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Revolution in Finnland

Die proletarische Revolution in Finnland begann Mitte Januar 1918 in dem südlichen industriellen Teil des Landes und erfasste eine Reihe von großen Städten: Helsingfors, Wiborg u. a. Der Revolution ging ein politischer Generalstreik am 27. (14.) November 1917 voraus, der eine Woche lang andauerte. Der Generalstreik wurde von dem zentralen revolutionären Arbeiterrat geleitet. Um die proletarische Revolution zu unterdrücken, suchte die bürgerliche Regierung bei der schwedischen und deutschen Bourgeoisie Unterstützung. Sie setzte sich im Norden Finnlands fest und begann Ende Januar mit Unterstützung der Deutschen, der Schweden und russischer weißer Offiziere die Offensive gegen den Süden. Nach grausamem Bürgerkrieg wurde die Sowjetrevolution in Finnland im April mit den Kräften des 20.090 Mann zählenden deutschen Expeditionskorps unterdrückt.

Die revolutionäre Regierung Finnlands, der „Rat der Volksbeauftragten" wurde vom „Arbeiterexekutivkomitee" eingesetzt. Das oberste Machtorgan war der „Oberste Arbeiterrat", der die Tätigkeit des Rats der Volksbeauftragten kontrollierte. [Band 22]

Lenin hat hier die Erfahrung der Revolution in Finnland Anfang 1918 im Auge. Diese Revolution wurde von der finnländischen Sozialdemokratie geleitet, von der sich die wirklich revolutionären, konsequent marxistischen, kommunistischen Elemente noch nicht losgelöst hatten, und sie verlief von Anfang an unter der Losung der Verteidigung der Demokratie und nicht der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats. Der von der Revolution geschaffene Rat der Volksbeauftragten beschäftigte sich nicht mit der Organisierung der Streitkräfte des Proletariats zur Aufrichtung und Verteidigung seiner Diktatur, sondern mit der Ausarbeitung einer bürgerlich-demokratischen Verfassung. Die Führer des finnländischen Proletariats waren, wie Genosse Kuusinen in seiner Arbeit „Die Revolution in Finnland“ schreibt, überzeugt, dass das Proletariat, nachdem es im Parlament auf friedlichem Wege die Mehrheit erhalten haben wird, an die Umwandlung des bürgerlichen Staates in eine sozialistische Gesellschaft schreiten wird. Diese Haltung band der Arbeiterklasse die Hände und schwächte ihre Kampfentschlossenheit. Zu derselben Zeit fiel die finnländische Bourgeoisie, die die Demokratie wie einen unnötigen Plunder beiseite warf, im Bunde mit den deutschen und den russischen Weißgardisten mit der Waffe in der Hand über die Arbeiterklasse her. Das Proletariat entledigte sich schon während des Verlaufes des Kampfes der demokratischen Illusionen und ging unter dein Einfluss der sich entwickelnden Ereignisse zur Besetzung der Fabriken, zur Organisierung einer roten Klassenarmee, zum Verbot der bürgerlichen Zeitungen usw. über. Das in einem heroischen Kampfe besiegle Proletariat musste Zehntausende seiner Klassengenossen dem weißen Terror zum Opfer bringen, der nach der Niederlage der proletarischen Revolution einsetzte. Die finnländische Erfahrung zeigte die Richtigkeit der Strategie und der Taktik der bolschewistischen Partei in der Revolution und besonders gegenüber der bürgerlichen Demokratie. Die Konferenz der finnländischen Arbeiterpartei, die Ende August 1918 in Moskau zusammentrat, zog das Fazit sowohl der Fehler der Revolution in Finnland wie auch der Erfahrung des Oktoberumsturzes in Russland. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 6, Anm. 170]

In Finnland, wo es keine bolschewistische Partei gab, gab es 1917–1918 auch keine Sowjets in der Form, in der sie in Russland bestanden. Nach der Februarrevolution in Russland gründeten die Helsingforser Arbeiter eine „Vertretung der Arbeiterorganisationen“, zu der die verschiedenen Arbeiterorganisationen einen Deputierten auf je 200 Mitglieder wählten. Ähnliche Vertretungen wurden im ganzen Lande ins Leben gerufen. In ihren Händen lag die lokale Leitung der Arbeiterbewegung.

Als das Proletariat in Finnland gegen Ende Januar 1918 die Macht ergriff, wurde ein „Zentraler Arbeiterrat“ organisiert. Diesem Arbeiterrat gehörten 10 Vertreter der Sozialdemokratischen Partei an, von der sich damals die Kommunistische Partei Finnlands ebenso wie in den anderen Ländern mit Ausnahme Russlands noch nicht abgesondert hatte. Dem Zentralen Arbeiterrat gehörten außerdem 10 Vertreter der Gewerkschaften, 10 Delegierte der Roten Garde, 4 Delegierte der Helsingforser Arbeitervertretung und ein Vertreter der Provinzorganisationen des Gouvernements Nyland an. Die Regierung in Gestalt des Rates der Volksbeauftragten war dem Zentralen Arbeiterrat unterstellt. Die lokalen Vertretungen der Arbeiterorganisationen mit ihren Vollzugsausschüssen verwandelten sich in Organe der Staatsgewalt, die die revolutionären Volksgerichte, die Verwaltungsorgane der Kommunalwirtschaft, die Miliz usw. ernannten. Die Rotgardistenstäbe – die Revolutionskomitees – wirkten faktisch an vielen Orten ebenfalls als Staatsorgane.

Die hier aufgezählten Organisationen erfassten nur die organisierten Werktätigen, während die Handwerker und werktätigen Bauern sowie selbst gewisse Arbeitergruppen in ihnen nicht vertreten waren Im April 1918 gelang es der finnischen Bourgeoisie mit Hilfe der deutschen Imperialisten, die Arbeiterrevolution niederzuschlagen und ihre Diktatur wiederherzustellen. [Ausgewählte Werke, Band 8, Anm. 116]

Die Ereignisse in Finnland entfalteten sich wie folgt: Die Februarrevolution und die darauf folgenden Ereignisse gaben der Entwicklung der revolutionären Bewegung in Finnland einen Anstoß. Die Provisorische Regierung, die gegen die Vertiefung der Revolution in Russland kämpfte, beeilte sich, der finnischen Bourgeoisie zu Hilfe zu kommen und den revolutionär gesinnten finnischen Sejm [Landtag] zu zerstreuen. Dies stärkte jedoch nur den Prozess der Revolutionierung des finnischen Proletariats und schürte den Klassenkampf. Ein äußerer Vorstoß, um ihn in einen Kampf um die Macht zu verwandeln, war die Oktoberrevolution. Am 14. November brach in Finnland ein Generalstreik aus, der jedoch mit einem Kompromiss endete. Bald nach der Oktoberrevolution erkannte der Rat der Volkskommissare die Unabhängigkeit Finnlands und seine völlige Trennung von Russland an. Unterdessen drängten Hunger und allgemeiner Verfall in Finnland die Arbeiterklasse zum Kampf gegen die Bourgeoisie. Beide Seiten bereiteten sich intensiv auf den Zusammenprall vor. Wie sich später herausstellte, konzentrierte der finnische Senat das gesamte Brot aus Russland im Norden des Landes in den im Voraus geplanten Stützpunkten der Weißen Armee. Zur selben Zeit führte die finnische Bourgeoisie eine wütende Kampagne gegen die Sowjetregierung. Das Anwachsen der revolutionären Gefühle in der Arbeiterklasse zwang die finnische Sozialdemokratie, den Weg des Kampfes für die Machtergreifung einzuschlagen. Da die Bourgeoisie daran interessiert war, die Initiative in ihren Händen zu behalten, provozierte sie die Arbeiter, entwaffnete die Rotgardisten und warf gleichzeitig der Sowjetregierung vor, den Bürgerkrieg in Finnland zu unterstützen. Die Antwort auf diese Anschuldigungen war die Note an Svinhufvud (Siehe auch Genosse Trotzkis Rede über Finnland auf der Friedenskonferenz, S. 93).

Unterdessen flammte der Kampf in Finnland auf, was das Proletariat zu entschlossenem Handeln veranlasste. In der Nacht des 27. Januar 1918 wurde die rote Flagge über dem Arbeiterhaus in Helsingfors gehisst, die Macht ging in die Hände des Proletariats über, und die weiße Regierung war gezwungen, nach Norden nach Nikolajstadt (Vaasa) zu fliehen. Die Machtergreifung wurde von der Bourgeoisie zu einer Zeit provoziert, als die Arbeiterklasse noch nicht stark genug war, um die Macht in ihren Händen zu behalten, während die Bourgeoisie den Norden im Voraus in ein befestigtes Militärlager verwandelt hatte. Im Bürgerkrieg, der ausbrach, gab es daher einen beträchtlichen Vorteil auf Seiten der Bourgeoisie. Das Endergebnis des Bürgerkrieges wurde durch das Eingreifen der Deutschen entschieden. Am 3. April landete im Rücken der finnischen Arbeiterregierung die deutsche „Baltische Division" von General Goltz, der zusammen mit den Weißen Finnen Militäroperationen gegen die Arbeiterregierung begann. Der Rat der Volksbeauftragten reiste nach Wyborg ab und hielt über die Karelische Landzunge Kontakt nach Russland. Die Weißgardisten, die bald die Eisenbahn zwischen Wyborg und Petrograd unterbrachen, schickten ihre Truppen an diesen Punkt. Der Ausgang des Krieges war entschieden und in der Nacht zum 26. April musste der Rat der Volksbeauftragten Wyborg verlassen. Nach einem langen Kampf regierte die bürgerliche Regierung von Svinhufvud erneut in Finnland mit Hilfe von deutschen Bajonetten und überflutete das Land mit Blut. [Trotzki, Sotschinenija 17.1]

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