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ZK der SDAPR 19171023 Protokoll der Sitzung

ZK der SDAPR: Protokoll der Sitzung

am 23. (10.) Oktober 1917

[Archiv des ZK. Nach Lenin, Sämtliche Werke, Band 21, Wien-Berlin 1931, S. 611-613]

Anwesend: Lenin, Sinowjew, Kamenew, Trotzki, Stalin, Swerdlow, Uritzki, Dzierżyński, Kollontai, Bubnow, Sokolnikow, Lomow. Vorsitzender: Swerdlow.

Tagesordnung:

1. Rumänische Front.

2. Die Litauer.

3. Minsk und die Nordfront. / Aktuelle Lage.

5. Bezirkskongress.

6. Abkommandierung der Truppen.

1. Rumänische Front Den Bericht gibt Swerdlow.

An der rumänischen Front hat eine sozialdemokratische Konferenz aller Schattierungen stattgefunden. Eine gemischte Liste wurde ausgearbeitet. Waren im (vereinigten) ZK. Billigung erhalten. Fragen, wie sich unser ZK dazu verhalten wird. Unter 20 Kandidaten sind vier Bolschewiki aufgestellt.

Es wird beschlossen: Gemäß dem Parteitagsbeschluss sind keinerlei Blocks zulässig.

2. Die Litauer Den Bericht gibt Swerdlow.

Die Litauer hatten in Moskau eine Konferenz, auf der es sich herausstellte, dass im Namen der Partei oft Vaterlandsverteidiger sprechen. Um dem entgegenzuwirken, wurde beschlossen, ein provisorisches Zentrum zu wählen, das sich mit der ganzen Konferenz unter die Fahne der Bolschewiki stellt. Dieses Zentrum muss bestätigt werden.

Gen. Lomow glaubt, dass man bestätigen muss. Aber es muss in Betracht gezogen werden, dass dort auch auf dem Boden der Vaterlandsverteidigung stehende Organisationen anwesend waren.

Das provisorische Büro wird bestätigt.

3. Minsk und die Nordfront Den Bericht gibt Swerdlow.

Vertreter einiger Armeen der Nordfront sind gekommen und behaupten, dass an dieser Front irgendeine dunkle Geschichte mit dem Abtransport von Truppen ins Innere vorbereitet wird.

Aus Minsk wird mitgeteilt, dass dort eine neue Kornilowiade in Vorbereitung ist. Minsk ist in Anbetracht des Charakters der Garnison von Kosakenformationen umzingelt. Irgendwelche verdächtige Verhandlungen sind zwischen den Stäben und dem Hauptquartier im Gange. Unter den Osseten und einzelnen Truppenteilen wird gegen die Bolschewiki agitiert. An der Front ist die Stimmung für die Bolschewiki, man wird gegen Kerenski mit ihnen gehen. Dokumente nicht vorhanden. Man könnte welche bekommen, wenn man den Stab besetzte, was in Minsk technisch durchaus möglich ist; dabei kann die örtliche Garnison den ganzen Ring der Truppen entwaffnen. Die ganze Artillerie ist in die Sümpfe von Pinsk getrieben. Aus Minsk kann ein Armeekorps nach Petrograd geschickt werden.

4. Aktuelle Lage

Das Wort erhält Lenin.

Er konstatiert, dass seit Anfang September eine gewisse Gleichgültigkeit gegen die Frage des Aufstands zu beobachten ist. Dies ist aber unzulässig, wenn wir ernstlich die Losung der Machteroberung durch die Räte aufstellen. Darum hätte man schon längst die Aufmerksamkeit auf die technische Seite der Frage lenken sollen. Jetzt ist allem Anschein nach schon ein empfindlicher Zeitverlust entstanden.

Nichtsdestoweniger ist die Frage sehr akut und der entscheidende Augenblick sehr nahe.

Die internationale Lage ist so, dass die Initiative bei uns zu liegen hat. Was jetzt mit der Preisgabe bis Narwa und mit der Preisgabe bis Petrograd vorbereitet wird, drängt uns noch mehr zu entscheidenden Schritten.

Auch die politische Lage wirkt eindringlich in dieser Richtung. Am 3.-5. Juli wären entscheidende Handlungen von unserer Seite daran gescheitert, dass wir keine Mehrheit hatten. Seither schreitet unser Aufstieg mit Riesenschritten fort.

Die Passivität und Gleichgültigkeit der Massen lässt sich dadurch erklären, dass die Massen der Resolutionen und Worte müde sind.

Jetzt steht die Mehrheit hinter uns. Politisch ist die Lage für eine Machtübernahme völlig reif.

Auch die Agrarbewegung nimmt dieselbe Richtung, denn es ist klar, dass zur Unterdrückung dieser Bewegung Riesenkräfte notwendig wären. Die Losung der Übergabe des gesamten Bodens ist zur allgemeinen Losung der Bauern geworden. Die politischen Bedingungen sind also gegeben. Es ist an der Zeit, von der technischen Seite zu sprechen. Das ist der Kern der ganzen Sache. Bei uns aber zeigt sich die Neigung, ebenso wie die „Vaterlandsverteidiger" die systematische Vorbereitung des Aufstandes gewissermaßen als politischen Sündenfall zu betrachten.

Es ist sinnlos, die Konstituante abzuwarten, die offenkundig nicht mit uns sein wird; denn das bedeutet eine Komplizierung unserer Aufgabe.

Der Rätekongress des Nordbezirks und die Vorschläge aus Minsk müssen für den Beginn der entscheidenden Aktionen ausgenützt werden.

Gen. Lomow nimmt das Wort zur Information über das Moskauer Bezirksbüro und das Moskauer Komitee, sowie über die allgemeine Lage in Moskau.

Gen. Uritzki stellt fest, dass wir nicht nur in technischer Hinsicht schwach sind, sondern auch auf allen anderen Gebieten unserer Arbeit. Wir haben massenhaft Resolutionen angenommen. Getan haben wir ganz und gar nichts. Der Petrograder Rat ist desorganisiert, es gibt wenig Versammlungen usw.

Auf welche Kräfte stützen wir uns?

40.000 Gewehre haben die Arbeiter in Petrograd, aber das entscheidet die Sache nicht; das ist nichts.

Die Garnison berechtigt uns nach den Julitagen zu keinen großen Hoffnungen. Auf alle Fälle, wenn wir auf den Aufstand hinsteuern, muss in dieser Richtung irgend etwas geschehen. Wir müssen uns zu bestimmten Handlungen entschließen.

Gen. Swerdlow teilt mit, was ihm über die Lage der Dinge in ganz Russland bekannt ist.

Gen. Dzierżyński schlägt vor, für die politische Leitung in der nächsten Zeit ein politisches Büro aus Mitgliedern des ZK zu schaffen.

Der Vorschlag wird nach Diskussion angenommen. Das politische Büro wird aus sieben Personen zusammengesetzt (Redaktion + zwei + Bubnow).

Eine Resolution in folgender Form wird angenommen.

Dafür stimmen zehn, dagegen zwei.

Dann wird die Frage der Schaffung eines politischen Büros des ZK gestellt. Es wird beschlossen, ein politisches Büro aus sieben Mitgliedern zu bilden: Lenin, Sinowjew, Kamenew, Trotzki, Stalin, Sokolnikow, Bubnow.

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