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Karl Liebknecht 19170700 Mitteilungen, Briefe und Notizen aus dem Zuchthaus Luckau

Karl Liebknecht: Mitteilungen, Briefe und Notizen aus dem Zuchthaus Luckau

[Karl Liebknecht: Politische Aufzeichnungen aus seinem Nachlass Geschrieben in den Jahren 1917-1918. Unter Mitarbeit von Sophie Liebknecht herausgegeben, mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Franz Pfemfert, Berlin 1921, S. 16 f., 11 f.; IML, ZPA, NL 1/65, Bl. 119/120; IML, ZPA, NL 1/34, Bl. 101/102; IML, ZPA, NL 1/34, Bl. 146/147; IML, ZPA, NL 1/34, Bl. 177/178; Karl Liebknecht: Politische Aufzeichnungen aus seinem Nachlass Geschrieben in den Jahren 1917-1918. Unter Mitarbeit von Sophie Liebknecht herausgegeben, mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Franz Pfemfert, Berlin 1921, S. 43 f., 44 f., 45 f.; Die Kommunistische Internationale (Hamburg), Zweiter Jahrgang, 1921, Nr. 15, S. 3/4; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 235/236; Karl Liebknecht: Politische Aufzeichnungen aus seinem Nachlass Geschrieben in den Jahren 1917-1918. Unter Mitarbeit von Sophie Liebknecht herausgegeben, mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Franz Pfemfert, Berlin 1921, S. 46 f.; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 87/88. Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 342-360]

Zur Reichstagsresolution vom 19. 7. 19171

Sie ist ein nach drei Seiten gerichteter Täuschungsversuch:

1. an die Bundesgenossen Deutschlands, die, wie Ranzow im preußischen Abgeordnetenhause ausplauderte, gerade damals immer größere Schwierigkeiten machten, den Krieg für deutsche Eroberungsziele fortzusetzen;

2. an das deutsche Volk, um die „Sozialdemokratie bei der Stange zu halten" usw.;

3. an die Massen in den feindlichen Ländern, deren Regierungen in geradezu verblüffender Tapsigkeit auf den deutschen Friedenshumbug hereingefallen sind.

Die Diversion zur Irreführung und Beruhigung der Bundesgenossen war bisher noch nie so offen eingestanden. Die Unannehmlichkeiten des Bündnisses mit „saturierten Bundesgenossen" sind in den Kreisen deutscher Imperialisten seit über zwei Jahren auf der Tagesordnung.

Die türkischen und bulgarischen Sonderfriedensexperimente, zu denen angeblich Deutschland seine Einwilligung gegeben hatte – hatte geben müssen! –, sind heute Reminiszenzen, aber die Möglichkeit ihrer erfolgreichen Wiederholung, zumal bei Russlands Ausscheiden und Italiens Dämpfung, ist Gegenwärtigkeit; trotz der ganz offiziell und unzweideutig ausgesprochenen hochgradigen Eroberungspläne Bulgariens. Der Unterschied zwischen den österreichischen und den deutschen Kriegszielen wird in der alldeutschen Presse immer offener behandelt. Die deutsche Hilfe für die jüngste Offensive gegen Italien war als ein Mittel zu verstehen, Österreich zur Gegenleistung an den deutschen Kriegszielen in Flandern zu interessieren; sie hat allerdings Österreich noch mehr saturiert und damit unzuverlässiger gemacht – denn Dankbarkeit ist kein Machtfaktor in der imperialistischen Politik.

Die Entsendung österreichischer Truppen an die deutsche Westfront zeigt den Zusammenhang mit der italienischen Offensive. Czernins Bestreben, diese Waffenhilfe als Ausfluss der österreichisch-deutschen Solidarität in der Verteidigung von Elsass-Lothringen zu motivieren, beweist die Solidarität beider Regierungen in dem Täuschungsmanöver gegen das österreichische und das deutsche Volk.

Juli/August 1917.

Das linke Rheinufer und der Basler Friede2

Man entrüstet sich grenzenlos über der Entente angeblichen Annexions- oder Neutralisationsplan in Bezug auf das linke Rheinufer; und am entrüstetsten gebärdet sich dabei Dr. Michaelis, der neue Kanzler der Hohenzollern. Gemach, Michaelis, gemach, Wilhelm von Hohenzollern. Spekuliert nicht allzu dreist darauf, dass jener Basler Friede zwischen Preußen und – dem revolutionären Frankreich vergessen sei, jener Basler Friede, in dem Friedrich Wilhelm II. von Hohenzollern, Urahne Wilhelms II., kriegs- und landesverräterisch gegen das Deutsche Reich und seine deutschen Fürstenvettern in die Abtretung des linksrheinischen Deutschland an Frankreich willigte – gegen eine „Entschädigung", versteht sich, aus rechtsrheinischem Gebiet. All das natürlich – als „ehrlicher", „gerader" Deutscher – in einer geheimen Bestimmung des Friedensvertrags. Also: heimliche Verschachern des Besitzes anderer deutscher Fürsten, Verschachern von nichtpreußischen Stücken des Deutschen Reichs, des heißgeliebten Vaterlandes, an den Feind um schnöden Landesgewinnes für Preußen willen; und das während der Fortdauer des Krieges zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich! So ist – aber nicht nur in diesem Fall, sondern in ungezählten anderen nicht minder –, so ist Kriegsverrat neben räuberischer Gewalt und tückischem Treu- und Wortbruch der dritte der drei Hauptpfeiler, auf denen das hohenzollernsche Preußen aufgebaut ist – das Preußen, dessen Wahrspruch seit je heißt: „Jedem das Seine" – nicht geben, sondern stehlen!

Juli/August 1917.

An Sophie Liebknecht3

Luckau, 2. 9. 17

(303. Tag der Strafe,

morgen 10. Monat;

1

4818!)

Mein Liebstes!

Mein normaler Dreimonatsbrief.4

Wo heut anfangen, in der Fülle des Andringenden! Gut, mit meinem Anfang, meinem Geburtstag.5

Allerhand Depeschen kamen, Briefe u. Karten – u. a. radikale Gruppe des VI. Wahlkreises6; Vorstand Teltow-Beeskow, Familie Zetkin, Adolph Hoffmann und Freunde, Prof. Radbruchs und Frl. Kantorowicz, Levinés, Marcussons, Oskar Cohns, Otto Bracke und Verwandte, Alice, Gertrud, Th., Lu u. Kinder, Otto u. Kinder, Wims, Curt – Ihr – außer Böbbchen7, auf dessen angekündigten Brief ich noch vergeblich laure. Bitte allen meinen Dank übermitteln, keine Beteuerung nötig, dass ich mich sehr gefreut hab'; für einige Angehörige liegen Zettel bei. A. H.8 und „eine Anzahl Gesinnungsgenossen" schickten 2 Rosen u. vorzügliche Butter; auch dafür vielen Dank; nicht minder bin ich gerührt von Paul Hoffm. und der von Dir ungenannten Dedikantin des Kirschsafts u. allen andren Hilfeleistungen für mein Magenwohl. Frau Marcusson sage, dass ich an des armen Erwin Lage vollen Anteil nehme; O. Cohns (jetzt Levetzowstr. 16 A), dass ich ihre Grüße erwidere und sein Bedauern teile. Claras9 Depesche war mir eine besonders herzliche Freude; schreib ihr dies, meinen Dank u. meine Wünsche. Alice, Wims (dessen Besuchsankündigung mich in Spannung hält) u. Curtius - bedenke ich das nächste Mal mit Autogrammen.

Und noch zweierlei:

1. O. Br.10, der „noch während der Gerichtsferien (d. h. bis 15. 9.)" kommen zu können „hofft", vermelde Du bitte schleunigst, er möge

a) Militär-Straf-Gerichtsordnung und Mil.Strafgesetzbuch mitbringen,

b) jedenfalls mir seinen Besuch, ein modicum tempus, vorher ankündigen. Du wirst ihn ja auch vor seiner Herfahrt noch sehen

2. Sanitätsunteroffizier der Reserve Adelbert Ottenbacher, Bayerisches Pferdelazarett 24, Deutsche Feldpost No. 779, schickte mir Nüsse (und einiges), die mir ausnahmsweise ausgeliefert wurden, obwohl nicht von Angehörigen; er „möchte gern" mir „ein Postkolli Obst oder sonstiges Essbares zukommen lassen". Übermittle ihm bitte meinen besten Dank für Brief, Nüsse u. das übrige u. seine guten Absichten u. unterrichte ihn, dass im allgemeinen nur Sendungen von Angehörigen gestattet sind, ich ihn also bitte, von seinem Vorhaben abzusehen

Und nun zu Euch, zu Dir. Alles, was ihr schicktet, war köstlich, u. sei gewiss, es schlägt bei mir gut an; vernünftig lebe ich ja wie kein zweiter: Fenster weit offen Tag u. Nacht (auch jetzt noch in der Kühle), Freiübungen (2- bis 3 mal täglich folgendes Menü: Die Arme herumgewirbelt je 60mal nach vorn u. nach hinten; Kopfwendungen, je 20 Kopfbeugungen nach vorn – hinten und nach rechts – links; je 10mal Kopfdrehen links- u. rechtsherum; 60mal Schulterrollen mit „Bauchtanz"; 60 Rumpfbeugungen rechts u. links; 60 Rumpfbeugungen mit hoch gestreckten Armen nach vorn; 60 Kniebeugen); 250 oder mehr Auf- u. Abwanderungen in der Zelle – auf u. ab zusammen jedes mal 16 (kleine) Schritte, 250mal = 4000 Schritt!; dazu kommt, dass meine Arbeit im Stehen verrichtet wird.11 Kurz, ich sorge dafür, dass mein Blut in Bewegung bleibt, dass Nerven u. Sehnen nicht einrosten, dass jede Kalorie der Nährstoffe ausgenutzt u. an die rechte Stelle befördert wird. So werde ich aushalten, mag kommen, was will. Ihr aber, Ihr denkt an Euch u. versorgt Euch vor allem; vergesst doch nie, dass, wie Ihr Euch um mich Gedanken macht, so ich mir um Euch – u. jeder Zweifel über Euer Wohlbefinden beeinträchtigt mein Befinden weit mehr noch als mangelhafte Ernährung: Du brauchst ja besonders gute Ernährung, um Deiner Gesundheit willen, u. bei Deiner vielen Arbeit; u. die Kinder in der kritischen Entwicklungszeit! Also Dank, Dank, Dank u. eine Unzahl Küsse für alles, alles, alles, für diese Vereinigung von „Was ihr wollt" u. „Wie es euch gefällt"; aber denkt von nun ab zuerst an Euch u. die Kinder in der Verwandtschaft u. Rosa u. Franziskus u. Käte, Ernst, Lene12 usw. Bitte!

Wohl bin ich wie ein Zeisig im Käfig, wie ein Fisch im Goldfischglas, wie ein angeketteter Jagdfalke Der freilich, so wohl er ist, hinaus möchte auf die Jagd, in den Kampf. Aber mit dem „Sterben" hat's gute Weile, u. jene Alarmnachricht13 heißt das beste Omen für ein langes Leben; das Totgesagtwerden wird mir allmählich zur Gewohnheit. „Und stechen mich die Dornen und wird's mir zu kahl", kann ich zwar nicht ins Neckartal reiten, aber ich greif zum göttlichen William, diesem einen Menschen, der ausreicht, die ganze Menschheit zu adeln, die ganze Menschheit in all ihrem Schmutz u. Stumpfsinn. Denk, Romeo u. Julia las ich seit mehr als 25 Jahren zum ersten Mal wieder -

for ever is no story of more woe

than this of Juliet and her Romeo.14

Entsinnst Du Dich der Worte Romeos zum Apotheker in Mantua, dem er das Gift abkauft:

There is thy gold, worse poison to men's souls,

Doing more murders in this loathsome world

Than these poor Compounds that thou mayst not sell."15

Ein Motto, n'est-ce pas?

Wichtig ist mir die jetzt erst gewonnene nähere Bekanntschaft mit Willibald Alexis (Häring) u. Fontane, der beiden preußischsten, ja brandenburgischsten Dichter des 19. Jahrhunderts, beide freilich im edleren Sinn: beide keine Brandenburger, keine Preußen, keine Deutschen, sondern – Franzosen, der „Colonie", südfranzösischen Refugie-Familien entstammend; eine bittere Pille für Nationalidioten und Rassenfanatiker, die Fontane in seinem Roman „Vor dem Sturm" auch unübertrefflich auspritscht: Nicht nur die Fürstengeschlechter sind ja aus dem Blut aller europäischen u. einiger asiatischer Völker zusammengemischt – die Bevölkerung der Mark Brandenburg, des „Herzstücks von Preußen", wie ganz Ostelbiens, Sachsens usw. ist fast rein slawisch (wendisch etc.), u. zw. von unten bis oben – zum höchsten Adel. Gewiss die stärkste Prädisposition zum künftigen deutsch-slawisch-magyarisch-türkisch-japanischen Bund gegen – den germanischen u. romanischen Westen.

Fontane ist etwas breit u. der Kleinmalerei sehr zugetan. Aber aller Enge abhold, eine „breite" Natur wie wenige; voller lebendiger Erfahrung auf u. unter der Oberfläche vieler Gesellschaftsschichten u. nicht nur Deutschlands, sondern auch Frankreichs, wo er 70/71 in Oleron kriegsgefangen war, u. Englands, wo er lang lebte; u. voller Natürlichkeit, Ehrlichkeit u. oft Anmut u. Feinheit. Seine biographischen „Kinderjahre" u. „Von 20 bis 30" empfehle ich Dir sehr – auch Helmi mag sich daranmachen; auch Fontane „Vor dem Sturm"; „Cabanis" von Will. Alexis – das freilich sehr ungleiche Partien hat. Du wirst aus diesen Sachen zugleich lernen; das eigenartige Leben in der „Colonie" wird Dich interessieren. – Ich wäre froh zu hören, dass Du meinen gelegentlichen literarischen Anregungen folgst.

Was draußen vor sich geht, ob's oder ob's nicht wahrscheinlich ist, dass es bald heißt „bis Michaelis" u. nicht „von Michaelis"16, und über das andre viel Wichtigere muss ich hier schweigen. Nun, du kennst meine Gedanken.

Zurück zum Idyll: zu den Vögeln! Verzeih – was macht das berufene „Vogelbuch" (Stimmen – aber auch Abbildungen! und Beschreibung der Lebensweise, wenn's so was zusammen gibt!)?

An Bibliotheksarbeit17 usw. wag' ich nur noch in Träumen zu denken – aber ein andres: Le Sage - Gil Blas u. Diable Boiteux sind zwei Lücken, die ich noch peinlicher empfinde als Rouge et Noir18. Beide haben wir (im Bücherschrank meines Vaters in meinem Bürozimmer; der aber äußerst vorsichtig zu behandeln u. im Übrigen intakt zu lassen, sorgfältig zu verschließen etc. ist). Besorg sie mir bei Gelegenheit; bitte nicht vergessen.

Im nächsten Monat ist wieder Besuchszeit! 7 Wochen schon seit Deinem letzten Besuch! Wie ich mich freue – aber gib rechtzeitig Nachricht vorher. – Über der Jungen „Keilerei" reg Dich nicht auf – wir haben diesem Brauch nach Tisch noch als Studenten regelmäßig abgelegen u. wurden geduldet; es ist physiologisch motiviert. Aber freilich: Ich werde Moral predigen, dass die Schwarte knackt.

Rosa besuche – so oft es geht; u. schreib ihr u. sorgt für ihre Gesundheit; über 2 Jahre hat sie nun während des Kriegs hinter sich!! Sag ihr, wie viel u. herzlich ich an sie denke; dass ich oft die Figaro-Ouvertüre vor mich hin summe u. mir dann ihr Bild so leibhaftig vor Augen steht, als sei Figaro „ein Stück von ihr". Mehrings u. Lene u. Juleks u. Käte u. Emsts u. Hugo u. Mathilde19 u. alle Freunde sonst grüße sehr; ich lebe im Geist ganz mit ihnen. Grüße auch Hilma20 vielmals.

Warst Du in Stella u. Prometheus?

Du schreibst kein Wort, ob u. welche Nachricht von Deiner Mutter kam u. von Adolf21! Das ist mir doch so wichtig – warum vergisst Du's stets? Nochmals: Bitte, Liebste, sorgt für Euch, für Euch, für Euch – nur wenn ich sicher bin, dass Ihr mindestens ebenso viel u. ebenso Gutes habt wie ich, nur dann kann ich mich an dem Geschickten erbauen, nur dann bekommt's mir; nur dann nehm ich's überhaupt an, sonst lass ich's zurückschicken: Das ist mein Ernst!!

Ich küsse u. umarme Dich, mein Herz

Dein Karl

Verzeih, ich bin heut stumpf u. schwerfällig; u. muss doch schreiben. Ich möchte, Du wärst hier – u. säßest auf meinem Schoß u. hörtest mit mir die Grasmücke u. das ferne Hundegebell u. Kindergezwitscher, u. wir läsen Romeo u. Julia. It was the nightingale and not the lark …22

An Wilhelm Liebknecht23

Luckau, 2. 9. 17

(303!)

Liebster Helmi!

Jetzt muss ich jagen – nur noch kurze Zeit – um drei müssen die Briefe dem Aufseher abgeliefert werden.

Ich danke Dir für Deinen guten Geburtstagsbrief. Sei gewiss, ich war nicht wehmütig – für Papas ist's mit Geburtstagen ein wenig anders als für Euch Kinder u. für die Jugend überhaupt. Aber geschmeckt hat mir alles himmlisch – vom Kuchen habe ich eine Portion bis heute durch gerettet Die Riesengebirgswanderung u. das Lied vom kleinen Teich („Eingeschlossen im Felsenreich, Einsam schlummert der kleine Teich") – alles ist mir so lebendig wie der heutige Tag. Und wir werden wieder zusammen wandern und in die Lüfte jauchzen – ja, auch das kommt wieder; u. wenn in Moll statt Dur.

Die Sache mit Rühle bedaure ich aufs Äußerste.24 Du wolltest mir über Eure Korrespondenz berichten – bisher hörte ich nichts – also verlief sie ergebnislos (à propos: Das Schillersche Distichon heißt nicht: „Frei von Tadel zu sein" usw. – das ist Hiatus oder schlimmerer Verstoß gegen Prosodie; das „zu" muss weg – was freilich eine unerfreuliche Holper-Galoppade bis „ist" ergibt – „Frei von Tadel sein ist" usw. So amendiere ich, ohne Schiller vor mir zu haben, schlag nach – aber den Rhythmus darfst Du nie verhunzen, das geht durch Mark u. Bein). Nun sitzest Du also in Berlin fest, u. ich sehe keine Chance einer andren Regelung. Wie ihm sei: Ochse, dass alles kracht. Was hilft's – Du musst den „Cursum durchschmarutzen"; und wenn's kein Kuchenwall ist zum Durchfressen u. wenn hinterm Abitur kein Schlaraffenland winkt, so bleibt's doch dabei; u. ich will kein Sitzenbleiben. Schluck's meinethalb wie bittere Arznei, aber schluck's, es ist keine Wahl. Für alles andre kommt noch Zeit – Junge, könntest Du kapieren, was es heißt, 16 Jahre alt zu sein! Das Leben würdest Du umarmen trotz alledem; u. die Schule dazu trotz alledem u. alledem.

Und wirklich, lieber Junge, lass es jetzt genug sein; beiß die Zähne zusammen u. vertrödle keine Zeit mehr mit faden Klagen über Schule usw. Du bist zu was Besserem da. Und kommt die Gänsehaut (chair de poule, glaub' ich, französisch) über Dich vor dem Leben, so nimm wie ich den göttlichen Shakespeare zur Hand diesen einen Menschen, der (wie ich eben Sonja schrieb) ausreicht, die ganze Menschheit zu adeln, die ganze Menschheit, trotz allem Schmutz u. Stumpfsinn; oder Goethe, oder Schiller. Ein Schluck von diesem hostalischen Quell u. selbst Caliban25 wird verklärt. Hätt' ich Dich hier trunken würd' ich Dich machen von der Herrlichkeit des Lebens u. der Welt; dieser Welt, dieses Lebens, dieser Menschheit jawohl!

Ich lese viel doch verkürzen sich die Tage so rapid u. damit mein Licht u. damit meine freie Zeit, in der ich für mich arbeiten kann; die langen Wintergrabesnächte stehen nahe bevor. Auch da heißt's sich durchwinden.

Freiübungen deren Menü ich Sonja genau schilderte, lasst's Euch sagen u. macht's nach! u. Zellenwanderungen (je 8 kleine Schritte hin u. zurück zusammen 16) u. offenes Fenster u. Arbeit im Stehen u. Eure Ess-Sendungen erhalten mich so gesund, dass Ihr über alle Tartarennachrichten à la 12. 8.26 lachen könnt, ohne erst zu telefonieren etc. Im Übrigen nährt Ihr Euch vor allem gut, das ist mir u. für die Zukunft wichtiger, als mich heraus zu füttern, wenn Ihr nicht alles mindestens so reichlich u. gut habt wie ich. Darauf muss ich bestehen Nun, im Oktober werde ich ja sehen, wie Ihr gefüttert seid; u. dann werde ich auch das erwarte ich Gutes von der Schule hören; u. von Deiner Stimmung u. Euch allen Schluss ich muss.

Ich küsse Dich vielmals, mein liebster Junge sei brav u. fleißig u. stärker als das Trübselige, das Dich einfangen möchte, u. seid herzlich zu Sonja, u. schreibt ihrer Mutter u. Adolf, u. macht keinen Radau, „verhaut" Euch nicht usw. Ihr seid zu alt dazu macht mir keine Sorgen das ist das Beste, was Ihr für mich tun könnt u. seid tapfer.

Nochmals viele Küsse

Dein Papa

Was spielst Du auf dem Klavier?

An Robert Liebknecht27

Luckau, 2. 9. 17

Mein liebstes Bobbchen!

Holländer Du ja aber ich weiß noch von nichts noch kein

Lebenszeichen, noch keine Sterbenswörtchen wenn auch das weiße Brot, das neulich kam, sicher von Dir aus Holland mitgebracht war nicht wahr?

Nun, ich bin gespannt, begierig. Du sollst mir recht ausführlich schreiben u. auch Deine Ausbeute an Zeichnungen will ich sehen u. auch die Skizzen von der neuen Wohnung u. den einzelnen Zimmern u. auch die Skizze ihrer Lage in Steglitz, von den Bahnhöfen Sieglitz-Friedenau aus; ich muss mir ein Bild davon machen können, wo Ihr jetzt haust.

Ich schreibe Dir heut, wegen Zeitmangels, ganz kurz; erwarte Deinen Brief, an den Helmi Bericht über die Affäre Rühle anhängen will. Du bist sicher fidel, wie ich mein Bobbchen, den lustigen Seifensieder, kenne; u. hoffentlich hast Du dicke rote Backen u. stramme Waden u. Arme mitgebracht.

Auch auf die Meldung von den holländ. Freunden bin ich begierig.

Lass mich nicht mehr lang warten. Sei artig, gut, herzlich zu Sonja macht ihr die schwere Last leicht; keinen Radau, kein Balgen u. Keilen u. Verhauen wirklich, Ihr seid zu alt.

Und fleißig in der Schule; ich will gute Zensuren sehen! Enttäuscht u. betrübt mich nicht.

Ich küsse Dich viel vielmals

Dein Papa

An Vera Liebknecht28

Luckau, 2. 9. 17

Liebstes Mausimäuslein!29

Braungebranntes Kerlchen – hoffentlich noch heute! Wohlgenährt hoffentlich noch heute! Oktober wird alles revidiert, u. wehe, wenn ich besser aussehe als Ihr!! Lass Dir's nicht gefallen, dass an mich was geschickt wird, was Du oder ein andrer von Euch noch essen könnte u. essen möchte! Nicht wahr! – Und nun – ich danke Dir sehr, mein Kleinstes, für Deinen Glückwunsch u. küsse Dich dafür u. bitte Dich, mir das nächste Mal recht ausführlich zu schreiben von Schule u. Freundinnen u. Lotte u. Poch u. allen sonst u. was Du liest u. im Haushalt tust usw.

Und grüße Hilma30 sehr von mir. – Sei artig; sei fleißig; sei vor allem, allem gut zu Sonja! Nicht ärgern! Sie ist so gut. – Keinen Radau! Gehorchen! Aufs Wort! Nicht wahr?

Das will ich, das müsst Ihr! Und Oktober auf Wiedersehen!

Viele, viele Küsse

Dein Papa

Polen, Elsass-Lothringen, Irland

Die staatliche Zugehörigkeit Elsass-Lothringens war stets schwankend; Ende des 17. Jahrhunderts wurde der noch in deutschem Besitz befindliche Teil von Frankreich okkupiert; beide Grenzländer standen 1870 fast 200 Jahre ununterbrochen und vollständig im französischen Besitz. Polen wurde hundert Jahre später „geteilt", das letzte mal 1795 oder gar 1815; es ist heute erst rund 120 Jahre in den Klauen seiner Würger; will man die Frage der „Berechtigung" staatlicher Wiederherstellung nach arithmetischen Formeln, nach der Dauer des Zeitablaufs berechnen, so sinkt die Waagschale zugunsten Polens.

Elsass-Lothringen wurde in ein Land hoher Kultur übernommen – das zum Teil kulturell hochentwickelte Polen verpreußt, verösterreicht, verrusst.

Elsass-Lothringen blieb ein Ganzes in dem großen französischen Staats- und Wirtschaftsverband. Polen wurde dreimal in drei Teile zerfetzt und jeder dieser Fetzen, in sich selbst ohnmächtig, kraftlos, aus dem organischen Zusammenhang gerissen, gleich einer Negersklavenkolonie in die Fron roher Unterdrücker gekerkert und gekettet.

Elsass-Lothringen hat sich niemals gegen Frankreich erhoben; Polen immer wiederholte Versuche seiner Befreiung unternommen.

Elsass-Lothringen hat sich dem Frankreich der Revolution mit Begeisterung aus eigenem, freiem Impuls zugewandt und verknüpft – die auseinander gefetzten Polen wurden der Proteste und des Widerstrebens nicht müde: Die Geschichte des „geteilten" Polens ist bis zum heutigen Tage eine Geschichte ununterbrochener Revolte.

An der Schwelle zu dieser Folterkammer für das polnische Volk steht nicht nur Grausamkeit und Gewalt – sondern auch preußische Treulosigkeit,31 Verräterei, Tücke, so abscheulich, wie sie die Welt abscheulicher nie sah.

Elsass-Lothringen „musste" 1871 „befreit" werden; von Wiederherstellung Polens aber soll nicht gesprochen werden.

Irland gehört seit 1171, seit 745 Jahren zu England, d. h. fast sechsmal so lange als Polen zu Preußen und Österreich usw. und länger, als Preußen und die Hohenzollern überhaupt existieren. Irland war nie durch Sprachenverfolgungen, Enteignungsgesetze und andere Marterinstrumente gequält wie die blutenden Fetzen des preußischen Polens. Wohl aber wurde Irland längst vor dem Kriege die freieste Selbstverwaltung und Selbstbestimmung gesetzlich gewährt – ein Maß an politischer Freiheit, das sich ein deutscher Reichsnormalbürger nicht einmal zu träumen vermag; stets aber, selbst in den trübsten Zeiten, waren die Zustände in Irland so, dass ein preußisch gesegnetes Polen und ein reichsdeutsch beglücktes Elsass-Lothringen, nach Irland versetzt, sich im Paradies gewähnt hätten.

Aber Irlands „Befreiung" fordert das deutsche Gerechtigkeitsgefühl – Polens Befreiung und Selbstbestimmung darf vor keuschen deutschen Ohren nicht genannt werden.

September 1917.

Dass sich die Balken biegen!"

Die österreichische Regierung publiziert aus den ausgeräuberten serbischen Archiven eine der üblichen Zurichtungen über „kriegerische Zettelungen der Entente" von 1908 bis 1913. Als fettestes Häppchen werden serviert zwei im Oktober 1913 unternommene telegraphische Bemühungen der serbischen Regierung in Paris und Petersburg um die Lieferung von 400000 Gewehren durch französische oder russische Fabriken. Was aus diesen Bemühungen geworden ist, verschweigt das Wiener Elaborat. Dürfen wir annehmen: aus Scham? Aus einem letzten Rest von Anstandsgefühl? Denn jene 400000 Gewehre sind an Serbien ausgeliefert worden; aber nicht von Frankreich und nicht von Russland (dessen Rüstungsindustrie übrigens bis zum Kriege überwiegend vom deutschen Großkapital betrieben wurde – vgl. z. B. die russische Parabellum-Gründung 1914 durch den Deutschen Becker unter Beteiligung des – französischen Schneider-Creusot), sondern von – Österreich und Deutschland; besonders von der Steierschen Gewehrfabrik. Diese Tatsache stellte ich vor dem Kriege (im Mai 1914 im Reichstage) fest. Die serbische Regierung hat damals in allen für die Lieferung in Betracht kommenden Ländern zugleich angefragt – in den Ententeländern wie bei den Mittelmächten –, nur mit dem einen Unterschied: bei der Entente erfolglos, bei den Mittelmächten erfolgreich; denn Geld stinkt nicht.

September 1917.

Wiener Kundgebung der Mehrheitssozialisten

Die Wiener Kundgebung der Mehrheitssozialisten der Mittelmächte an das Stockholmer Komitee muss eine ganz gepfefferte Abhalfterung erhalten; die Burschen erdreisten sich wirklich, unter Ausnutzung der blödsinnigen Entente-Passverweigerung sich aufs hohe Pferd zu setzen.32

September 1917.

Fluch der Halbheit

Der Fluch aller Halbheit, aller Unentschlossenheit ist der erste, älteste der politischen Flüche – trotz Kain und Abel.

Nur eine Ganzheit, keine Halbheit, kein Achseltragen der Kerenski, nur eine Diktatur des Arbeiter- und Soldatenrats, eine Diktatur des Proletariats kann die russische Revolution für die Massen retten; retten vor dem – noch immer – lauernden Zarismus, retten vor den Hohenzollern und Habsburgern, retten vor dem russischen Imperialismus und vor dem Imperialismus der Entente. Nur eine Diktatur des Proletariats und der zu ihm stehenden Massen in Stadt und Land, die die Verteidigung dieser ihrer Republik, dieses ihres revolutionären Russlands gegen die erobernden Sklavenhorden der Mittelmächte und ihrer Tamerlane entschieden proklamieren und in diesem revolutionären Geiste den Krieg – ihre Macht auch gegen den Ententeimperialismus übend – fortführen; nur in diesem Sinne. Bisher fehlte dazu die Kraft – wenigstens die Kraft des Entschlusses. Im Juli (!) noch lehnte Tschcheidse33 die Übernahme der vollen Regierungsgewalt durch den Arbeiter- und Soldatenrat ab. Heute brennt das Feuer unter den Nägeln, dass sich das russische Proletariat anders entscheide und in kühnem Selbstvertrauen das.Steuer in die Hand nehme.

September 1917.

Ungeheure Bedeutung der innerpolitischen Wirkungen/der inneren Veränderungen in Russland auf die übrigen Länder/ der Tatsache, dass Russland nicht mehr zaristisch ist, für die innerpolit. Lage auch aller andren europäischen Völker, bes. Deutschland.

Um so umwälzender ist diese Bedeutung, je freier oder gar sozialistisch die Staatsform ist, je mehr Massenregierung.

Über die „Randstaaten" als Puffer zum Schutze der Mittelmächte vor dem revol. Einfluss Russlands (wenigstens nach dem Plan u. Wunsch der Mittelmächte).

Die Randstaaten nicht nur Eroberungen u. Wall, Puffer, Stoßkissen gegen Kriegsgefahr, sondern auch Deckung der inneren deutschen Reaktion durch eine Mauer monarchischer Gebilde oder doch aristokratischer!

Deshalb so bes. Gewicht auf monarchische Verfassung in Polen usw. gelegt!

September 1917.

Zum Prozess Suchomlinow34

Drei interessante Ergebnisse:

1. Russland wäre erst 1918 „bereit" gewesen (Suchomlinow).

2. Die provokatorische Haltung des deutschen Militärattachés am 29. 7. 14 gegenüber dem Generalstabschef Januschkewitsch (einstündige Verspätung; Zivilanzug; französische Sprache) – vgl. die im deutschen Weißbuch unterdrückte Zarendepesche über den „Ton" des deutschen Botschafters – und Jaurès' Klage über von Schoens35 Unteroffizierston in Paris.

3. Die drei faustdicken Lügen der deutschen Regierung in den drei Piecen des Wolff-Kommentars vom 1. September 1917 (?):

a) „Gesamtmobilmachung sei bereits am 29. Juli 1914 erfolgt." Suchomlinow erklärt, dass die Gesamtmobilmachung erst am 30. 7. beschlossen !!! Am 29. handelt es sich offenbar um die Teilmobilmachung (vgl. Kautsky gegen Heilmann, „Neue Zeit", Herbst 191636). Dass davon bei der Besprechung des deutschen Militärattachés mit Januschkewitsch die Rede war, ergibt das deutsche Weißbuch; danach wurde diskutiert, ob überhaupt schon eine Einziehung erfolgt sei, und das war natürlich der Fall – ganz wie in Deutschland –, nur eben unter der Hand, nicht in Form der Mobilmachung.

b) Deutscher Militärattaché von Januschkewitsch „belogen": vgl. u. a. Januschkewitsch sagte die Wahrheit. Er setzte nach dem deutschen Weißbuch hinzu: „Für die Zukunft könne er keine Garantie übernehmen" – das war, diplomatisch betrachtet, der Gipfel der Ehrlichkeit.

c) Der arme belogene Zar – der Krieg gegen seinen Willen von Suchomlinow und Januschkewitsch entfesselt: Dabei hat der Zar die Mobilmachungsorder vollzogen; Kontreorder gegeben, als die Kugel aus dem Lauf; und die Durchführung der Mobilmachung und die „Lüge" Suchomlinows unmittelbar darauf wieder voll gebilligt.

Dass der Zar jetzt zum Unschuldslämmlein gemacht wird, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Unzufriedenheit der deutschen Regierung mit der kriegspolitischen Haltung des revolutionären Russland.

Übrigens, amüsante Parallele zu dem „Schwanken" Nikolaus' das gleichzeitige „Schwanken" Wilhelms – vgl. Junius Alter.37

Das von Suchomlinow und Januschkewitsch erwähnte Telegramm Wilhelms II. ist offenbar eins der im Weißbuch publizierten. Nur die Wolff-Lügen verwirren das so, dass die Presse z. T. meint, es handle sich um ein bisher unbekanntes Telegramm.

Fazit: Nicht die deutsche Militärabteilung von Januschkewitsch und nicht der Zar von Suchomlinow belogen, wohl aber das deutsche Volk von der deutschen Regierung.

September/Oktober 1917.

Exempel zur Demonstration der internationalen Taktik

Gesetzt den Fall: in Berlin hause eine Räuber-/Einbrecher-/bande – u. in Paris eine andre. Was ist dagegen zu tun? Die Regierungssozialisten sagen: Ganz einfach: Die Berliner fordern von den Parisern, [dass] die dortige Bande unschädlich gemacht werde, die Pariser von den Berlinern, dass sie die hiesige abhalftern, widrigenfalls -.

Wir sagen: Da könnt „ihr lange hin- u. her fordern"! Wir wissen ein besseres Rezept: Ihr Berliner packt die Berliner Bande, ihr Pariser die Pariser Bande – so seid ihr beide mit einem Schlage los.

Nun urteilt, welche Taktik ist vorzuziehen ?!

September/Oktober 1917.

1 Im Juli 1917 war von dem Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger im Reichstag eine Friedensresolution eingebracht worden, die die Zustimmung der Reichstagsmehrheit, bestehend aus SPD, Zentrum und Fortschrittlicher Volkspartei, fand. Am 19. Juli 1917 wurde die Friedensresolution mit 212 gegen 120 Stimmen angenommen. Sie enthielt kein direktes Friedensangebot an die Gegner des deutschen Imperialismus, sie endete mit der Versicherung, dass Deutschland weiterkämpfen werde, falls die Entente nicht auf der Grundlage der Resolution Frieden schließen würde. Die Friedensresolution diente dazu, die imperialistische Durchhalte-Politik zu rechtfertigen, das Volk zu beruhigen und die Massen vom revolutionären Kampf abzuhalten.

2 April 1795. Die Red.

3 Brief ging durch die Zensur der Zuchthausverwaltung. Die Red.

4 Karl Liebknecht durfte nur alle 3 Monate an Frau, Kinder und Geschwister schreiben und von diesen Post empfangen. Ebenso waren die Besuche im Zuchthaus geregelt. Nur auf Antrag wurden in dringenden Fällen Ausnahmen gestattet. Karl Liebknecht umging diese Regelung, indem er bei Besuchen Briefe zusteckte, Zeitungen „punktierte" oder in Büchern oder anderen Dingen Nachrichten aus dem Zuchthaus schmuggelte. Die Red.

5 Am 13. August 1917 war Karl Liebknecht 46 Jahre alt geworden. Die Red.

6 Gemeint ist der VI. Berliner Reichstagswahlkreis. Die Red.

7 Genossen, Bekannte und Verwandte Karl Liebknechts. „Böbbchen" ist Robert, zweiter Sohn Karl Liebknechts, geb. am 26. Februar 1903. Die Red.

8 Adolph Hoffmann. Die Red.

9 Clara Zetkin. Die Red.

10 Otto Bracke, Verteidiger Karl Liebknechts. Die Red.

11 Karl Liebknecht arbeitete als Zuschneider in der Schusterwerkstatt des Zuchthauses. Die Red.

12 Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Käte Duncker, Ernst Meyer und Leo Jogiches. Die Red.

13 Das „Berliner Tageblatt" hatte gemeldet, Karl Liebknecht sei schwer erkrankt. Die Red.

14 Auf ewig gibt es kein so hartes Los Als Juliens und ihres Romeos.

Eigentlich: For never was a … (Denn niemals gab es ein …)

(Shakespeare: Dramatische Werke in sechs Bänden, Vierter Band, Berlin und Weimar 1964, S. 104.) Die Red.

15 Da ist dein Gold, ein schlimmeres Gift den Seelen

Der Menschen, das in dieser eklen Welt

Mehr Mord verübt als diese armen Tränkchen,

Die zu verkaufen dir verboten ist.

(Shakespeare: Dramatische Werke in sechs Bänden, Vierter Band, S. 92.) Die Red.

161 Michaelistag (29. September); Anspielung auf Georg Michaelis (1857 bis 1936), Reichskanzler vom 13. Juli bis 1. November 1917. Die Red.

17 Gemeint ist die geplante Herausgabe des „Zuchthausurteils".

18 Alain-René Lesage (1668-1747): Die Geschichte des Gil Blas von Santillana und Der hinkende Teufel. – Frederic de Stendhal (Henri Beyle) (1783 bis 1842): Rot und Schwarz. Die Red.

19 Leo Jogiches, Marchlewskis, Käte Duncker, Meyers, Hugo Haase (?) und Mathilde Jacob. Die Red.

20 Hilma Stöhr, Hausgehilfin der Familie Liebknecht. Die Red.

21 Adolf Ryss, Bruder Sophie Liebknechts. Die Red.

22 Es war die Nachtigall und nicht die Lerche. Die Red.

23 Brief ging durch die Zensur der Zuchthausverwaltung. Die Red.

24 Wilhelm hatte bei Otto Rühle in Dresden gewohnt; es hatte Meinungsverschiedenheiten gegeben, und Wilhelm war wieder nach Berlin gegangen. Die Red.

25 Ein Ungeheuer aus Shakespeares „Sturm". Die Red.

26 Das „Berliner Tageblatt" hatte gemeldet, Karl Liebknecht sei schwer erkrankt. Die Red.

27 Brief ging durch die Zensur der Zuchthausverwaltung. Die Red.

28 Brief ging durch die Zensur der Zuchthausverwaltung. Die Red.

29 Tochter Karl Liebknechts, geb. 24. April 1906, gest. 15. Oktober 1934. Die Red.

30 Hilma Stöhr, Hausgehilfin der Familie Liebknecht. Die Red.

31 1792 – polnischer Aufstand gegen russische Intervention. Preußen, das Polen durch Vertrag verpflichtet war, stellte sich auf die Seite Russlands; 1793 zweite Teilung Polens. 15. Dezember 1805 – Vertrag von Schönbrunn zwischen Frankreich und Preußen, obwohl Preußen erst am 3. November 1805 einen Bündnisvertrag mit Russland gegen Frankreich geschlossen hatte. Die Red.

32 Von den holländischen und skandinavischen Vertretern im Internationalen Sozialistischen Büro war mit aktiver Unterstützung rechter Führer der deutschen Sozialdemokratie nach mehrmaliger Verschiebung für August 1917 eine internationale sozialistische Konferenz einberufen worden, die der Herbeiführung des Friedens dienen sollte. Die meisten Vertreter der der Zimmerwalder Bewegung angeschlossenen Parteien und Gruppen lehnten eine Beteiligung an dieser Konferenz der Rechtsopportunisten ab. Die Konferenz scheiterte, da die Ententestaaten den Delegierten ihrer Länder die Pässe verweigerten. Am 29. und 30. August 1917 konferierten in Wien die Mehrheitssozialisten der Mittelmächte über die Friedensfrage und legten das Ergebnis in einer Resolution fest, die sie dem holländisch-skandinavischen Komitee in Stockholm übermittelten.

33 N. S. Tschcheidse (1864-1926), Menschewik, nach der Februarrevolution 1917 Mitglied des zeitweiligen Komitees der Reichsduma und 1. Vorsitzender des Petersburger Sowjets, in dem er eine versöhnlerische Politik betrieb; 1918 Vorsitzender der Gesetzgebenden Versammlung Grusiniens. Die Red.

34 W. A. Suchomlinow war seit 1909 Kriegsminister Russlands und wurde 1915 wegen Mängel und Fehler in der Ausrüstung der russischen Armee und wegen Verdachts der Verbindung zur deutschen Spionageabwehr abgesetzt. Im Mai 1916 wurde er verhaftet. Am 23. August 1917 begann in Petersburg der Prozess gegen S., er wurde des Verrats, der Untätigkeit und der Bestechlichkeit beschuldigt. S. wurde in zwei Punkten für schuldig erklärt und zu unbefristeter Zwangsarbeit verurteilt.

35 Freiherr Wilhelm von Schoen (1851-1933), 1910-1914 deutscher Botschafter in Paris. Die Red.

36 Karl Kautsky: Die Wahrheit auf dem Marsch. In: Die Neue Zeit (Stuttgart), 35. Jg. 1916/17, Erster Band, S. 169-175. Die Red.

37 Deutsche Reichspolitik seit 14. Juli 1909, o. O. u. J. – Diese Broschüre, eine scharfe Kritik von rechts an der Politik Bethmann Hollwegs, wurde Anfang 1916 von Junius Alter, einem Alldeutschen, anonym als Privatdruck an Einzelpersonen versandt, etwa Mitte 1916 in unveränderter Passung veröffentlicht und 1919 mit Verfasser unter dem Titel „Das Deutsche Reich auf dem Wege zur geschichtlichen Episode" in München in 2. Ausgabe herausgegeben. Die Red.

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