenden neuen geschichtlichen Lebens ihrer Klasse. Hoffnung, Selbstvertrauen, Mut begannen unter ihnen wieder ihre Schwingen zu regen und erhoben sich hier und da zu Taten. Der Rote Oktober stellte vor ihre Augen, dass der Sozialismus aus einer Zukunftshoffnung zum großen Kampfobjekt der Gegenwart geworden war. Der geschichtliche Stand der Dinge schloss in den kapitalistischen Ländern jede auch nur vorübergehende burgfriedliche Bundesgenossenschaft zwischen Proletariat und Bourgeoisie aus und heischte die kampfentschlossene internationale Solidarität der Arbeiterklasse aller Länder.

Der erste Arbeiterstaat fügte zu seiner Erklärung unerbittlichen Krieges gegen die Klassenherrschaft der Besitzenden in Russland Wort und Tat des Friedens zwischen den Völkern. Er zerriss die Kriegspakte, die der Zarismus mit den Ententestaaten geschlossen und die die nach der Februar/Märzrevolution regierende bürgerliche Demokratie mit Einschluss der Menschewiki und Sozialrevolutionäre als sakrosankt respektiert hatte; er demobilisierte die Truppen und ließ die Bauern zur Scholle, die Arbeiter an den Schraubstock zurückkehren. Er rief die Proletarier aller Länder auf, insbesondere aber die Brüder in Deutschland, Frankreich und England, ihre alten historischen Verdienste um den proletarischen Befreiungskampf zu mehren durch die Betätigung internationaler Solidarität, die dem Mord- und Zerstörungswerk der imperialistischen Weltbourgeoisie Halt gebot. Überall, wo der Kapitalismus Werktätige aussaugte und niedertrat, wohin der imperialistische Krieg Tod und Verzweiflung trug, richteten sich gebeugte Nacken stolz auf, erfüllten sich zagende Herzen mit Vertrauen auf die Kraft des Proletariats, entflammte sich Kampfentschlossenheit. Die wagemutige Ruhmestat der bolschewistischen Partei, die die Proletarier Russlands zum Aufstand und Sieg geführt hatte, riss jeden zur Bewunderung hin, in dem der prometheische Feuerfunken nicht gänzlich verglommen war. In weltabgelegenen Dörfchen erklang der Name des Mannes, der Schöpfer und Führer der Bolschewiki war, des Genius der Revolution, erklang der Name Lenin, ein Symbol von Friedens- und Freiheitssehnsucht. In den Schützengräben aller imperialistischen Fronten kam es zu „landesverräterischer" Verbrüderung von Soldaten, die einander niederknallen sollten. In den Städten und Industriezentren nahmen Friedensdemonstrationen an Zahl und Umfang zu. In Deutschland brannte der Munitionsarbeiterstreik lichterloh empor, bis ihn politische und gewerkschaftliche Arbeiterführer als gehorsame Diener des deutschen Imperialismus löschten, eine Verrätertat, bei der der Vorsitzende des sozialdemokratischen Parteivorstandes Friedrich Ebert besonders schimpflich hervortrat und schon allein damit – von anderen „nationalen" Glanzleistungen abgesehen – seinen späteren Posten als Reichspräsident der Bourgeoisrepublik wohl verdient hat.

Mit der Aufrichtung des ersten Arbeiterstaats durch den Roten Oktober beginnt in der gekennzeichneten Situation der Gesundungs- und Regenerierungsprozess der breiten Proletariermassen aller kapitalistischen Länder als revolutionäre Klasse. Diese geschichtliche Neuschöpfung tritt vom ersten Augenblick an in schärfsten Gegensatz zu allen Staatsformen, deren Grundlage die Ausbeutung und Beherrschung der ungeheuren Mehrheit von Nichts- oder Wenigbesitzenden durch eine kleine Minderheit Besitzender ist. Sie ruft die Werktätigen zum Bewusstsein ihrer Klassenlage als Ausgebeutete und Unfreie, trennt sie als solche in ihrer Erkenntnis – der Mutter von Wille und Tat – von den besitzenden Klassen des Heimatlandes und vereinigt sie international mit den Brüdern und Schwestern jenseits der Grenzen. Sie erhärtet die Reife und Kraft des Proletariats, unter zielgerichteter und wegsicherer Führung durch seine eigene Klassenpartei die Zwingburgen und Bollwerke des Staates der Besitzenden, der bürgerlichen Ordnung niederzubrechen. Sie wirft helles Licht auf den Charakter und die Etappen des geschichtlich gegebenen einzigen Weges, der zur vollen Emanzipation der ausgebeuteten Mehrheit führt, auf die Methoden und Mittel des unerlässlichen revolutionären, befreienden Kampfes. Der erste Arbeiterstaat ist weltgeschichtlich für das Proletariat ein unversieglich strömender Quell von Selbstvertrauen, Zielwillen, Kampfentschlossenheit, von Erkenntnissen, Weisungen, Anregungen für Theorie und Praxis des revolutionären Ringens. Er gibt seinen Schlägen wider das Allerheiligste der bürgerlichen Gesellschaft, wider das Privateigentum, tödliche Wucht, indem er seinen Arm mit der Kraft von Millionen bewehrt, die seine Maßnahmen als die Verwirklichung ihres Freiheitssehnens verstehen lernen. Er sichert sich die Unterstützung durch die gegen Großgrundbesitzer und Kulaken rebellierenden Massen der schaffenden Bauern, denn für Lenin und seine Partei ist Marxens Feststellung lebendige Weisung und nicht verklungenes Wort, das in einem Agrarlande ohne Bund mit den Bauern der Chor des revolutionären Proletariats zum Sterbelied werden würde. Der Staat der proletarischen Diktatur zuerkennt allen Nationalitäten innerhalb der alten zaristischen Despotie, auch den kleinen nationalen Minderheiten und Völkersplittern, das Recht unbeschränkter nationaler Gleichberechtigung und Selbstbestimmung, das Recht der Lostrennung von ihm inbegriffen. Ihnen allen, die vom Zarismus blutig zertreten, von seinen Generälen und Bürokraten schonungslos ausgeraubt worden waren, gewährt er durch wirtschaftliche, politische und namentlich auch durch kulturelle Maßnahmen die Möglichkeit zur freien Entfaltung ihrer Eigenart. Der junge Arbeiterstaat schreibt den Frauen die gesetzliche Urkunde voller Gleichberechtigung und lässt sich angelegen sein, sie als Gleichverpflichtete und Gleichgewertete zu den Aufgaben der gesetzgebenden und ausführenden, regierenden Gewalten heranzuziehen, zur aktivsten Mitarbeit auf sämtlichen Gebieten des sozialen Lebens. Zusammengefasst: Er bricht die Ketten der Knechtschaft aller Schichten Werktätiger und löst deren bis dahin gefesselte Kräfte für seine Ziele.

Der erste Arbeiterstaat vollbringt das schwierige Werk, sich selbst zu organisieren und zu gestalten als politischen Apparat für das sich befreiende, gesellschaftsumstürzende Proletariat. Seine Führer lassen sich dabei weder durch Schemen eines abstrakten „Staatsgedankens" narren, der sich über den sozialen Klassen und ihren politischen Parteien in himmlischer Gerechtigkeit auswirkt, noch durch Illusionen über die „reine Demokratie" blenden, die „alle nationalen Kräfte" zu friedlichem Zusammenwirken vereinigt. In den acht Monaten der Koalitionsregierungen von bürgerlicher Demokratie, Sozialdemokratie und Sozialrevolutionären haben die proletarischen und bäuerlichen Massen die harte Wirklichkeit gefühlt, die sich unter diesen Schlagworten verbirgt: die Klassenherrschaft und Klassendiktatur der Bourgeoisie. Der Arbeiterstaat wird zur verkörperten Erkenntnis, die Karl Marx aus der Geschichte der Pariser Kommune geschöpft hat. Nämlich, dass das siegreiche Proletariat nach der Eroberung der politischen Macht den bürgerlichen Staatsapparat nicht einfach übernehmen und in den Dienst seiner Befreiung stellen kann. Es muss vielmehr diesen Staat zertrümmern, muss die Organe seiner Gewalt zerschlagen, weil das Ganze dem Wesen nach Werkzeug zur Versklavung und Ausbeutung der schaffenden Mehrheit durch die besitzende Minderheit ist. Indem der junge Arbeiterstaat mit verächtlicher Handbewegung die Konstituante nach Hause schickt, lehnt er den bürgerlichen Parlamentarismus als Staatssystem ab. Er verankert die proletarische Diktatur in der Räteordnung, die in keimhaftem Zustand bereits in der Pariser Kommune enthalten war. Vom Dorfsowjet und seiner Exekutive bis zu den obersten staatlichen Regierungsstellen organisch gegliedert, vereinigt diese Ordnung die gesetzgebende und ausführende Macht in einer Hand, in der starken Faust der Werktätigen, vertreten durch deren verantwortliche und jederzeit abberufbare Erwählte. Das Sowjetrecht schafft Demokratie in Wahrheit und Tat, die Demokratie der produktiv Arbeitenden, es bannt die politischen Machtgelüste der Reichen hinter eine unüberschreitbare Grenze: Wer ausbeutet, darf nicht wählen, nicht gewählt werden. Der erste Arbeiterstaat löst das zaristische Heer auf und jagt die Polizei und Gendarmen des alten Regimes zum Teufel. Er wirft die alte räuberische und käufliche Bürokratie aus ihren Ämtern und bricht durch die strenge Durchführung des Grundsatzes der Trennung von Kirche und Staat wie durch großzügigste Kulturarbeit den geistig und sozial knechtenden Einfluss religiöser Ideologien. Er schafft seine eigenen Organe der Verwaltung, der Kontrolle, der Verteidigung. Er geht an die Umwälzung des Rechts und setzt als dessen Träger die Volksgerichte ein. Die großen Linien der Neuformung zeichnen das weltgeschichtliche Musterbild, wie das Proletariat nach der Zerschmetterung der bourgeoisen Klassenherrschaft den Staat aufbaut, mit dessen Machtmitteln die Umwälzung zum Sozialismus zu fördern ist.

Freilich! So überzeugend das ist, es wirkt sich positiv zunächst nur in einer Minderheit des internationalen Proletariats aus. Ihr fester Kern und ihre zielbewusste Führung sind die kommunistischen Parteien der einzelnen Länder, zusammengefasst in der Kommunistischen Internationale. Für die breiten werktätigen Massen war zuvörderst die weltgeschichtliche Bedeutung des ersten Arbeiterstaates eine verhängnisvolle Negation. Dies aber ist der tief beschämende Grund der Erscheinung. Nicht nur die Bourgeoisie tat, was zu ihrer Natur als ausbeutende und unterdrückende Klasse gehört. Sie entstellte, verleumdete und besudelte das Wesen und Wirken des ersten Arbeiterstaats, und der dumpfe, resignierende Sklavensinn Ausgebeuteter gewann ihren Schauermärchen gedankenlose Gläubige. Mit ihr wetteiferten im schmutzigen Treiben die Führer der großen reformistisch verbürgerlichten politischen und gewerkschaftlichen Arbeiterorganisationen. Sie ertränkten das sich regende internationale revolutionäre Klassenbewusstsein proletarischer Massen in Strömen der dümmsten und infamsten Verleumdungen und Beschimpfungen des ersten Arbeiterstaats und seiner Aktionen. Erklärlich genug. Der revolutionäre Ursprung und die revolutionäre Betätigung des jungen Arbeiterstaats waren die schärfste, unwiderrufliche Verurteilung ihrer Verschleierung der Klassengegensätze, ihres Verzichts auf den proletarischen Klassenkampf seit August 1914. Ihre Schmäh- und Schmutzkampagne gegen die Sowjetrepublik war nur ein weiterer Akt ihrer Rolle als Lakaien der Bourgeoisie und Verräter der proletarischen Weltrevolution.

Nach der Kastratenmeinung der führenden Reformisten war der erste Arbeiterstaat der Welt eine geschichtliche Frühgeburt und Schlimmeres: eine gräuliche Missgeburt, deren baldiges Ende die Herren von der Gegenrevolution erhofften. Die Kautsky und Co., die Renaudel und MacDonald aller Länder verfluchten die grandiose Schöpfung des Roten Oktober unter verschwenderischer Anrufung von Marxens Lehre, die sie Jahr auf Jahr in den Kot und das Blut des Imperialistenkriegs getreten hatten.

Die patentierten Marx-Theologen bestritten die Existenzberechtigung und Existenzfähigkeit der Sowjetrepublik mit dem Hinweis auf die „Unreife" der geschichtlichen Entwicklungsmächte; auf die Rückständigkeit und Schwäche der kapitalistischen Industrie, den Umfang und Charakter der bäuerlichen Wirtschaft, auf die Auswirkung dieses Standes der Dinge in der relativ kleinen Zahl, der jungen Organisation und Schulung des Proletariats, in Millionen und aber Millionen „antikollektivistischer Bauernschädel". In der Brunst ihres Bundes mit der Bourgeoisie übersahen die führenden Männer der reformistischen Theorie und Praxis mancherlei: die geschichtlich gegebenen Umstände, die in der Atmosphäre des Weltbrands und der Niederlage der russischen Heere nach dem Auftakt der bürgerlichen Februar/Märzrevolution zum Roten Oktober führten und seinen Triumph in der Aufrichtung des ersten Arbeiterstaats sicherstellten, außerdem und vor allem, dass die geschichtliche Neuschöpfung in ihrem Zusammenhang mit der gesamten weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Entwicklung erfasst werden musste und ihrer Widerspiegelung im Sinn und Bewusstsein des internationalen Proletariats als Einheit. Die Arbeiter Russlands traten mit ihrer Revolution und der Errichtung ihres Staats führend vor die Front ihrer Brüder und Schwestern in den kapitalistisch hochentwickelten Ländern. Sie erhoben sich riesig als die ersten Preisfechter des revolutionären Marxismus, dessen Lehren ihnen durch die bolschewistische Partei vermittelt worden waren. Der von ihnen geschaffene Staat ist die Ehrenrettung des internationalen Sozialismus und des Weltproletariats, ist die erste, nicht zu zwingende Feste der proletarischen Weltrevolution.

Der Todfeindschaft der Bourgeoisie und ihrer reformistischen Helfershelfer zum Trotz ging der erste Arbeiterstaat seine Bahn. Wohl empfanden es seine Träger schmerzlich, dass sie der internationalen brüderlichen Solidarität der breiten Proletariermassen des Auslands entbehrten, allein, sie wurden dadurch weder entmutigt noch verbittert. Dank eigener Kraft besteht ihr Staat glänzend die Feuerprobe. Er zwingt die tückische gegenrevolutionäre Sabotage der Intellektuellen und Bürokraten in die Knie. Unter den Nöten und Verwüstungen des Bürgerkrieges und der imperialistischen Interventionen, der würgenden Blockade organisiert er die unbezwingliche Rote Armee der Arbeiter und Bauern und ihre Ergänzung, die Tscheka, den Schrecken der offenen und heimlichen Gegenrevolutionäre, Saboteure, Wucherer und Räuber. Er sichert den Rücken der Fronten gegen Dolchstöße und besetzt die Schützengräben der Produktion und Verwaltung dank umfangreichster Verwendung von Frauen. Er führt die harten Maßregeln des Kriegskommunismus durch, um die Existenz und Kraft des Industrieproletariats zu erhalten, der fortgeschrittensten, der revolutionären Gesellschaftsklasse, deren Willensvollstrecker er ist.

Der erste Arbeiterstaat der Welt schlägt die weißgardistischen Generale an allen Fronten, er wird mit tschechoslowakischen Legionen3 fertig, die mit dem Gold der Imperialisten unterhalten und gerüstet werden. Im Norden, Süden und Südosten zerschlägt er die Staaten der „reinen Demokratie"4, in denen die Bourgeoisie durch eine Schreckensherrschaft ohnegleichen furchtbare Rache an Proletariern und armen Bauern nimmt. Er meistert die Aufstände reicher Bauern und wehrt sich mit eiserner Faust gegen die Verschwörungen und Terrorakte, die von den einheimischen Gegenrevolutionären organisiert, von den Ententeimperialisten finanziert werden. Er zwingt die Vereinigten Staaten, England, Frankreich und Japan, ihre eingefallenen Truppen von dem heiligen Boden der proletarischen Revolution zurückzuziehen, und lockert die Blockade durch kluge Ausnutzung der Interessengegensätze zwischen den einzelnen Kapitalistengruppen und imperialistischen Ländern.

Der erste Arbeiterstaat erlebt sein Heldenzeitalter unsterblichen Ruhmes. Wundenbedeckt, arm wie Hiob, aber als stolzer Sieger geht er aus dem Ringen auf Leben und Tod mit den Mächten der Gegenrevolution hervor. Er bereichert die Weltgeschichte durch die Bestätigung der Lehre, die am Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts die Sansculottenheere bewiesen, als sie die Truppen der Monarchenkoalition aus Frankreich vertrieben. Der Staat der Revolution ist der Staat der erfolgreichen Landesverteidigung. Er schützt und bewahrt zusammen mit seiner Existenz, mit der proletarischen Diktatur die Errungenschaften der proletarischen Revolution für die befreiten sozialen Schichten. So kann er für Kampf und Sieg ungeahnte Riesenkräfte aus der Erde stampfen, kann mit Heldenkühnheit und Opfersinn Millionen befeuern. Die Arbeiterinnen in den Fabriken, die Angestellten in den Büros, die Bäuerinnen auf dem Felde wissen so gut wie die proletarischen und bäuerlichen Rotarmisten an der Front, dass es um ihr gemeinsames, wahres „Vaterland" geht, die Revolution; dessen sind sich auch alle slawischen und nichtslawischen Nationalitäten bewusst, denen die proletarische Diktatur Freiheit und Kultur bringt.

Als der erste Arbeiterstaat entstand, zählten die Leuchten der reformistischen Theorie und Praxis an den Knöpfen ihrer Weste ab, wie viel Wochen oder Monate „der Wahnsinn, das Verbrechen des Bolschewismus" dauern würde. Zehn Jahre sind seit ihren hassvergifteten Prophezeiungen verrauscht, und die Schöpfung des Roten Oktober steht im Bewusstsein ihrer Festigung und Leistungskraft vor dem Weltproletariat. Seit der erste Arbeiterstaat das Schwert der Verteidigung in die Scheide stecken konnte, handhabt er rüstig die Kelle des sozialistischen Aufbaus. Diesem musste die Wiederherstellung der durch den Krieg und Bürgerkrieg völlig zerrütteten Wirtschaft vorausgehen. Heute ist der Staat der proletarischen Diktatur über das Stadium der Aufrichtung der Produktion hinaus. Zielklar und mit beispielloser Energie konzentriert er seine Kraft, die Kraft von Millionen, auf die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft. Wie seine Geburt und sein Heldenkampf wird seine sozialistische Aufbauarbeit mit Schmutz beworfen und heruntergerissen. Der Zweck der Übung ist der alte. Die großen proletarischen Massen sollen abgeschreckt werden, den Weg der Revolution zu beschreiten. Neu ist nur, dass der Chor eingeschworener bürgerlicher und reformistischer Feinde der Revolution verstärkt wird durch die Stimmen von Renegaten des Kommunismus wie Maslow, Ruth Fischer und andere, die sich als waschechte „Linke" aufspielen. Die Verdrehungen und verlogenen Behauptungen all dieser ehrenwerten Herrschaften gewinnen keineswegs dadurch an Richtigkeit, dass sie sich auf Äußerungen der Oppositionsführer in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion stützen. Sei es drum! Sie alle täuschen sich oder wollen täuschen. Gestützt auf theoretische Spitzfindigkeiten und unverstandene, aus dem Zusammenhang gerissene Einzelerscheinungen, fabulieren sie: Der erste Arbeiterstaat entartet, er lässt an die Stelle der proletarischen Diktatur die der Kulaken und Nep-Leute5 treten, er führt nicht zum Sozialismus, sondern zum Kapitalismus.

Die sozialistische Umwälzung der Sowjetrepublik schreitet unter gehäuften Schwierigkeiten und Gefahren vorwärts. Unbestritten, dass sie auf Schritt und Tritt mit der bereits oben erwärmten „objektiven Unreife" der überkommenen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse hart auf hart zusammenprallt. Dazu die Unterschiede der Nationalität und Rasse, der Sprache und die in altersgrauen Zeitläuften verwurzelte Kultur des bunten Völkergemisches, das unter dem Banner von Sichel und Hammer das neue, höhere Leben des Sozialismus sucht. Unwissenheit, Unkultur, Barbarei als Hinterlassenschaft des Zarismus, von ihm als Stütze seiner Herrschaft erhalten und gefördert. Schließlich die geschichtlich begründete Tatsache – von Marx wiederholt stark betont –, dass die Verwirklichung des Kommunismus keine Eintagsleistung sein kann, weil sie das Werk der sich befreienden Proletarier selbst sein muss, ein Werk von Millionen, das eine Periode der bewussten Wechselwirkung zwischen den sozialen Dingen und den Menschen ausfüllt.

Der erste Arbeiterstaat bewältigt die Schwierigkeiten und die in ihnen lauernden Gefahren für den sozialistischen Aufbau in der vorgefundenen gesellschaftlichen Umwelt. Die Industrialisierung steigt, d. h., es erstarkt die entscheidende wirtschaftliche Kraft, die zum Sozialismus treibt. Ausschlaggebend dafür ist das Emporblühen der großen sozialistischen Sowjetbetriebe, die an Zahl, an Umfang, an Leistungstüchtigkeit zunehmen und immer mehr Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigen. In Wechselwirkung mit der Industrie hebt sich die Landwirtschaft. Die Nep gliedert auf dem Wege über den Markt die einzelnen bäuerlichen Betriebe der Wirtschaft des Arbeiterstaats ein, die Genossenschaften fördern das gleiche Ziel und tragen zusammen mit der beruflichen, politischen und kulturellen Aufklärungsarbeit der Sowjets, der Kommunistischen Partei, der verschiedenartigen Bildungs- und Erziehungsorganisationen umwälzende Fortschritte der Produktion, aber auch den Geist solidarischer Gemeinschaftsarbeit in die Dörfer. Die Elektrifizierung ist ein starker Ansporn dieses Entwicklungsprozesses. Wie in der Industrie, so drängt im Handel das Kapital des Arbeiterstaats das Privatkapital immer mehr zurück. Die Bauern steigen aus dem unsäglichen Elend der vorrevolutionären Zeit empor, die Arbeits- und Existenzbedingungen der Proletarier bessern sich in jeder Beziehung und beginnen sich lebenswert zu gestalten, die Werktätigen empfinden, dass die Sowjetrepublik ihr Staat ist.

Der erste Arbeiterstaat fügt zu seiner gesellschaftserneuernden Wirtschafts- und Sachpolitik eine nicht minder revolutionäre Menschenpolitik. Sie soll werktätige Massen schaffen, gesund an Körper und Geist, stark von Charakter, leistungstüchtige und feste Erbauer der kommunistischen Gesellschaft. Dem Ziel der Menschenpolitik dient im besonderen das Arbeiterrecht, die Gesetzgebung und Praxis der Sozialversicherung, die Tätigkeit des Volkskommissariats für das Gesundheitswesen und des Volkskommissariats für Volksbildung und Volkserziehung und die vielgestaltigen Organe dieser beiden Staatsinstitutionen wie die zahlreichen Organisationen, die in Zusammenhang mit ihnen wirken. Der erste Arbeiterstaat ist der einzige Staat, der reiche Mittel und Kräfte für eine konsequente, weit- und tiefgreifende Menschenpolitik aufwendet. Darin kommt seine grundsätzliche Auffassung zum Ausdruck, dass der schaffende Mensch der höchste soziale Wert ist, während in den kapitalistischen Staaten in erster Linie der tote ausbeutende Besitz in die Waagschale geworfen wird. Die menschenschützenden Bestimmungen des sowjetischen Arbeiterrechts, die Leistungen der Sozialversicherung können den Bourgeoisstaaten ein Vorbild sein, selbst denen, die sich mit ihrer fortgeschrittenen Sozialpolitik brüsten. Das lebenerhaltende und lebenerhöhende Werk der Sowjetrepublik für die Volksgesundheit und Volkserziehung hat seinesgleichen nicht in der Geschichte, ist großzügigste Kulturtat. Der erste Arbeiterstaat steht heute als einziger Staat des sozialistischen Aufbaus allein und isoliert in der Zeitgeschichte. Er hat keinen Vorgänger, von dessen Leben und Weben er für die Meisterung der aufspringenden Probleme Anregung, Weisung, Beispiel empfangen konnte. Der Pariser Kommune war es nur vergönnt, nach der Machteroberung durch Proletarier und Kleinbürger heldenhaft kämpfend zu sterben. Ihr Dasein war von zu kurzer Dauer, ihr Tätigkeitsfeld [zu] begrenzt, als dass sie einen geschichtlichen Anschauungsunterricht über die Aufgaben des sozialistischen Aufbaus hinterlassen konnte, abgesehen von einigen kleinen Einzelheiten und den beiden hervorgehobenen Fundamentalerkenntnissen: der Notwendigkeit, den alten Staatsapparat zu zertrümmern und die politische Macht des Proletariats in einer grundsätzlich geänderten Organisationsform sicherzustellen. Aus keinem anderen Reich proletarischer Diktatur fällt Licht auf den problembesäten Weg zum Sozialismus, auf dem der erste Arbeiterstaat bald ungestüm vorwärts stürmt, bald sich mühsam, vorsichtig weiter tastet, von der fehlenden Erleichterung des Weges durch Taten brüderlicher Solidarität zu schweigen. Die proletarische Weltrevolution hat dem ersten Arbeiterstaat noch keine weitere Schöpfung zur Seite gestellt. Ihn umringen bürgerliche Staaten, deren Sinnen und Trachten auf die Verewigung6 des Kapitalismus, der Klassenherrschaft der Bourgeoisie gerichtet ist, auf die Zerstörung des keimenden sozialistischen Lebens im Bewusstsein, dem Willen der werktätigen Massen. Er hat für sein Werk nur einen Berater, allerdings den zuverlässigsten, den er haben könnte: die marxistisch-leninistische Theorie, die ihn lehrt, das, was zur Lösung von Tagesfragen sein soll, mit der Methode des historischen Materialismus aus dem zu erforschen, was ist, und dabei das erhabene Ziel klar und fest im Auge zu behalten. Der sozialistisch aufbauende Arbeiterstaat gibt Wegbelichtung, Wegerleichterung für die künftigen Sowjetrepubliken, die die proletarische Weltrevolution schaffen wird. Er ist ein weltgeschichtliches Laboratorium für die theoretische und praktische Lösung der staatlichen Probleme der Übergangszeit zum Sozialismus.

Nur einige der allgemeinen Erkenntnisse von internationaler Bedeutung seien herausgegriffen, die durch den sozialistischen Aufbau des ersten Arbeiterstaats scharf hervortreten. Gewiss! Die Umwälzung zum Sozialismus hat in der Sowjetunion infolge der dort gegebenen besonderen Umstände besondere Hindernisse zu überwinden. Jedoch auch in den wirtschaftlich und kulturell hochentwickelten Ländern wird die Auswirkung der Machteroberung im sozialistischen Aufbau das diktierende Proletariat vor Fragen und Forderungen stellen, die nicht leichter Hand vom grünen Tisch aus mit allgemeinen Richtlinien erledigt werden können, die gerade sind wie ein Lineal und hölzern wie dieses. Der Besitz der Macht löst nicht für die Arbeiterklasse die Aufgaben der sozialistischen Umwälzung, er führt sie nur7 an diese Aufgaben heran und schafft die unerlässlichen Voraussetzungen zu ihrer Lösung. Es ist eine lächerliche Utopie, wenn MacDonald von einem „konstruktiven Sozialismus" träumt und predigt8, den eine reformistische Arbeiterpartei auf dem Boden des bürgerlichen Klassenstaats in Gemeinschaft mit Lloyd George, vielleicht sogar mit Baldwin und Chamberlain9, durchzuführen vermöchte, wenn Hilferding von der „Wirtschaftsdemokratie" und dem friedlichen Hineinwachsen in den Sozialismus unter der Herrschaft der Trustmagnaten salbadert. Die Propheten solcher Utopien spannen den Pflug vor die Pferde. Die kraftvoll ausschreitende Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik der Sowjetunion, verglichen mit dem Stillstand, ja dem Rückwärts in den Ländern der Arbeitsgemeinschaft zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten und der Regierungskoalition zwischen Bürgerlichen und Sozialisten, erhärtet klar dieses: Erst nach der Machteroberung werden Reformen und Demokratie zu Bausteinen der sozialistischen Ordnung. Einzig und allein der Arbeiterstaat kann der Staat des „konstruktiven Sozialismus" sein. Der erste Arbeiterstaat ist der Lehrmeister des Weltproletariats für diese Tatbestände und verweist es auch dadurch auf den Weg der Revolution, der Machtergreifung.

Die Friedenspolitik der Sowjetunion gehört zu den hervorstechenden Wesenszügen der neuen Macht. Sie steht im schroffsten Widerspruch zu der Kriegspolitik der bürgerlichen, der imperialistischen Staaten. Im Verlaufe dieses Jahres hat sie zweimal eine sehr harte Probe glänzend bestanden. Die Ermordung des Gesandten der Räterepublik in Warschau und die unzulängliche Sühne dieses Verbrechens gegen das Völkerrecht war eine frech-tückische Provokation des vom britischen Imperialismus inspirierten faschistischen Polen, Genugtuung mit dem Schwert zu suchen. Der Staat der proletarischen Diktatur unterwarf sich der Erpressung zur Abberufung seines Gesandten Rakowski aus Frankreich, um den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu vermeiden und die dadurch gesteigerte Kriegsgefahr. In beiden Fällen verzichtete die Sowjetrepublik auf die Prestigepolitik bürgerlicher Regierungen, die sehr leicht zum Ausgangspunkt blutiger Ereignisse wird. – Wahrhaftig nicht aus Schwäche, sondern im Bewusstsein ihrer Verteidigungskraft, um den Frieden zu bewahren.

Das unsagbar alberne Geschwätz vom „roten bolschewistischen Imperialismus" findet durch die Friedenspolitik des Arbeiterstaates seine bündigste Widerlegung. In ihm fehlen die Motive, die in den bürgerlichen Ländern Triebkräfte von Kriegsrüstungen, Eroberungszügen nach Kolonien und von Konflikten der Mächte untereinander sind: die Profit- und Herrschaftsinteressen ausbeutender Klassen. Die Sowjetunion wird nicht durch die Gier nach erweitertem Bodenbesitz durch die Welt gepeitscht, der ein Monopol geben soll auf Rohstoffquellen, Absatzmärkte und Möglichkeiten für Kapitalanlagen. Ihre Grenzen umspannen ein Sechstel der festen Erdoberfläche, ihr Gebiet erstreckt sich durch alle Zonen und ist abwechslungsvoll gegliedert und enthält Naturreichtümer in verschwenderischer Fülle und gewaltigste Naturkräfte. Worauf es ankommt ist, durch planmäßige, organisierte Arbeit mit Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse und technischer Hilfsmittel die vorhandenen Schätze zu heben und dem Wohl, der Kultur des werktätigen Volkes dienstbar zu machen. Das ist das Ziel des sozialistischen Aufbaus der Räterepublik, ein heiliges Ziel, das keine Vergeudung und Vernichtung von sachlichen Werten und Menschenleben durch Prestigekriege und imperialistische Machtkämpfe zulässt, das aber ebenso nachdrücklich vollste Verteidigungsrüstung und Verteidigungsfähigkeit gegen alle Feinde fordert, die die Errungenschaften des Roten Oktober bedrohen und sich vorbereiten, aufs Neue die Kriegsfurie durch die Welt zu hetzen. Der erste Arbeiterstaat fühlt sich vor den Werktätigen innerhalb seiner Grenzen und vor dem internationalen Proletariat verantwortlich für das erfolgreiche Fortschreiten des sozialistischen Aufbaus wie für die Erhaltung des Weltfriedens als einer „Atempause", in der die Ausgebeuteten und Unterdrückten der nichtsowjetischen Länder sich für die soziale Revolution sammeln und rüsten. Die Friedenspolitik der Sowjetrepublik ist nicht bürgerlich-pazifistischer, sondern revolutionärer Natur. Nicht die psalmodierenden und intrigierenden Mächte des Völkerbunds, der erste Staat des sozialistischen Aufbaus, der proletarischen Weltrevolution ist der einzige echte Friedensstaat. Die proletarische Weltrevolution verpflichtet.

Die Aufrichtung des Staates der proletarischen Diktatur wurde von den Führern des Roten Oktober von Anbeginn an nicht als ein nationales, vielmehr als ein internationales Geschehen gewertet. Die proletarische Revolution kann sich nicht hinter nationalen Wänden einsperren, sie muss die Welt umstürzen. Allerdings, sie ist nicht so stürmisch weiter geschritten, wie es die Nöte der schaffenden Massen und der leidenschaftliche Herzschlag ihrer revolutionären Führer verlangten. Der mutige Versuch der Spartakisten, Kommunisten in Deutschland, das geschlagene Wilhelminische Reich in eine Sowjetrepublik auszuhämmern, wurde von Noske, dem Schüler des Kommuneschlächters Gallifet, den Weisungen der Ebert-Scheidemann getreu, im Blute erstickt. Einheimische und ausländische Ordnungsbanditen bereiteten Räteungarn das gleiche Los. Der erste Arbeiterstaat hat keine Nachfolge gefunden. Trotzdem und gerade deshalb ist ihm die internationale Solidarität mit den Lohnsklaven, den Unfreien der übrigen Welt eine starke lebendige Kraft. Je weniger Früchte dieser Solidarität er zur Zeit noch empfängt, um so mehr fühlt er sich seinerseits getrieben, sie tatkräftigst zu üben. Seine Führer erkennen es klar, seine tragenden Massen erfassen es gefühlsmäßig, dass die weitsichtige, großherzige Praxis internationaler Solidarität Kräfte der Weltrevolution erhält, rüstet.

Der erste Arbeiterstaat ist der sichere Hort, die festgefügte Burg der proletarischen Weltrevolution. Aus ihm, von seinem Volk der Werktätigen empfangen die unglückseligen Opfer des Kapitalismus, empfangen Meuterer wider seine knechtenden, aussaugenden Gewalten freundschaftliche Ermutigung, tatkräftige, brüderliche Unterstützung, mag es sich um die hungernden Proleten im Ruhrgebiet handeln, das die Ententeimperialisten besetzten, oder um die revoltierenden Grubensklaven Großbritanniens oder aber um die revolutionären Arbeiter und Bauern in China, die sich nicht damit begnügen wollen, die imperialistischen Blutsauger aus dem Lande zu jagen, sondern auch danach trachten, die Macht ihrer einheimischen Herren niederzubrechen. Es ist nicht bloß Symbol, es ist von wesensbedingter geschichtlicher Bedeutung, dass der „Generalstab des Weltproletariats", dass das Präsidium der Kommunistischen Internationale in Moskau seinen Sitz hat. Hier allein, unter der proletarischen Diktatur, ist ihm für seine Betätigung die nötige Sicherheit und Bewegungsfreiheit verbürgt. Diese Betätigung ist mit dem sozialistischen Aufbau des ersten Arbeiterstaats unlöslich verbunden. Tatsache ist, dass unter den vorhandenen geschichtlichen Verhältnissen in der Sowjetunion das kühne und schwere Werk unaufhaltsam fortschreitet. Selbstverständlich ist die Pflicht, es mit höchster Energie und Opferwilligkeit bis zur äußersten Grenze des Möglichen zu treiben. Allein, ebenso unbestreitbar ist, dass der Kapitalismus vollständig und endgültig als internationales Regime überwunden werden muss. Nur als Weltordnung im buchstäblichsten Sinne des Wortes kann der Weltkommunismus die Weltunordnung des Kapitalismus ausrotten. In der „Ereignisse Flucht" dieser chaotisch gärenden Periode ist der erste Arbeiterstaat der „ruhende Pol", der feste, neues geschichtliches Leben ausströmende Ausgangspunkt des gewaltigsten gesellschaftlichen Umwälzungsprozesses aller Zeiten.

Seit zehn Jahren lebt und webt der erste Arbeiterstaat seiner großen weltgeschichtlichen Mission. Eine kleine Ewigkeit der in unserer Zeit rasend raschen Entwicklung, in der weittragende Ereignisse in tollem Wirbel empor tauchen und versinken und das Geschehen von Jahrhunderten zusammengepresst scheint. Unter diesen Umständen sind zehn Jahre genug, um Überblick und Urteil über das Werk des ersten Arbeiterstaates zu gewinnen. Ein Vergleich mit dem Stand der Dinge in den kapitalistischen Ländern redet Bände. Dort trotz Rationalisierung und Stabilisierung, trotz Demokratie steigende Ausbeutung und Unfreiheit der Werktätigen, anschwellendes Massenelend. Die bürgerliche Gesellschaft erweist sich als unfähig, die in ihrer Wirtschaft und ihrem ideologischen Überbau auftretenden Probleme auch nur klar zu formulieren und auszusprechen, geschweige denn sie zu meistern. Wie lärmend sie auch von ihrer Gesundheit und Kraft renommiert, wie protzig sie auf das Schwert ihrer Macht pocht, so ist doch Pessimismus die Signatur des Tages. Was will das werden?, fragen geängstigte Seelen. Das Reich der proletarischen Diktatur ist das einzige Gebiet, in dem der Staat seine Machtmittel bewusst, planmäßig, restlos nicht bloß an die allseitige Hebung der Lage des schaffenden Volkes setzt, sondern an Höheres: an seine volle soziale und menschliche Befreiung durch den Sozialismus, und zwar unter stetig wachsender aktivster Betätigung der Werktätigen selbst. Denn dieser Staat ist kein Wohltäter, der aus dem reinen Äther besserer Einsicht und mitfühlender Gerechtigkeit gute Gaben sendet. Er ist die Verkörperung der fortgeschrittensten Erkenntnis, des leidenschaftlichen Willens, des arbeits- und opferentschlossenen Handelns der Proletarier, der Werktätigen selbst. Er ist das Reich des Optimismus, der Hoffnung. Hier jubeln Millionen Stimmen: Der Sozialismus soll werden, wir erbauen ihn.

Es ist dieser gewaltige, geschichtliche Tatbestand, der in der zehnjährigen Existenz des ersten Arbeiterstaates die Machteroberung durch das Proletariat, die Machtbehauptung im Kampfe mit der Gegenrevolution und die Machtanwendung im sozialistischen Aufbau zum unzerbrechlichen Ring zusammenschließt. Die zehnjährige Existenz der Sowjetrepublik ist der vollgewichtige Beweis dafür, dass dem Proletariat die Reife und Kraft eignet, seinen eigenen Staat aufzurichten, zu gestalten, zu verwalten und zu regieren; dass dem Proletariat die Reife und Kraft eignet, zum Wohl der Werktätigen die gesellschaftliche Wirtschaft solidarischer Gemeinschaftsarbeit zu organisieren, zu leiten und auf ihr die neue Menschheitskultur des Sozialismus zu gestalten. Das nicht auszustreichende geschichtliche Reifezeugnis ist mit dem Blut und den Opfern des Proletariats der Sowjetunion von heute, des zaristischen Russlands von ehemals, geschrieben. Allein, wie dieses Proletariat im Roten Oktober 1917 und seither als Exponent des internationalen revolutionären Sozialismus vorgestoßen ist, so wird sein welterneuerndes Werk zur Bekundung der geschichtlichen Reife der Klasse auch in anderen Ländern. Vorausgesetzt, dass bei ihr endlich der Wille zur Tat der Reife unbezwinglich durchbricht. Die zehn Jahre sowjetischer Arbeiterstaat sind die riesigste und fruchtbarste Willenstat der Geschichte. Wie erbärmlich erscheint neben ihr das Hoffen und Harren auf die alleinseligmachende automatische Entwicklung zum Sozialismus. Sie erhärtet, welch entscheidende Macht heute der subjektive Faktor im gesellschaftlichen Werdegang zur Befreiung des Proletariats sein kann, und das sogar bei großer Ungunst objektiver Entwicklungskräfte. Wobei eins stark betont werden muss: dass der subjektive Faktor nur triumphierende Macht sein kann, wenn er ein Zusammenwirken ist von revolutionärem Vorwärtsdrängen, revolutionärer Initiative proletarischer, werktätiger Massen und von zielgerichteter, wegklarer, entschlossener Führung durch eine ideologisch und organisatorisch festgefügte revolutionäre Klassenpartei der Arbeiter.

Solches Zusammenwirken hat in Russland den Sieg des Roten Oktober gesichert, und es ist heute die tragende und treibende Kraft des sozialistischen Aufbaus. Die Geschichte des ersten Arbeiterstaates ist die Ruhmesgeschichte der bolschewistischen, der Kommunistischen Partei. Ihre klare Erkenntnis ist Massenerkenntnis geworden, ihr eiserner Wille Massenwille, ihr unermüdliches, verzehrendes Handeln Massenenergie, Massenbetätigung. Millionen leben mit dem Herzschlag der bolschewistischen Partei, und das ist beste Zukunftsbürgschaft für das Werk des ersten Arbeiterstaates. Großes hat dieser seit dem Roten Oktober vollbracht, Größeres zu vollbringen steht ihm noch bevor. Das erfolgreiche Fortschreiten des sozialistischen Aufbaus stellt für Führende und Geführte unablässig neue verwickelte Probleme auf die Tagesordnung, heischt fortlaufend den höchsten Einsatz von Energie, Hingabe, die Verbindung kühlen Wägens und kühnen Wagens. Dichter und dichter ballt sich um den ersten Arbeiterstaat der Welt das verderbenschwangere Gewölk der imperialistischen Einkreisungs- und Kriegsgefahr zusammen. Unablässig ertönt das heisere Hussaho der Chamberlain und Hicks10 zur Niederhetzung des ersten Arbeiterstaates. Der imperialistische Kapitalismus Großbritanniens fühlt sich durch die revolutionären Auswirkungen der Sowjetunion im Osten in den festesten Positionen seiner Herrschaft, ja in seiner Existenz bedroht. In der ersten Zeit nach dem Roten Oktober wurde der „Bolschewismus" besonders als Ansteckungsgefahr für die Proletarier des Westens gefürchtet. Er war der „Bürgerschreck", jedoch je länger, um so stärker offenbart sich die überragende geschichtliche Bedeutung des revolutionären Lebens der Sowjetunion für die Völker des Ostens. Die russische Revolution übt auf sie einen ähnlichen erweckenden, hinreißenden Einfluss aus, wie seinerzeit die Große Französische Revolution auf die Völker Europas. Die Probleme, die im ersten Arbeiterstaat zur Lösung gestellt werden, sind vielfach Probleme der Befreiung der Völker des Orients aus Sklaverei und Not. Denn der erste Arbeiterstaat ist auch ein Bauernstaat, ein Bauernstaat unter brüderlicher Führung durch das Proletariat. Hoffnungsvoll, lernbegierig, Rat und Hilfe erwartend, schauen in den Ländern des Ostens die vielmillionenköpfigen Bauernmassen nicht minder wie die Arbeiter auf die Sowjetunion. Die russische Revolution wirkt sich hier geschichtsgestaltend aus, eine alte Welt erschütternd. Ihr Beispiel befeuert die nationalen Auflehnungen wider die imperialistischen Kolonialherren und Einbrecher, sie verleiht den sozialen Aufständen der ausgesogenen Proletarier und Bauern Schwung und Kraft. Der friedlich aufbauende Arbeiterstaat ist für den englischen Imperialismus eine weit gefährlichere Macht, als es der militärisch so viel stärkere Zarismus war. Die Außenpolitik Großbritanniens wird durch diese Entwicklung in entscheidender Weise bestimmt. Jedoch nicht bloß das in seinen Grundlagen bedrohte großbritische Imperium, der gesamte Weltkapitalismus sinnt auf die Vernichtung des Staates der Umwälzung zum Sozialismus. Unbegreiflicher, schwerster Frevel ist es, dass ausgerechnet in diesem Augenblick die russische Opposition sich fraktioneller Minierarbeit gegen die Geschlossenheit und Aktionskraft der Partei schuldig macht und damit auch einer Lockerung der innigen Verbindung von Partei und proletarischen Massen. Ihr Vorgehen ist ein starker Anreiz für das Hoffen und Treiben gegenrevolutionärer Saboteure und Verschwörer, für die Einbruchsgelüste der Imperialisten, die auf innere Wirren spekulieren. Wohl fällt in der Folge ein Schatten auf den lichten Glanz der Zehnjahresfeier, doch das große geschichtliche Leben des sozialistisch aufbauenden Arbeiterstaates wird sich dessen ungeachtet triumphierend auswirken. Die führende Partei, die Lenins kostbares Erbe übernommen hat und fruchtbar erhalten soll, ist sich der Verantwortlichkeit für dieses Leben bewusst. Aufbauend wird sie die eine bolschewistische Partei, die das Proletariat zum Siege führte und die Errungenschaft der Revolution behauptete, bleiben. Die geschichtliche Leistung des ersten Arbeiterstaates, sein inhaltsreiches, schaffensfreudiges Dasein der zehn Jahre voller Sturm und Wogendrang, mahnt die breitesten Massen der Proletarier, der Werktätigen in den kapitalistischen Ländern, den Wall von Verdächtigungen und Lügen zu durchbrechen, hinter dem sie von bürgerlichen Politikern und reformistischen Führern von ihren Brüdern und Schwestern der Sowjetunion abgesperrt worden sind. Von der umrissenen Situation geht an diese Massen die Frage aus: „Wollt ihr ein weiteres Mal die proletarische Weltrevolution, euch selbst verraten, indem ihr das sozialistische Aufbauwerk des ersten Arbeiterstaates für kürzere oder längere Zeit stören, gefährden lasst?" Es mehren sich die Anzeigen für diese Antwort: „Wir kommen! Wir kommen! Der Kampf gegen die imperialistischen Überfälle auf den ersten Arbeiterstaat soll unsere heiligste Pflicht sein. Wir sind entschlossen, ihn mit allen Mitteln gegen die kriegstolle Bourgeoisie unseres Landes und der gesamten kapitalistischen Welt zu führen. Wir wissen, dass wir mit diesem Kampfe nicht nur eine alte, lastende Ehrenschuld internationaler proletarischer Solidarität begleichen, nein, auch unsere härtere Versklavung und Ausplünderung abwehren, den Weg zur befreienden Revolution betreten." Die erstarkenden einzelnen Parteien der Kommunistischen Internationale sind Vermittler der Erkenntnis und des Willens, die aus solcher verpflichtenden Antwort sprechen. Sie werden treue Führer zur Tat sein. Und laut, mit überzeugender Kraft redet zu den Massen, die noch Opfer des Kapitalismus sind, aber seine Bezwinger werden müssen, der erste Arbeiterstaat selbst, der Staat des sozialistischen Aufbauwillens und des ehrlichen Friedenswillens. Er wird es freudigst begrüßen, wenn die Brüder und Schwestern jenseits seiner Grenzen zur Verteidigung ihrer Gegenwart und Zukunft kämpfend an seine Seite treten. Er darf ihnen mit ruhigem Stolz erklären, dass der nicht zu brechende Wille von Millionen die feste Sicherung seines sozialistischen Aufbauwerks ist. Beim Rückblick auf die welterschütternden zehn Jahre seit dem Roten Oktober kann das Proletariat der Sowjetunion mit Goethes Prometheus ausrufen:

Hast du nicht alles selbst vollendet. Heilig glühend Herz?"11

Sein „heilig glühend Herz" wird das begonnene Werk vollenden und Ströme revolutionärer Kraft in alle Länder ausstrahlen. Entzündet ist der Weltbrand, in dem der Kapitalismus zugrunde geht. Schon dämmert der herrschenden Götter Ende herauf.

1Der Artikel wurde unter dem Titel „Die große Oktoberrevolution. Ihr Platz in der Geschichte" auszugsweise auch in der „Roten Fahne" vom 6. November 1927 abgedruckt.

2 In der Quelle: gewaltigstes.

3 Konterrevolutionäre Truppen ehemaliger Kriegsgefangener.

4 Gemeint sind die von den imperialistischen Interventen ausgehaltenen konterrevolutionären Marionettenregimes in den Randgebieten des Sowjetlandes.

5 Gemeint sind kapitalistische und kleinbürgerliche Elemente, die von der begrenzten Zulassung privaten Kapitals im Rahmen der Neuen Ökonomischen Politik (russische Abkürzung: Nep) profitierten.

6 In der Quelle: Vereinigung.

7 In der Quelle steht „nur" irrtümlich hinter „nicht".

8 James Ramsay MacDonald, 1922-1933 Vorsitzender der Fraktion der Labour Party im britischen Unterhaus, predigte eine „konstruktiven Sozialismus". Er empfahl als angeblichen Weg zum Sozialismus den Staatskapitalismus, ein gemäßigtes Programm der Nationalisierung gegen Entschädigung, der Besteuerung der Grundrente, der Erbschafts- und Gewinnsteuer.

9 David Lloyd George (siehe auch Fußnote 1, S. 136) war 1926-1931 Führer der britischen Liberalen Partei. – Der Führer der Konservativen Partei Stanley Baldwin, ein Großindustrieller, war 1924-1929 Premierminister. – Austen Chamberlain war als führender konservativer Politiker Außenminister in Baldwins Regierung.

10 Clara Zetkin meint offensichtlich den Innenminister William Joynson-Hicks, der mit Austen Chamberlain zu den lautesten Einpeitschern des antisowjetischen Hetzfeldzuges in der damaligen Regierung Großbritanniens gehörte, nicht den Vorsitzenden der Trade-Unions George Hicks, der im Englisch-Russischen Parlamentsausschuss mitarbeitete.

11 Goethes Werke in zwölf Bänden, 1. Bd., Berlin/Weimar 1966, S. 60.

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