Clara Zetkin 19250200 Heran an die schaffenden Frauenmassen

Clara Zetkin: Heran an die schaffenden Frauenmassen!

[„Die Kommunistische Fraueninternationale“, 5. Jahrgang, Heft 2, Februar 1925, S. 1207-14]

Der 8. März steht vor der Tür. Der Internationale Frauentag, der große Aufmarsch schaffender Frauenmassen gegen die bürgerliche Gesellschaft, mit dem die Parteien der Kommunistischen Internationale eine Woche energischster, zähester Aufrüttelungsarbeit unter diesen Frauenmassen abschließen. Zum Kampf um ihr Menschentum und Menschenrecht sollen sich in allen kapitalistischen Staaten stellen und rüsten die Arbeiterinnen und Angestellten, die täglich die Skorpionen der Ausbeutung auf ihrem Rücken fühlen, ob sie in der Fabrik oder im ärmlichen Heim für einen Unternehmer fronden; die Frau des Proletariers und kleinen Mannes, die nicht weiß, wie es möglich ist, mit dem Hungereinkommen bei Teuerungspreisen und Stetterraub ihre Kinder satt zu machen und zur Schule zu schicken; die Lehrerin und Beamtin, die vor ihrer Entlassung zittert, weil sie „nur“ eine Frau; ist: die Landarbeiterin und Kleinbäuerin, die Garten und Feld bestellt, ohne die Früchte ihres Fleißes zu genießen,

Gegen den Kapitalismus, für den befreienden Kommunismus sollten am 8. März zusammenstehen alle schaffenden Frauen, ohne deren Mühen und Sorgen die kapitalistische Welt nicht bestehen könnte, und für die diese Welt weder Rücksicht noch Wertschätzung hat, denen sie in der Familie, in der Gesellschaft, im Staat gleiches, volles Recht mit den Männern vorenthält oder ihnen nur Brocken der Gleichberechtigung, papiernes Recht zuwirft. statt lebensgestaltende Wirklichkeit zu verbürgen. Zu ihnen gesellen sich die Frauen der Kolonial- und Halbkolonialvölker, die sich nicht länger als Ware kaufen und verkaufen lassen wollen, deren zehnfach zertretenes, gedemütigtes Menschentum sich gegen seine Beschmutzung und Versklavung auf lehnt. Beispiel und Wegweisung bringend, treten die schaffenden Frauenmassen der Sowjetunion zu ihren Schwestern im Westen und Osten. Gemeinsam mit ihren Brüdern haben sie dies: die proletarische Revolution volle Gleichberechtigung vor dem Gesetz erhalten. Nun sind sie gemeinsam mit ihren Brüdern am Werk, die Wirtschaft, die sozialen Einrichtungen, die Lebensformen, die Bezeichnungen von Mensch zu Mensch so umzugestalten, dass Frauen und Männern gleiche soziale Bedingungen für Entwicklung und Betätigung gesichert sind.

Am heurigen 8. März werden alles in allem die gleichen Forderungen der werktätigen Frauen erschallen wie voriges Jahr, wie schon seit Jahren. Allein wo früher Hunderte forderten, da müssten 1925 Tausende ihre Stimme erheben, das Heischen von Hunderttausenden müsste Millionenschrei werden. Lauter, ungestümer, stürmischer, unwiderstehlicher als je müsste das Fordern der schaffenden Frauenmassen sein. Denn in allen Ländern, wo der Kapitalismus als Herrscher lebendiges Menschentum unter seine Füße stampft oder seine Macht aufzurichten trachtet, sind die Nöte größer, bitterer geworden. aus denen die Frauentagsforderungen hervorgehen. Im herausfordernden Gegensatz zu der steigenden Elendsflut aber wurde verringert und durchlöchert der gesetzliche Schutz der Arbeiterinnen, die soziale Fürsorge für Mutter und Kind, wuchs die zermalmende Last der Lebensmittelpreise, des Mietwuchers, der Steuern, wurde das Recht der Frauen in der Familie und im Staat nicht erweitert und Buchstaben zu Tatsächlichkeiten gemacht. Wie wäre das auch anders möglich?

Die Bourgeoisie hat ihre Herrschaft in der Wirtschaft und im Staat der kapitalistischen Länder befestigt. Durch verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung quittiert sie den Proletariern und den Angehörigen der nichtkapitalistischen Schichten darüber, dass ihre große Mehrzahl kurzsichtig und feig diese Befestigung nicht durch den revolutionären Kampf vereitelt hat, dass sie die Herrschaft der Bourgeoisie stützte, statt sie zu stürzen. Wie sie die Riesenkosten des Chaos tragen mussten, das vom Weltkrieg und seinen Auswirkungen geschaffen wurde, also müssen sie nun den furchtbaren Preis zahlen für den Versuch der Weltbourgeoisie, durch internationale Abmachungen, durch einen Pakt für gemeinsame Ausplünderung der werktätigen Massen das Chaos zu bändigen. Der Pakt ist geschlossen durch das Londoner Abkommen zwischen den Ententestaaten und Deutschland über die Begleichung der Reparationen, der Versuch ist im Gange mit der Durchführung des Dawesplanes, der Kern und Stern des Abkommens ist. Die wirtschaftlichen und politischen Tatsachen mit ihrem Um und Auf entscheiden das Los der ungezählten Millionen schaffender Frauen und nicht die persönliche Tüchtigkeit der Einzelnen, nicht das Plagen und Sorgen ihrer Angehörigen.

Es kann, es darf nicht sein, dass Millionen Frauen sich darüber täuschen lassen durch das ohrenbetäubende Geschrei der Bourgeoisie und ihres reformistischen Hausgesindes von den aufblühenden Segnungen des Dawesplanes und der mit ihm verbundenen angeblich pazifistischen und demokratischen Ära. Wenn die werktätigen Frauen die Augen öffnen, so lernen sie diese Segnungen als die niederträchtigste Beschwindelung der ausgesogenen und geknechteten Massen kennen.

Gewiss! Die MacDonalds, Herriots und ihre Gesinnungsgenossen innerhalb und außerhalb der Zweiten Internationale deklamieren vom Frieden der Völker. Jedoch in England, Frankreich, Italien, den Vereinigten Staaten ist nie fieberhafter als gegenwärtig gerüstet worden, um im schonungslosen Kampfe gegeneinander zu Land, zu Meer und in der Luft mit Explosivkräften und Giftgasen Menschenleben und Menschenwerk zu vernichten. Der großen Entente politische Vasallen von Finnland über Polen und die kleine Entente bis Bulgarien haben nie mehr Steuern aus den Schaffenden herausgepresst und leichtfertiger gegen hohe Zinsen bei in- und ausländischen Kapitalisten geborgt, als in diesen Zeiten, wo sie mit ihren Herren im Bunde ihre militärische Macht zur Bekriegung der Sowjetunion ausbauen. Und wenn die deutsche Ebert-Republik, von dem Entente-Imperialismus gefesselt, mit diesem für die bekannte „Vaterlandsverteidigung“ nicht um die Wette laufen kann, so sammeln und bewahren doch dort die Schwerindustriellen, Junker und Finanzfürsten ihre Schutz- und Trutztruppen zur Niederkartätschung der „inneren Feinde“ um die beiden Banner Schwarzweißrot und Schwarzrotgold.

Gewiss! Die nämlichen Herrschaften singen und sagen gar lieblich von dem Wohl, der Freiheit der Völker. Und haben nicht vor kurzem die Wahlen in England und Deutschland gezeigt, wie viele Hunderttausende und Hunderttausende Frauen der Arbeit sich von diesem Singsang betören ließen? Allein in allen kapitalistischen Ländern sind die Werktätigen nie von härteren Lasten der Ausbeutung zu Boden geworfen worden als in diesen Tagen. Nie war auch bei gleichem formalem Recht die tatsächliche Unfreiheit der proletarischen und nichtkapitalistischen Massen größer als heute, wo die Sorge um ein Stück Brot, wo Hunger und Obdachlosigkeit sie der Ausbeutungsgewalt der Unternehmer unterwerfen. Herriot, der von den Reformisten angebetete Heilige des linken Blocks in Frankreich, beglückwünschte den Präsidenten der estländischen Bourgeois-Republik dazu, dass er den heldenmütigen Verzweiflungskampf darbender und geknechteter Arbeiter und Bauern im Blute erstickt hat. Den Proletariern und Bauern in den Kolonial- und Halbkolonialländern wird die Bedeutung des Wohles und der Freiheit der Völker anschaulich gelehrt durch den Feldzug der frommen Spanier in Marokko; durch die Panzerautos und Maschinengewehre der bibelfesten Engländer in Ägypten und dem Sudan; in Mesopotamien und Indien; durch die drohenden Kanonenboote der Engländer und Amerikaner in China.

Die Bourgeoisie aller kapitalistischen Länder steht in Einheitsfront gegen die Proletarier, die Ausgebeuteten und Unfreien der ganzen Welt. Sie sammelt sich in Einheitsfront gegen die Sowjetunion, das einzige Staatengebilde der Welt, in dem die kapitalistische Klassenherrschaft gebrochen ist. Sie sucht die Ausgebeuteten zu spalten, den Arbeiter gegen den Arbeiter zu hetzen, den Bauern gegen den Proletarier. Sie will dadurch die Kraft derer schwächen, die vereint ihre Gewalt brechen können und brechen müssen. Dies besagt, dass die Machtmittel und Tücken der Bourgeoisie aller kapitalistischen Länder auch gegen die schaffenden Frauen mobilisiert sind, die am 8. März für ihre Befreiung vom Doppeljoch der Klassensklaverei und der Geschlechtssklaverei demonstrieren. Denn diese Frauen sind Fleisch und Blut der ausgebeuteten, verknechteten Massen, sind selbst Ausgebeutete, Unfreie, Erniedrigte und Gedemütigte, die nur durch die Revolution ihrer Ketten ledig werden können. Zahlreicher, schärfer sind die Dornen geworden, die ihren Leib und Geist zerreißen. Ihre Lasten und Leiden aber werden noch wachsen, noch unerträglicher werden. In ihrem harten Geschick wird sich die Durchführung des Dawesplanes auswirken, in dessen Zeichen die Gegenwart und nächste Zukunft steht.

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Während der Nachkriegsjahre hat in den kapitalistischen Ländern der Hunger Millionen Proletarier abgewürgt, ungezählte Kleinbürger sind Bettler geworden. Die Großbourgeoisie hat aus dem blutigen Elend Reichtümer aufgespeichert und ihren Produktionsapparat erweitert. Namentlich in England und in den Vereinigten Staaten, aber auch in Frankreich und Deutschland. Der erweiterte Produktionsapparat bedarf eines erweiterten, gesicherten Weltmarktes, um nach den Gesetzen der kapitalistischen Wirtschaft seinen Zweck zu erfüllen: Profit zu hecken, möglichst hohen Profit. Das ist auch das Ziel, nach dem die in den Vereinigten Staaten aufgehäuften Geldvorräte förmlich schreien. Sie dürfen nicht toter Schatz bleiben, sondern müssen „werbend“ angelegt werden, Mehrwert, Profit bringen. Die Verwirklichung des Dawesplanes soll der Ausgangspunkt dafür werden, dem Weltmarkt die mangelnde Sicherheit zurückzugeben und ihn gleichzeitig auszuweiten.

Ausländisches, in der Hauptsache amerikanisches Kapital, soll das deutsche Wirtschaftsleben zu so kräftiger, ertragsreicher Entfaltung bringen, dass davon die riesigen Wiedergutmachungssummen an die Entente gezahlt werden können. Das alles unter schärfster Kontrolle der Ententekapitalisten und mit Sicherstellung ihres Anteils am Profit, den die deutschen Unternehmer als ihre Geschäftsgenossen und Schatzmeister aus den Proletariern, Kleinbürgern und Kleinbauern herausschinden. Das kapitalistische Pack hat zu Nutz und Frommen seiner Ausbeutungs- und Herrschaftsgewalt im Weltkrieg die Schaffenden verschiedener Nationalität mordend und verwüstend gegeneinander getrieben. Nun will sich dieses nämliche Pack auf dem Weltmarkt, kaufend und verkaufend, schachernd und feilschend wieder vertragen. Die Schaffenden mussten für den Krieg der Weltbourgeoisie schwitzen, darben, bluten, nun sind sie erlesen, für deren verlogenen Friedensversuch das Kreuz verschärfter Ausbeutung und Sklaverei zu schleppen.

Zunächst die werktätigen Massen in Deutschland. Zusammen mit der wirtschaftlichen und politischen Selbständigkeit dieser Republik ohne Republikaner, sind sie als lebendige Anhängsel des Produktions- und Staatsapparates von der Landesbourgeoisie den Auslandskapitalisten ausgeliefert worden. Natürlich um guten Preis und mit dem Segen der Sozialdemokratie, deren weiter Mantel der demokratischen Liebe jedes Verbrechen der Bourgeoisie am Proletariat deckt. Jedoch das Hin und Her zwischen der Verlängerung des Arbeitstages und der Arbeitslosigkeit; die raffiniertesten Methoden zur Ausquetschung der Arbeitskraft; die Hungerlöhne und die Peitschenhiebe für die Arbeiter Deutschlands; die steigende Ausplünderung der Kleinbürger und Kleinbauern, dort durch Trusts, Banken, Steuern; Wohnungselend, Kindersterben, Jugendverderben; kurz, alle Erscheinungen schwarzer Massennot werden nur zu bald auch das Geschick der Werktätigen in den übrigen kapitalistischen Staaten sein. Die „ausgleichende, regelnde“ Rolle des Weltmarktes wird dafür sorgen. Die Baumwollweberin in Nordfrankreich, die Jutearbeiterin in Großbritannien wird bei langer Arbeitsqual nicht genügend Brot und kein menschenwürdiges Heim haben, wenn solche Pein und Not das Los ihrer Schwestern in der deutschen Textilindustrie ist.

Jedoch die vertraglich vereinbarte Ausplünderung der schaffenden Massen in Deutschland, in den alten kapitalistischen Staaten, stillt durchaus nicht den Macht- und Profithunger der Weltbourgeoisie. Sie fiebert nach größerer, fetterer Beute. Den Südosten Europas will sie sich tributpflichtig unterwerfen, Südamerika, die Nordküste Afrikas, Ägypten und den Sudan, den nahen und fernen Osten, und hier im besonderen China, dessen Markt sich trotz Bürgerkrieg stetig ausdehnt und Aussicht auf ungeheure Gewinne eröffnet. Sie giert nach schrankenloser Ausbeutungsmöglichkeit in dem weiten Reich der Sowjetunion mit seinem erst zum winzigsten Teil gehobenen Naturreichtümern und nutzbar gemachten Elementarkräften, mit seinen vielmillionenköpfigen werktätigen Massen. Hier möchte sich die Weltbourgeoisie billige Rohstoffquellen erschließen, einen lohnendem Absatzmarkt für Waren und ein verschwenderisch zinsendes Anlagegebiet für Kapital.

Das aber unter Bedingungen, die das Werk der Revolution ungetan machen sollen. Von der Zahlung der Schulden des Zarismus wird von den politischen Kommis der Weltausbeuter gesprochen, worauf es aber diesen ankommt, sind Bedingungen für ihr „Geschäft“, die die Fesseln sprengen, die dank der Sowjetordnung das Proletariat der kapitalistischen Plünderungs- und Knechtungsmacht anlegt, sind Bedingungen, die die Wirtschaft des Rätebundes dem internationalen Großkapital ausliefern. Die kapitalistische Welt will aus ihrer Mitte die erste stolze Schöpfung der begonnenen proletarischen Weltrevolution tilgen. Denn nicht genug damit, dass diese ein weites, verheißungsreiches Gebiet der kapitalistischen Profitkelterei entzieht, ist sie den Enterbten der ganzen Welt eine gewaltige Mahnung, ihre Freiheit durch den revolutionären Kampf zu gewinnen. Daher nach dem Sommerregen der juristischen Anerkennung der Sowjetunion ihre politische und militärische Einkreisung, die, wenn Sie nicht unmittelbar und offen auf Kriegserklärung hinausläuft, doch Kriegsgefahr und Kriegsdrohung bedeutet und nackte Erpressung ist.

Aug in Auge mit der gekennzeichneten Lage ist es heilige Pflicht aller Sektionen der Kommunistischen Internationale, aller Kommunisten und Kommunistinnen, von den ersten Führern bis zu den letzten, unbekannten Genossinnen, ihre volle Kraft an die Mobilisierung der schaffenden Frauenmassen am 8. März zu setzen. Heilige Pflicht im Hinblick auf ungezählte Frauenmissionen, die sozial schwächer, doppelt, dreifach mit den Ruten des Kapitalismus gezüchtigt, von den mörderischen Auswirkungen des Dawesplanes aufs höchste bedroht, ihr Menschentum und Menschenrecht nur verteidigen, nur erobern können, wenn dafür die revolutionäre Klassenmacht des Proletariats kämpft. Heilige Pflicht im Hinblick auf den revolutionären Klassenkampf des Proletariats und seinen Sieg. Denn die dafür erforderliche Einheitsfront der Ausgebeuteten und Entrechteten der ganzen Welt wird nie vollständig sein, wird eine breite, klaffende Bresche aufweisen, durch die der Klassenfeind vordringt, wenn nicht auch die werktätigen Frauen überzeugt und opferfreudig in Reih und Glied streiten.

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Heran an die schaffenden Frauenmassen! Wecken wir sie an unserem Internationalen Frauentag, indem wir ihnen die Lasten und Leiden zum Bewusstsein bringen, die ihr Erbteil sein werden, solange das Privateigentum an den großen Produktionsmitteln die Reichen reicher, die Armen ärmer macht. Rufen wir sie zu uns, indem wir ihnen an ihrem und der Ihrigen Los nachweisen, dass sie nur frei und glücklich werden können, wenn durch den revolutionären, proletarischen Klassenkampf die Klassenherrschaft der Bourgeoisie zerschmettert und die proletarische Diktatur aufgerichtet wird, die Bahnbrecherin des erlösenden Kommunismus. Sammeln wir sie um die großen gemeinsamen Losungen, die in dieser Stunde durch das Sinnen und Trachten der Bourgeoisie nach Verewigung ihrer Herrschaft und Ausbeutung in den Vordergrund geschoben werden.

Nieder mit der Rüstungs-, Einkreise- und Blockadepolitik gegen die Sowjetunion! Heraus endlich mit guten, aufrichtigen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen und Verträgen mit ihr! Bündnis mit der Sowjetunion! Hände weg von China! Unterstützung aller revolutionären, nationalen und sozialen Bewegungen in den Kolonial- und Halbkolonialländern, von Irland bis Indien! Heraus aus den Kerkern mit den revolutionären Kämpfern und Kämpferinnen! Amnestie! Bruderbund der Proletarier und Bauern! Nationale und internationale Einheitsfront aller Lohnsklaven, aller vom Kapital Ausgebeuteten und Unterdrückten!

Fügen wir diesen Losungen alle Forderungen hinzu, die in den unfreien Ländern des Westens und Ostens die brennenden Nöte der werktätigen Frauen lindern, ihrer Ausbeutung Schranken ziehen, ihr Recht und die soziale Fürsorge für sie vermehren, ihre Kampfestüchtigkeit gegen den Kapitalismus stärken. Verweisen wir auf die grundlegenden Neuerungen, die in der Sowjetunion zur vollen Befreiung und Gleichberechtigung, etwa nur von den Proletarierinnen und Bäuerinnen geheischt, sondern mit ihrer Initiative und Betätigung praktisch durchgeführt werden, soweit die Kräfte und Mittel reichen. Zeigen wir, dass die Arbeiter- und Bauernstaaten der Sowjetunion die einzigen Länder der Welt sind, in denen die volle Gleichberechtigung der Frauen keine umstrittene und keine leere Formel ist, vielmehr Wahrheit und Tat!

Heran an die schaffenden Frauenmassen, um ihren Blick auf die Erscheinungen zu lenken, die vom Verfall und Ende des Kapitalismus reden! Industrie-, Handels- und Finanzkrisen lösen einander in den einzelnen kapitalistischen Ländern im bunten Wechsel ab. Agrarkrisen werden immer häufiger und umfangreicher. Politische Krisen, Regierungskrisen treten bald da, bald dort auf als Symptome der grellen weltgeschichtlichen Krise der bürgerlichen Ordnung in den plutonischen Tiefen der Wirtschaft. Die weltwirtschaftlichen und weitpolitischen Gegensätze zwischen den Kapitalisten der einzelnen Länder und Ländergruppen häufen Zündstoff für neuen furchtbaren Weltbrand. Der Entente-Imperialismus hat die muselmanische Welt politisch erweckt. Die siegreiche Behauptung der Türkei, der erfolgreiche Widerstand der Rifkabylen in Marokko gegen den Militärdiktator Spaniens bekunden, dass in ihr Kräfte vorhanden sind, die dem Eroberungszug des Kapitalismus gefährlich werden. In allen übrigen Kolonial- und Halbkolonialländern gluten Empörungsflammen.

In den breiten Massen der Proletarier aller Länder bürgerlicher Ordnung hat ein tief wühlender Prozess begonnen zur Loslösung von der Landesbourgeoisie und zum nationalen und internationalen Zusammenschluss aller kapitalistischen Lohnsklaven und zu ihrem Bund mit den freien Brüdern und Schwestern in der Sowjetunion. Das kommt zum Ausdruck durch die Delegation der englischen Trade-Unions nach den Räterepubliken; durch die Erklärung und den Kampf der Delegierten für die internationale gewerkschaftliche Einheitsfront; durch, das Eintreten des linken Flügels der Amsterdamer Gewerkschaftsinternationale für diese Forderung; durch das kräftige und wachsende Echo der Losung in den breitesten proletarischen Massen; durch den schmutzigen Feldzug der reformistischen Führer dagegen. Es mehren und regen sich die Kräfte der Revolution. Der tückischste Schützen des Kapitalismus, der Reformismus, beginnt an Zauber und Kraft zu verlieren. Sinnenfällig geht die Entwicklung zur Expropriation den Expropriateure. Wie langsam, wie rasch, darüber lässt sich nicht Prophezeien.

Heran an die schaffenden Frauenmassen! Der verräterische Reformismus darf unter ihnen nicht länger gehorsame Gefolgschaft rekrutieren. Sie gehören ins Kampflager des Kommunismus, der Revolution. Die Kommunistische Internationale stärkt die Kräfte der Revolution und beschleunigt ihren Sieg, indem sie am 8. März als Vorkämpferin und Führerin der mühseligen und beladenen Frauen hervortritt. Vorwärts in revolutionärer Einheitsfront! Unsere Frauentagsforderungen müssen revolutionäre Kämpferinnen werben. Deshalb: Heran an die schaffenden Frauenmassen!

Clara Zetkin.

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