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Karl Liebknecht 19100606 Für politische Betätigungsfreiheit der preußischen Beamten

Karl Liebknecht: Für politische Betätigungsfreiheit der preußischen Beamten

Rede im preußischen Abgeordnetenhaus zu einem Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei auf gesetzliche Neuregelung des Beamtenrechts

6. Juni 1910

[Nach Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, III. Session 1910, 5. Bd:, Berlin 1910, Sp. 6579-6584 und nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 3, S. 387-396]

Meine Herren, wir haben uns auf unserem preußischen Parteitage mit dem Beamtenrecht befasst; es wurde auf diesem Kongress der preußischen Sozialdemokraten eine ganze Anzahl von Missständen in der gegenwärtigen Stellung der Beamten gerügt. Ich will nur kurz hinweisen auf den Umstand, dass die Arreststrafe noch immer besteht; ich will hinweisen auf das Vorhandensein der geheimen Personalakten, die unbedingt nicht nur ungesetzlich, sondern auch unwürdig sind; ich will schließlich hinweisen auf das besonders bedauernswerte Schicksal der kündbaren Beamten.

Meine Herren, bei weitem die überwiegende Mehrzahl unserer Beamten in Preußen befindet sich ja in kündbaren Stellungen; wir haben darunter Leute, die oftmals bereits in hohem Lebensalter stehen, die Familie haben und infolgedessen nicht in der Lage sind, sich mit der Beweglichkeit jüngerer Leute einen neuen Beruf zu suchen. Sie können von der Staatsverwaltung ohne jeden Grund, meist mit einer Kündigung von drei Monaten, auf das Pflaster gesetzt werden. Meine Herren, das Schicksal dieser kündbaren Beamten ist außerordentlich bedauernswert. Es heißt zwar in den Kommentaren zu den preußischen Disziplinargesetzen, dass diese Beamten nur kündbar seien unter denselben Voraussetzungen, unter denen die etatsmäßig angestellten Beamten diszipliniert werden können. Aber wir haben gar kein gesetzlich geordnetes Verfahren, das eine Garantie dafür gäbe, dass in der Tat die Kündigung nur stattfinden darf, wenn sonst ein Disziplinarverfahren zulässig wäre. Die Beamten, die auf diese Weise aufs Pflaster gesetzt werden, sind so ganz hilflos; es besteht gar keine Möglichkeit, dass sie die Berechtigung der Kündigung in irgendeiner Form nachprüfen lassen.

Meine Herren, es darf im Allgemeinen darauf hingewiesen werden, dass unsere Staatsregierung bei jeder Gelegenheit ihre Feindseligkeit gegen die Organisationen von Unterbeamten zutage treten lässt, sofern sie nur im Geringsten glaubt, die Besorgnis hegen zu müssen, dass diese unteren Beamten vielleicht nicht ganz nach ihrer Pfeife tanzen würden, dass sich in den Organisationen vielleicht ein Schein von Selbständigkeit, ein Beginn von Selbständigkeit regen könnte.

Meine Herren, es hat sich in Preußen der bekannte Bund der Festbesoldeten gebildet. Vor kurzem hat er seinen Kongress abgehalten, und es ist Ihnen wohl wie mir aus den Zeitungen bekannt geworden, dass die Königliche Staatsregierung den Vertrauensleuten dieser Organisation den Urlaub zur Teilnahme an diesem Kongresse verweigert hat. Ein deutlicher Akt der Unfreundlichkeit gegen diese Organisation, aus dem hervorgeht, dass die Staatsregierung bei den unteren und mittleren Beamten die Organisation, auch wenn sie sich durchaus staatsfreundlich gebildet hat und zeigt, nicht gern sieht, in der offenbaren Besorgnis, dass die unteren Beamten schließlich doch durch die Logik der Verhältnisse zu einer Stellungnahme gegenüber der jetzigen Regierung getrieben werden können, die der Regierung unbequem ist.

Anders ist es ja mit den sogenannten höheren Beamten. Sie sind selbst die Regierung, sie sind Fleisch von dem Fleische der Regierungsvertreter Wenn sich unsere Richter, unsere Staatsanwälte organisieren, so ist ja unsere Regierung so gut wie sicher, dass hier nichts Unbequemes geschehen wird. Aber mit der Organisation der unteren und mittleren Beamten muss man unter allen Umständen vorsichtig sein. Das ist der Standpunkt der Regierung.

Meine Herren, der Gegenstand, mit dem wir es hier zu tun haben, steht in einem inneren Zusammenhang mit dem Gegenstand, der vorhin erörtert worden ist. Meine Herren, Sie entsinnen sich, dass wir im Januar dieses Jahres eine Interpellation über die bekannte Kattowitzaffäre zu erörtern hatten. Damals gab die Staatsregierung ganz offen, klipp und klar zu, dass sie keineswegs gesonnen ist, sich Beamte gefallen zu lassen, die irgendwelche ihr missliebige politische Anschauungen haben, sei es in der Richtung der Sozialdemokratie, sei es in der Richtung der nationalpolnischen oder sonstiger nationaler Bestrebungen. Während die früheren Erlasse, die sich mit der politischen Selbständigkeit der Beamten beschäftigen, im Allgemeinen nur die sogenannten politischen Beamten im Auge hatten, hat die Königliche Staatsregierung durch ihre Praxis der letzten Jahre und durch die Erklärungen, die damals abgegeben wurden, den Kreis ihrer Machtbefugnis über die Gesinnung der Beamten viel weiter gezogen und ohne Rücksicht auf den Charakter des Beamten und seines Amtes erklärt, dass gewisse politische und nationale Gesinnungen schlechterdings verfemt sein sollen.

Meine Herren, das ist wohl der Kern des ganzen Beamtenrechtes: Solange man es nicht wagt, hier den Finger in die Wunde zu legen, solange man hier nicht Abhilfe schaffen kann, solange wird jeder Versuch, das Beamtenrecht zu regeln, ein Schlag ins Wasser sein müssen. Wir Sozialdemokraten sind natürlich nicht Illusionäre genug, uns einzubilden, dass man durch gute Worte bei der preußischen Regierung oder der Mehrheit dieses Hauses nun eine durchschlagende Reform auf diesem Gebiete erzielen könnte. Hier handelt es sich ganz ausgeprägt um eine Frage der Macht, um eine Frage der Macht im brutalsten Sinne des Wortes. Die herrschenden Parteien, die herrschenden Klassen, die Regierung brauchen die Beamten als ihre Werkzeuge, um ihre Machtstellung aufrechtzuerhalten, und infolgedessen werden sie bei ihrer mechanischen Auffassung von der Gesellschaft und vom Staatsganzen sich nicht bereitfinden wollen, auch innerhalb der Beamtenschaft die Gesinnungen und Auffassungen sich frei regen zu lassen.

Wir Sozialdemokraten haben ja grundsätzlich eine andere Auffassung von Gesellschaft und Staat, nicht nur in dem Sinne, dass wir meinen, künftig werde sich unser Staat und unsere Gesellschaft anders gestalten, als sie gegenwärtig gestaltet sind, sondern in dem Sinne, dass wir überhaupt meinen, es wäre in der heutigen Gesellschaftsordnung durchaus möglich und würde ihren Interessen durchaus nicht grundsätzlich widersprechen, wenn Sie bei einer größeren Bewegungsfreiheit der Beamtenschaft, des Beamtenkörpers, sich die gesamten sozialen Verhältnisse, Stimmungen, Anschauungen organisch fortentwickeln lassen würden, wenn Sie dieses plumpe, mechanische Eingreifen, mit dem Sie im Schlussresultat immer das Gegenteil von dem erreichen, was Sie erreichen wollen, unterließen.

(„Sehr wahr!" bei den Sozialdemokraten.)

Wir haben es nun aber einmal mit diesem beschränkten, mechanischen Staat zu tun, und wir wissen, dass er nicht durch gute Worte zu einem andern Charakter geführt werden kann.

Trotz alledem halten wir es für unsere Pflicht und Schuldigkeit, auch bei dieser Gelegenheit von neuem unsere Forderung nach einer vollkommenen Freistellung der Staatsbeamten zu erheben, die gegenwärtig in Preußen nichts anderes als Staatsbürger zweiter Klasse sind, die man zwar rühmt und preist, als ob sie gewissermaßen die Elite des Volkes seien, die aber in der Tat nichts anderes als eine goldene oder gar eine bleierne Kette mit sich herumschleppen; denn bei unsern unglückseligen, schlecht bezahlten unteren Beamten von einer goldenen Kette reden zu wollen wäre schon der reine Hohn.

(„Sehr richtig!" bei den Sozialdemokraten.)

Es ist für die Auffassung von der politischen Stellung der Beamten sehr charakteristisch, was sogar der Herr Vertreter der Zentrumspartei, der vor mir gesprochen hat, hier ausgeführt hat. Er erklärte, dass die Stellung eines Beamten ja in allererster Linie durch die Tatsache charakterisiert werde, dass er Seiner Majestät dem König und auf die Verfassung den Eid geleistet habe. Meine Herren, so ist es wirklich: Der Eid des Beamten wird nicht auf die Verfassung und Seiner Majestät dem König, sondern dem König und auf die Verfassung geleistet. Es wird mit sehr pathetischen Worten, wenn Sie den Eid des Beamten durchsehen, über die Pflichten des Beamten gegenüber dem König, dem Monarchen gesprochen; es wird aber mit sehr dürren Worten auch erwähnt, dass es in Preußen so etwas wie eine Verfassung gibt – während in anständiger Gesellschaft so etwas nicht vorkommen sollte, werden die Herren sagen.

Nun ist unsere Auffassung, dass schon von vornherein die Stellung des Beamten durch den Eid anders charakterisiert werden muss. Der Beamte hat den Eid oder die Verpflichtungserklärung auf die Verfassung zu leisten und auf nichts anderes;

(„Sehr richtig!" bei den Sozialdemokraten.)

soweit der König eine Institution der Verfassung ist, wird er durch diesen Eid auf die Verfassung mit getroffen; aber ihm als einer Institution der Verfassung hier eine Extrawurst zu braten, dafür liegt keine besondere Veranlassung vor. („Sehr richtig!" bei den Sozialdemokraten.) Es würde genauso berechtigt sein, einen besonderen Eid auf den Landtag, das Abgeordnetenhaus, das Herrenhaus zu fordern; denn es ist in der Richtung gar kein Unterschied. Es sind drei gleichberechtigte Faktoren der Gesetzgebung; warum soll der eine Faktor im Eid noch besonders hervorgehoben werden?

Nun, meine Herren, unsere Forderung geht dahin, dass ohne jede Rücksicht auf die sozialen und politischen Anschauungen und auf das religiöse Bekenntnis der Beamte angestellt werden soll, dass als Voraussetzung für die Anstellung der Beamten und ihre Belassung im Dienste nicht irgendeine politische, soziale oder religiöse Gesinnung gefordert werden soll. Das ist eine Forderung, die, wie mir scheint, einfach den modernen Bedürfnissen dermaßen entspricht, dass sie einer besonderen Begründung nicht bedürfen sollte.

Es muss des weiteren davon ausgegangen werden, dass den Beamten das Koalitionsrecht zu gewährleisten ist, und zwar, wie ich noch besonders betonen möchte, das Koalitionsrecht in vollem Umfange. Wir sind nicht der Ansicht, dass man ihm irgendeine gesetzliche Grenze setzen darf. Es ist ganz richtig, dass der Beamte dadurch, dass er in einen Streik tritt, unter Umständen Wirkungen erzielen kann, die über die Wirkungen hinausgehen, die der Streik anderer Arten von Arbeitern und Angestellten erzielt. Aber, meine Herren, wir haben auch eine ganze Anzahl von Arbeiterkategorien, die nicht Beamte sind, deren Tätigkeit für das Ganze des Staates und der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, die infolgedessen im gesamten sozialen Organismus ebenso wenig auch nur vorübergehend entbehrt werden können und bei denen dennoch durch unsere Gesetzgebung bereits gegenwärtig das Koalitionsrecht anerkannt wird. Das Koalitionsrecht ist überhaupt gar nichts, was gesetzlich versagt werden kann. Das Koalitionsrecht ist etwas, was einfach aus dem Menschenrecht, aus dem natürlichen Wesen des Menschen hervorgeht. Meine Herren, wir müssen uns darüber vollständig klar sein, dass es ein Versuch mit untauglichen Mitteln sein würde, das Koalitionsrecht den Beamten wirklich für alle Fälle entziehen zu wollen. In wirklich aufgeregten Zeiten sind derartige gesetzliche Grenzen gänzlich außerstande, einer großen Bewegung Einhalt zu gebieten. In Russland, wo die gewaltigen Streiks der freien Arbeiter und der Staatsangestellten das Wesen der Revolution gebildet haben, gab es nicht einmal für die freien Arbeiter das Streikrecht, und dennoch haben dort die gewaltigen Streiks diese gesetzlichen Zwirnsfäden einfach zerrissen und das Staatsganze in diejenige Bewegung versetzt, die wir als die russische Revolution zu bezeichnen gewöhnt sind. Meine Herren, es ist infolgedessen ein an und für sich wenig weitsichtiges Unternehmen, das Koalitionsrecht der Beamten einschränken zu wollen.

Meine Herren, die Beamten haben ein gutes Recht, wie jede andere Art von Arbeitern das Koalitionsrecht für sich zu fordern; sie brauchen sich nicht schlechter behandeln zu lassen. Und, meine Herren, dessen können Sie versichert sein – und hier stimme ich den Worten des Herrn Vertreters der Zentrumspartei wiederum durchaus bei –: Insoweit es Ihnen durch eine verständige Regelung des Beamtenrechts möglich sein sollte, wirklich alle diese vielen kleinen Plackereien gegenüber den Beamten zu beseitigen und ihnen eine Stellung zu geben, die es ihnen sozial angenehm macht, Diener des Staates oder Arbeiter des Staates zu sein, werden Sie dadurch am Allersichersten vermeiden, dass schwere Erschütterungen des Beamtenkörpers und dergleichen eintreten. Sorgen Sie dafür, dass nicht solche gewaltsamen und mechanischen Mittel, wie Verbot des Koalitionsrechtes, hier die Sicherheit und Ruhe schaffen; sorgen Sie dafür, dass durch eine vernünftige sozialpolitische Gesetzgebung, durch die Gewährung einer gehörigen Freiheit an die Beamten, durch die Gleichstellung der Beamten mit allen übrigen Staatsbürgern in politischer, religiöser, sozialer Beziehung sich die Beamten als freie Bürger fühlen: Dann werden Sie auf diese Weise am allerehesten in der Lage sein, alle die Gefahren zu vermeiden, die Sie in Ihrer Verblendung dadurch heraufzubeschwören wähnen, dass Sie ihnen das Streikrecht gewähren. Eine vollkommene Illusion!

Im Übrigen sind wir ganz der Ansicht, dass das Disziplinarrecht einer sehr energischen Remedur bedarf. Das Disziplinarrecht ist im Jahre 1852 geschaffen worden, auch in der Zeit der Konterrevolution, wo der Staat sich bemühte, die Zügel der Beamtenschaft möglichst straff anzuziehen, um auf diese Weise die letzten Nachwehen der Revolution mit möglichster Geschwindigkeit beseitigen zu können. Dass ein Gesetz, das einen solchen Ursprung hat und in einer solchen Zeit geboren ist, nicht mehr als modern bezeichnet werden kann, dass es die Sklavenketten klirren lässt überall, wo man es ansieht und anfasst, das ist selbstverständlich. Deshalb, meine Herren, sind es nicht nur prozessuale Mängel, Mängel aller Art, wie die Unmöglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens usw., gewesen, die uns veranlassen, eine Änderung zu fordern, sondern es ist eine grundstürzende Änderung des Disziplinarverfahrens nötig, eine Änderung, die insbesondere auch dahin gehen muss, den Beamten eine größere Unabhängigkeit etwa in der Richtung, wie die richterliche Unabhängigkeit begründet ist, zu schaffen.

Im Übrigen ist es auch ein Missstand, den ich nebenbei mit erwähnen möchte, dass unsere Beamten, wenn sie pensioniert sind, leider nicht die Möglichkeit haben, wiederum angestellt zu werden. Es müsste eine Wiederaufnahme des Pensionierungsverfahrens geben. Ich habe Fälle der Art in meiner Praxis wiederholt erlebt, dass Beamte wegen Krankheit pensioniert worden sind, die später, nach dem Gutachten der Ärzte, wieder vollkommen gesund geworden sind und ihr Amt wieder in ordnungsgemäßer Weise hätten verwalten können. Es gibt aber keine Möglichkeit, die einmal geschehene Pensionierung in irgendeinem geordneten Verfahren wiederum rückgängig zu machen.

Meine Herren, ich glaube, dass damit in der Tat – wenn Sie dasjenige, was ich mir auszuführen gestattet habe, insbesondere diesen einen politischen Grundgedanken der Neuregelung des Beamtenrechts, zugrunde legen – etwas herauskommen könnte, was sich sehen lassen könnte.

Im Allgemeinen, glaube ich, brauchen wir nicht anzunehmen, dass eine solche Regelung des Beamtenrechts, wie ich sie angeregt habe, ein Ding der Unmöglichkeit sei. Allerdings, in Preußen kann zum Beispiel ein Sozialdemokrat nicht einmal Mitglied des Schulvorstandes sein, geschweige, dass er Gemeindevorsteher sein kann, geschweige, dass er irgendwie in anderer Form einem Beamtenkörper angehören kann. Nicht einmal Staatsarbeiter sollen Sozialdemokraten sein können, so wird hier vom Regierungstisch verkündigt. Indessen, es ist ein vergeblicher Versuch der Regierung, sich der Sozialdemokratie zu erwehren; Sie können ohne die Sozialdemokraten nicht auskommen. Unsere Beamtenschaft ist glücklicherweise in großem Maße sozialdemokratisch infiziert, so dass wir mit aller Gemütsruhe in die Zukunft sehen können.

Blicken Sie aber auf andere deutsche Staaten. In Baden, Württemberg und Hessen ist es keineswegs so, dass den Sozialdemokraten der Zugang zu den Staatsämtern untersagt ist, auch in Bayern bekanntlich nicht. Wir sind gar nicht etwa der Auffassung, dass die süddeutschen Regierungen immun gegen ein Wiedereindringen des preußischen Giftes der Unfreiheit in dieser Richtung sind, und wir erleben es, dass auch in Bremen das preußische Gift eingedrungen ist. Aber es unterliegt keinem Zweifel, dass gegenwärtig die Verhältnisse in Süddeutschland noch besser sind als in Preußen. Die Grundforderungen über die Gestaltung des Beamtenrechts, von denen ich gesprochen habe, haben in den süddeutschen Staaten in gewissem Umfange ihre Realisierung gefunden. Auch wenn Sie sich nach Sachsen wenden, so werden Sie sich wohl erinnern, dass vor kurzem erst ein sächsischer Minister in einer Kommission erklärt hat, dass selbst in Sachsen, diesem nach Preußen sicherlich reaktionärsten Lande in Deutschland, grundsätzlich die Regierung sich nicht mehr auf den Standpunkt stellen wolle, dass die sozialdemokratische Gesinnung an und für sich vom Staatsdienst ausschließe. Nachdem man so in den anderen Teilen Deutschlands vorgegangen ist, glaube ich, ist es an der Zeit, dass auch Preußen endlich nachhinkt und die preußische Reaktion, die auf dem Gebiete des Beamtenrechts eine ganz besonders starke ist, sich auch hier zurückzieht.

Es handelt sich allerdings, wie ich am Schlüsse noch einmal hervorhebe, um einen Kampf um die Staatsgewalt. Der Kampf um die Beamten ist ein Kampf um die Staatsgewalt. Die Staatsregierung wird sich mit Händen und Füßen sträuben, und die herrschenden Parteien werden sich mit Händen und Füßen sträuben, den Beamten in religiöser, politischer und sozialer Beziehung eine größere Bewegungsfreiheit zu geben. Aber Sie mögen sich sträuben, soviel Sie wollen, die größere Bewegungsfreiheit kommt; mögen Sie machen, was Sie wollen, mögen Sie sich entgegen stemmen, die Freiheit für unsere preußische Beamtenschaft wird, sei es mit Ihnen, sei es gegen Sie, realisiert werden.

(„Bravo!" bei den Sozialdemokraten.)

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