Karl Kautsky‎ > ‎1907‎ > ‎

Karl Kautsky 19070418 G. Salvioli, Le capitalisme dans le monde antique

Karl Kautsky: G. Salvioli, Le capitalisme dans le monde antique

Etudes sur l'histoire de l'économie Romaine. Traduit sur le manuscrit italien par Alfred Bonnet. Paris V. Giard & E. Brière. 320 S. 7 Franken.

[Nach „Die Neue Zeit: Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie.“ - 25.1906-1907, 2. Band (1906-1907), Heft 29 (18. April 1907), S. 103]

Diese Darstellung der ökonomischen Entwicklung im römischen Weltreich bis zu seinem Zusammenbruch in der Völkerwanderung ist eine vortreffliche Leistung und eine erhebliche Bereicherung der wirtschaftsgeschichtlichen Literatur. Mit voller Beherrschung des historischen Materials verbindet Salvioli ein klares Verständnis der ökonomischen Theorie und einen unbefangenen Blick, der ihn fern hält von aller Schablonisierung und Übertreibung. Er sieht tiefer als die Historiker, wie zum Beispiel Mommsen, die, bar jedes historischen Sinnes in wirtschaftlichen Dingen, die ganze kapitalistische Konkurrenzwirtschaft von heute in der römischen Gesellschaft wieder finden; aber er hält sich auch frei von der Einseitigkeit der Rodbertus und Bücher, die die ganze antike Wirtschaft im Oikosbetrieb einem sich völlig selbst genügenden Großbetrieb mit versklavten Arbeitskräften, ausgehen lässt. Salvioli sieht die Eigenart des römischen Wirtschaftslebens, aber auch die Züge von Warenproduktion und kapitalistischer Ausbeutung, die es zu entwickeln musste.

Nur in wenigen untergeordneten Details weichen wir von der Auffassung des Verfassers ab, auch wünschten wir, er hätte der technischen Grundlage der Wirtschaft und der Rückwirkung der Sklaverei auf sie, sowie dem Bergwerksbetrieb mehr Beachtung geschenkt. Diese Partien sind sehr zu kurz gekommen.

Aber diese Ausstellungen sind unerheblich gegenüber den Vorzügen des Werkes, das einen erneuten Beleg für die Fruchtbarkeit der marxistischen Methode darstellt. Und es wirkt sehr wohltuend, dass Salvioli, Professor an der Universität Neapel, die von Marx gegebenen Methoden und Richtungslinien nicht bloß benutzt – das tun seine Kollegen in aller Welt zumeist auch, sondern dass er sie verständnisvoll und fruchtbringend benutzt. was nur von wenigen seiner Kollegen gesagt werden kann, und dass er auch offen anerkennt. was er Marx verdankt, was keiner seiner Kollegen in Deutschland wagen würde.

K. K.

Kommentare