Clara Zetkin 19220221 Die Lehren des deutschen Eisenbahnerstreiks

Clara Zetkin: Die Lehren des deutschen Eisenbahnerstreiks

(Rede auf der Konferenz der Erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationale, Moskau. 21. Februar 1922.)

Genossen, die jüngste Streikbewegung, deren Mittelpunkt der Ausstand der Eisenbahnbeamten war, dürfte vielen von Ihnen unerwartet gekommen sein. Auch manchem von uns ist sie unerwartet gekommen. Überraschend dürfte sie trotzdem nicht sein. Sie kam unerwartet, wenn man sie im Zusammenhang mit der geradezu verzweiflungsvoll kampfunlustigen Stimmung des deutschen Proletariats im Allgemeinen betrachtete. Nicht überraschend war sie, wenn man sie erfasste im Zusammenhang mit der gesamten wirtschaftlichen und politischen Lage Deutschlands. Denn darin sind die treibenden Kräfte der Streikbewegung deutlich zu erkennen.

Die Streikbewegung zeigt mit ihrem Um und Auf sehr viele Widersprüche und sie hat andere Widersprüche enthüllt und scharf beleuchtet. Aber sie alle werden verständlich durch den einen großen geschichtlichen Widerspruch, der für die Lage Deutschlands charakteristisch ist. Und das ist dieser Widerspruch: Die objektiven Verhältnisse in Deutschland sind reif, meiner persönlichen Meinung nach sogar überreif für die proletarische Revolution, während leider die subjektive Triebkraft der Geschichte noch nicht reif dafür ist; die Erkenntnis und der Wille der breitesten Massen stehen hinter der revolutionären Entwicklung der Umstände zurück. Das spiegelt sich auch in der Streikbewegung wider. Die Unreife der breitesten proletarischen Massen trat in ihr zutage, ihre Unfähigkeit, die Situation klar zu erkennen und handelnd im revolutionären Klassenkampf konsequent auszunützen, ebenso wie die vorwärts peitschende Macht der zerfallenden kapitalistischen Wirtschaft, des zerrütteten Staates. Die objektiven Umstände, die Zerrüttung der kapitalistischen Profitwirtschaft Deutschlands und der in Wirklichkeit schon eingetretene Bankrott des bürgerlichen Staates, sind die Grundlage der Kräfte, die zum Streik trieben. Die Unreife der breitesten werktätigen Massen, ihre ureigensten Interessen durch den schärfsten Klassenkampf zu vertreten, kam zum Ausdruck in ihrem Verhalten zu dem Streik selbst, wie auch in der Haltung der Gewerkschaftsorganisation, die diesen führte: die Reichsgewerkschaft der deutschen Eisenbahnbeamten.

Es ist charakteristisch, dass der Vorstand der Reichsgewerkschaft nur gegen eine sehr starke Minderheit den Streik beschlossen hat. Die Unreife in der historischen Erfassung der Situation und des dadurch bedingten Kampfes trat nicht so sehr in Erscheinung in den kleinen taktischen und strategischen Verstößen gegen die neunmal heiligen Grundregeln der Organisation des gewerkschaftlichen Kampfes, auf die sich die Scheidemänner beriefen, um dem Streik die Unterstützung zu versagen. Sie trat in anderem in Erscheinung. Darin, dass der Vorstand zum Streikbeschluss geradezu vorwärts gestoßen werden musste, ferner in der Unfähigkeit der Streikleitung zu erkennen, dass unter den gegebenen Umständen ein wirtschaftlicher Streik in Deutschland unmöglich war, und dass dieser Streik zu einem politischen Streik werden musste. Die Streikleitung hielt daran fest, zu erklären: Wir führen einen rein wirtschaftlichen Kampf mit rein gewerkschaftlichen Mitteln, wir lehnen jeden politischen Charakter unseres Kampfes und jede Verquickung mit politischen Tendenzen und Forderungen ab. Sie berief sich dafür auf die Forderungen der Beamten: die nötige Regelung der Gehaltsverhältnisse um die große Spannung zwischen Einkommen und Preisen der Lebenshaltung zu beseitigen, auf die nötige Sicherung des Achtstundentages, die Verhinderung einer Verlängerung der Arbeitszeit durch die so genannte Dienstbereitschaft bis auf 12 und sogar 15 Stunden.

Trotz des wirtschaftlichen Ausgangspunktes nahm der Streik sofort einen politischen Charakter an. Die Reichsregierung selbst prägte ihm diesen Charakter auf. Vom ersten Augenblick der Erklärung des Streiks an behandelte sie ihn als politische Aktion, als eine Revolte, die sich gegen den bürgerlichen Staat selbst kehre. Noch bevor der Streik begann, kaum dass er beschlossen, erließ der Reichspräsident Ebert eine Verordnung gegen ihn auf Grund des § 48 der Weimarer Verfassung, der dem Reichspräsidenten das Recht gibt, Bestimmungen der Verfassung aufzuheben. Die Verordnung verbot den Streik, und die Polizeibehörden gingen sofort mit den schärfsten Maßregeln gegen ihn vor. Der Polizeipräsident von Berlin, ein Mehrheitssozialist wie Ebert, der die rote Jakobinermütze als Streikführer beiseite geworfen hat, verfügte sofort strengste Maßnahmen, verbot den Druck und die Verbreitung von Flugblättern, verordnete die Verhaftung von Personen, die zum Streik aufforderten, beschlagnahmte die Gelder der Beamtenorganisationen, nicht bloß die Gelder, die zur Unterstützung des Streiks dienten, sondern auch die, die für soziale Wohlfahrtszwecke bestimmt waren.

So erhielt der Streik von vornherein einen politischen Charakter. Er ging um das Streikrecht der Beamten, um ein politisches Recht. Und wenn die Streikleitung auf der Höhe ihrer Aufgabe gewesen wäre, hätte sie die entsprechenden Konsequenzen ziehen müssen. Dagegen begnügte sie sich damit, gegen das Streikverbot und gegen die Maßregeln der Polizei zu protestieren und zu kämpfen. Sie spitzte jedoch den Streik nicht zu, wie es notwendig gewesen wäre, zu einem Kampf gegen die Regierung und gegen den bürgerlichen Staat. Zu diesem Verhalten der Streikleitung trug der andere Widerspruch bei, der sofort offenbar wurde. Der Widerspruch zwischen den Arbeitermassen, die instinktiv aus ihren Lebensnöten heraus nach der Unterstützung des Streiks, nach dem Kampfe drängten, die bereit waren, handeln zu wollen, auf der einen Seite, und den Gewerkschaftsorganisationen oder richtiger den Gewerkschaftsführern auf der anderen Seite. Der deutsche Beamtenbund, dem die Reichsgewerkschaft der Eisenbahnbeamten angehörte, lehnte den Streik ab. Das gleiche tat der Vorstand des Verbandes der Eisenbahnarbeiter und Eisenbahnangestellten. Die so genannten Spitzenorganisationen der christlichen, Hirsch-Dunckerschen und auch der freien Gewerkschaften und des AFA-Bundes verurteilten den Streik der Beamten. Besonders charakteristisch ist, dass der Hauptvorstand des ADGB das Vorgehen des Reichspräsidenten und der Polizeiorgane nicht etwa beantwortete mit einem Aufruf an die Arbeiter zum schärfsten Abwehrkampf, sondern erklärte, durch Vertreter die Reichsregierung beeinflussen zu wollen, die Streiklage nicht durch die verfügten Maßnahmen zu verschärfen. Er betätigte sich als wohlwollender Schulmeister der Regierung, aber nicht als Führer der Arbeiter im Klassenkampf. Genau so war die Haltung der SPD.

Unter den angedeuteten Umständen war es natürlich von vornherein ausgeschlossen, dass es zu einem Generalstreik kam, der alle Widerstände niedergeworfen hätte. Der Streik hat trotz allem — und das zeigt, wie kampfesreif die wirtschaftliche und politische Lage in Deutschland ist — eine gewaltige Ausdehnung angenommen. Es erscheint wie ein Witz der Geschichte, dass ausgerechnet in dem Augenblick, wo die Gewerkschaftsbürokratie und die Führer der Mehrheitssozialdemokratie im Namen des demokratischen Staates den Klassenkampf abschwören, dass in diesem Augenblick eine soziale Schicht in den Klassenkampf eintrat, nie ihn bisher verworfen hatte, aber durch die kapitalistische Ausbeutung gezwungen wurde, ihn zu führen. Der Kampf wurde von den Eisenbahnbeamten — Lokomotivführer, Weichensteller und Fahrpersonal — mit großer Einmütigkeit angenommen, jedoch nur in Norddeutschland. Die Beamten in Württemberg blieben dem Streik fern, weil die württembergische Regierung versprach, für die erhobenen Forderungen Schritte bei der Reichsregierung zu unternehmen. Bei der Leichtgläubigkeit der kleinbürgerlichen Beamtenschichten genügte das Versprechen, sie von der Bewegung zurückzuhalten. In Baden war teilweise Streik, in Bayern so gut wie nichts, nur ein unbedeutender Anfang dazu. Dafür ging der Streik über die Kreise der Eisenbahnbeamten hinaus und erfasste die Eisenbahnarbeiter und Eisenbahnangestellten, die im DEV organisiert sind. Der Verbandsvorstand dieser Organisation hatte seine tiefe Missbilligung über das „ungewerkschaftliche“ Vorgehen der Reichsgewerkschaft ausgesprochen. Es erfolgte eine Rebellion gegen ihn, eine Reihe von Lokalorganisationen beschlossen, in den Streik einzutreten. So in Berlin, Frankfurt, Chemnitz, Hamburg usw. Dadurch wurde der Umfang des Streiks erheblich erweitert. Die Postgewerkschaft beschloss den Streik für den Fall, dass der Kampf der Eisenbahner über den 8. Februar hinaus dauern würde. In manchen Orten traten andere Arbeiterkategorien in den Ausstand. So wuchs die Zahl der Kämpfenden weit über die 200.000 streikenden Beamten hinaus; sie soll gegen 800.000 betragen haben. Am bedeutsamsten von den lokalen Streiks war derjenige der städtischen Arbeiter und Angestellten Berlins. Er war zum Teil ein Solidaritätsstreik, der aus der allgemeinen frischen Kampfatmosphäre heraus entstand, aber die städtischen Arbeiter und Angestellten Berlins hatten gleichzeitig für ihre eigenen Forderungen zu fechten, und das gegen den sozialdemokratischen Magistrat. Es ging um die neuen Tarife, die Lohnkürzung, die Verlängerung der Arbeitszeit, Verschlechterung der Urlaubsverhältnisse bringen und die Rechte der Betriebsräte und der Funktionäre verkürzen.

Wie die Situation war, erklärten die streikenden Beamten vom ersten Tage an ihre Bereitschaft, mit der Regierung zu verhandeln. Diese vertrat in allerschärfster Weise den brutalsten Unternehmerstandpunkt. Sie erklärte, mit den Streikenden überhaupt nicht verhandeln zu wollen. Als Mittelsmänner erboten sich Vertreter der Mehrheitssozialdemokraten, der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen und auch Vertreter der Unabhängigen Sozialdemokratie. Dieselben Spitzenorganisationen, die nicht zum Kampfe aufgerufen hatten gegen das verfassungswidrige Streikverbot, erheben nun einen Aufruf, in dem sie in der schärfsten Weise den Streik missbilligten. Sie erklärten, es sei unerlaubt, dass eine Sondergruppe ohne vorherige Verständigung mit allen in Betracht kommenden Gewerkschaftsorganisationen in einen Streik eintrete, der in seinen Folgen die weitesten Bevölkerungsschichten und das Proletariat im besonderen in Mitleidenschaft ziehe. Es sei unverzeihlich, dass der Streik in einem Augenblick ausbrach, wo die Situation des Deutschen Reiches dem Auslande gegenüber außerordentlich gefahrenschwer sei und so alles daran gesetzt werden müsse, Eberts deutsche Reichsregierung nach außen hin als eine unantastbare Autorität und den deutschen Bourgeoisiestaat als Allerheiligstes erscheinen zu lassen. Und kurzerhand befahl der Aufruf, der Streik sei abgebrochen.

Genossinnen und Genossen! Das war der blanke Verrat. Proletarische Massen haben darauf geantwortet: Nun erst recht! Der Kampf ging weiter, und neue „Meuterer“ gegen den Kapitalismus und seinen Staat schlossen sich ihm an. Aber es ist kein Zweifel, dass trotzdem die Erklärung des ADGB von großem Einfluss darauf gewesen ist, dass der Kampf nicht zum Generalstreik wurde und mit einer Niederlage der Streikenden endete. Infolge der Stellungnahme der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen und der Mehrheitssozialdemokraten, die zum Teil durch die schwächliche Haltung der Unabhängigen Sozialdemokraten gedeckt wurden, konnte es zu keinem weiter greifenden Kampfe kommen, Die Flut von Telegrammen, Briefen, Delegationen, mit der die politischen Arbeiterparteien und die Gewerkschaftsorganisationen geradezu bestürmt wurden, ließ darauf schließen, dass große Massen bereit waren, den Kampf aufzunehmen, in den Generalstreik zu treten. Bei dieser Stimmung wäre ein politischer Streik großen Stils höchstwahrscheinlich möglich und erfolgreich gewesen, vorausgesetzt, dass es eine einheitliche, zielklare, entschlossene Leitung gegeben hätte, die die sich regenden proletarischen Kräfte zusammengefasst, ihrem Kampfe Richtung und Ziel gegeben hätte, Die kommunistische Partei hat vom ersten Tage des Streiks an sich bemüht, entsprechend der Einheitsfront, die bei den Kämpfenden vorhanden war, auch eine einheitliche Unterstützung des Streiks und einen einheitlichen Massenkampf herbeizuführen. Sie hatte sich gleichzeitig an die Vorstände des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Mehrheitssozialdemokraten und der Unabhängigen Sozialdemokraten gewandt. Sie schlug ihnen vor, zu Beratungen zusammenzutreten, um sich gemeinsam darüber zu verständigen, welche Schritte zu unternehmen wären, um zunächst wenigstens die Aufhebung des Streikverbots, die Sicherung des Streikrechts der Beamten und Arbeiter durchzusetzen. Die Mehrheitssozialdemokraten, die Gewerkschaftsbonzen haben überhaupt nicht geantwortet, und die Unabhängigen Sozialdemokraten antworteten, wie es dem Wesen dieser Partei entsprach. Sie verwiesen darauf, dass ihre Fraktion bereits einen Antrag im Reichstag eingebracht habe für die Aufhebung der verfassungswidrigen Verordnung des Reichspräsidenten. Nach der Meinung dieser weisen Thebaner war mit der parlamentarischen Aktion alles getan, die Kampfesmöglichkeit erschöpft.

Unter solchen Umständen war es nicht möglich, dass der Streik politisch voll ausgewertet, ausgeweitet und einheitlich zu einem kraftvollen politischen Kampf zusammengefasst werden konnte. Unter solchen Umständen konnte natürlich auch die Reichsregierung gegenüber den streikenden Eisenbahnen den Scharfmacherstandpunkt mit der größten Brutalität und Tücke aufrecht erhalten. Der Kampf endete trotz aller „Vermittler“ mit einer glatten Niederlage der Streikenden. Es wird zwar behauptet, es sei ein Erfolg, dass die Reichsregierung sich zu Verhandlungen herbeigelassen habe. Gewiss, sie hat verhandelt. Aber mit wem? Mit Leuten, die fast alle mehr oder weniger offen rückhaltlos auf ihrer Seite standen. Sie hat es abgelehnt, mit den Streikenden selbst zu verhandeln. Zwei Vertreter der Reichsgewerkschaft der Beamten wurden erst zu den Verhandlungen zugelassen, als diese abgeschlossen waren. Sie hatten nichts weiter zu tun, als die Beschlüsse der so genannten „Vermittler“ entgegenzunehmen und dazu zu sagen: Danke schön, wir werden für die Durchführung sorgen. Ebenso steht es mit der anderen angeblichen Errungenschaft: es sollten keine Massenentlassungen und Massenmaßregelungen stattfinden. Das steht auf dem Papier. Es ist aber beschlossen worden, dass auf disziplinarischem Wege gegen die Führer und Schürer des Streiks, gegen so genannte Saboteure vorgegangen werden soll. Den Streikenden ist es schließlich verdammt gleichgültig, ob sie durch „Maßregelungen“ brotlos aus ihrer Stellung fliegen oder auf dem Wege des Disziplinarverfahrens. Das bleibt gehupft wie gesprungen. Dass diese Disziplinarverfahren trotz aller Versprechungen der Regierung den Charakter von Massenmaßregelungen annahmen, das ging aus der Rede des Ministers Groener, des „Hundsfott-Groener“ hervor. Es waren damals schon gegen 700 Disziplinarverfahren vorgesehen. Der Begriff „Massen“ ist dehnbar: offenbar fängt für die Reichsregierung die Massenmaßregelung noch nicht einmal an, wenn 20-30.000 Eisenbahner aufs Pflaster geworfen werden, wie es neuen Meldungen nach geschieht. Massenmaßregelungen. großen Umfangs wollte der sozialdemokratische Magistrat von Berlin durchführen. Über die Gehaltsregelung und die Arbeitszeit der Eisenbahner soll später verhandelt werden. Die Regelung der Arbeitszeit soll nicht mehr durch ein besonderes Gesetz für die Eisenbahner erfolgen, sondern nur auf Grund eines allgemeinen Gesetzes. In der Praxis kommt es auf das gleiche hinaus, ob ein Eisenbahner 12 bis 15 Stunden dienstbereit sein soll auf Grund eines besonderen Eisenbahnergesetzes oder eines allgemeinen Gesetzes. Ein Vorteil dieser Vertagung der Regelung wäre nur unter einer Bedingung möglich, deren Verwirklichung wir energisch anstreben, für die wir aber leider keine Bürgschaft haben. Nämlich unter der Voraussetzung, dass das deutsche Proletariat sich soweit revolutionär auf sich selbst besinnt, dass es das drohende Gesetz zur Verlängerung der Arbeitszeit zerreißt, durch seinen Kampf zur Unmöglichkeit macht. Sonst bleibt alles beim alten, d. h. nicht einmal beim alten! Die Arbeitszeitverlängerung, die schon jetzt in der Praxis besteht, wird gesetzlich festgelegt werden, der Achtstundentag, die „Errungenschaft der Novemberrevolution“, auch gesetzlich beseitigt.

Es muss hier betont werden, dass die Reichsregierung, wie die mehrheitssozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Führer, die das getreue Echo der Regierung waren, ihre verräterische Haltung durch diese kühne Theorie rechtfertigten: dieser Streik ist kein Kampf zwischen Arbeit und Kapital. Die Eisenbahner haben sich vielmehr erhoben als Sondergruppe, für enges Sonderinteresse gegen die Allgemeinheit des Volkes, vertreten durch den demokratisch-parlamentarischen Staat. In diesem Kampf darf der Staat nicht als Besiegter auf der Strecke bleiben, hatte der „Vorwärts“ erklärt. Der Bourgeoisiestaat sollte über Ausgebeutete triumphieren. Diese schimpfliche Melodie wurde auch in den Verhandlungen vor dem Reichstag gesungen. Der Reichskanzler Wirth sprach wie der selige Stumm, wie der verflossene Wilhelm II. als Oberscharfmacher, sprach von der Revolte der Beamten, von Aufstand, von Aufruhrbewegung. Er ließ keinen Zweifel darüber, dass die Regierung entschlossen sei, die Forderungen der Eisenbahner nicht zu erfüllen, und dass sie ihnen insbesondere das Streikrecht versage. Er bestritt, dass die Paragraphen der Verfassung, in denen die Koalitionsfreiheit festgelegt ist, auch den Staatsbeamten das Streikrecht gäbe. Ein Staat sei verloren, der seinen Beamten und seinen Angestellten das Streikrecht gewähre. Die Parteien haben sich entsprechend ihrer Stellungnahme während des Streikes verhalten. Die Mehrheitssozialisten haben das Streikrecht der Beamten preisgegeben, obwohl es heute noch in ihrem Programme steht. In einem demokratischen Staat sei nur in besonderen Ausnahmefällen den Beamten der Streik erlaubt. Die USPD hatte ihre eigene Haltung, die niemand überraschte, der den Charakter dieser Partei kennt. Im Anfang kritisierte die „Freiheit“ scharf die Verstöße der Reichsgewerkschaft gegen die „Grundregeln des gewerkschaftlichen Kampfes“, sie missbilligte den Streikbeschluss, der im Gegensatz zu allen Regeln der gewerkschaftlichen Taktik erfolgt sei. Aber sie übersah oder wollte nicht sehen, dass die Reichsgewerkschaft sicherlich weniger aus Unerfahrenheit, als aus böser Erfahrung heraus gehandelt hatte. Die Forderungen der Beamten waren vor Monaten schon Gegenstand der Verhandlungen zwischen den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen und der Regierung gewesen. Sie waren durch einen schlechten Kompromiss verraten worden. Die Spitzenorganisationen waren von dem Stand den Dinge unterrichtet. Sie wollten keinen Streik; ihre Zustimmung dazu nachsuchen, das hätte bedeutet, von vornherein die Sache der Beamten auf die lange Bank resultatloser Verhandlungen zu schieben. Erst als die Sicherung des Streikrechts Mittelpunkt des Kampfes wurde, entschloss sich die USPD, diesem ihre Sympathie zuzuwenden. Sie trat entschieden für das Streikrecht der Beamten ein und nahm den Kampf gegen Eberts Ausnahmeverordnung auf. Sie führte ihn aber bezeichnender Weise nicht etwa als Kampf gegen die Regierungspolitik überhaupt, sondern nur gegen das Verhalten der Regierung in diesem besonderen Falle. Um zusammenzufassen: Die Mehrheitssozialdemokraten und die Gewerkschaftsführer betrachteten den Streik von vornherein als ein Verbrechen gegen den Staat. Von der Auffassung beherrscht: der Staat bin ich, den Staat ist meine Anteilnahme an der Regierungsgewalt, ist die Aufrechterhaltung der einen Regierungsfront der Bourgeoisie gegen das Proletariat. Die USPD dagegen fasste das Verhalten der Regierung als einen vereinzelten Sündenfall auf, allerdings als den zweiten, nach dem Steuerkompromiss. Sie verzichtete auf das, was Pflicht war: den Streikenden und den deutschen Arbeitern zum Bewusstsein zu bringen, dass die Haltung der Regierung keine zufällige war, sondern ein zwangsläufiger Ausdruck ihrer gesamten Politik, der Tatsache, dass es eine Regierung der Bourgeoisie ist, eine Stinnesregierung, die zwar als demokratisch firmiert ist und in der Sozialdemokraten sitzen, die aber die Geschäfte der Besitzenden besorgt.

Beachtung verdient es, dass in der Streikbewegung die KAG,1 die doch der KP den Wind aus den Segeln nehmen will und deren drittes Wort die große sozialrevolutionäre Arbeiterpartei ist, sich meines Wissens nicht gezeigt hat und nichts von sich hat hören lassen. Es war, als ob diese Partei nicht bestünde. Das hat seinen Grund darin, dass sie bis jetzt keinen Boden unter den breiten Massen gefunden hat. Sie hat ihre Anhänger in kleinen Kreisen von Literaten und Funktionären, ihn fehlt, was einer revolutionären Partei Kraft und Leben gibt, der Zusammenhang mit den Massen. Sicherlich, die KAG wird post festum eine scharfe Kritik an dem Verhalten der kommunistischen Partei während des Streiks üben und eine Menge von Ratschlägen auf Lager haben, wie sie es besser hätte machen können. Die Tatsache aber bleibt bestehen, dass sie selbst nicht aktiv in den Kampf eingegriffen hat.

Die kommunistische Partei trat vom ersten Tage an mit größter Energie in Zeitungen, Flugblättern, Versammlungen usw. für die Streikenden ein. Sie hat sich dabei wohl gehütet, ihre eigenen Kampfeslosungen den Streikenden aufdrängen zu wollen. Sie hat keine Gelegenheit versäumt, diese Losungen unter die Massen zu tragen, hat aber nicht verlangt, dass die Streikenden sie zu ihren Kampfesobjekten machen. Sie blieb sich bewusst, dass das gegenwärtig ausgeschlossen gewesen wäre. Wir haben den Massen gezeigt, welch schreiender Widerspruch besteht zwischen der demokratisch-sozialistischen Etikette den Regierung Wirth und ihrem Wesen als Werkzeug der Interessen der Bourgeoisie. Wir haben den Massen zum Bewusstsein gebracht, dass der Streik seine tiefste Ursache hat in dem Zerfall der kapitalistischen Wirtschaft, des bürgerlichen Staats, dass er zu einem Kampf gegen die Regierung und den Staat selbst werden musste. Wir haben die Streikenden darauf hingewiesen, dass ihre wirtschaftlichen Forderungen nur unter einer Bedingung verwirklicht wenden könnten. Ihre Ablehnung erfolgte mit der Begründung: Der Eisenbahnbetrieb muss wirtschaftlich gestaltet werden, das Budget des Reiches muss ins Gleichgewicht kommen, um das Ansehen der Regierung bei der Entente zum heben, was im Hinblick auf die Reparationsfrage wichtig ist. Wir haben die Massen darüber aufgeklärt, dass die Wirtschaftlichkeit des Eisenbahnbetriebs nicht auf Grund von Hungergehältern und langer Arbeitszeit, kurz, gesteigerten Ausbeutung der Eisenbahnen erzielt werden dürfe. Grundlage dafür sei die Übernahme der Kohlen- und Eisenerzwerke durch den Staat unter der Kontrolle der organisierten Arbeiter, Angestellten und Beamten. Wir haben nachgewiesen, dass diese Maßregel, wie das Streikrecht, nur durchgesetzt werden kann durch den schärfsten Kampf gegen die Regierung, durch den Sturz dieser Regierung und die Aufrichtung einer Arbeiterregierung. Als Voraussetzung eines erfolgreichen Kampfes haben wir die proletarische Einheitsfront betont.

Die kommunistische Partei hat dank ihrer energischen, einheitlichen und vorsichtigen Taktik erreicht, dass sie auf breitester Front festen Zusammenhang mit proletarischen Massen gewonnen hat. Mehr noch, dass sie auch Zusammenhang gewonnen hat mit kleinbürgerlichen Schichten. Das Vertrauen zu ihr hat sich erheblich gefestigt. Außerdem hat unsere Organisation Mitglieder gewonnen, unsere Presse viele Leser. Die Auflage der „Roten Fahne“ hat sich genau verdoppelt. Wir werden diesen Gewinn nicht in vollem Umfange halten können, aber ein bedeutendes Mehr an Lesern wird doch bleiben. Vor allem aber ist durch die entschlossene, feste und kluge Haltung der Partei im Streik das politische Ansehen der Kommunisten stark gestiegen. Zugleich hat sich gezeigt, dass trotz der jüngsten inneren Wirren die Partei wieder gefestigt dasteht, beseelt vom selben Geist und Willen. Beweis dessen: trotz der abgerissenen Verbindung waren — von wenigen Ausnahmen abgesehen — Äußerungen und Handlungen der einzelnen örtlichen Organe durchaus einheitlich.

Es liegt auf der Hand, dass wir die Erben sein werden der Summe von Vertrauen, das die MSPD und namentlich die Spitzenorganisationen infolge ihres schimpflichen Verrates verloren haben. In manchen Orten haben ganze Gruppen von Eisenbahnern ihre Mitgliedsbücher der SPD zerrissen. Hunderte sind aus ihr ausgetreten. Das gleiche gilt nicht nur von den Gewerkschaften der Eisenbahner, die gegen den Streik waren, sondern auch von den Gewerkschaften anderer Arbeiterkategorien. Diese Erscheinung ist der Ausdruck der ungeheuren Empörung über das verräterische Verhalten des ADGB. Wir nehmen selbstverständlich alle mit Freuden auf, die sich während des Streiks entschlossen haben, unserer Partei beizutreten. Wir tun, was wir können, sie zu schulen und zu bewussten Kommunisten zu machen. Was aber die Massenflucht aus den Gewerkschaften anbetrifft, halten wir es für unsere Aufgabe, ihr entgegenzuwirken. Nach unserer Auffassung liegt es im Interesse den Roten Gewerkschaftsinternationale, dass gerade die Aufsässigen, die revolutionär gesinnten Mitglieder in den Gewerkschaften bleiben, um mit größerer Energie gegen die Gewerkschaftsbürokraten und für die Revolutionierung der Organisationen zu kämpfen.

Die kommunistische Partei hat praktische Maßregeln ergriffen, um in engster Fühlung mit den erwachenden Schichten der Beamten zu bleiben, nicht bloß der Eisenbahner, der Postangestellten, sondern auch den Lehrer, der Justizbeamten usw. Die deutsche Wirtschaft ist derart aus den Fugen, dass sie auf dem normalen Wege bürgerlicher Staaten dem Reiche nicht mehr die Mittel liefern kann, seine Staatssklaven nach ihrem gewohnten Standard of Life zu erhalten. Daraus entspringt die steigende Gärung bei allen Beamtenarten. Es ist Tatsache, dass der Streik der Eisenbahner fast in allen Kreisen der gesamten Beamtenschaft große Sympathie gefunden hat, Es ist bezeichnend, dass bei der Schupo (Schutzpolizei) von dem Vorsitzenden einer ihrer Organisationen zur Streikunterstützung aufgefordert worden ist: jedes Mitglied sollte zur Unterstützung der Streikenden 20 Mark spenden. Am dritten Tage des Kampfes wurden 121.000 Mark von der Schupo für die Streikenden abgeliefert. Posten der Schupo vor den Versammlungslokalen, die so überfüllt waren, dass sie zu Demonstrationen wurden — hätte der Kampf länger gedauert, so wäre es sicher zu gewaltigen Straßenkundgebungen gekommen — also, Posten der Schupo erklärten den Streikenden: „Wir tun Euch nichts, wir sind mit Euch, Euch darf nichts geschehen.“

Dies ist ein Symptom dafür, dass nicht nur die kapitalistische Wirtschaft in Deutschland verfällt, sondern dass auch der Staat erschüttert ist. Unsere Partei muss deshalb bestrebt sein, aufrüttelnd, vorantreibend, politisch führend, kurz, revolutionierend in jenen Schichten zu wirken. Es gilt, die Macht, den Apparat des Bourgeoisiestaates weiter zu zerrütten und unbrauchbar zu machen für die Zwecke, die Werktätigen in Ausbeutung und Unterdrückung zu halten. Wir gehen nicht wie andere, wie auch die KAG, von der Auffassung aus, dass den Kapitalismus eine Renaissance erlebt, und dass das Proletariat nichts Besseres tun könne, als auf dem Boden der bürgerlichen Gesellschaft Reformhütten zu bauen. Wir erachten es als unsere Pflicht, den Sturz des Kapitalismus, der bürgerlichen Ordnung zu beschleunigen. Wir lenken die Aufmerksamkeit der Massen auf diese Tatsache, wir lenken sie darauf, dass das deutsche Proletariat sich nicht durch die Demokratie der Ebert-Republik narren lassen darf. Die Schaffenden dürfen sich auch nicht durch die Mahnung täuschen lassen: Ihr müsst euch ducken, ihr müsst opfern, müsst bluten, damit die Erfüllungspolitik der demokratischen Regierung Wirth in der Reparationsfrage durchgeführt werden kann. Wir anerkennen, dass jede deutsche Regierung die Forderungen erfüllen muss, die aus dem Versailler Vertrag hervorgehen, solange das Proletariat in Frankreich noch nicht, revolutionär vereinigt mit dem Proletariat Deutschlands und anderer Länder, diesen Pakt zerreißen kann. Aber die Frage ist nicht die, ob die Reparationsforderungen erfüllt werden, sondern, auf wessen Kosten das geschieht. Die Mehrheitssozialdemokratie hat bereits durch den Steuerkompromiss ihre Zustimmung dazu gegeben, dass es nicht die Besitzenden in Deutschland sind, die für die Reparationsforderungen aufkommen müssen, sondern dass diese Riesenlasten auf die breiten Volksschichten abgewälzt werden.

Das bedeutet Verschärfung der Ausbeutung, der Knechtschaft des Proletariats. Deshalb müssen in nächster Zeit weitere Kämpfe der Massen mit elementarer Gewalt ausbrechen. Der Streik der Eisenbahner war in seiner Art der erste, aber, wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird er nicht der letzte sein. Größere und sehr weittragende Streikbewegungen können folgen. Wie weit sie gehen werden, darüber lässt sich nicht prophezeien. Aber, Genossinnen und Genossen, objektiv sind die Vorbedingungen gegeben, dass das deutsche Proletariat den Kampf gegen die Bourgeoisie mit äußerster Energie aufnehmen muss. Es geht um Leben und Sterben im buchstäblichen Sinne des Wortes. Das deutsche Proletariat muss in den Kampf treten, muss ihn durchhalten nicht bloß für den Sturz der jetzigen Regierung und die Einsetzung einer Arbeiterregierung. Das sind nur die ersten Schritte auf seinem Weg zur Eroberung der politischen Macht und zur Aufrichtung seiner Diktatur. Es muss den Weg gehen, den vor ihm das russische Proletariat gegangen ist. Die Situation in Deutschland gleicht einer Alpenlandschaft, wo der Flügelschlag eines kleinen Vogels hinreicht, um eine Lawine ins Tal herabdonnern zu lassen. Sie ist mit Zündstoff überladen. Niemand weiß, was der Anstoß sein kann, dass plötzlich wieder eine gewaltige Bewegung der Massen emporflammt. Wer hätte z. B. geglaubt, dass die Ermordung Erzbergers die Massen in leidenschaftliche Bewegung setzen werde. Und wer hätte geglaubt, dass die Eisenbahnbeamten einen Kampf wagen würden, der solch frische Atmosphäre der Kampfbegeisterung in die deutsche Arbeiterschaft brachte! Genossinnen und Genossen, trotz der Niederlage, mit der der Streik geendet hat, ist er nicht umsonst gewesen. Er bedeutet ein Vorwärts. Denn wenn auch keine materiellen Errungenschaften zu buchen sind, so haben doch die Massen, die im Streik gestanden, ihre Macht kennen gelernt, sie haben das stolze Gefühl, sich gegen den Kapitalismus aufgelehnt, gegen Ihn gekämpft zu haben. Ganz abgesehen von der ungeheuren Erbitterung, die der Ausgang des Streiks bei ungezählten Tausenden zurückgelassen hat. Viele sind aus seitherigen „Stützen“ des Bourgeoisiestaats zu Feinden, zu künftigen Stürzern dieses Staates geworden. Unter den Peitschenhieben der wirtschaftlichen Nöte wird der Kampfeswille breiter proletarischer Massen bald wieder aufflammen.

Die durch den Streik geschaffene Situation ist von widerspruchsvollem Einfluss auf unser Streben nach der proletarischen Einheitsfront. Es ist kein Zweifel, dass die Haltung unserer Partei während des Streiks unserer Losung der proletarischen Einheitsfront in den werktätigen Massen außerordentlich viel Sympathie verschafft hat, und nicht bloß platonische Sympathie. Unsere Losung hat entschieden an Kraft gewonnen, sie wird in steigendem Maße Wirklichkeit. Weil das der Fall ist, wächst der Widerstand gegen die proletarische Einheitsfront bei den Mehrheitssozialisten und bei den Gewerkschaftsführern. Für diese ist die Einheitsfront eine Frage von politischem Leben und politischem Tod. Mit der proletarischen Einheitsfront ist es unvereinbar, dass die Mehrheitssozialisten und Gewerkschaftsführer mit jedem möglichen bürgerlichen Krethi und Plethi zusammen in der Regierung sitzen, dass sie dort die Befehle von Stinnes ausführen. Das müssen wir im Auge behalten, und umso mehr bestrebt sein, den Widerstand von oben durch die Kampfeskraft von unten zu überwinden. Denn, Genossinnen und Genossen, es ist heute wie vor 40 Jahren meine Überzeugung, dass alle lebendige, alle schöpferische, politische Kraft nicht den Massen von oben herab anbefohlen werden kann, dass sie vielmehr mit elementarer Gewalt von unten hervorbrechen und nach oben wirken muss. So bin ich auch überzeugt, dass alles Sträuben und alle Widerstände gegen die proletarische Einheitsfront von Seiten der politischen und gewerkschaftlichen Führer, die heute in Wirklichkeit das stärkste schützende Bollwerk der kapitalistischen Profitwirtschaft und des bürgerlichen Ausbeutungsstaates sind, dank dem Drängen der Massen zusammenbrechen müssen.

Für unsere Partei ergibt sich aus dieser Situation, dass wir festhalten müssen an der Taktik, die uns der III. Kongress der Kommunistischen Internationale zur Pflicht gemacht hat. Die Lage ist derart, dass sie sich also kennzeichnen lässt: Alles ist möglich, nichts ist sicher. Wir müssen deshalb jederzeit bereit sein, aber wir dürfen nie die Geduld, den Mut verlieren. Wir müssen die Massen bereit machen, jeden Augenblick auf dem Posten zu sein zu raschem Vorstoß. Die KPD muss immer einen Schritt vor den Massen stehen, um ihnen den Weg zu zeigen — zu höherer Erkenntnis, stärkeren Kampfesentschlossenheit und größerer Opferfreudigkeit. Aber sie darf nie die Fühlung verlieren mit den breiten Massen hinter ihr. Bei der gegenwärtigen Streikbewegung haben wir mit großem Erfolg diese Taktik geübt. Ich bin überzeugt, dass, wenn die Weiterentwicklung der Verhältnisse uns in naher Zukunft große Kämpfe bescheren wird — ich sage „bescheren“, weil es eine Erlösung für uns in Deutschland und für das gesamte internationale Proletariat sein wird —‚ wenn das deutsche Proletariat sich endlich wieder revolutionär kämpfend erhebt, so wird die große Stunde kein kleines Geschlecht finden. Es wird eine kommunistische Partei auf den Schanzen stehen, die ihrer historischen Aufgabe in vollem Umfange gewachsen ist.

Clara Zetkin.

1 Kommunistische Arbeitsgemeinschaft, rechte Abspaltung von der KPD, Reichstagsabgeordnete ohne Verankerung in der Arbeiterklasse.

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