Clara Zetkin: Gegen Alkoholabgabe an Kinder

(22. September 1910)

[Protokoll über die Verhandlungen des Parteitags der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, abgehalten in Magdeburg vom 18. bis 24. September 1910, S. 392]

Es liegt ein Antrag vor, der Reichstagsfraktion nahe zu legen, nach dem Beispiel eines italienischen Gesetzes einen Entwurf einzubringen gegen die missbräuchliche Abgabe von Alkohol an Kinder. Ich bitte Sie dringend, diesen Antrag der Fraktion zur Berücksichtigung zu überweisen. Ich weise auf die Berge von statistischem Zahlenmaterial, auf die unanfechtbaren wissenschaftlichen Tatsachen hin, die bekräftigen, dass der Alkoholgenuss der Kinder zu deren körperlichem Ruin führen muss. Mit der körperlichen Gesundheit wird aber auch die geistige und sittliche Gesundheit der Jugend vernichtet. Jede Gesellschaft, die ihren größten Reichtum in dem Heranwachsen eines körperlich, geistig und sittlich gesunden Geschlechts erblickt, müsste mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den Alkoholgenuss der Jugend auftreten. Die kapitalistische Gesellschaft tut das nicht, sie kann das nicht tun, weil sie ihrem Wesen nach den Vorteil der Einzelnen über das Wohl der Gesamtheit stellt. Sie will den Profit einiger weniger, die an der Produktion und dem Verkauf von Alkohol interessiert sind, nicht hindern. Die Arbeiterklasse aber, die eine Klasse ist, die mit der Zukunft rechnet, der die Zukunft gehört, kann der Verwüstung leiblichen und geistigen Lebens nicht ruhig zusehen. Die körperliche, geistige und sittliche Gesundheit der Jugend gehört zu den wichtigsten Faktoren, die den Sieg des Proletariats für die Zukunft verbürgen. (Lebhafter Beifall.)