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Arnold Ruge und Karl Riedel 18420807 Brief an Karl Marx

Arnold Ruge und Karl Riedel: Brief an Karl Marx

in Bonn

[Nach Marx Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung. Briefwechsel, Band 1. Berlin 1975, S. 376 f.]

Dresden, 7. August 1842

Lieber Freund,

Es sind grade 4 Wochen, als Sie mir schrieben. Seitdem hat sich viel ereignet. Was Sie damals berührten: „die Freien und die Philalethen" beide existieren nicht. Es ist dies eine Manier „mit losem Pulver zu schießen", wie sich ein alter Freund von mir, der die Philalethen zuerst im Jahr 1830 getauft hat, ausdrückte, die zu nichts führt und nur beweist, wie schwach wir auch sogar in der Erkennung der praktischen Probleme bis jetzt sind. Sie haben damals die Sache schon richtig, als bloßen Zeitungsversuch charakterisiert.

Die Jahrbücher müssen sich bis hinter den Landtag durchquälen. Der Landtag kann Einiges Gute stiften und ich erwart' es. Die Anecdota sollen dazu mitwirken. Ihre Arbeiten erwart' ich. Ihr Aufsatz über den Erzbischof ist noch nicht erschienen. Als Flüchtling vor der Zensur eignet es sich immerhin in die Anecdota. Mit Campe fangen Sie schwerlich was an. Politik werd' ich noch am besten durchbringen in den Jahrbb., da man sich an der Theologie verbissen hat.

Bauer hatte mir eine Rezension über Ammon geschickt. Non Imprimatur. Die Regierung ist teilweise im starken Widerspruch mit dem Konstitutionellen Prinzip, aber ohne es zu wissen und aus Angst vor dem Bunde und vor Preußen. Sonst ist man legal gesinnt, was in Deutschland jetzt viel sagen will. |

ln Preußen kümmert man sich bei seiner Legalität nicht um die Gesetze, sondern nur um die allerhöchsten Wünsche und deren polizeiliche Interpretation. Hier ist die Polizei gebrochen, und es wird möglich sein, die Presspolizei und ihre Extravaganzen anzugreifen. Es wäre leicht, sie ganz zu stürzen, wenn nicht die Buchhändler so schlecht wären. Diese albernen Industriemenschen haben keinen Sinn für politische Freiheit und doch ist die Industrie das Einzige, worauf die Regierung Gewicht legt.

Es erscheint so eben ein Buch: Differenz der Hegelschen und Schellingschen Philosophie von Glaser, der die Arist[otelische] Metaphysik besprochen hat (er will sie ganz neu ändern, Sie haben das Buch wohl gesehn). Die „Differenz" ist nun ein seltsames Wesen und jedenfalls, bei aller philosophischen Konfusion, einer Rezension wert. Es ist Extrem gegen Schelling und sucht ihn zum reinen Plagiarius zu machen, was immer nur sehr eingeschränkt wahr ist. Auf der anderen Seite wird er die Scholastik nicht los.

Haben Sie Lust, das Buchwesen zu rezensieren? In den Jahrbb. mein' ich?

Antworten Sie mir bald und vergessen Sie nicht, die Ausführungen für die Anecdota beizulegen.

Ihr

A. Ruge. I

Lieber Marx! Glaser ist derselbe, den Du bei Walter in der Kronenstraße gemuckt hast. Mucke ihn tüchtig. Ich bin eben in Dresden.

Dein

Riedel.

Haben Sie die Güte die Inlage an Jung in Köln für die Rheinische Zeitung zu schicken und wenn Sie wollen dieselbe vorher zu lesen.

Nochmals meine schönsten Grüße

Ihr

A.Ruge

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