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Wladimir I. Lenin 19170505 Resolution des Zentralkomitees der SDAPR

Wladimir I. Lenin: Resolution des Zentralkomitees der SDAPR

beschlossen am Morgen des 5. Mai (22. April) 1917

[„Prawda" Nr. 39, 6. Mai (23. April) 1917. Nach Sämtliche Werke, Band 20.1, Wien-Berlin 1928, S. 297-299]

Die politische Krise, die sich zwischen dem 19. und 21. April abspielte, muss wenigstens in ihrem ersten Stadium als beendet angesehen werden.

Die kleinbürgerliche Masse schwankte zunächst von den Kapitalisten, voller Entrüstung über sie, zu den Arbeitern, einen Tag später aber folgte sie von neuem den Führern der Menschewiki und der Narodniki, die eine Politik des „Vertrauens" zu den Kapitalisten und des „Paktierens" mit ihnen betreiben.

Die genannten Führer ließen sich auf einen Kompromiss ein, indem sie alle ihre Positionen vollständig preisgaben und sich mit hohlen, zu nichts verpflichtenden Ausflüchten der Kapitalisten zufrieden gaben.

Die Ursachen der Krise sind nicht beseitigt, und die Wiederkehr ähnlicher Krisen ist unvermeidlich.

Das Wesen der Krise ist: die kleinbürgerliche Masse schwankt zwischen dem alten jahrhundertelangen Vertrauen zu den Kapitalisten und der Erbitterung gegen sie, der Neigung, sich dem revolutionären Proletariat anzuvertrauen.

Die Kapitalisten ziehen den Krieg in die Länge und suchen diese Tatsache durch Phrasen zu verdecken. Das revolutionäre Proletariat allein kann und wird den Krieg beenden durch die proletarische Weltrevolution, die bei uns offensichtlich wächst, die auch bei den Deutschen ansteigt und in einer Reihe anderer Länder näher rückt.

Die Losung: „Nieder mit der Provisorischen Regierung" ist momentan deshalb unrichtig, weil eine solche Losung ohne eine feste (das heißt bewusste und organisierte) Mehrheit des Volkes auf Seiten des revolutionären Proletariats entweder eine Phrase ist oder objektiv auf Versuche abenteuerlicher Art hinausläuft.

Wir werden erst dann für den Übergang der Macht in die Hände der Proletarier und Halbproletarier sein, wenn die Arbeiter- und Soldatendeputiertenräte sich zu unserer Politik bekennen werden und diese Macht in ihre Hände nehmen wollen.

Die Organisation unserer Partei, der Zusammenschluss der proletarischen Kräfte hat sich in den Tagen der Krise als offenkundig unzureichend erwiesen.

Die Losungen der Stunde sind: 1. Klarlegung der proletarischen Linie und des proletarischen Wegs zur Beendigung des Krieges; 2. Kritik an der kleinbürgerlichen Politik des Vertrauens zu der Kapitalistenregierung und des Paktierens mit ihr; 3. Propaganda und Agitation von Gruppe zu Gruppe in jedem Regiment, in jedem Betrieb, besonders unter der rückständigsten Masse, den Dienstboten, ungelernten Arbeitern usw., denn besonders auf diese versuchte die Bourgeoisie sich in den Tagen der Krise zu stützen; 4. Organisation, Organisation und noch einmal Organisation des Proletariats: in jedem Betrieb, in jedem Stadtteil, in jedem Häuserblock.

Der Beschluss des Petrograder Arbeiter- und Soldatendeputiertenrates vom 21. April über das Verbot jeglicher Straßenversammlungen und Kundgebungen für die Dauer von zwei Tagen muss von allen Mitgliedern unserer Partei unbedingt befolgt werden. Das ZK hat bereits gestern früh eine Resolution verbreiten lassen und sie heute in der „Prawda" abgedruckt, dass „in einem solchen Augenblick jeder Gedanke an einen Bürgerkrieg sinnlos und wahnwitzig" sei, dass die Demonstrationen nur friedlichen Charakter tragen dürfen und dass die Verantwortung für Gewalttätigkeiten auf die Provisorische Regierung und ihre Anhänger fallen werde. Deshalb hält unsere Partei den ganzen obengenannten Beschluss des Arbeiter- und Soldatendeputiertenrates (insbesondere gegen bewaffnete Demonstrationen und Schüsse in die Luft) für vollkommen richtig, und dieser Beschluss ist unbedingt zu befolgen.

Wir fordern alle Arbeiter und Soldaten auf, die Ergebnisse der Krise der beiden letzten Tage sorgfältig zu besprechen und in den Arbeiter- und Soldatendeputiertenrat und in das Exekutivkomitee nur solche Genossen zu entsenden, die den Willen der Mehrheit zum Ausdruck bringen. In allen jenen Fällen, wo der Delegierte nicht die Meinung der Mehrheit zum Ausdruck bringt, müssen in den Fabriken und Kasernen Neuwahlen vorgenommen werden.

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