Clara Zetkin 18930125 Zeichen der Morgendämmerung

Clara Zetkin: Zeichen der Morgendämmerung

(Januar 1893)

[„Die Gleichheit”, Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen, Stuttgart, 25. Januar 1893., nach Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. I, Berlin 1957, S. 12-21]

Der am 29. Dezember vorigen Jahres ausgebrochene Ausstand der Arbeiter auf den königlichen preußischen Kohlenwerken des Saarreviers hat eine für Deutschland ganz neue Erscheinung gezeitigt: den Masseneintritt der Frauen in einen Kampf zwischen Arbeit und Kapital.

Sonst waren es bei Streiks gerade die Frauen, welche sich mit ihrem ganzen Einfluss der Ausstandsbewegung widersetzten, mit Bitten und Tränen, mit Grollen und Keifen ihre männlichen Angehörigen von einer solchen zurückzuhalten suchten. Sie waren es auch, die, wenn das Wort der Entscheidung gefallen, am ehesten zum Friedensschluss mit dem Unternehmertum rieten, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Friedensschluss gleichbedeutend war mit einem Verzicht auf mögliche Vorteile oder mit einem demütigen Beugen unter hartes Joch. Der Widerwille der Arbeiterfrauen gegen den Streik war eine so feststehende Tatsache, dass der Kapitalist vielfach auf ihn rechnete, ihn systematisch ausnutzte, um einen Ausstand zu brechen. Er fand in der Arbeiterfrau nur zu oft einen Bundesgenossen, der ihm half, seinen rebellisch gewordenen Lohnsklaven an Händen und Füßen zu knebeln und zur Unterwerfung zu bringen.

Das Warum der Erscheinung, dass die Frau des Proletariers sozusagen gegen ihr eigenes Fleisch wütete, liegt auf der Hand. Die Arbeiterfrau fühlte zuerst und am härtesten die Opfer, welche jeder Ausstand den Arbeitern auferlegt. Keine Arbeit, kein Geld im Haus, aber dabei weiterwirtschaften, gerade soviel hungrige Mägen füllen wie sonst, hieß es für sie. Sie verabscheute mithin den Streik als eine Ursache größerer Dürftigkeit, bitteren Elends, als sie gewöhnlich zu tragen hatte.

Die Notwendigkeit und die etwaigen Vorteile der gebrachten Opfer verstand sie nicht. Sie begriff nicht, dass die Arbeiter durch unerträgliche Verhältnisse oft gegen ihren Willen in einen Streik getrieben wurden. Sie wusste nichts von der Notwendigkeit, eine günstige Geschäftslage auszunutzen, um bessere Arbeitsbedingungen zu erkämpfen. Es wollte ihr nicht einleuchten, dass der Mann, Vater oder Sohn die Arbeit niederlegte aus Solidaritätsgefühl mit gemaßregelten oder kämpfenden Kameraden oder auch, um sich die freie Ausübung seines Koalitions- und Wahlrechts zu sichern. Die Frau hatte eben nur Verständnis für die nächstliegenden augenblicklichen Interessen der Familie. Diese Interessen erschienen ihr gefährdet, wenn infolge eines Streiks der Verdienst ausblieb. Sie besaß kein Verständnis für die Lage und Interessen ihrer männlichen Angehörigen als Mitglieder des Proletariats, sie besaß kein Verständnis für die Lage und die dauernden Interessen der Arbeiterklasse. So war und blieb sie im Allgemeinen eine geschworene Gegnerin des Streiks.

Bei dem letzten großen Ausstand der Bergarbeiter des Saarreviers zeigt sich nun gerade die entgegengesetzte Erscheinung. Die Frauen sind die eifrigsten Anhängerinnen, Verfechterinnen und Schürerinnen des Streiks. Sie reden zögernden, unentschlossenen Männern zu, die Arbeit niederzulegen, sie feuern die Ausständigen zum Aushalten an, sie tragen willig, ja, mit Begeisterung die Opfer, welche gerade diesmal, bei den ungünstigen Umständen, unter denen der Streik begonnen ward, recht schwere sind. In der Familie und in öffentlichen Versammlungen tragen sie Begeisterung in die Reihen der Streikenden, widersetzen sie sich mit Zähigkeit jedem Gedanken an ein Nachgeben, wollen sie den Kampf fortgeführt wissen bis zur Erfüllung der erhobenen Forderungen. Die Tatsache hat im ersten Augenblick überrascht, sie erklärt sich aber sehr gut aus den Verhältnissen, welche im Saarrevier für die Bergarbeiter vorliegen müssen, und gerade die Massenbewegung der Frauen zugunsten des Streiks rückt diese Verhältnisse in helles Licht.

In den offiziellen „Nachrichten von der Verwaltung der preußischen Staatsbergwerke, Hütten und Salinen für das Etatjahr 1891/1892” heißt es zwar: „Die wirtschaftliche Lage der auf den Staatswerken beschäftigten Arbeiter war im großen und ganzen eine befriedigende zu nennen.”

Die Bergwerksverwaltung, die am Reptilientrog gefütterte offiziöse Presse, fast ausnahmslos die bürgerlichen Zeitungen überhaupt, allen voran die Organe der rheinisch-westfälischen Grubenbarone, sie verkündeten insgesamt mit vollen Backen, dass die Bergarbeiter keinen, auch nicht den geringsten Grund zur Klage und zum Ausstand hätten. „Leichtsinnig”, „frivol” sei dieser vom Zaune gebrochen worden, ein Werk sozialdemokratischer Hetzer und Unruhestifter.

Die Wahrheit ist — vereinzelte bürgerliche Blätter anerkennen es —‚ dass die Sozialdemokratie unter den Bergarbeitern keinen nennenswerten Einfluss ausübt, dass diese zur Gefolgschaft des Zentrums zählen. Ein furchtbarer moralischer Druck zusammen mit großer wirtschaftlicher Notlage, das sind die „Hetzer”, welche die Bergarbeiter zum Ausstand trieben.

Die Behandlung der Kohlengräber wurde eine immer schlechtere und menschenunwürdigere. Sie stand im Zeichen des schneidigsten, schnauzigsten Unteroffizierstons, des Gehorchens und Maulhaltens. Der moralischen Vergewaltigung der Bergarbeiter sollte die Krone aufgesetzt werden durch eine neue Arbeitsordnung, die für die Arbeiter ganz unannehmbare Bestimmungen enthielt. Sie war ohne Vorherberatung mit den Arbeitern zustande gekommen und berücksichtigte deren gerechtfertigten und bescheidenen Forderungen nicht im Geringsten. Die wirtschaftliche Lage der Bergarbeiter verschlimmerte sich gleichfalls stetig. Mehr und mehr wurden die Zeit- und Stücklöhne herabgesetzt, Feierschichten eingelegt und Strafgelder in Abzug gebracht. Strengte sich ein Arbeiter mehr an, um seinen Verdienst auf der alten Höhe zu halten, so erfolgte eine neue Lohndrückung. Vielen Bergleuten drängte sich in der Folge die Überzeugung auf, dass die Bergbehörde es nicht gern sehe, wenn der Bergmann allzu viel verdiene, und dass sie deshalb zu einer Herabsetzung der Gedinge greife und somit eine Methode befolge, durch welche der Fleiß und die Anstrengung gewissermaßen bestraft werden. Am letzten Zahltage erhielten die Arbeiter wahre Hundelöhne. Familienväter mit 4 bis 7 Kindern, welche in der ersten Hälfte des Monats 40 Mark Abschlag erhalten hatten, empfingen noch 20 bis höchstens 40 Mark. Ein Vater von 9 Kindern musste sich mit 18 Mark begnügen. Diese Ablohnung war der Tropfen, welcher den vollen Kelch des Grolls der Arbeiter zum Überlaufen brachte. Die seit langem angesammelte, langsam gewachsene Erbitterung kam zum Ausbruch, die Kohlengräber traten in den Ausstand, welchen sie bereits Anfang Dezember beschlossen hatten für den Fall, dass die Grubenverwaltung ihren Wünschen in Betreff der Arbeitsordnung nicht Rechnung trage.

Die Führung der Streikbewegung übernahm der Rechtsschutzverein, eine noch junge, unklare Organisation. Sie umschließt Anhänger der verschiedensten politischen Richtungen, gehört als Ganzes keiner politischen Partei an und vertrat bisher nur die wirtschaftlichen Interessen der Bergarbeiter des Saarreviers. Der Aufruf, durch welchen die Führer des Rechtsschutzvereins die Bergleute aufforderten, Stellung zur neuen Arbeitsordnung zu nehmen, ist der Ausdruck eines sonderbaren Gemisches von demokratischen und religiös verworrenen Gefühlen. Von sozialdemokratischen Anschauungen ist keine Spur in ihm enthalten. Die Forderungen der Streikenden gehen der Hauptsache nach auf höhere Löhne, eine kürzere Arbeitszeit und eine bessere, menschenwürdigere Behandlung.

Gewiss, der Augenblick zum Streik konnte nicht schlechter gewählt werden, als er es war. Die große wirtschaftliche Krise hat zur Einstellung oder Einschränkung vieler industrieller Betriebe geführt. Die Nachfrage nach Kohlen ist mithin geringer, ein Ausstand der Kohlengräber wird heute nicht so unangenehm empfunden als bei günstiger Geschäftslage. Dazu sind die Streikenden so gut wie mittellos, ihre Kassen sind leer, die Unterstützungen anderer Arbeiter werden spärlich fließen, denn diese leiden selbst unter der allgemeinen Notlage.

Die Niederlage der Arbeiter ist gewiss, und sie wird von noch härterer Unterjochung begleitet sein. In nächster Zukunft wird auf die Züchtigung mit der Peitsche die Züchtigung mit Skorpionen folgen. Einen Vorgeschmack davon gibt die Brutalität, mit welcher Grubenverwaltung und Behörden jede Verhandlung mit den Ausständischen zurückweisen, mit dem Losungswort „Erst einfahren, dann verhandeln” blinde Unterwerfung fordern. In ihrer Auffassung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geklärte und im Klassenkampf disziplinierte Arbeiter hätten sich nicht in einem ungünstigen Moment den Streik aufzwingen lassen. Nach Auers Wort wären sie in den Ausstand getreten, „wenn es ihnen passte und nicht, wenn es den Unternehmern passt”. Der Streik der Bergarbeiter des Saarreviers ist eben einer jener Zusammenstöße zwischen Kapital und Arbeit, wie sie sich mit der blinden, unwiderstehlichen, ungezügelten Kraft eines Naturereignisses dort zutragen, wo unaufgeklärte und ungeschulte Arbeiter von unhaltbar gewordenen Verhältnissen bis aufs Blut gepeinigt werden. Die Verzweiflung tritt dann an Stelle der besonnenen Überlegung, das krampfhafte Aufbäumen an Stelle des zielbewussten, methodischen Handelns. Die betreffenden Arbeiter sagen sich: „Schlimmer als es ist, kann es unmöglich werden”, und sie nehmen den Kampf auf; unter welchen Bedingungen auch immer.

Verzweifelt schlecht aber müssen aller offiziellen und offiziösen Schönfärberei entgegen die Verhältnisse für die Bergarbeiter des Saarreviers liegen. Nur dadurch erklärt sich der Streik im gegenwärtigen Augenblick, sein rasches Umsichgreifen, sein langsames Zurückgehen, trotz aller Manöver, Drohungen und Einschüchterungsversuche. Der Ausstand im Saarrevier zusammen mit seinen Ursachen und Begleiterscheinungen schreibt der preußisch-deutschen Sozialreform das Menetekel. Sogar die reichstreuen, ultramontanen Arbeiter der königlich preußischen Betriebe, der Musteranstalten, haben sie gewogen und zu leicht befunden.

Nur die schärfste Zuspitzung miserabler Arbeits- und Lebensverhältnisse erklärt auch den Masseneintritt der Bergarbeiterfrauen in die Streikbewegung. Gerade die Allgemeinheit, Begeisterung und Ausdauer, mit welcher die Frauen den Gedanken eines Ausstandes bis zum äußersten vertreten, lässt einen Rückschluss darauf zu, wie unerträglich sich die Lage der Bergarbeiter unter dem „Neuen Kurs der Sozialreform” gestaltet hat. Es muss sehr dick gekommen sein, damit Saulus in einen Paulus verwandelt wurde.

Die moralischen und materiellen Missstände, unter denen die Bergarbeiter seufzen, haben sich offenbar zu so hochgradigen gesteigert, dass sie ihre Kreise bis in die Familien warfen und diese in Mitleidenschaft zogen. Das Familienleben litt darunter, dass der Mann mürrisch, gereizt durch die Behandlung seitens seines Vorgesetzten, nach Hause kam, keine Feierabendstimmung mitbrachte, nur bitteren Groll gegen den „Grünschnabel”, der ihn, den „Graubart”, wie einen dummen Jungen traktierte. Der Groll musste sich Luft machen: Die Frau ward Mitwisserin, oft auch Sündenbock der Demütigungen, welche der Mann erfahren. Sie musste unter der Verstimmung des Mannes leiden und litt auch mit diesem, denn wie er, so stammte sie vom Rhein, wo „die Mädchen so frank und die Männer so frei — als wär' es ein adlig Geschlecht”. Auch ihr wollte es nicht in den Sinn, dass der Arbeiter nicht als freier Mann, sondern als Sklave, ja mehr, als bloße Produktionsmaschine behandelt werden sollte. Bitterer noch empfand sie, dass sich die Lage der Familie infolge der steten Lohnherabsetzungen mehr und mehr verschlechterte. Wie? „Der Ihrige” arbeitete jetzt täglich eine Stunde länger als früher, er strengte sich mehr an und förderte mehr Kohlen zutage, und trotzdem brachte er bei jeder Lohnzahlung weniger Geld nach Hause? Der müde, schleppende Schritt des Heimkehrenden verriet, dass er mehr als seine Schuldigkeit getan, über seine Kräfte gearbeitet hatte. Und trotzdem die höher züngelnde Not! Wie sollte sie weiterwirtschaften? Früher hatte sie regelmäßig nach jeder Ablohnung bei Bäcker, Krämer und Fleischer ihre Rechnung beglichen. Jetzt blieb sie ebenso regelmäßig im Rückstande, und diese Rückstände summierten sich, ihr Kredit ward erschöpft. Die raren und bescheidenen „Leckerbissen”, welche sich die Familie an Festtagen gestattet hatte, verschwanden vom Tische; die Portionen der Kinder wurden kleiner; Kleider und Hausrat wanderten ins Pfandhaus; es kamen Tage, wo die hungrigen Kleinen mit sehnsüchtigen Augen nach dem leeren Brotschrank starrten und schluchzend fragten: „Mutter, warum hungern wir?”

Im Frühjahr 1889, als die Not auch groß gewesen, da hatte die Frau die frohe Botschaft gehört vom „Arbeiterkaiser”, vom „Arbeiterschutz”, von der „Sozialreform”. Sie hatte gehofft und geglaubt. Der „Neue Kurs” war gekommen, die „Sozialreform” war in vollem Gange, und der Arbeiter blieb Hansdampf wie vorher, moralisch und materiell verschlechterte sich seine Lage, anstatt sich zu verbessern. Langsam ließ die Frau die Hoffnung fahren auf Besserung ihrer Verhältnisse durch den guten Willen von oben. Dafür begann sie zu glauben an eine glückliche Wendung derselben durch den Druck von unten. Verhalf niemand den Bergarbeitern zu ihrem guten Recht, so mussten sie sich selbst zu ihm verhelfen. So wurden die Bergarbeiterfrauen des Saarreviers zu begeisterten Anhängerinnen des Streiks, so verließen sie, die frommen, gläubigen Töchter der katholischen Kirche, die Predigten des Herrn Kaplan, um in den Versammlungen der Männer heimisch zu werden.

Kaum eine Zusammenkunft und Beratung der Streikenden hat stattgefunden, an der nicht zahlreiche Frauen teilgenommen hätten. In mehreren besonderen Frauenversammlungen, deren Besucher nach Tausenden zählten, haben sie sich mit Begeisterung für den Streik erklärt. Rednerin auf Rednerin trat aus der Masse hervor und schilderte mit einfachen, ergreifenden Worten das Elend der Bergarbeiterfamilien. „Hier ist der Hunger ständiger Gast”, klagten sie, „denn die paar Groschen, welche der Mann verdient, reichen nicht mehr hin zum dürftigsten Lebensunterhalt, und die hohen Steuerlasten erschweren die Existenz noch mehr.” „An jedem Stück Brot, das der Arme genießt, beißt der Steuerfiskus mit”, erklärte eine Bergarbeiterfrau unter stürmischer Zustimmung. Weniger augenfällig, aber nachhaltiger wirkten und wirken die Frauen im Hause täglich und stündlich für den Streik. Kaum ein Mann konnte sich hier ihrem Einfluss entziehen, und die Dauer und Zähigkeit des Ausstandes ist wesentlich zurückzuführen auf die Übereinstimmung, welche der Frage gegenüber in der Bergarbeiterfamilie herrschte. Alle Berichte über den Streik anerkennen diese Tatsache und heben sie hervor. Dass sie auf die Besitzenden und Satten „einen ungünstigen Eindruck” gemacht hat, begreift sich. Ein großes bürgerliches Blatt jammerte: „Derartige Vorgänge verdienen die volle Aufmerksamkeit der leitenden Kreise. Der Masseneintritt der Frauen in die soziale Bewegung, zu dem hier der Anfang gemacht ist, wäre vielleicht eine schlimmere Gefahr als jede, die wir bisher kennen gelernt haben.”

Und dieser Masseneintritt der proletarischen Frauenwelt in die sozialen Kämpfe unserer Zeit wird erfolgen. Immer schärfer spitzen sich die wirtschaftlichen Zustände zu, immer unüberbrückbarer gähnt die Kluft zwischen Nichtbesitzenden und Besitzenden, zwischen Arbeitern und Kapitalisten; immer härter wird die Ausbeutung der ersteren, immer drückender ihre Notlage. Mit dieser Notlage und der „Begehrlichkeit” der leidenden Masse wächst der Druck, durch welchen das Kapital die Arbeit im alten Sklavenjoch zu halten wähnt. Die tausenderlei Übel ihrer Lebensverhältnisse erziehen die Frauen und Töchter der Arbeiter zu Proletarierinnen, welche sich ihrer Klassenlage bewusst sind; die Frauen des Proletariats treten in Massen in den Befreiungskampf ihrer Klasse ein.

Noch ist das Bataillon Frauen, das im Saarrevier den Kampf gegen die Ausbeutung aufgenommen hat, zwar von hoher Begeisterung getragen, aber unklar und ungeschult. Aber die Zielklarheit wird im Kampfe kommen, die Niederlage der Streikenden wird zur Klärung und Kräftigung der Organisation beitragen, welche in Zukunft den Streik in methodischer Weise führt. Dort, wo es eine klare allgemeine Arbeiterbewegung gibt, da wird auch die Proletarierin eine zielklare Mitstreiterin sein. Die Haltung der Bergarbeiterfrauen des Saarreviers ist jedenfalls ein Anzeichen dafür, dass in der Masse der proletarischen Frauenwelt der Morgen des Klassenbewusstseins herandämmert. Auch von ihr wird der unversöhnliche Gegensatz zwischen Arbeiter und Kapitalist erkannt, auch ihr drängt sich die Überzeugung auf, dass der Arbeiterklasse nicht von „oben”, nur von „unten” geholfen werden könne. „Die Befreiung der Arbeiterklasse muss das Werk der Arbeiterklasse selbst sein. „1

Nur den Schoßkindern der heutigen Gesellschaft ist dieses Zeichen der Zeit ein Gräuel, eine soziale Gefahr. Ihren darbenden und ringenden Stiefkindern ist es der willkommene Vorbote, welcher das Nahen neuer Bundesgenossen für den Befreiungskampf kündet, es ist aber auch ein Mahnwort, welches den klassenbewussten Arbeitern zuruft: „Gewinnt die Frauen!”


1 „…dass die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden muss” (Provisorische Statuten der Internationalen Arbeiter-Assoziation, Marx Engels Werke, Band 16, S. 14-16, hier S. 14)

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