Clara Zetkin 19230400 Um Deutschlands nationales Lebensrecht

Clara Zetkin: Um Deutschlands nationales Lebensrecht

(April 1923)

[“Die Kommunistische Fraueninternationale”, 1923, Heft 4, S. 1-11. Auch Ausgewählte Reden und Schriften, Band II, S. 646-664]

Als der französische Imperialismus mit schwertbewehrter Faust das “Pfand” des Ruhrgebiets nahm, gab es nicht wenige — auch unter den Kommunisten —‚ die an eine rasche, akute Krise glaubten. Oberflächlich gesehen, schienen die Dinge zu baldiger schärfster Zuspitzung zu drängen. Jedoch einer solchen wirkten andere starke Kräfte und Strömungen international entgegen. Am stärksten wohl die Furcht der Bourgeoisie diesseits wie jenseits des Rheins und der Ruhr, ja in der ganzen Welt, dass eine rasche Zuspitzung der Krise Gewalten entfesseln könnte, geeignet, die zerrüttete bürgerliche Ordnung vollends aus den Fugen zu treiben. Das Gespenst des beschleunigten vollständigen Zusammenbruchs des Kapitalismus, das Gespenst der proletarischen Revolution, grinste der Bourgeoisie aus dem “Kohlenkrieg” an der Ruhr entgegen. Weder Poincaré noch Cuno wagten ihm die Tür zu öffnen. So gaben die Ereignisse denen Recht, die von Anfang an mit einer schleichenden, lang andauernden Krise gerechnet hatten. Eine solche hat — von allem übrigen abgesehen — in den Augen der Bourgeoisie einen unschätzbaren Vorteil. Mit der allgemeinen Versumpfung der Zustände führt die chronische Krise auch zu einer Versumpfung des Stroms der revolutionären Kräfte im Proletariat. An Stelle tatentschlossener Auflehnung gegen härtere Peitschenschläge der Ausbeutung und Not tritt bei den Gepeinigten Gewöhnung, Stumpfheit, müde Ergebung. Das Gesetz der “Trägheit”, des Beharrens, macht sich geltend.

Nach einem Vierteljahr der Ruhrbesetzung hat weder der französische Imperialismus für sein Ziel einen entscheidenden Schlag geführt, noch ist es dem deutschen Kapitalismus gelungen, ihn aus seiner eingenommenen Position zu verdrängen. Der Kampf um die Vorherrschaft über Kohle und Eisen Mitteleuropas, um den Löwenanteil auf Schweiß und Blut schanzender, ausgebeuteter Massen, geht als hartnäckiger Stellungskrieg weiter. Der formale Vorwand für die Ruhrbesetzung besteht nach wie vor. Deutschland kann die geschuldeten Reparationen nicht abführen, weil sie sich trotz weißblutender Steueraderlässe am Proletariat und den Schichten der Wenigbesitzenden nicht herauspressen lassen und weil die Bourgeoisie sich beharrlich weigert, von ihrem Besitz und ihren Profiten zu zahlen. Die deutsche Bourgeoisie und ihre Regierung halten gegen die Besetzung des Ruhrgebiets am “passiven Widerstand” fest. Er kostet die herrschenden Schwerindustriellen nichts, im Gegenteil, er bringt ihnen ein. Nicht bloß den Glorienschein eines patentierten waschechten Patriotismus, ja Märtyrertums, sondern auch unermesslichen Reichtum. Die Ehre und die Last des Opferns den armen Teufeln!

Der französische Imperialismus seinerseits hat sich ebenso wenig durch den “passiven Widerstand” wie durch das Schmierenpathos des deutschen Appells an die Gerechtigkeit und andere Tugenden ausgerechnet der kapitalistischen Regierungen der Welt aus dem Ruhrgebiet werfen lassen. Er hat die Besetzungszone an der Ruhr ausgedehnt, hat das ergriffene Gebiet durch Ausfuhrverbote und andere Maßnahmen von dem übrigen Deutschland abgeschnürt, hat durch seine Vorstöße in Baden und Hessen die Schaffung des “Korridors” vorbereitet, der eine sichere Verbindung mit der Tschechoslowakei, Polen und Frankreichs Vasallenstaaten im Südosten Europas herstellen soll.

Die Krise an der Ruhr zwingt die politischen und militärischen Gerichtsvollzieher des siegreichen französischen Imperialismus, größere Truppenmassen in das besetzte Gebiet zu senden und die dort stationierten Heeresgruppen häufiger zu wechseln, mehr Eisenbahner und Verwaltungsbeamte für die Verwendung im fremden Lande zu mobilisieren, der Heimat immer schwerere Finanzlasten aufzubürden, das bisschen erheuchelte Freundlichkeit gegen die Ruhrproletarier fallen zu lassen und zu immer schärferem Zwang gegen Kohlengräber und Eisenbahner zu greifen. Es mehrt sich die Zahl der Gruben und Werke, wo unter französischen Bajonetten gearbeitet wird, die Zahl der Züge, die Kohle und Koks nach Frankreich und Belgien transportieren. Allein, noch sind die Quantitäten davon nicht erreicht, auf die die Reparationsverpflichtungen einen Anspruch geben. Dafür stürmt das Budget Frankreichs dem Bankrott entgegen, und die weiterverarbeitenden Zweige der Metallindustrie werden durch die stockende und ausbleibende Zufuhr von Rohmaterial und Kohle schwer geschädigt, treiben einer Krise entgegen, geraten in steigenden Gegensatz zu dem Komitee der Erzgewaltigen und ihrer Ruhrpolitik. Es knistert im Gebälk des “nationalen Blocks”, dessen politischer Geschäftsführer Poincaré ist. Jedoch dieses Knistern ist keine unfehlbare Friedensbotschaft, wie naive Gemüter wähnen. Es kann ebenso wohl Vorbote eines neuen Weltkrieges werden.

In Deutschland hat die Ruhrkrise bis heute noch nicht die erwartete allgemeine Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft gezeitigt. Die kapitalistische Wirtschaft außerhalb des Ruhrgebiets hat sich elastischer und widerstandsfähiger erwiesen, als anzunehmen war. Für die vom französischen Imperialismus abgedrosselten rheinisch-westfälischen Rohstoffe und Halbfabrikate führten die Kapitalisten Ersatz aus dem Ausland ein und nutzten das aus, um den Verbrauchern fette Extraprofite abzuzwingen. So brach kein großer, allgemeiner Stillstand des Wirtschaftslebens herein, und Massenarbeitslosigkeit blieb aus. Anders natürlich im Ruhrrevier selbst. Hier lastet die Besetzung mit voller Schwere auf der Produktion, auf Handel und Wandel, auf den breitesten Bevölkerungsschichten. Ein großer Teil der Belegschaften von Gruben und Hüttenwerken feiert oder verrichtet andere als die berufsmäßige Arbeit. In der Folge sind zahlreiche Betriebe der Metallindustrie und anderer Gewerbe zum Stillstand gekommen. Der Verkehr liegt danieder. Die Zahl der Arbeitslosen beinahe aller Berufe schwillt immer höher an. Und die Situation wuchtet erdrückend auf der Arbeiterschaft und ihren Familien, auf den breiten Massen der “kleinen Leute”. Die viel besungene zusammengebettelte “Ruhrhilfe” ist weniger gerecht verteilte Unterstützung der Proletarier, die dank ihrer gekreuzten Arme den ausländischen Klassenfeind aus dem Lande jagen wollen, als Korruptionsmittel für solche Arbeiter, die sich durch “Wohlverhalten”, durch blinde Unterwerfung, die Gunst ihres einheimischen Klassenfeindes erwerben. Fast stets ist sie unzureichend. Die Milliardenkredite des Reiches, die in erster Linie dazu dienen sollen, die Not leidenden Massen über Wasser zu halten, werden von den Unternehmern im größten Umfange dazu verwendet, ihren durch den Kriegsraubbau verlotterten Produktionsapparat zu verbessern und wieder auf die Höhe zu bringen. Während die Werktätigen von allen Furien geringen oder mangelnden Einkommens und unerhörter Wucherpreise des Lebensbedarfs gepeinigt werden, scheffeln die Kapitalisten und allen voran die Schwerindustriellen nie dagewesene Riesenreichtümer ein. Sie sind die Besetzungsgewinnler, wie sie die Kriegsgewinnler gewesen sind. Ihr Weizen blüht beim Wohlstand wie bei dem tiefsten Elend Deutschlands. Sie können “durchhalten”, durchhalten “bis zum bitteren Ende” — für die Ausgebeuteten.

Scheinbar stehen sich der französische Imperialismus und der deutsche Kapitalismus im Ruhrgebiet als Todfeinde gegenüber, die einander ins Weiße der Augen blicken. Die Regierungen von hüben und drüben mimen die Unerschütterlichen und Unbeugsamen. Allein, ihre Herren, die Stinnes, Thyssen und Krupp, die Schneider-Creuzot und de Wendel, tuscheln bereits im geheimen vertraulich und zahm miteinander über mögliche Verträge und eine friedlich-schiedliche Teilung der ungeheuren Beute. Sie nähern sich verständnisinnig, wohlwollend als versöhnte Verwandte, sobald und wo sie auf “meuternde” Lohnsklaven stoßen, denn ihre nationalen Profiteifersüchte und Profitgegnerschaften verblassen vor ihrer gemeinsamen internationalen Klassenfeindschaft gegen die proletarischen Schöpfer des Mehrwerts, der die Quelle ihrer Profite ist. Mehr und mehr Ausblicke auf das “Zusammenwirken” der deutschen Grubenkönige und der französischen Hüttenherren tun sich auf, Ausblicke, deren Voraussetzung die Demütigung, die Unterwerfung, die Ausplünderung des deutschen Volkes sind. Das alles allerdings keineswegs bloß durch die Imperialisten Frankreichs, der Entente, sondern nicht minder durch die mit ihnen brüderlich geeinten Kapitalisten Deutschlands selbst.

Zwar hat die deutsche Bourgeoisie vor dem “Altar des Vaterlandes” leidenschaftliche patriotische Eide geschworen, alles zu wagen und zu tragen, um den Boden, die Selbständigkeit, das Recht, die Würde, die Größe und etliches mehr der Heimat gegen die “welsche Anmaßung und Herrschaft”, gegen die Beutegier des französischen Imperialismus zu verteidigen. Allein, das “alles” hat sehr enge Grenzen. Es gibt ein Allerheiligstes, vor dem “alles” Halt machen muss. Es ist der kapitalistische Geldschrank, die Sicherheit der Profitpresserei, möglichst uneingeschränkter, stärkster Profitpresserei, es ist die Machtstellung als ausbeutende und herrschende Klasse. Mit den 500.000 Franc Geldstrafe des Herrn Fritz Thyssen wegen schellenlaut maskierter Aufsässigkeit wider die Befehle der französischen Imperialisten, mit den Jahren Gefängnis und hohen Geldbußen anderer Unternehmer an der Ruhr hat die deutsche Bourgeoisie wahrlich billig genug das phantastische Milliardengeschäft der durch die Ruhrbesetzung geschaffenen Situation bezahlt. Schandbar, verbrecherisch billig, wenn man sich des blutigen Massenelends erinnert, das die andere Seite dieses Geschäftes ist: der darbenden, brot-, obdach-, heimatlosen Proletarier, der verkümmernden und sterbenden Kinder, der verlotternden Jugend, des Jammers der verhungernden Sozialrentner und Kriegskrüppel, der vielen Zehntausenden vernichteter klein- und mittelbürgerlicher Existenzen. Die Bourgeoisie hat — um nur eines von vielen herauszugreifen — aus der Stabilisierung der Mark wie aus ihrer neuerlich einsetzenden reißenden Entwertung ebenso schmutzige wie hohe Spekulationsgewinne gezogen. Nach Hunderten zählen die großen Industrie- und Handelsfirmen, die bei französischen Kapitalisten um die Aufnahme geschäftlicher Beziehungen betteln. Das diplomatische Notengespräch zwischen Cuno und Poincaré — direkt oder auf dem Umwege über England und andere Ententestaaten — bereitet trotz der ständigen “Unstimmigkeiten” und des lauten nationalistischen Geschreis mancher Industriekreise und der Hakenkreuzler die Kapitulation der deutschen Kapitalisten vor den französischen Imperialisten vor. Denn die deutsche Bourgeoisie will für das Vaterland nicht viel zahlen, will am liebsten dafür gar nichts zahlen, und sie kann gegen dessen Bedränger so wenig kämpfen, als jemand über seinen eigenen Schatten zu springen vermag.

In der Tat! Die gesamte Geschichte der so genannten Erfüllungspolitik der deutschen Bourgeoisie ist nichts als eine fortlaufende Kette von Versuchen der nämlichen Bourgeoisie, sich um die übernommenen Verpflichtungen des Versailler Friedensvertrags herumzudrücken, der ebenso wie der Raubkrieg, den er abschloss, auch mit ihr eigenstes Werk ist. Soweit diese Verpflichtungen erfüllt worden sind, waren in der Hauptsache die Proletarier, die Klein- und Mittelbürger, die “Intellektuellen” inbegriffen, und die Kleinbauern die Last- und Leidtragenden. Die Steuerergebnisse sind ein einziges riesiges Schuldbuch der deutschen Bourgeoisie, ein vernichtender Beweis nicht nur für ihre Fühllosigkeit gegen die “Volksgenossen”, sondern auch für ihre Preisgabe des “Vaterlandes”.

Nun aber haben die Zerrüttung der deutschen Wirtschaft und die Armut, das Elend der breitesten schaffenden Massen einen Grad erreicht, der die Einhaltung der Reparationsbedingungen ausschließt, es sei denn, dass neue, stärkste Geldquellen erschlossen werden. In den eigenen Geldsack zu greifen, entsprechend den erpressten und erschwindelten Gewinnen und Besitztümern zu steuern oder auch nur dem “teuren Vaterland” gegen Sicherheit und Zinsen zu leihen, daran denkt die Bourgeoisie nicht. Der offene Betrug der Goldmilliardenanleihe besagt darüber genug. Nein, die deutsche Bourgeoisie will den Abzug der französischen Heere aus dem Ruhrgebiet nicht durch materielle Opfer erkaufen, will für die Errettung des Vaterlandes aus wirtschaftlicher und politischer Knechtschaft nicht zahlen.

Allein, die deutsche Bourgeoisie ist auch außerstande, den eingedrungenen Imperialismus zu zwingen, den deutschen Boden zu verlassen. Die Papierkügelchen der Cunoschen Proteste, die Tränen und Flüche moralischer Entrüstung prallen von dem Stahlpanzer dieses furchtbaren Gegners ab. Sie ersetzen nicht Waffen, nicht militärische Machtmittel. Die deutsche Bourgeoisie kann nicht mit dem französischen Imperialismus kämpfen. Ihr früher gefürchteter militärischer Machtapparat ist zerschlagen worden. Deutschland ging gründlich besiegt aus dem Weltkrieg hervor, die triumphierenden Gegner strichen es aus der Reihe der konkurrenzfähigen imperialistischen Staaten. Jetzt steht es wehr- und waffenlos, an Händen und Füßen gefesselt, dem riesig gerüsteten Imperialismus Frankreichs gegenüber, der gewaltigsten Militärmacht der Welt. Die Rossbach- und Oberlandformationen, all die offenen und geheimen Orgesch-Banden mit und ohne Hakenkreuz und schwarzweißroten Abzeichen können mitsamt der verludendorfften Reichswehr nicht daran denken, einen ernsten Kampf gegen den französischen Imperialismus aufzunehmen. Der furor teutonicus mag sich bei ihnen noch so wortgewaltig austoben, sie können diesen Feind höchstens durch terroristische Einzeltaten reizen, aber nie bezwingen. Aus den Geldschränken der großen kapitalistischen Unternehmer und Agrarier gespeist, vom Reichswehrministerium und anderen Reichs- und Staatsorganen begönnert, kehren die nationalistischen Freischärler ihren Kampfmut und ihre Kampfwaffen immer öfter “zur Abwehr des Bolschewismus” gegen den “inneren Feind”, gegen die Kommunisten, gegen die klassenbewussten, revolutionären Proletarier, ja sogar gegen die bürgerlich salonfähigen Sozialdemokraten, die “Novemberverbrecher”. Der französische Imperialismus fürchtet diesen Feind so wenig, dass er ihn sogar am blauweißen Bändchen gegen gute französische Francs in seinen Dienst nimmt.

Nein, die deutsche Bourgeoisie kann nicht für das “Vaterland” gegen den französischen Imperialismus kämpfen. Es gibt in Deutschland nur eine Macht, die stark genug wäre, den Kampf gegen diesen Bedroher des Weltfriedens und Verbrecher an der Wohlfahrt der Völker aufzunehmen: das Proletariat. Allein, dass diese Macht kampfwillig, kampffähig, ja unüberwindlich wird — nicht etwa von heute auf morgen für einen abenteuerlichen Revanchekrieg, wohl aber für dauernde Abwehr und Bändigung des französischen Imperialismus —‚ ist an eine bestimmte große umwälzende Voraussetzung gebunden: an die Verteidigungs- und Wehrhaftmachung der deutschen Proletarier durch ihre Bewaffnung, an die Entfesselung all ihrer revolutionären Kräfte und Energien. Diesen Preis will die Bourgeoisie am allerwenigsten an Deutschlands Behauptung setzen. Sie wird dem “Vaterlande” lieber durch den französischen Imperialismus die schimpflichsten und schädlichsten Bedingungen auferlegen lassen; wird der tödlichen Würgung der Wirtschaft, der Kontrolle der Reichsfinanzen, der Vernichtung des Budgetrechts, der Zerstampfung jeder politischen Selbständigkeit zusehen; wird sich mit der Schaffung eines “neutralen” rheinisch-westfälischen Pufferstaats unter französisch-belgischem Protektorat oder dem ententistischen “Völkerbund” abfinden, mit der Lostrennung Bayerns von der deutschen Republik und seiner Eingliederung in eine klerikal-monarchistische Donaustaatenföderation, als dass sie dem Proletariat Waffen in die Hand gibt. Sie weiß genau, diese Waffen können sich nicht bloß gegen Poincaré und de Wendel kehren, sie müssen ebenso Cuno und Stinnes treffen. Das deutsche Proletariat vermag seine Heimat nur aus der erstickenden Umklammerung des französischen Imperialismus zu retten, wenn es sie gleichzeitig von der Herrschaft des deutschen Kapitalismus erlöst.

Solche Tat kann nun und nimmer mit dem Segen der deutschen Bourgeoisie und im Bunde mit ihr geschehen, weil die Bourgeoisie die Nutznießerin des Kapitalismus ist. Solche Tat kann nur die Frucht des schärfsten, zähesten revolutionären Klassenkampfs gegen sie sein. Nicht in “nationaler” Einheitsfront mit den ausbeutenden Landeskapitalisten vermögen die deutschen Arbeiter den französischen Imperialismus zu schlagen — das kann einzig und allein in internationaler Einheitsfront geschehen im Bunde mit den Proletariern Frankreichs, mit den Ausgebeuteten der ganzen Welt, mit dem Arbeiter-und-Bauern-Staat Sowjetrussland. Wessen die deutsche Bourgeoisie um des kapitalistischen Profits halber fähig ist, das ist zum Greifen deutlich in dem Schmachhandel der badischen Anilinkönige verkörpert. Gegen bare vier Millionen Franc und fortlaufende Profite haben diese Herren bereits 1919 wichtigste Patente und Fabrikationsgeheimnisse an die französische Regierung verkauft. Patente und Fabrikationsgeheimnisse, die keineswegs bloß der chemischen Erzeugung künstlichen Düngstoffs dienen, vielmehr auch der Herstellung furchtbarster Kriegsgiftgase. Und dieser Landes- und Hochverrat von “ehrbaren Kaufleuten” erfolgte mit dem Wissen und der Zustimmung einer Regierung, in der die sozialpatriotischen Scheidemänner saßen.

Das nationale Schicksal eines Deutschlands, in dem das Proletariat nicht das Selbstvertrauen, den Mut, die Opferbereitschaft findet, im Zweifrontenkampf gegen den ausländischen und inländischen Kapitalismus kraftvoll vorzustoßen, ist in dem Los Österreichs vorgebildet. Eine erschütternde Warnung an das deutsche Proletariat, sich nicht von den reformistischen Partei- und Gewerkschaftsführern auf die aussichtslosen Irrwege der nationalen Einheitsfront mit der Bourgeoisie verlocken zu lassen. Die österreichische Arbeiterklasse ist unter dieser Führung diese Pfade gewandelt, geblendet durch den Wahnglauben an die alleinseligmachende formale bürgerliche Demokratie, hypnotisiert durch das Starren auf die Macht des Ententeimperialismus und die Stärke der Klassenfeinde im eigenen Land, feig und schwach gemacht durch die Predigt von seiner Ohnmacht. Sie hat mit ihrem Verzicht auf den revolutionären Klassenkampf Österreich als Nationalstaat nicht gerettet, sondern umgekehrt in das tiefste Elend versinken lassen. Dieses unglückselige Land hat aufgehört, ein staatliches Eigenleben zu führen. Seit dem Genfer Vertrag ist es auch formell wirtschaftlich und politisch zu einer Kolonie des Ententeimperialismus geworden, die von einem ihrer Kommis des Völkerbundes verwaltet wird. Neben ihm und seinen auftraggebenden Herren sind Österreichs Parlament und Regierung Nullen, bloße Dekorationen und nicht einmal schöne Dekorationen. Soll es mit Deutschland so weit kommen? Soll dem deutschen Volk der Werktätigen nur die Wahl bleiben, ob es zum Kolonialhörigen des französischen Imperialismus allein wird oder aber zu dem der alliierten Imperialisten mehrerer Staaten?

Die deutsche Bourgeoisie wird auf diese Schicksalsfrage mit “Ja” antworten, wenn sie neben den ausländischen Kapitalisten und als ihr Fronvogt reiche Profite aus der gesteigerten Produktivität der deutschen Wirtschaft herauspressen kann, das heißt aus der gesteigerten Ausbeutung und Unterdrückung der Proletarier, der schaffenden Massen. Sie wird es vorziehen, Gewinn und Macht mit der französischen oder ententistischen Bourgeoisie zu teilen, aber nimmermehr mit den volksgenössischen Proleten. Sie weiß es, diese können, dürfen sich bei Strafe des Geprelltwerdens nicht auf eine Teilung des Gewinns und der Macht einlassen. Wie die ganze politische Macht, so gehört in ihre starke Faust der ganze moderne, jetzt großkapitalistische Produktionsapparat mitsamt dem mittels seiner erzeugten Mehrwert. Dieser Zusammenhang der Dinge bestimmt die Antwort der Bourgeoisie und keineswegs die Rücksicht auf das “Vaterland”. Allein, welches wird die Antwort der Arbeiter, des schaffenden Volkes in Deutschland auf die Schicksalsfrage sein? Können, dürfen die Ausgebeuteten und Getretenen Deutschlands nationales Lebensrecht erschlagen lassen, das “Vaterland” seinen andrängenden Feinden preisgeben?

Es fehlt nicht an guten Revolutionären, sogar nicht an guten Kommunisten, denen diese Frage allein schon ein Prinzipienverrat, ein verhängnisvolles Hinabgleiten auf die schiefe Ebene des Opportunismus dünkt. Steht nicht im Kommunistischen Manifest geschrieben: “Die Proletarier haben kein Vaterland”? Und wird dieser Fundamentalsatz nicht täglich durch Tatsachen über Tatsachen bestätigt? Sicherlich! Jedoch wenn kommunistische Parteien als Führerinnen der Proletarier in ihren Klassenkämpfen und zu ihrem gewaltigen geschichtlichen Ziel der Weltrevolution vom “Vaterland” der Werktätigen reden und von dem nationalen Lebensrecht eines Volkes, eines Staates, so löschen sie wahrhaftig kein Jota des Kommunistischen Manifestes aus, im Gegenteil: Sie wollen seine großen, grundsätzlichen Weisungen erfüllen. Das “Vaterland” der Kapitalisten kann nicht gleichzeitig das Vaterland der Proletarier sein. Es ist ausgeschlossen, dass der bürgerliche Nationalstaat die Verwirklichung des nationalen Einheitsgedankens, des Nationalstaates werktätiger Massen bedeutet. Aber das Kommunistische Manifest zeigt eindeutig den Proletariern den Weg, den sie beschreiten müssen, um sich ihr Vaterland zu erobern, es aus einer Beute und Herrschaftsdomäne der besitzenden Minderheit in das Erbgut aller Schaffenden — der Hand- wie der Kopfarbeiter — zu verwandeln; zeigt ihnen den Hammer, den sie zu schwingen haben, um den bürgerlichen in den proletarischen Nationalstaat umzuschmieden. Die Arbeiter müssen sich als Nation konstituieren, indem sie die Staatsmacht erobern und sich zur führenden, herrschenden Klasse erheben, mit anderen Worten: ihre Diktatur aufrichten.

Vaterland” und “Nationalstaat” haben für die Bourgeoisie und das Proletariat wesensgegensätzlichen Inhalt und Sinn. Die Bourgeoisie hält es mit dem Spruch der alten Römer: “Ubi bene, ibi patria”, wo es mir gut geht, ist mein Vaterland. Ins Moderne übersetzt: Wo ich meine Klassenherrschaft ausüben und die Werktätigen ausbeuten kann, dort ist mein Vaterland. Das “Vaterland” der Habenichtse und Wenigbesitzenden dagegen liegt erst jenseits der Grenzen bürgerlicher Ausbeutung und Klassenherrschaft. Es ist das Bewusstsein der Solidarität mit den Millionen Unfreier und Ausgesogener, die mit dem Mühen ihrer Hände und dem Ringen ihres Geistes den Wohlstand, die Kultur eines Landes geschaffen haben, meist ohne auch nur die brennenden Lippen mit seinen Früchten kühlen zu können. Es ist die Erkenntnis der Verpflichtung gegen die Millionen Heranwachsender, Ungeborener, die nicht vom Kapitalismus als Kulturdünger zerstampft werden dürfen, die bewusste Träger und Mehrer, aber auch die freudigen Genießer der möglichen materiellen und kulturellen Werte sein sollen.

Das “Vaterland” der Schaffenden ist daher nicht der reale Boden des bürgerlichen Nationalstaates, auf dem lohnende Geschäfte und fette Profite für die “Hauptleute der Industrie” und die Finanzkönige gedeihen. Es ist unerfüllte, lodernde Sehnsucht und leidenschaftlicher, tosender Kampf zur Vernichtung der kapitalistischen Plusmacherei, die Leiber und Seelen knechtet und zertritt, zur Überwindung der bürgerlichen Klassenherrschaft, die das “Vaterland” ausplündert und seinen arbeitsamen Söhnen und Töchtern kaum die Brosamen des kapitalistischen Überflusses gönnt. Das “Vaterland” der Schaffenden wird nur dort lebendige, beglückende und befeuernde Wirklichkeit, wo das Proletariat die Zwingburgen der bourgeoisen Klassenherrschaft niedergebrochen hat und das Banner seiner eigenen Macht stolz wehen lässt.

Der bürgerliche Nationalstaat, die politische Form des bürgerlichen “Vaterlandes”, was ist er bei Lichte betrachtet anderes als der ideologisch beblümelte und herausgeputzte große nationale Markt, dessen die Bourgeoisie für die Erfüllung ihrer geschichtlichen Mission bedurfte? Der nationale Staat der Bourgeoisie ist deren politisch, gesetzlich und vor allem auch militärisch gesichertes wirtschaftliches Herrschafts- und Ausbeutungsgebiet. Er ist nicht das verkörperte heiße Verlangen von Geschlechtern nach einem einheitlichen und freien Willensausdruck und sozialem Werk einer einheitlichen Gemeinschaft von Volksgenossen. Diese lockenden, bezaubernden Begriffe bleiben schemenhafte, zerfließende Abstraktionen, solange der kapitalistische Profit Menschengemeinschaften regiert und der Klassengegensatz zwischen den Erzeugern und den Aneignern des gesellschaftlichen Reichtums jedes Land, jeden Staat zerklüftet. Es ist eitel Torheit oder eitel Betrug, den bürgerlichen Nationalstaat als den nationalen Staat schlechthin, als den nationalen Volksstaat anzusprechen. Denn dieser Staat ist nicht die Heimat eines Volkes von freien, gleich verpflichteten und gleichberechtigten Arbeitern, Schaffenden, er ist der äußere politische Rahmen, der die zwei Nationen zusammenhält, deren unversöhnliche Gegensätzlichkeit bereits Disraeli, der spätere Lord Beaconsfield, in seinem Roman “Sybil” geschildert hat: die winzige Nation der Reichen, Ausbeutenden, Herrschenden auf der Sonnenseite dieses Staats, die millionenköpfige Nation der Armen, Kleinen, Ausgewucherten und Unterdrückten auf seiner Schattenseite.

Auf dieser Grundlage verwandelt sich der nationale Staat der Bourgeoisie bei seiner Ausweitung und Entwicklung zum Kolonialstaat, zum “Imperium”, zum imperialistischen Reich in sein Gegenteil und in den schärfsten Gegensatz zu der ihn schmückenden Ideologie. Der Imperialismus zertrümmert die “völkische” Basis und Rechtfertigung des Nationalstaates. Selbst der vollblütigste Hakenkreuzler wird nicht zu behaupten wagen, dass stammesverwandtschaftliche Bande die Deutschen mit den afrikanischen Eingeborenen verknüpften, die der imperialistische Heerführer Trotha zu Zehntausenden in der Kalahariwüste verschmachten und verhungern ließ, um “das größere Vaterland” zu schaffen. Das “nationale Recht” des einen Bourgeoisstaates trägt außerdem die Bedrohung, Leugnung, ja Vernichtung des nämlichen “nationalen Rechtes” jedes anderen Bourgeoisstaates in seinem Schoß. Dieses national vermummte Recht des einzelnen Bourgeoisstaates ist die Macht, innerhalb seiner Grenzen sich gegen kargen Lohn die Arbeitsfrüchte der Werktätigen anzueignen. Die Ausübung dieser Macht führt zu scharfen Gegensätzen, zu schlimmen Konflikten, zu tödlicher Feindschaft zwischen den bürgerlichen Nationalstaaten. Denn die Notwendigkeit zur Realisierung der kapitalistischen Profite zeitigt den Wettbewerb der einzelstaatlichen Ausbeuter untereinander um den Markt, den einheimischen, den ausländischen Markt. Trotz aller Wirtschafts-, Handels- und Freundschaftsverträge stehen die bürgerlichen Nationalstaaten einander gegenüber wie hungrige Wölfe. Die gegensätzlichen Profit- und Marktinteressen ihrer herrschenden Klassen explodieren in Kriegen. Im Zeitalter des Imperialismus, wo es nicht mehr bloß um Absatzmärkte geht, sondern um große geschlossene Gebiete für hoch zinsende Kapitalanlagen und wichtigste Rohstoffgewinnung, beschwören sie Weltkatastrophen herauf von ungeheuersten Dimensionen und teuflischen Gräueln.

Ein jeder Nationalstaat der Bourgeoisie beruft sich dabei auf das nämliche Existenz- und Selbstbestimmungsrecht der Völker, das er seinen Nebenbuhlern um Macht und Gold bestreitet und, wenn er kann, raubt und zunichte macht, auch wenn er dabei alle “göttlichen Gesetze” und alle menschlichen Ideale hohnlachend unter die Füße tritt. Das letzte entsetzliche Völkermorden und der Ruhrkrieg bestätigen es. Grillparzer prägte in heißem, bitterem Grimm das Wort: “Von Humanität, durch Nationalität, zur Bestialität.” Es kennzeichnet treffend die Entwicklung, das Wesen des bürgerlichen Nationalismus, des bürgerlichen Nationalstaates.

Der wahre Nationalstaat der Völker kann nur nach der Überwindung und Aufhebung des bürgerlichen Nationalstaates erstehen. Als Werk des revolutionären Proletariats, das dank seiner Diktatur führende Klasse und damit zur Nation wird.

Der proletarische Nationalismus beruht nicht auf der Aufrechterhaltung und Ausnutzung der Klassengegensätze, er ist Zusammenschluss, Kampf für ihre Ausrottung mit der Wurzel. Er führt nicht zwangsläufig zur gegenseitigen Zerfleischung der Klassengenossen verschiedener Länder, fordert vielmehr gebieterisch ihre Vereinigung als Ausgebeutete und Unterdrückte zur Niederzwingung der Klassenfeinde innerhalb jeder Nation und in der ganzen kapitalistischen Welt. Aus dem Nationalismus der Arbeiter, ihrer nationalen Solidarität im Kampfe gegen ihre Ausbeuter und Herren, blüht ihr Internationalismus empor, ihre internationale Schicksalsgemeinschaft als Leidende wie als stolze Rebellen und Kämpfer. Es klingt paradox und ist doch schlichte Wahrheit, dass der proletarische Internationalismus die höchste, klassische Ausdrucksform des bewussten proletarischen Nationalismus ist. Denn das höchste Gebot dieses Internationalismus lautet: soziale Revolution, Vereinigung der Proletarier aller Länder, um ihre Ketten zu verlieren und eine Welt zu gewinnen.

Es war ebenso ahistorisch wie verhängnisvoll, dass die reformistischen Sozialdemokraten der II. Internationale bei Kriegsausbruch über Nacht im bürgerlichen Nationalstaat das zu verteidigende “Vaterland” des Proletariats entdeckten, weil sie, mit bürgerlichen Eigentumsbegriffen messend, die diesem Staat abgezwungenen Reformbröckchen als Anteil am Besitz des Vaterlandes werteten. Sie übersahen oder wollten nicht sehen, dass es für die Proletarier nur einen Besitz gibt, der ihnen das “Vaterland” zu erb und eigen macht: der ungeteilte Besitz der Staatsgewalt. Allein, nicht minder ahistorisch und verhängnisvoll wie die sozialpatriotische Einstellung der reformistischen Führer würde es sein, wollten die Proletarier Deutschlands nicht verstehen, dass es in der gegenwärtigen geschichtlichen Stunde im Ruhrkrieg für ihre Klasse und letzten Endes gerade für ihre Klasse um das “Vaterland”, um nationales Lebensrecht geht, allerdings in einem ganz anderen als dem bürgerlichen Sinne. Sie dürfen sich nicht erschrecken lassen, dürfen nicht scheu gemacht in den anationalen, geschweige denn in den antinationalen Trutzwinkel flüchten, angesichts des Missbrauchs der nationalen Begriffe und Dinge für die Zwecke der bourgeoisen Klassenherrschaft, angesichts des taumeltollen chauvinistischen Treibens der nationalistischen “Selbstschutz”organisationen, die sich immer unzweideutiger im Stile der terroristischen Mörderbanden des italienischen Faschismus entwickeln.

Die deutschen Proletarier haben wider den französischen Imperialismus ihr revolutionäres Zukunftserbe zu verteidigen, vaterländische nationale Werte, die für den Judasschilling zu verschachern die deutsche Bourgeoisie sich anschickt. Zu diesem Ziele müssen sie mit robuster Faust die verräterische deutsche Bourgeoisie beiseite stoßen und selbst im Doppelkampf die revolutionäre Aufgabe lösen, die die profitgierende zitternde kapitalistische Hand nicht lösen kann und nicht lösen will.

Die Kommunistische Partei Deutschlands hat die Führung der Proletarier im Ringen für das nationale Lebensrecht des Reiches zu übernehmen. Sie muss ihnen auf dem mit Gefahren und Opfern besäten Weg des Kampfes zu ihrer Konstituierung als Klasse, als herrschende Klasse und damit als Nation, kühn, entschlossen, zielklar voranschreiten. Diese ihre geschichtliche Aufgabe gebeut ihr, um ihr Schlachtpanier außer den breiten und tiefen proletarischen Heeressäulen auch alle anderen sozialen Schichten zu sammeln, deren materielle und kulturelle Interessen die Bourgeoisie skrupellos ihrem Profit- und Machtbegehren opfert. So muss die Partei der stärksten, klarsten, bewusstesten Internationalität gleichzeitig auch zur führenden nationalen Partei werden. Nicht erst morgen, in siegreicher Zukunft, nein, heute schon in kämpfender Gegenwart, indem sie gegen den französischen Imperialismus wie den deutschen Kapitalismus die gesamten Interessen der großen “Nation” der Werktätigen mit unwandelbarer Treue und unbeugsamer Energie verficht, den Blick unverwandt auf das nächste weltgeschichtliche Etappenziel gerichtet: die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat und die Aufrichtung seiner Diktatur in dem Rätestaat.

Die russischen Proletarier und ihre führende Klassen- und Revolutionspartei haben um den harten Preis des Brest-Litowsker Friedens mit dem übermächtigen, erbarmungslosen deutschen Imperialismus den unsterblichen geschichtlichen Beweis dafür erbracht, dass ein Volk der Arbeit sich nur seiner ausländischen Todfeinde zu erwehren vermag, wenn es den einheimischen Todfeind des Proletariats im revolutionären Kampf unerbittlich niederwirft. Das revolutionäre Sowjetrussland ist heute der stärkste, festeste Nationalstaat. Es hat ebenso beispielgebend die “nationale Frage” auf internationaler Grundlage gelöst. Es hat die verschiedensten Nationalitäten, auf den verschiedensten Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung stehend, nicht in dem Todeszeichen kapitalistischer Ausplünderung und Versklavung zusammengeführt, sondern unter dem Stern der auf den Kommunismus gerichteten Sowjetordnung, in der Föderation Sozialistischer Räterepubliken. Es hat damit erreicht, was der russische Zarismus mit allen Mitteln der Gewalt nicht zu erreichen vermocht hat, was der englische Imperialismus mit Peitsche und Zuckerbrot zu erzielen außerstande ist: die Zusammenballung vieler Nationalitäten zu einer Großmacht, ihr Zusammenwirken zur Emporentwicklung, zu höchster Kultur. In der Föderation Sozialistischer Sowjetrepubliken hat die harmonische Vereinigung des Nationalen und Internationalen Gestalt und schöpferisches Leben gewonnen, ein hinreißender Vorklang, dass “die Internationale die Menschheit sein wird”.i

Auf dem Hintergrund des kapitalistischen Ringens um die Herrschaft über Kohle und Erz an der Ruhr kündigt sich in der Haltung der Kommunistischen Partei Deutschlands an, dass diese Partei die gesetzte Aufgabe als Verteidigerin des nationalen Lebensrechtes und als Führerin der “Nation” zu erfüllen beginnt. Also auch der Zusammenschluss des Nationalen und Internationalen zum unzerbrechlichen Ring in dem gemeinsamen brüderlichen Kampf der Kommunisten und revolutionären Gewerkschaften Deutschlands und Frankreichs zur Bezwingung des Kapitalismus hüben und drüben und in der großherzigen Brotgabe des russischen Proletariats, dessen Bissen noch knapp sind, in den reich fließenden Sammlungen russischer Gewerkschaften und Genossenschaften zur Unterstützung des Ruhrproletariats. Für das internationale Proletariat ist der Kampf um das nationale Lebensrecht, um die nationale Selbstbehauptung Kampf für die Revolution auf nationalem Boden, ist die Praxis proletarischer Nationalität und Internationalität Kampf für die Weltrevolution.

iL’internationale sera le genre humain” — Schlusszeilen des französischen Refrains der ”Internationale”

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