Clara Zetkin 18970317 Kritische Bemerkungen zu Genossin Brauns Vorschlag

Clara Zetkin: Kritische Bemerkungen zu Genossin Brauns Vorschlag

(März 1897)

[”Die Gleichheit”, Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen, Stuttgart, Nr. 6, 17. März 1897.]

Genossin Braun hat es in dankenswerter Weise unternommen, ein Programm für die ”Wirksamkeit nach innen” der deutschen Arbeiterinnenbewegung zusammenzustellen. Dieses Programm ist mutatis mutandis im Wesentlichen eine Kopie der Organisation und Arbeitsmethode des in den letzten Jahren in England gegründeten ”Zentalausschusses für Frauenarbeit” (Women’s Industrial Council). Das ist an sich gewiss kein Fehler. Warum sollten wir nicht von dem Vorgehen anderer Nationalitäten lernen, warum sollten wir nicht nachahmen, was nachahmenswert ist und Nutzen verspricht? Wenn ich den Umstand betone, so hat das seien besonderen Grund. Er erklärt meines Erachtens, dass das Programm einen Zuschnitt aufweist, dass es mit Voraussetzungen rechnet, betreffs der vom Standpunkt der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung aus die Wertschätzung nicht mit Genossin Brauns Urteil übereinstimmten kann. Der englische ”Zentralausschuss”, das wurde ausdrücklich hervorgehoben, sollte keinerlei programmpolitische Ziele verfolgen. Sein Programm entspricht dieser Bedingung, es ist das einer ”parteilosen” Körperschaft, die eine Verquickung von Studienzwecken und sozialreformerischer Aktion verfolgt. Der überwiegenden Mehrzahl nach sind es bürgerliche Elemente, welche in dem Ausschuss tätig sind, das heißt Leute, welche zu seinen Gunsten etwas Zeit und Mittel opfern können. Ich finde nun den einen und den anderen Zug in Genossin Brauns Vorschlag wieder. Sowohl den ”parteilosen” Charakter der englischen Einrichtung wie auch die Voraussetzung, dass die in den vorgeschlagenen Gruppen zusammengeschlossenen Frauen über Zeit und Geld zum Besten der Einrichtung verfügen müssen. Da drängt sch denn die Frage auf, liegt - soweit der Plan auf die Schulung unserer Kerntruppen abzweckt - ein solches Erziehungsprogramm im Interesse einer Bewegung, welche einen entschiedenen Parteicharakter trägt? Und die andere, haben wir in den sozialistischen Frauenkreisen - ohne dass unsere Hauptaufgabe der Agitation unter den Massen leidet - die nötigen Personen- und Geldkräfte, um den Vorschlag als Arbeitsprogramm durchzuführen?

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