Karl Liebknecht: An die Redaktion des „Vorwärts"

[Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Zentrales Parteiarchiv, NL-1/33. Nach Gesammelte Reden und Schriften, Band 8, S. 191]

Berlin, 23. Januar 1915

W. G.!

Wenn der Parteivorstand in Ihrer heutigen No. erklärt, er habe „festgestellt", dass ich „den Führern der Internationale" „Mitteilungen" „über eine veränderte Stellung der Parteiorganisationen zur Fraktionshaltung" nicht gemacht habe, so ist das nur im genauesten Wortsinn richtig. Um sehr naheliegenden falschen Schlussfolgerungen aus dieser „Feststellung" vorzubeugen, bemerke ich, dass ich allerdings eine auf zahlreiche bedeutsame Erfahrungen in Organisationen gestützte sehr optimistische Auffassung über die Stellung der Parteigenossen zur Fraktionshaltung hege und dass ich dieser optimistischen Auffassung selbstverständlich auch ausländischen Genossen gegenüber, z. B. in der Neujahrsnummer des „Labour Leader", Ausdruck verliehen habe, und zwar schon und vor allem, weil ich in der von gewisser Seite aus durchsichtigen Gründen systematisch gehinderten gegenseitigen Aufklärung der Genossen in den verschiedenen kriegführenden Ländern über die Haltung der Arbeiterschaft dieser Länder ein wichtiges Mittel zur Entwicklung und Stärkung einer internationalen sozialistischen Politik, einer proletarischen Politik im Sinne der Stuttgarter und Baseler Kongressbeschlüsse erblicke.

Ich bitte dringend um Abdruck dieser Zeilen.

Mit Parteigruß

Ihr K. Liebknecht