Beschluss des Reichsmilitärgerichts

Beschluss des Reichsmilitärgerichts

[Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 243 f.]

Reichs-Militär-Gericht

Nr. 847 A (R.)

Beschluss

In der Strafsache wider den Armierungssoldaten Karl, Liebknecht vom Armierungsbataillon Nr. 118 hat das Reichsmilitärgericht, I. Senat, in der Sitzung vom 20. Oktober 1916, an der teilgenommen haben als militärische Richter: Generalleutnant z. D. v. Trotha, Generalmajor z. D. v. Werlhof, Oberstleutnant Trierenberg, Oberstleutnant z. D. Wegner; als juristische Richter: Senatspräsident Twele und die Reichsmilitärgerichtsräte Mülberger und Daudt, nach Anhörung der Militäranwaltschaft beschlossen:

1. Eine Vernehmung des Angeklagten nach § 404 der Militärstrafgerichtsordnung1 findet nicht statt.

2. Zur Bescheidung des Antrages des Angeklagten vom 1. September 1916 auf Berichtigung des Tatbestandes des oberkriegsgerichtlichen Urteils2 ist das Reichsmilitärgericht nicht zuständig.

Gründe

Der Angeklagte hat die Revision innerhalb der gesetzlichen Frist und in der vorgeschriebenen Form eingelegt; gleichzeitig hat er Verletzung des materiellen Rechts gerügt und angeführt, dass weitere Begründung nach Eingang des Urteils und Einsicht des Protokolls erfolge, § 404 der Militärstrafgerichtsordnung.

Da mit der Rüge der Verletzung des materiellen Rechts ein begründeter Revisionsantrag gestellt ist, liegen die Voraussetzungen für eine Vernehmung nach § 404 der Militärstrafgerichtsordnung nicht vor.

Hieran kann auch der Vorbehalt der weiteren Begründung der Revision nichts ändern. Denn wie das Reichsmilitärgericht in feststehender Rechtsprechung annimmt, will der § 404 der Militärstrafgerichtsordnung dem Angeklagten nicht die Möglichkeit geben, seine innerhalb der Frist erklärten Revisionsgründe nach Ablauf der Frist noch zu ergänzen; er greift vielmehr nur dann Platz, wenn der Angeklagte innerhalb der Frist eine dem Gesetz entsprechende Rechtfertigung der eingelegten Revision überhaupt unterlassen hat. Entsch. des R.M.G. 10, 171, 172, 17, 45.

Auf den unterm 1. September 1916 an das Gouvernementsgericht gerichteten Antrag des Angeklagten auf Berichtigung des Tatbestandes des oberkriegsgerichtlichen Urteils ist bis jetzt ein Bescheid nicht ergangen. Da aus der Vorlage der Akten an das Reichsmilitärgericht ohne Erledigung dieses Antrages gefolgert werden kann, dass das Gouvernementsgericht zur Bescheidung des Antrages das Reichsmilitärgericht für zuständig erachtet, so wurde die obige Entscheidung getroffen. Denn zur Bescheidung des Antrages ist allein das Gouvernementsgericht zuständig.

Der Senatspräsident

gez. Unterschrift

1 Nach § 404 der Militärstrafgerichtsordnung war der Angeklagte, wenn er gegen ein Urteil Revision eingelegt, jedoch binnen einer Woche nach dessen Verkündung keinen begründeten Revisionsantrag eingereicht hatte, über seinen Antrag und die Begründung zu Protokoll zu vernehmen. Die Red.

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