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Wladimir I. Lenin 19201002 Rede auf dem 3. Allrussischen Kongress des Kommunistischen Jugendverbandes Russlands

Wladimir I. Lenin: Rede auf dem 3. Allrussischen Kongress

des Kommunistischen Jugendverbandes Russlands

2. Oktober 1920

[„Prawda“ Nr. 221, 222, 223, 5., 6., 7. Oktober 1920. Nach Sämtliche Werke, Band 25, Wien-Berlin 1930, S. 474-493]

Genossen! Ich möchte mich heute mit euch darüber unterhalten, welches die Grundaufgaben des Kommunistischen Jugendverbandes sind, und im Zusammenhang damit auch darüber, wie überhaupt die Jugendorganisationen in einer sozialistischen Republik beschallen sein müssen.

Mit dieser Frage müssen wir uns um so mehr beschäftigen, als man in einem gewissen Sinne sagen darf, dass es gerade die Aufgabe der Jugend sein wird, eine wirklich kommunistische Gesellschaftsordnung zu schaffen. Denn es ist klar, dass die Generation der Arbeiter, die in der kapitalistischen Gesellschaft groß geworden ist, bestenfalls die Grundlagen der alten kapitalistischen, auf Ausbeutung beruhenden Gesellschaftsordnung vernichten kann. Sie kann im besten Falle eine gesellschaftliche Ordnung schaffen, die dem Proletariat und den werktätigen Klassen die Möglichkeit gibt, die Macht zu behaupten und ein festes Fundament zu schaffen, auf dem nur eine Generation weiterbauen kann, die bereits unter neuen Bedingungen, neuen Verhältnissen an die Arbeit geht, wo kein Ausbeutungsverhältnis mehr zwischen den Menschen besteht.

Wenn wir nun von diesem Standpunkt aus die Frage stellen: vor welchen Aufgaben steht die Jugend? – so müssen wir sagen, dass diese Aufgaben der Jugend im Allgemeinen und der Kommunistischen Jugendverbände und aller anderen Organisationen im Besonderen sich durch ein einziges Wort kennzeichnen lassen, durch das Wort: lernen!

Allerdings ist das eben nur ein „einziges Wort“. Es gibt noch keine Antwort auf die wichtigste, wesentlichste Frage: wie und was soll man lernen? Hier aber handelt es sich in der Hauptsache darum, dass zugleich mit der Umgestaltung der alten kapitalistischen Gesellschaft die Unterweisung, Erziehung und Bildung der neuen Generationen, die die kommunistische Gesellschaft aufbauen werden, nicht nach den alten Methoden betrieben werden kann. Bei der Unterweisung, Erziehung und Bildung der Jugend muss man von dem Material ausgehen, das uns die alte Gesellschaft hinterlassen hat. Wir können den Kommunismus nur aus jener Summe von Wissen, Organisationen und Institutionen, mit jenen Reserven an menschlichen Kräften und Mitteln aufbauen, die uns die alte Gesellschaft hinterlassen hat. Nur wenn wir den Unterricht, die Organisation und die Erziehung der Jugend von Grund auf umgestalten, werden wir es dahin bringen, dass durch die Bemühungen der jungen Generation eine Gesellschaft entsteht, die von der alten verschieden ist, d. h. eine kommunistische Gesellschaft, Deshalb müssen wir ausführlich auf die Frage eingehen, was wir die Jugend lehren sollen, was die Jugend lernen muss, um wirklich den Namen „Kommunistische Jugend“ mit Recht zu tragen, und wie wir sie vorzubereiten haben, damit sie imstande sei, das zu vollenden, was wir begonnen haben.

Die erste und natürlichste Antwort darauf ist offenbar die, dass der Jugendverband und die gesamte Jugend, die zum Kommunismus übergehen will, den Kommunismus lernen muss.

Aber diese Antwort: „Kommunismus lernen“ ist zu allgemein. Was müssen wir nun tun, um den Kommunismus zu erlernen? Was müssen wir aus der Summe des allgemeinen Wissens herausgreifen, um uns das Wissen des Kommunismus anzueignen? Hier droht uns eine ganze Reihe von Gefahren, die stets auftauchen, sobald die Aufgabe der Erlernung des Kommunismus falsch angepackt oder einseitig aufgefasst wird.

Natürlich, auf den ersten Blick hat es den Anschein, als ob Erlernung des Kommunismus so viel bedeute wie Aneignung jener Summe von Kenntnissen, die in den kommunistischen Lehrbüchern, Werken und Broschüren enthalten ist. Aber eine derartige Definition des Studiums des Kommunismus wäre allzu grob und mangelhaft. Wenn das Studium des Kommunismus nur in der Aneignung dessen bestünde, was in den kommunistischen Werken, Büchern und Broschüren enthalten ist, so könnten wir sehr leicht kommunistische Bücherwürmer und Maulhelden bekommen, Das aber würde uns nur Schaden bringen, denn diese Leute, die das, was in den kommunistischen Büchern und Broschüren enthalten ist, gelesen und sich angeeignet hätten, wären unfähig, alle diese Kenntnisse zusammenzufassen und so zu handeln, wie es der Kommunismus in Wirklichkeit erfordert.

Eines der größten Übel, die uns die alte kapitalistische Gesellschaft hinterlassen hat, ist die tiefe Kluft zwischen Buch und Leben; denn wir hatten zwar Bücher, in denen alles aufs Schönste beschrieben war, die aber meistens die abscheulichsten, verlogensten Dinge enthielten und uns die kommunistische Gesellschaft in einem falschen Lichte schilderten. Die bloße Aneignung dessen, was in den Büchern über Kommunismus enthalten ist, wäre deshalb im höchsten Grade unrichtig. Was jetzt in unseren Artikeln enthalten ist, sieht dem, was man früher über den Kommunismus geschrieben hat, nicht im mindesten ähnlich, denn jetzt schreiben wir über unsere tagtägliche, vielseitige Arbeit. Ohne Arbeit, ohne Kampf ist das aus den kommunistischen Broschüren und Werken geschöpfte Bücherwissen keinen Deut wert, denn dadurch wird nur der alte Widerspruch zwischen Theorie und Praxis aufrechterhalten, jener alte Widerspruch, der einer der widerwärtigsten Züge der alten bürgerlichen Ordnung war.

Noch gefährlicher wäre es, wenn wir uns bloß auf die Aneignung der kommunistischen Losungen beschränken wollten. Hätten wir diese Gefahr nicht rechtzeitig erkannt und nicht unsere ganze Arbeit auf die Beseitigung dieser Gefahr konzentriert, so würde die halbe oder ganze Million junger Burschen und Mädchen, die sich nach einer solchen Unterweisung im Kommunismus als Kommunisten bezeichnen würden, der Sache des Kommunismus nur schweren Schaden zufügen.

Hier taucht die Frage auf: wie müssen wir all das für die Unterweisung im Kommunismus verknüpfen? Was müssen wir von der alten Schule, von der alten Wissenschaft übernehmen? Die alte Schule behauptete, sie wolle einen allseitig gebildeten Menschen erziehen, und lehrte die Wissenschaften im Allgemeinen. Wir wissen, dass das eine vollkommene Heuchelei war, denn die ganze Gesellschaftsordnung beruhte auf der Teilung der Menschen in Klassen, in Ausbeuter und Unterdrückte, Die alte Schule, die durch und durch vom Klassengeist erfüllt war, vermittelte natürlich nur den Kindern der Bourgeoisie Kenntnisse. Jedes Wort dieser Schule war den Interessen der Bourgeoisie angepasst. In diesen Schulen wurde die junge Generation der Arbeiter und Bauern nicht so sehr erzogen, als vielmehr für die Interessen eben dieser Bourgeoisie gedrillt. Diese Erziehung machte sich zur Aufgabe, geeignete Diener für die Bourgeoisie heranzubilden, die imstande sein sollten, für die Profite dieser Bourgeoisie zu arbeiten, ohne ihre Ruhe und ihr Nichtstun zu stören. Deshalb lehnen wir die alte Schule ab und haben uns die Aufgabe gestellt, ihr nur das zu entlehnen, was wir für eine wirklich kommunistische Bildung brauchen.

Hier komme ich auf jene Anschuldigungen und Anklagen gegen die alte Schule, die man ständig zu hören bekommt und die zu ganz falschen Schlüssen führen. Man sagt: die alte Schule war eine Schule des Ochsens, des Drills. Das ist richtig, aber man muss doch zwischen dem Schlechten und Guten der alten Schule unterscheiden und das auswählen, was für den Kommunismus notwendig ist.

Die alte Schule war eine Schule des Ochsens, sie zwang die Menschen, sich eine Unmenge unbrauchbarer, überflüssiger, toter Kenntnisse anzueignen, die das Gehirn verkleisterten und die junge Generation zu Durchschnittsbürokraten zurechtstutzten. Aber man würde einen schweren Fehler begehen, wenn man daraus den Schluss ziehen wollte, dass man Kommunist werden kann, ohne sich die Schätze des menschlichen Wissens anzueignen, Es wäre irrig, zu glauben, dass es genügt, sich die kommunistischen Losungen, die Schlussfolgerungen der kommunistischen Wissenschaft anzueignen, ohne sich jene Summe von Kenntnissen zu eigen zu machen, deren Ergebnis der Kommunismus ist. Ein Beispiel dafür, wie der Kommunismus aus der Summe des menschlichen Wissens herausgewachsen ist, bildet der Marxismus.

Ihr habt wohl gelesen und gehört, wie die kommunistische Theorie, die kommunistische Wissenschaft, die hauptsächlich von Marx begründet worden ist, wie diese Lehre des Marxismus aufgehört hat, das Werk eines einzigen, wenn auch genialen Sozialisten des neunzehnten Jahrhunderts zu sein, wie diese Lehre zu einer Lehre von Millionen und Abermillionen von Proletariern in der ganzen Welt geworden ist, die diese Lehre in ihrem Kampfe gegen den Kapitalismus anwenden. Und wenn man die Frage stellt: wie war es möglich, dass die Lehre Marxens die Herzen von Millionen und Abermillionen der revolutionärsten Klasse ergreifen konnte? – so kann man darauf nur eine Antwort erteilen: das war möglich, weil Marx sich auf das feste Fundament des menschlichen Wissens stützte, das unter dem Kapitalismus errungen worden war, weil er die Entwicklungsgesetze der menschlichen Gesellschaft studierte und die Unvermeidlichkeit der Entwicklung des Kapitalismus zum Kommunismus erkannte, vor allem aber, weil er auf Grund des exaktesten, gründlichsten und tiefsten Studiums dieser kapitalistischen Gesellschaft, der vollständigen Beherrschung der gesamten Ergebnisse der damaligen Wissenschaft diesen Beweis lieferte. Alles, was die menschliche Gesellschaft geschaffen hatte, wurde von Marx kritisch verarbeitet; er ließ keinen Punkt unberücksichtigt. Alles, was der menschliche Gedanke geschaffen hatte, wurde von ihm verarbeitet, der Kritik unterworfen, an der Arbeiterbewegung erprobt, und dann zog er jene Schlussfolgerungen, die Menschen, deren Gesichtskreis nicht über die bürgerliche Gesellschaft hinausgeht oder die an die bürgerlichen Vorurteile gebunden sind, nicht zu ziehen vermochten.

Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir zum Beispiel von proletarischer Kultur reden. Ohne die klare Einsicht, dass nur durch eine genaue Kenntnis der Kultur, die im Laufe der gesamten Entwicklung der Menschheit geschaffen worden ist, nur durch eine Umarbeitung dieser Kultur eine proletarische Kultur aufgebaut werden kann – ohne eine solche Einsicht werden wir diese Aufgabe nicht lösen. Die proletarische Kultur fällt nicht vom Himmel, sie ist nicht eine Erfindung von Leuten, die sich als Fachleute für proletarische Kultur bezeichnen. Das ist alles Unsinn, Die proletarische Kultur wird das Ergebnis der gesetzmäßigen Entwicklung jener Summe von Kenntnissen sein, die die Menschheit unter dem Drucke der Gesellschaft der Kapitalisten, der Gutsbesitzer und Bürokraten erworben hat. Alle diese Wege und Pfade führten und führen zur proletarischen Diktatur, genau so, wie die von Marx umgearbeitete politische Ökonomie uns zeigte, wohin die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft führen muss, und uns auf den Übergang zum Klassenkampfe, zum Beginn der proletarischen Revolution hinwies.

Wenn wir nicht selten sowohl von Vertretern der Jugend als auch von gewissen Verfechtern der neuen Bildung die Anklage gegen die alte Schule hören, dass das eine Schule des Paukens war, so sagen wir ihnen, dass wir von der alten Schule das übernehmen müssen, was an ihr gut war. Wir brauchen nicht jene Methode der alten Schule zu übernehmen, die dazu führte, dass man den Kopf des jungen Menschen mit einer Unmenge von Kenntnissen vollstopfte, die zu neun Zehnteln überflüssig und zu einem Zehntel entstellt waren. Das aber bedeutet nicht, dass wir uns mit den kommunistischen Schlussfolgerungen begnügen und lediglich die kommunistischen Losungen auswendig lernen müssen. Damit wird man keinen Kommunismus schaffen. Man kann nur dann ein Kommunist werden, wenn man sich mit allen jenen Schätzen des Wissens bereichert, die die Menschheit geschaffen hat.

Wir brauchen das Büffeln nicht, aber wir müssen das Gedächtnis jedes Lernenden durch die Kenntnis der grundlegenden Tatsachen entwickeln und vervollkommnen, denn der Kommunismus wird zu einer leeren Phrase, zu einem bloßen Aushängeschild und der Kommunist zu einem einfachen Prahlhans, wenn er nicht alle erworbenen Kenntnisse in seinem Bewusstsein verarbeitet. Ihr müsst euch diese Kenntnisse nicht nur aneignen, sondern sie auch kritisch prüfen, um nicht euren Geist mit unnützem Zeug zu belasten, sondern durch die Kenntnisse aller Tatsachen zu bereichern, die für einen gebildeten Menschen von heute unerlässlich sind. Ein Kommunist, dem es einfiele, sich mit dem Kommunismus zu brüsten auf Grund der ihm übermittelten fertigen Schlussfolgerungen, ohne selbst eine sehr ernste schwierige und große Arbeit zu leisten, ohne sich in den Dingen zurechtzufinden, denen gegenüber er sich kritisch verhalten muss, – ein solcher Kommunist wäre eine sehr traurige Gestalt, Eine solche Oberflächlichkeit wäre ein wahres Verhängnis. Wenn ich weiß, dass ich wenig weiß, so werde ich mich bemühen, mehr zu wissen. Wenn aber jemand erklärt, dass er Kommunist sei und nichts Solides zu wissen brauche, so wird aus ihm alles andere, nur kein Kommunist werden.

Die alte Schule erzog Lakaien für die Kapitalisten, die alte Schule machte aus den Männern der Wissenschaft Menschen, die schreiben und reden mussten, was den Kapitalisten passte. Deshalb müssen wir diese Schule beseitigen. Aber wenn wir sie beseitigen, wenn wir sie zerstören müssen, – bedeutet das etwa, dass wir von ihr nicht alles das nehmen müssen, was die Menschheit an Nützlichem für die Menschen aufgehäuft hat? Bedeutet das etwa, dass wir zwischen dem, was für den Kapitalismus notwendig war, und dem, was für den Kommunismus notwendig ist, keinen Unterschied zu machen haben?

An die Stelle des alten Drills, der in der bürgerlichen Gesellschaft gegen den Willen der Mehrheit gepflegt wurde, setzen wir die bewusste Disziplin der Arbeiter und Bauern, die mit dem Hass gegen die alte Gesellschaft die Entschlossenheit, die Fähigkeit und Bereitschaft zum Zusammenschluss, zur Organisation der Kräfte für diesen Kampf verbinden, um aus dem Willen von Millionen und Abermillionen zersplitterter, über das ganze ungeheure Land zerstreuter Menschen einen einheitlichen Willen zu schmieden, denn ohne einen solchen einheitlichen Willen werden wir unvermeidlich geschlagen werden. Ohne einen solchen Zusammenschluss, ohne eine solche bewusste Disziplin der Arbeiter und Bauern wäre unsere Sache hoffnungslos verloren. Ohne das werden wir nicht imstande sein, die Kapitalisten und Gutsbesitzer in der ganzen Welt zu besiegen. Ja, wir werden nicht einmal imstande sein, das Fundament zu schaffen, geschweige denn auf diesem Fundament eine neue kommunistische Gesellschaft aufzubauen.

Trotz der Ablehnung der alten Schule, trotz dem berechtigten und notwendigen Hass gegen diese alte Schule, trotz der Entschlossenheit zur Zerstörung der alten Schule, müssen wir verstehen, dass man an die Stelle des alten Unterrichts, des alten Büffelns, des alten Drills, das Streben setzen muss, sich die Gesamtheit der menschlichen Kenntnisse zu eigen zu machen, und zwar so, dass der Kommunismus nicht etwas Angelerntes sei, sondern etwas, was wir selbst durchdacht haben, etwas, was vom Standpunkt der modernen Bildung unumgänglich notwendig ist.

Das ist die Art, wie man die grundlegenden Aufgaben stellen muss, wenn wir die Frage aufwerfen: „Wie kann man den Kommunismus erlernen?“

Um euch das begreiflich zu machen und zugleich die Frage des Lernens anzuschneiden, möchte ich ein Beispiel aus der Praxis anführen, Ihr alle wisst, dass wir jetzt, nach den militärischen Aufgaben, den Aufgaben der Verteidigung der Republik, vor wirtschaftlichen Aufgaben stehen. Wir wissen, dass man die kommunistische Gesellschaft nicht aufbauen kann ohne die Wiederherstellung der Industrie und der Landwirtschaft, und zwar auf neue Art. Der Wiederaufbau muss, auf moderner Grundlage, nach den neuesten Ergebnissen der Wissenschaft erfolgen, Ihr wisst, dass diese Grundlage die Elektrizität ist. Nur durch Elektrifizierung des ganzen Landes, aller Zweige der Industrie und der Landwirtschaft, nur wenn ihr diese Aufgabe löst, – nur dann werdet ihr für euch jene kommunistische Gesellschaft aufbauen, die die alte Generation nicht aufbauen kann. Ihr steht vor der Aufgabe der wirtschaftlichen Wiedergeburt des ganzen Landes, der Umgestaltung, der Wiederherstellung der Landwirtschaft und der Industrie auf einer modernen technischen Grundlage, auf der Grundlage der modernen Wissenschaft und Technik, auf der Grundlage der Elektrizität, Ihr werdet natürlich verstehen, dass man bei der Elektrifizierung mit Analphabeten nichts anfangen kann und dass die einfache Schulbildung hier nicht ausreicht. Es genügt nicht, zu wissen, was Elektrizität ist. Man muss auch verstehen, die Elektrizität in der Industrie und Landwirtschaft, in den einzelnen Zweigen der Industrie und Landwirtschaft technisch anzuwenden. Man muss das selbst lernen, muss es der ganzen heranwachsenden werktätigen Generation beibringen. Das ist die Aufgabe, vor der jeder bewusste Kommunist, jeder junge Mensch steht, der sich für einen Kommunisten hält und sich klar darüber ist, dass er durch den Eintritt in den Kommunistischen Jugendverband die Verpflichtung übernommen hat, der Partei und der ganzen jungen Generation beim Aufbau der kommunistischen Gesellschaft zu helfen. Er muss begreifen, dass er nur durch eine moderne Bildung dazu imstande ist, und dass ohne diese Bildung der Kommunismus nur ein frommer Wunsch bleiben wird.

Die Aufgabe der vorhergehenden Generation war es, die Bourgeoisie zu stürzen. Damals war die Hauptaufgabe die Kritik an der Bourgeoisie, des Wecken des Hasses in den Massen gegen die Bourgeoisie, die Entwicklung des Klassenbewusstseins, die Zusammenfassung der Kräfte. Die neue Generation steht vor einer komplizierteren Aufgabe, Es genügt nicht, alle Kräfte zusammenzufassen, um die Arbeiter- und Bauernregierung vor einem Überfall der Kapitalisten zu schützen. Das muss man natürlich tun. Das wisst ihr sehr gut, das ist für jeden Kommunisten ganz klar. Aber das ist nicht genug. Ihr habt die kommunistische Gesellschaft aufzubauen. Die erste Hälfte der Arbeit ist in vieler Hinsicht bereits getan. Das Alte ist zerstört und hat es verdient. Es ist ein Haufen von Trümmern und hat zertrümmert werden müssen. Der Boden ist gesäubert, und auf diesem Boden muss die junge kommunistische Generation die kommunistische Gesellschaft aufbauen, Ihr steht vor der Aufgabe des Aufbauens. Und ihr könnt diese Aufgabe nur lösen, wenn ihr euch das ganze heutige Wissen aneignet, wenn ihr es versteht, aus fertigen, auswendig gelernten kommunistischen Formeln, Ratschlägen, Rezepten, Vorschriften und Programmen etwas Lebendiges zu machen, das eure unmittelbare Arbeit zusammenfasst, wenn ihr es versteht, den Kommunismus zur Richtschnur für eure praktische Arbeit zu machen.

Das ist eure Aufgabe. Und in Dingen der Bildung, Erziehung, Hebung der gesamten jungen Generation müsst ihr euch davon leiten lassen. Unter den Millionen, die am Aufbau der kommunistischen Gesellschaft teilnehmen, müsst ihr die ersten sein. Jeder junge Mann und jedes junge Mädchen muss an diesem Aufbau teilnehmen. Ohne die Heranziehung der gesamten Masse der Arbeiter- und Bauernjugend zu diesem Aufbau des Kommunismus kann man keine kommunistische Gesellschaft schaffen.

Hier komme ich natürlich zu der Frage: wie müssen wir den Kommunismus lehren und worin muss die Eigenart unserer Methoden bestehen?

Dabei muss ich vor allem auf die Frage der kommunistischen Moral eingehen. Ihr müsst euch zu Kommunisten erziehen. Die Aufgabe des Jugendverbandes besteht darin, seine praktische Tätigkeit so zu gestalten, dass die Jugend durch ihr Studium, ihre organisatorische Arbeit, ihren Zusammenschluss und ihren Kampf sich selbst und alle diejenigen erziehe, die in ihr den Führer sehen, dass sie Kommunisten erziehe. Die ganze Erziehung, Bildung und Unterweisung der heutigen Jugend muss eine Erziehung zur kommunistischen Moral sein.

Aber gibt es denn eine kommunistische Moral? Gibt es denn eine kommunistische Sittlichkeit? Natürlich! Oft stellt man sich die Sache so vor, als ob wir keine eigene Moral hätten. Und sehr oft erhebt die Bourgeoisie gegen uns die Anklage, dass wir Kommunisten jede Moral verneinen.

Das ist eine Methode der Verwirrung der Begriffe, der Irreführung der Arbeiter und Bauern,

In welchem Sinne verneinen wir die Moral, die Sittlichkeit?

In dem Sinne, in dem sie von der Bourgeoisie gepredigt wird, die diese Sittlichkeit aus den Geboten Gottes ableitet. Hier sagen wir natürlich, dass wir nicht an Gott glauben, denn wir wissen sehr gut, dass die Geistlichkeit, die Gutsbesitzer und die Bourgeoisie im Namen Gottes redeten, um ihre Ausbeuterinteressen zu schützen. Oder anstatt diese Moral aus den sittlichen Geboten, aus den Geboten Gottes abzuleiten, leiteten sie sie von idealistischen und halb idealistischen Phrasen ab, die stets auf etwas hinausliefen, das den Geboten Gottes verdammt ähnlich sah.

Wir verneinen jede Sittlichkeit, die aus übernatürlichen klassenlosen Begriffen abgeleitet wird. Wir erklären das für einen Betrug, für einen Schwindel, für eine Verdummung der Arbeiter und Bauern im Interesse der Gutsbesitzer und Kapitalisten,

Wir erklären, dass unsere Sittlichkeit vollkommen den Interessen des proletarischen Klassenkampfes untergeordnet ist. Unsere Sittlichkeit leiten wir aus den Interessen des proletarischen Klassenkampfes ab.

Die alte Gesellschaft beruhte auf der Unterdrückung aller Arbeiter und Bauern durch die Gutsbesitzer und Kapitalisten. Wir mussten diese Gesellschaft zerstören, mussten sie beseitigen. Dazu bedarf es aber der Organisation. Der liebe Gott ist nicht imstande, eine solche Organisation zu schaffen.

Eine solche Organisation konnten nur die Fabriken und Werke, konnte nur das geschulte, aus langem Schlaf erweckte Proletariat schaffen. Erst mit der Entstehung dieser Klasse begann die Massenbewegung, die zu dem führte, was wir jetzt sehen: zum Sieg der proletarischen Revolution in einem der schwächsten Länder, das sich seit drei Jahren gegen den Ansturm der Bourgeoisie der ganzen Welt behauptet. Wir sehen das Anwachsen der proletarischen Revolution in der ganzen Welt. Und wir können jetzt auf Grund der Erfahrung sagen, dass nur das Proletariat imstande war, eine einheitliche Bewegung, eine Kraft zu schaffen, hinter der die zersplitterte, zerstreute Bauernschaft steht, eine Kraft, die jedem Ansturm der Ausbeuter standgehalten hat. Nur diese Klasse kann den werktätigen Massen helfen, sich zu organisieren, sich zusammenzuschließen, die kommunistische Gesellschaft auf immer zu sichern und ihren Aufbau zu vollenden.

Deshalb sagen wir: für uns gibt es keine Sittlichkeit außerhalb der menschlichen Gesellschaft. Das ist Betrug. Für uns ist die Sittlichkeit den Interessen des proletarischen Klassenkampfes untergeordnet.

Worin aber besteht dieser Klassenkampf? Er bedeutet: Sturz des Zaren, Sturz der Kapitalisten, Beseitigung der Kapitalistenklasse,

Und was bedeutet überhaupt die Existenz der Klassen? Das bedeutet, dass es einem Teil der Gesellschaft erlaubt ist, sich die Arbeit eines anderen Teils anzueignen. Wenn ein Teil der Gesellschaft sich den gesamten Boden aneignet, so bekommen wir die Klassen der Gutsbesitzer und der Bauern, Wenn ein Teil der Gesellschaft Fabriken und Werke, Aktien und Kapital besitzt, während der andere Teil in diesen Fabriken arbeitet, so haben wir die Klassen der Kapitalisten und Proletarier.

Es war nicht schwer, den Zaren davonzujagen. Dazu bedurfte es nur einiger Tage. Es war nicht sehr schwer, die Gutsbesitzer davonzujagen. Dazu bedurfte es nur einiger Monate. Und es war auch nicht schwer, die Kapitalisten fortzujagen. Aber die Klassen haben wir noch nicht aufgehoben. Es besteht immer noch die Teilung in Arbeiter und Bauern. Wenn der Bauer auf seinem eigenen Hof sitzt und überschüssiges Getreide zurückhält, d. h. Getreide, das er weder für sich noch für sein Vieh braucht, während alle anderen ohne Brot dasitzen, so verwandelt er sich in einen Ausbeuter, Je mehr Getreide er für sich zurückbehält, desto vorteilhafter für ihn. Mögen die anderen nur hungern, er aber sagt sich: „Je mehr die anderen hungern, desto teurer werde ich mein Getreide verkaufen.“ Alle müssen nach einem einzigen gemeinsamen Plane, auf gemeinsamem Boden, in gemeinsamen Fabriken und nach einer gemeinsamen Ordnung zusammenarbeiten. Lässt sich das so leicht erreichen? Ihr seht, dass die Lösung dieser Aufgabe nicht so leicht ist, wie die Vertreibung des Zaren, der Gutsbesitzer und Kapitalisten. Dazu ist nötig, dass das Proletariat einen Teil der Bauern umbilde und ummodle; dass es die werktätigen Bauern für sich gewinne, um den Widerstand jener reichen Bauern zu brechen, die sich auf Kosten der übrigen die Taschen füllen. Das bedeutet, dass der Kampf des Proletariats noch nicht damit beendet ist, dass wir den Zaren gestürzt und die Gutsbesitzer und Kapitalisten davongejagt haben. Und eben dieser Kampf ist die Aufgabe jener Gesellschaftsordnung, die wir als Diktatur des Proletariats bezeichnen.

Der Klassenkampf geht weiter: er hat nur seine Form geändert. Diesen Klassenkampf führt das Proletariat, damit die alten Ausbeuter nicht zurückkehren, damit die zersplitterte Masse der rückständigen Bauernschaft sich zu einem Bund zusammenschließe. Der Klassenkampf geht weiter, und unsere Aufgabe besteht darin, diesem Kampfe alles unterzuordnen. Und auch unsere kommunistische Sittlichkeit ordnen wir dieser Aufgabe unter. Wir behaupten: sittlich ist das, was der Zerstörung der alten Ausbeutergesellschaft und der Sammlung aller Werktätigen um das Proletariat dient, das eine neue kommunistische Gesellschaft aufbaut. Die kommunistische Sittlichkeit ist jene Sittlichkeit, die diesem Kampfe dient, die die Werktätigen zusammenschließt, gegen jede Ausbeutung und jeden Kleinbesitz, denn der Kleinbesitz gibt in die Hände eines einzelnen, was durch die Arbeit der Gesamtheit geschaffen worden ist. Den Grund und Boden betrachten wir als Gemeingut,

Und wenn ich mir nun von diesem Gemeingut ein Stück nehme, darauf doppelt so viel Getreide baue, als ich brauche, und mit dem Getreideüberschuss spekuliere? Wenn ich hoffe, einen um so höheren Preis zu erzielen, je mehr Menschen hungern werden? Handle ich da etwa wie ein Kommunist? Nein! Wie ein Ausbeuter, wie ein Eigentümer! Dagegen müssen wir kämpfen. Wenn wir das alles so lassen, so werden wir zurückgeworfen werden, so werden die Kapitalisten wieder zur Macht gelangen, wie das so oft in den früheren Revolutionen der Fall war. Damit die Macht der Kapitalisten und der Bourgeoisie nicht wieder hergestellt werde, darf man es nicht zulassen, dass einzelne Personen sich auf Kosten der übrigen bereichern, muss man die Werktätigen mit dem Proletariat zusammenschließen und eine kommunistische Gesellschaft aufbauen. Darin besteht die eigentliche Grundaufgabe des Kommunistischen Jugendverbandes.

Das Prinzip der alten Gesellschaft war: entweder raube ich den anderen aus oder er raubt mich aus; entweder arbeite ich für den anderen oder der andere für mich; entweder bin ich Sklavenhalter oder Sklave. Und es ist begreiflich, dass die in dieser Gesellschaft groß gewordenen Menschen sozusagen mit der Muttermilch diese Sinnesart, diese Gewohnheiten und Begriffe des Sklavenhalters, des Sklaven, des Kleineigentümers, Angestellten, Beamten, Intellektuellen einsaugen, kurzum eines Menschen, der sich bloß um sich selbst kümmert und den der andere nichts angeht.

Wenn ich ein Stück Land bewirtschafte und sage, der andere geht mich nichts an; wenn der andere hungert und ich sage, um so besser, dann werde ich mein Getreide teurer verkaufen; wenn ich eine Stelle als Arzt, Ingenieur, Lehrer oder Angestellter habe und mich um den anderen nicht kümmere, wenn ich vielleicht durch Kriecherei, durch Liebedienerei die Gunst der Machthaber erlangen und auf diese Weise meinen Posten erhalten oder sogar Karriere machen, zum Bourgeois werden will, – eine solche Psychologie, eine solche Gesinnung kann es unter Kommunisten nicht geben. Als die Arbeiter und Bauern den Beweis erbrachten, dass wir durch eigene Kraft imstande sind, uns zu behaupten und eine neue Gesellschaft zu schaffen, da begann damit die neue kommunistische Erziehung, die Erziehung im Kampfe gegen die Ausbeuter, die Erziehung im Bunde mit den Proletariern gegen die Egoisten und Kleineigentümer, gegen jene Gesinnung und jene Gepflogenheiten, die darin bestehen, dass man auf seinen eigenen Gewinn bedacht ist und sich um die anderen nicht kümmert.

Das ist die Antwort auf die Frage: wie muss die junge heranwachsende Generation den Kommunismus lernen?

Sie kann den Kommunismus nur lernen, wenn sie jeden Schritt ihres Studiums, ihrer Erziehung und Bildung mit dem unaufhörlichen Kampf der Proletarier und Werktätigen gegen die alte Ausbeutergesellschaft verknüpft. Wenn man von Sittlichkeit redet, so sagen wir: für den Kommunisten besteht die ganze Sittlichkeit in dieser festen, solidarischen Disziplin und in dem bewussten Kampf der Massen gegen die Ausbeuter, Wir glauben an keine ewige Sittlichkeit und entlarven den Betrug, der durch alle möglichen Märchen über Sittlichkeit verbreitet wird.

Die Sittlichkeit ist dazu da, um die menschliche Gesellschaft emporzuheben und von der Ausbeutung der Arbeit zu befreien.

Damit das zur Wirklichkeit werde, bedarf es jener Generation der Jugend, die sich im Laufe des disziplinierten, erbitterten Kampfes gegen die Bourgeoisie in zielbewusste Menschen zu verwandeln anfängt. In diesem Kampfe erzieht diese Generation wirkliche Kommunisten. Mit diesem Kampfe muss sie ihr ganzes Studium, ihre Bildungs- und Erziehungsarbeit verknüpfen und ihm unterordnen. Die Erziehung der kommunistischen Jugend darf nicht darin bestehen, dass man ihr allerhand Erbauungsreden und Sittlichkeitsregeln präsentiert. Nicht darin besteht die Erziehung, Die Menschen, die sahen, wie ihre Väter und Mütter unter dem Joch der Gutsbesitzer und Kapitalisten lebten, die selbst die Qualen erlebten, die jene erdulden mussten, welche den Kampf gegen die Ausbeuter aufnahmen; die sahen, welche Opfer es kostete, diesen Kampf fortzuführen, um das Errungene festzuhalten; die sahen, was die Gutsbesitzer und Kapitalisten für wütende Feinde waren, – diese Menschen werden unter diesen Verhältnissen zu Kommunisten erzogen. Die Grundlage der kommunistischen Sittlichkeit ist die Fortsetzung und Vollendung des Kommunismus. Darin besteht auch die Grundlage der kommunistischen Erziehung, Bildung und Belehrung. Das ist die Antwort auf die Frage, wie man den Kommunismus lernen soll.

Wir würden den Wert des Studiums, der Erziehung und Bildung bestreiten, wenn sie ausschließlich auf die Schule beschränkt und von den Stürmen des Lebens losgelöst wären. Solange die Arbeiter und Bauern von den Gutsbesitzern und den Kapitalisten unterdrückt werden, solange die Schulen in den Händen der Gutsbesitzer und Kapitalisten sind, ist die Jugend blind und unwissend. Unsere Schule aber muss der Jugend die Grundlagen des Wissens übermitteln, muss sie dazu erziehen, selbst kommunistische Auffassungen zu entwickeln, muss aus ihr gebildete Menschen machen. Die Schule muss in der Zeit, wo die Jugend dort unterwiesen wird, aus ihr Teilnehmer am Kampfe für die Befreiung von den Ausbeutern erziehen. Der Kommunistische Jugendverband wird erst dann beweisen, dass er wirklich ein Bund der jungen kommunistischen Generation ist, wenn er seine ganze Erziehungs- und Bildungsarbeit mit der Teilnahme am gemeinsamen Kampfe aller Werktätigen gegen die Ausbeuter verknüpft. Denn ihr wisst sehr wohl, dass wir, solange Russland die einzige Arbeiterrepublik ist und in der ganzen übrigen Welt die alte bürgerliche Ordnung besteht, schwächer sind als die Kapitalisten, dass uns immer wieder neue Überfälle drohen, dass wir nur durch Geschlossenheit und Einmütigkeit siegen und dann wirklich unüberwindlich werden. Kommunist sein heißt also, die heranwachsende Generation zusammenschließen und organisieren, heißt, ein Beispiel der Erziehung und Disziplin in diesem Kampfe geben. Erst dann werdet ihr imstande sein, mit dem Bau der kommunistischen Gesellschaft anzufangen und ihn zu Ende zu führen.

Um das klarer zu machen, will ich ein Beispiel anführen. Wir nennen uns Kommunisten, Was heißt Kommunist? Kommunist ist ein lateinisches Wort, Kommunistische Gesellschaft heißt: alles ist gemeinsam – das Land, die Fabriken, die Arbeit, Das ist Kommunismus.

Kann es eine solche gemeinsame Arbeit geben, wenn die Menschen von Gutsbesitzern und Kapitalisten unterdrückt werden, von denen jeder für sich allein wirtschaftet? Das ist unmöglich. Das fällt nicht vom Himmel. Das will erarbeitet, erlitten, erstritten werden. Das entsteht im Laufe des Kampfes. Das ist keine Bücherweisheit, Dieser würde niemand Glauben schenken. Hier bedarf es der eigenen Lebenserfahrung, Als Koltschak und Denikin aus Sibirien und dem Süden heranrückten, da waren die Bauern auf ihrer Seite. Der Bolschewismus gefiel ihnen nicht, weil die Bolschewiki feste Preise für Getreide festsetzten. Als aber die Bauern in Sibirien und in der Ukraine die Herrschaft Koltschaks und Denikins zu spüren bekamen, da erkannten, sie, dass dem Bauern keine Wahl blieb: entweder leistete er den Kapitalisten Gefolgschaft und lieferte sich damit der Knechtung durch den Gutsbesitzer aus, oder er folgte den Arbeitern, die ihm zwar kein Land von Milch und Honig versprachen, die eiserne Disziplin und Ausdauer im schweren Kampfe von ihm verlangten, aber ihn doch von der Knechtung durch die Kapitalisten und Gutsbesitzer befreiten. Als die Arbeiter und Bauern das auf Grund ihrer eigenen Erfahrung erkannten, da wurden sie zu zielbewussten Anhängern des Kommunismus, die eine schwere Schule hinter sich hatten. Diese Erfahrung muss auch der Kommunistische Jugendverband seiner gesamten Tätigkeit zugrunde legen.

Ich habe die Frage beantwortet, was wir zu lernen haben, was wir von der alten Schule, der alten Wissenschaft übernehmen müssen. Nun will ich versuchen, die Frage zu beantworten, wie wir lernen müssen: nur so, dass jeder Schritt unserer Arbeit in der Schule, jeder Schritt auf dem Gebiete der Erziehung, der Bildung und des Unterrichts unlösbar mit dem Kampf aller Werktätigen gegen die Ausbeuter verknüpft wird.

An Hand einiger Beispiele aus der Erfahrung dieser oder jener Jugendorganisation werde ich euch anschaulich zeigen, wie diese Erziehung zum Kommunismus vor sich gehen muss. Alle Welt spricht jetzt von der Liquidierung des Analphabetentums. Ihr wisst, dass man in einem Lande von Analphabeten keine kommunistische Gesellschaft aufbauen kann. Es genügt nicht, dass die Sowjetmacht eine Verfügung erlässt, oder dass die Partei eine bestimmte Losung ausgibt, oder aber dass ein bestimmter Teil der besten Funktionäre für diese Sache mobilisiert wird. Die junge Generation muss selbst diese Sache in Angriff nehmen. Wenn jene Jugend, jene Jünglinge und Mädchen, die Mitglieder des Jugendverbandes sind, sich sagen: das ist unsere Sache, wir müssen uns zusammentun und aufs Land gehen, um dort das Analphabetentum zu liquidieren, damit es unter der heranwachsenden Generation keine Analphabeten gebe – so ist das Kommunismus. Wir müssen danach streben, dass die Selbsttätigkeit der heranwachsenden Jugend sich dieser Sache zuwende. Ihr wisst, dass man Russland nicht so schnell aus einem Lande von Analphabeten in ein Land von Lese- und Schreibkundigen verwandeln kann. Aber wenn der Jugendverband sich dieser Sache annehmen, wenn die gesamte Jugend zum Nutzen der Allgemeinheit arbeiten wird, dann wird dieser Verband, dem 400.000 Jünglinge und Mädchen angehören, sich mit Recht als „Kommunistischer Jugendverband“ bezeichnen dürfen. Die Aufgabe des Verbandes besteht auch darin, dass er die verschiedenen erworbenen Kenntnisse dazu benutzt, um jener Jugend zu helfen, die selbst außerstande ist, sich aus der Finsternis des Analphabetentums zu befreien, Mitglied des Jugendverbandes sein, heißt seine Arbeit, seine Kraft in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Darin besteht eben die kommunistische Erziehung, Nur durch eine solche Arbeit werden der junge Mann und das junge Mädchen wirklich zu Kommunisten, Nur wenn sie es verstehen, bei dieser Arbeit greifbare Erfolge zu erzielen, werden sie zu Kommunisten.

Nehmen wir als Beispiel die Arbeit in den Gemüsegärten der Vorstädte. Ist das nicht eine Arbeit für die kommunistische Jugend? Das Volk hungert, die Arbeiter in den Fabriken und Werken hungern. Um sich vor dem Hunger zu retten, muss man den Gemüsebau fördern. Wir aber führen die Landwirtschaft nach den alten Methoden weiter. Deshalb müssen die zielbewussten Elemente diese Sache anpacken. Dann wird sich der Gemüsebau entwickeln, die Anbaufläche sich erweitern – und die Ergebnisse werden besser werden. An dieser Sache muss sich der Kommunistische Jugendverband aktiv beteiligen. Jede Organisation und jede Zelle des Verbandes muss das als ihre eigene Sache ansehen.

Der Kommunistische Jugendverband muss ein Stoßtrupp sein, der bei jeder Arbeit hilft und die Initiative ergreift. Der Jugendverband muss so beschaffen sein, dass jeder beliebige Arbeiter in dessen Mitgliedern Menschen sieht, deren Lehre ihm unverständlich sein mag, deren Lehre er vielleicht nicht sofort Glauben schenkt, an deren praktischer Arbeit er aber erkennt, dass es wirklich die Menschen sind, die ihm den richtigen Weg zeigen.

Wenn der Kommunistische Jugendverband es nicht verstehen wird, auf allen Gebieten seine Arbeit so zu gestalten, so wird er auf den alten bürgerlichen Weg geraten. Wir müssen unsere Erziehungsarbeit mit dem Kampf der Werktätigen gegen die Ausbeuter verknüpfen, um den Werktätigen zu helfen, jene Aufgaben zu lösen, die sich aus der Lehre des Kommunismus ergeben.

Die Mitglieder des Jugendverbandes müssen jede freie Stunde darauf verwenden, den Gemüsebau zu heben oder in irgendeiner Fabrik den Unterricht für die Jugend zu organisieren usw. Wir wollen aus dem armen, verkümmerten Russland ein reiches Land machen. Der Kommunistische Jugendverband muss seine ganze Bildungs- und Erziehungsarbeit mit der Arbeit der Bauern und Arbeiter verknüpfen, er darf sich nicht in seinen Schulen abschließen und sich nur auf das Lesen von kommunistischen Büchern und Broschüren beschränken. Nur durch die gemeinsame Arbeit mit den Arbeitern und Bauern kann man wirklich Kommunist werden. Wir müssen es allen zeigen, dass jedes Mitglied des Jugendverbandes Bildung besitzt, aber gleichzeitig auch zu arbeiten versteht. Wenn alle sehen werden, wie wir aus der alten Schule den alten Drill hinausgejagt und durch eine strenge Disziplin ersetzt haben, wie jeder junge Mensch an den kommunistischen Samstagen teilnimmt, wie jeder Gemüsebau betreibt, um der Bevölkerung zu helfen – dann wird das Volk die Arbeit selbst mit ganz anderen Augen ansehen als früher.

Die Aufgabe des Kommunistischen Jugendverbandes besteht darin, auf dem Lande und in der Stadt bei der Förderung der Sauberkeit oder der Verteilung der Lebensmittel zu helfen. Wie stand es damit in der alten kapitalistischen Gesellschaft. Jeder arbeitete nur für sich und niemand kümmerte sich darum, ob Alte oder Kranke vorhanden waren, oder ob die ganze Wirtschaft auf den Schultern der Frau lastete, die infolgedessen in einem Zustand der Unterdrückung und Versklavung lebte. Wer muss dagegen den Kampf aufnehmen? Die Jugendorganisationen. Sie müssen erklären: wir werden das ändern, wir wollen Trupps junger Menschen organisieren, die die Verteilung der Lebensmittel in die Hand nehmen, systematisch von Haus zu Haus gehen, in organisierter Weise zum Nutzen der Allgemeinheit arbeiten, die Kräfte richtig verteilen und zeigen, dass die Arbeit eine organisierte Arbeit sein muss.

Die Generation, die jetzt ungefähr fünfzig Jahre alt ist, kann nicht mehr darauf rechnen, die kommunistische Gesellschaftsordnung zu erleben. Bis dahin wird diese Generation ausgestorben sein. Aber die Generation, die jetzt fünfzehn Jahre alt ist, wird die kommunistische Gesellschaft erleben und wird selbst an dem Aufbau dieser Gesellschaft arbeiten. Und sie muss wissen, dass ihre ganze Lebensaufgabe im Aufbau dieser Gesellschaft besteht. In der alten Gesellschaft arbeitete jede Familie für sich, und niemand versuchte eine Organisation der Arbeit zu schaffen, die die Werktätigen zu einer einheitlichen Arbeitsarmee zusammenfasste. Wir aber müssen jede Arbeit, mag sie auch noch so schmutzig und schwierig sein, so organisieren, dass jeder Arbeiter und Bauer sich sage: ich bin ein Teil der großen Arbeitsarmee und kann mein Leben selbst einrichten, kann selbst Ordnung schaffen ohne Gutsbesitzer und Kapitalisten. Der Kommunistische Jugendverband muss die Massen von Jugend auf, vom zwölften Lebensjahr an, zu bewusster, disziplinierter Arbeit erziehen. Nur wenn wir so arbeiten, können wir darauf hoffen, dass wir die jetzt vor uns stehenden Aufgaben lösen werden. Wir müssen damit rechnen, dass wir mindestens zehn Jahre zur Elektrifizierung des Landes brauchen, um die neuesten Errungenschaften der Technik in den Dienst unseres verarmten Landes zu stellen. Also muss die Generation, die jetzt fünfzehn Jahre alt ist, und die in zehn bis zwanzig Jahren in einer kommunistischen Gesellschaftsordnung leben wird, ihre ganze Erziehungsarbeit so gestalten, dass die Jugend tagaus tagein in jedem Dorfe, in jeder Stadt diese oder jene Aufgabe der Arbeit für die Allgemeinheit löse, mag diese Aufgabe auch noch so gering, noch so einfach sein. In dem Maße, wie das in jedem Dorf geschehen, wie der Wetteifer sich steigern, wie die Jugend beweisen wird, dass sie die Arbeit zu organisieren versteht, wird der Erfolg des kommunistischen Aufbaus gesichert sein. Nur wenn der Kommunistische Jugendverband jeden seiner Schritte prüft und sich fragt, ob er alles für den Zusammenschluss der Werktätigen getan hat, nur wenn er diese langwierige Arbeit leistet, wird er die halbe Million seiner Mitglieder zu einer einzigen Familie zusammenschließen können und die allgemeine Achtung erwerben.

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