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Karl Liebknecht 19180214 Mitteilungen, Briefe und Notizen aus dem Zuchthaus Luckau

Karl Liebknecht: Mitteilungen, Briefe und Notizen aus dem Zuchthaus Luckau

[IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 266/267; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 337; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 248; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 302; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 7; IML, ZPA, NL 1/25, Bl. 167; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 381; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 383; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 401/402; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 368; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 389/390; Die Aktion (Berlin), 9. Jg., Heft 29, 19. Juli 1919, Sp. 481/482; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 404/405; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 41/42; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 410, 412/415; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 356/357; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 334/335; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 408; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 376/377; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 416/417; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 354; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 399; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 370; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 365/366; IML, ZPA NL 1/27, Bl. 337; Die Aktion (Berlin), 9. Jg., Heft 29, 19. Juli 1919, Sp. 482/483; Die Aktion (Berlin), 9. Jg., Heft 29, 19. Juli 1919, Sp. 482; Karl Liebknecht: Politische Aufzeichnungen aus seinem Nachlass Geschrieben in den Jahren 1917-1918. Unter Mitarbeit von Sophie Liebknecht herausgegeben, mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Franz Pfemfert, Berlin 1921, S. 35; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 329; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 261/262; IML, ZPA, NL 1/25, Bl. 63; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 99/100; IML, ZPA, NL 1/26, Bl. 37; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 217; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 286; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 359/360; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 345-347; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 215; IML, ZPA, NL 1/25, Bl. 184; IML, ZPA, NL 1/27, Bl. 312. Nach Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Band 9, S. 411-435]

Ukraine (Zentralrada) u. auswärtige Intervention

In Brest am 2. 2. 18 Sewrjuk (Vorsitz, der ukr. Delegation) 24. 1. 1918.

Im 4. Universal hat Zentralrada Bildung einer föderativen Regierung fallenlassen u. Ukraine für selbständig erklärt u. weiter: dass sie mit allen angrenzenden Staaten in Frieden u. Freundschaft leben wolle, dass sich aber „kein einziger von ihnen in das selbständige Leben der Ukr. einmischen dürfe".

Soviel gegen die proletar.-soz. Regierungen (Petersburg), auf die es natürlich allein gemünzt, gegen die kapitalist. Staaten ganz anders: von Mittelmächten geradezu Intervention in eventum erbeten!!

Dieser Gegensatz höchst kennzeichnend!

Klassengegensatz über Patriotismus!

Gründe für Beschleunigung in Brest für Mittelmächte – auch Angst vor revolutionierender Wirkung weiterer Verhandlungen in Brest – trotz Zensurverstümmelung.

Frieden mit Ukraine – Intervention. Aushungerung.

Plan: Nordrussland durch Absperrung der Ukraine völlig auszuhungern (zugunsten – der Mittelmächte! ihrer Feinde!! Die größte Infamie der Geschichte!)

Weitere revolutionäre Dialektik: Dieser infame Plan muss die Bewegung gegen die Zentralrada in Ukraine u. im Übrigen Russland aufpeitschen. Wird daraufhin Zentralrada gestürzt oder gefährdet – so vermutlich Intervention der Mittelmächte für sie: Diese Intervention würde in Deutschland u. Österr. einen mächtigen revol. Impuls geben.

Der Ukraine-Frieden

Die Zentralrada-Leute – selbst Kreaturen der Mittelmächte – haben, wie sich jetzt herausstellt, nicht nur die Lebensmittel der Ukr., sondern die Ukr., das Land und Volk selbst, an die Mittelmächte verkauft.

Soz. Revol. u. Bourgeoisie im Kriege

Innerer Feind mehr gehasst u. gefürchtet als äußerer

Die ukrain. Bourg. lässt das russ. Volk lieber (eher) verhungern u. liefert/gibt/dem äußeren Feinde ihren Nahrungsmittelüberschuss (d. h. den Nahrungsmittelüberschuss Russlands!) aus, als dass sie dem revol. russ. Prolet, nachgäbe.

- Anfang des Weltbunds – aber nicht des Weltbunds der Völker, sondern des Weltbunds gegen die Völker.

Weltbund"

Schon beginnt der verheißene Weltbund – als Kriegsergebnis! – zu keimen (Ukr., Finnland etc., Randvölker!), aber nicht der Weltbund der Völker, sondern der Weltb. gegen die Völker.

Österr. Streiks1

Ca. 18./19. ff. Januar 18: Bei Kürzung der Mehlration begonnen. Sofort polit. Charakter: u. polit. Erfolge (wenn auch materiell Schwindel, so doch der Form nach, prinzipiell: Konzessionen erzwungen. Also: Massenstreiks als polit. Zwangsmittel prinzipiell durchgesetzt!).

Muss das nicht hinreißende Wirkung auf deutschen Arbeiter üben!

[An den Rand geschrieben:]

Dass die Zensur erst freigab, nachdem beigelegt, darf nichts helfen!

Januar/Februar 1918.

österr. Soz.dem.

Zu österr. Streikst (vom 15.1. 18 bis ca. 21./22. 1. u. noch 24./ 25. 1. z. T.) Lederer2 im „Berliner] Tgbl.", 22. 1. 18 (d. d. 17. 1. 18):

In der Ernährungsfrage kann die österr. Regier. nicht ernstlich helfen (Kiew zu Böhmen – Petersburg Finnland; Ungarn Stimmung höchst unsicher); u. ein Niederkämpfen der Bewegung unmöglich; falls Parole „Brot" allein – so Regierung machtlos. Österr. Parteileitung hat der Regierung durch „Konkretisierung" der Forderungen (Renner!!) einen „Dienst" erwiesen: die Möglichkeit, sich mit ein paar polit. Versprechungen u. Redensarten zu retten – den Streik zu beendigen.

Lederer: Hauptsache, dass in Brest-Lit Ton geändert wird!! Die jugendl. Arbeiter weit radikaler als Parteivorstand! (Adler, Renner, Seitz.)

Streiks in Deutschl.3

Nordd. A. Ztg.": Wenn das Programm des P.Ausschusses sich auf innerpolit. Forderungen beschränkt u. die Wünsche außenpolit. Art fortfielen, sei man schon „ein Stück vorwärts gekommen"4.

D. h. für uns: Gerade die außenpolit. Forderungen sind Hauptsache, gerade sie festhalten ist erste, entscheidende Pflicht, ist Anfang u. Ende.

Fl. f. Fr5

Aber man will euch einreden (weismachen), deutsche Streiks verlängerten den Krieg!!

Jede Granate, die ihr fabriziert, jeder Torpedo, den ihr baut, jedes Luftschiff, [jede] Marinewaffe, jede Unterseebootversenkung bedeutet Tod u. Verderben für eure Brüder – französ., engl., ital., serbische, amerikanische Brüder, u. verlängert den Krieg.

Klassenkampf gegen den Staatenkrieg!!

Streik – Kriegsverlängerung?

Die deutschen Staatsmänner sagen es euch, um euch zur weiteren Kriegsverlängerung bereit zu machen; u. die Tatsachen predigen, wie die feindl. Regierungen (in Engl., Frankr. usw.) durch Arbeiterunruhen, durch Massenstreiks mürbe u. friedensbereit gemacht werden! Euch suchen sie von Streiks abzuhalten durch die Behauptung: eure Streiks würden den Krieg verlängern!

Der Widersinn liegt zutage; er straft sie Lügen. Die Wahrheit ist: So wie die feindl. Regierungen durch Arbeitermassen ihres Landes, so kann die deutsche Regier. durch die deutschen Arbeiter friedensbereit geprügelt u. damit der Krieg verkürzt werden. Betrachtet Österr. Haben die dortigen Streiks nicht friedensfördernd gewirkt? Trotz des verräterischen, schuftigen Eingreifens der offiziellen soz.dem. Partei. Ans Werk also – alle, die dem Massenmorden ein Ende machen wollen! Zwingt die … 6

Also tut ihr desgleichen in Deutschland! Prügelt die Herrschgewaltigen Deutschl.s mürbe u. friedensbereit.

Eroberungen, Siege, das sind Ursachen der Kriegsverlängerung! Seht Br.Lit.! Längst wäre dort der Frieden geschlossen, wenn die deutsche Regierung nicht die Eroberungen in Händen hätte, die sie mit allen Mitteln der Tücke u. Verschlagenheit u. Einschüchterung zu behaupten sucht!!

Die geschichtliche Funktion der Regierungssozialisten

Über den österreichischen Streik vom Januar wird dem „Berl. Tgbl." (27. 1. 1918) aus Wien (26.1. 18) geschrieben:

Die Haltung des sozialdemokratischen Parteivorstandes – der, wie er sich selbst rühmt, durch „Konkretisierung" der Streikziele den Streik (als Kugelfang, als Schutzschild der Regierung) „aufgefangen" und nach einer Erklärung der Regierung die Wiederaufnahme der Arbeit betriebe – habe bei den Arbeitern „fast überall Verstimmung hervorgerufen". „Wenn die Regierung den Vertretern der Sozialdemokratie so große Zugeständnisse wie die Demokratisierung des Gemeindewahlrechts und die Entmilitarisierung der Kriegsbetriebe gemacht hat, so war dafür nicht nur die Notwendigkeit, den Streik zu beenden, sondern auch der Wunsch bestimmend, die Parteileitung der deutschen Sozialdemokratie in Österreich in dem Bestreben zu unterstützen" … 7 „den Anschluss an die breite Masse der Arbeiter, den die Parteileitung im Laufe des Kriegs mehr oder weniger verloren hatte, jetzt wiederum zu gewinnen." Der Mangel einer Streikführung „hat es auch der Parteileitung ermöglicht, die Bewegung schließlich doch in die Hand zu bekommen und auf bestimmte, der Regierung annehmbare Ziele hinzu lenken" .

Der bayrische Ministerpräsident von Dandl bemerkte am 1. 2. 1918 in der Münchener Abgeordnetenkammer: „Ich danke Ihnen (den Regierungssozialisten), wenn Sie jetzt die Führung (des Streiks) in die Hand nehmen. Ich hoffe, dass damit die Bewegung in ruhige Bahnen gelenkt und der Ausstand baldmöglichst zu Ende gebracht wird."

Die preußischen Regierungssozialisten beschweren sich, dass sie beim Januarstreik trotz gleicher Verdienste um die Regierung nicht so freundlich behandelt wurden. Scheidemann bezeichnete als Zweck seines Eintritts in die Streikkommission: die Bewegung „in geordnete Bahnen zu lenken". Der Offiziosus der „Norddeutschen Allgem. Ztg." schmunzelte: Wenn „das Programm des Parteiausschusses (für den Streik) sich auf innerpolitische Forderungen beschränke und die Wünsche außenpolitischer Art fortfielen, so sei man schon ein Stück vorwärts gekommen". Es war bei Gott eine überflüssige Regierungssorge, als bestünde die Gefahr einer „Sprengung der inneren Front", weil die Regierungssozialisten sich „in die Streikziele festbeißen" könnten! Das österreichische Beispiel befolgen, nur noch borussisch-scheidemännisch verderbt, den zum Schlag erhobenen Arm des Proletariats von der Regierung ablenken und so den Streik zu einem Lufthieb machen: das war ihr Streben, gern übernommene historische Mission à la Subatow.8 Und wenn die Nationalliberale Partei ihnen Freundschaft aufgesagt, weil sie keinen Damm gegen die Streikflut gebildet haben (wie ihre Pflicht nach der neuen Koalition vom Herbst 1917 ist!), so wird weder die Niederknüppelung des Streiks noch die Hinterhältigkeit in der Wahlrechtsfrage, noch selbst das infame, himmelschreiende Halsabschneiderwerk an Russland (Interventionsfriede) die Regierungsfreunde und Gefolgschaft dieser würdigen Kumpanei stören, die für jede Schurkerei zu haben ist.

Politik der Regier.soz. (Subatow-Politik)

(nach Zeitungen vom 23. 1. 18, nach Voss!): ca. vom 18. 1. an! (Mehlration)

Auffangen der Streiks" – die von Maximalisten angezettelt seien! – durch die offizielle Partei in Österreich (u. zw. in friedlicher Absicht gegen Regierung!) = Verhinderung (Verbarrikadierung, Verbauung) der revol. Entwicklung.

Ganz à la Deutschland (1916 u. 1917! u. früher schon); u. jetzt wieder gerade durch die Ebert-Scheidemann-Heine-Lärmtrompete gegen Zensur, gegen Verbot des „Vorwärts"9 (in Budg[et]komm[ission] vom 22. 1. 18): Scheidemann: „keine Drohung gegen Regierung"; Schutz der Regierung gegen unverantwortliche Scharfmacher usw. Heine: „Was mit Kriegführung zu tun?" – im Bund mit bürgerl. Parteien u. sofort Remedur erreicht: „Vorw." darf wieder erscheinen: Revolutionsersatz für In- u. Ausland! Sogar siegreiche Revolution! Öl auf Wogen der Massen!

Gegen General Hoffmann!" = „Gegen Vaterlandspartei" = Parole = für Regierung! Für Kühlmann u. Hertling10 – ganz à la Erzberger11! Kugelfang für Regierung.

Dieses Getön gegen militär. Zensur. „Um wenigstens im Innern Frieden zu bewahren" (nach Gothein!) = offenes Geständnis des Verwirrungs- u. Ablenkungszwecks. Tonne für Walfisch Volk. Stoß abfangen, ab parieren von Regierung u. Reichstagsmehrheit. Vexierspiel fürs Volk; bis es gar nicht mehr weiß, wer Regierung ist, u. alles hinnimmt. Lächerliche Vorspiegelung, als ob durch neues Gesetz gegen Belagerungszustand12 Besserung zu schaffen. Als ob's darauf ankäme! Beruhigungspulver! Gaukelnde Hoffnungen erzeugt! Passivität, u. nur darauf kommt's ihnen an!

Erzbergerscher Revolutionsersatz

(für Export u. Innenmarkt)

(Auch die Ludendorff-Schein-Krise13 dient gleichem Zweck.)

Über die deutsche Revolution des Herrn Erzberger vom Juli 1917 haben wir das Nötige gesagt.14 Der gerissene Zentrumsdemagog hat die damals inaugurierte Politik viel geschäftig in den ordentlichsten Lücken u. Tücken weiter verfolgt; als biederer Kompagnon Scheidemanns. Jetzt steht sein „Friedens"schwindelbau in Zusammenbruchsgefahr. Da eilt er, ihn zu stützen. Wie? Sehr einfach! Die russische Regierung, die Lenin/Tr., erstreben u. erhoffen eine deutsche Revolution; sie wollen mit einem revolut. Deutschland den Frieden schließen. Gut; machen wir nochmals eine Revolution („im Glas Wasser" – in der Budgetkommission); das wird die russ. Unterhändler aufmuntern; sie werden nach dem Strohhalm greifen! Überzeugen wir sie, dass Kühlmann die revol. Regierung eines revol. Deutschl, darstellt! Was ist dazu nötig außer heftigem Geschrei gegen die Militärdiktatur u. ihre Machenschaften gegen Kanzler u. Kühlmann? Dabei spielten uns Reventlow15 usw. in die Hand! Die Bauernfängerei muss gelingen! – Das ist der polit. Sinn der Erzbergerschen Heftigkeiten in der Budgetkornmission gegen die Zensur (18. u. 19. 1. 18).16

Fall für die Russen – Revolutionsersatz zum Export. Natürlich auch zum Vertrieb auf dem Innenmarkt – zur Einlullung u. beruhigenden Unterhaltung für die polit. Kinder des deutschen Volks.

Die staunenswerte Hastigkeit der Zentrumspolitik – die zugleich die Erzbergersche Demagogie u. ihr Gegengift produziert u. in allen Farben schillert, in allen Arten Politik Handel treibt, für die irgend Liebhaber vorhanden sind.

Lehren des Streiks

A. Ursachen des Misserfolgs (raschen Zusammenbruchs).

I. Vertrauen auf andre, die nur verfälschen u. schwächen, weil selbst falsch u. schwach; als ihr euch auf den Stab der Scheidemänner zu stützen begannt, begann eure Niederlage (Zusammenbruch).

II. Einschüchterung durch Milit.dikt. usw.

III. Mangel eigener genügender Organisation u. Vorbereitung.

IV. (?) falsches Ziel (Verhandlung statt Kampf). Ergebnis? Null? …17

B. Kritisches Ergebnis. Gestürzte Götter.

1. a) Kein Verlass auf guten Willen der Gewerksch.--Gen[eral]-K[ommission].

b) Kein Verlass auf ihre Macht.

2. a) Kein Verlass auf den guten Willen der Regier.soz.

b) Kein Verlass auf ihre Macht – die Seifenblase zerplatzt.

Ev. zu 3. Kein Verlass auf die „Reichstagsmehrheit", die demokratische Neuorientierung, den deutschen Parlamentarismus von 1917. – Nebenseifenblase der Seifenblase 1 u. 2.

3. Kein Verlass auch auf rücksichtslose Energie parlamentarischer Vertreter der Un[abhängigen] Soz.

4. Nicht Verhandl., sondern Kampf – nicht … sondern …18

II. Rücksichtslose Bekämpfung durch Milit.diktatur zu gewärtigen – Standrecht etc.

III. Organ, ungenügend.

C. Prakt. pol. Folgerungen für Aktion. Parole:

I. Auf niemand verlassen als auf euch selbst!

II. Lehre verbreiten! – Seid auf alles gefasst (auf den schwersten Widerstand – aber alles zerfällt in nichts, wenn ihr einig seid; Beispiel der Chartisten).

III. Alles vorbereiten – Organisation etc. (unterirdisch) für alle Fälle –, so dass beim nächsten Schlag nicht auf Gen.Komm, oder Parlament angewiesen. Um der technischen Methode [willen], ev. der Regierung die Forderungen vorzulegen, ist keine Verbindung mit Parl. etc. nötig. Schafft Macht, guten [?], sichern Streikgeist – so wird sich diese Technik, wo nötig, von selbst finden.

Lehren

Arbeiterrat aufgelöst. Versammlungsverbot. Versammlungslokale geschlossen. Militarisierung der Betriebe. Verhaftungen.

Polizeirevolver u. Säbel. Militär u. Maschinengewehre. Trommelwirbel.

Verschärfter Belagerungszustand. Standrecht. Kriegsgerichte.

Blut. Ablehnung des Empfangs von Vertretern der Streikenden (Streikvertretung) von Regierung, Kanzler u. seinen Gehilfen – Wallraff etc.

Einberufung des Reichstags verweigert!

Proteste der bürgerl. Parteien in Presse, Parlament usw.

Proteste der bürgerl. Arbeiterorganisationen.

Die Regier.soz. verleugnen euch – P[artei]A[usschuss], Fraktion; die Gen[eral]komm[ission] verleugnet euch: Was nutzt's, wenn diese Verleugnungen eingewickelt sind in Neutralitäts- oder auch in feig schwächliche (elende) Sympathieerklärungen!! Man spricht vergebens viel, um zu versagen: Der andre hört aus allem nur das Nein!

Gerade die Hauptfrage: Friedensfrage, Kampf gegen Krieg, von P.A. u. Fraktion geradewegs ausgemerzt! Abgelehnt! Erbärmlicher Verrat!

Dazu die Haltung ihrer Verbündeten: der bürgerl. Mehrheitsparteien, ihrer Verbündeten: der bürgerl. Gewerksch. (christl., Hirsch-Duncker usw.); ihrer Regierung – ihres Kanzlers, ihres Vizekanzlers!!

Ihr Fiasko: Im Moment, wo sie nur leise versuchen (Miene machen), eigne Wege zu gehen, kehren sich alle ihre Bundesgenossen gegen sie – sie sind gefangen u. wehrlos im Netz ihrer Regierungspolitik!

Lehren

Es war bei Gott eine überflüssige Regierungssorge: Sie besteht wahrhaft nicht, die Gefahr einer „Sprengung der inneren Front" dadurch, dass die Reg.soz. „sich in die Streiksache festbissen" („Nordd. Allg. Ztg."). Die haben keine Zähne mehr – alle verloren.

Sie befolgen das österr. regier.soz. Beispiel – nur noch dreifach korrumpiert, weit verderbter – borussisch-scheidemännisch verderbt: Streikziele zu konkretisieren, u. zw. auf solche Ziele, die [für die] Regierung annehmbar sind – mit anderen Worten: den zum Schlag erhobenen Arm des Proletariats von der Regierung abzulenken – den Streik zu einem Lufthiebe zu machen!

Mit Legien gegen Kirdorf? Oder gegen Legien u. Kirdorf?

Mit Legien kann man nicht gegen Kirdorf kämpfen. Neuer Beweis: Streik 28. 1. 18 pp.

Die Alliierten der Gen[eral-]Komm[ission] wütend gegen den Streik; Gen.komm. nicht für Streik. Bergarb. usw. -Verband – der wichtigste u. der mit den bürgerl. Arb.org. am engsten verschwisterte – verhindert Gen.str. der Berg- u. Hüttenarbeiter.

Wer nicht für mich ist, ist wider mich!

Lehren (Fl.)

Jeden Tag predigt man euch, dass die feindlichen Regierungen, dass die engl., franz., ital. Kriegshetzer u. Eroberungspolitiker durch die Friedensbewegung in jenen Ländern, durch die Streiks, Straßendemonstrationen u. Gehorsamsverweigerungen an der Front geschwächt sind u. zum Frieden gezwungen werden. Und euch, die deutschen Arbeiter, will man glauben machen, deutsche Streiks wirkten kriegsverlängernd!

Die Regierung u. die ganze bürgerl. Presse beweisen euch tagaus, tagein, dass Streiks im Auslande kriegsverkürzend wirken. Und mit deutschen Streiks soll's anders stehen? Warum, in aller Welt! Wer kein Brett vorm Schädel hat, erkennt, dass deutsche Streiks auf die deutschen Kriegshetzer u. Eroberungsfanatiker, auf die deutschen Kapitalisten u. Imper. nicht [anders] wirken können als die ausl. Streiks auf die ausl. Kapitalisten19, d. h. kriegsverkürzend, zum Frieden zwingend!

Lehren des Streiks

Der Streik war von vornherein auf Verhandlungen abgestellt. Kardinalfehler!

I. Stürzt erst die falschen Götter, die trügerischen Autoritäten – Scheidemänner-Partei, Generalkommission, Parlament, Fraktion.

Dieser Sturz muss das erste Ergebnis dieses ersten Streiks sein!

II. Und die Erkenntnis u. der Entschluss: Das nächste Mal wird gekämpft u. nicht verhandelt u. antichambriert. Das nächste Mal wird eine einheitliche Kampfleitung geschaffen, von rücksichtslosen Kämpfern für rücksichtslosen Kampf. Nicht eine Leitung zu Verhandlungen mit der Regierung (à la Österreich, dessen Beispiel ihr Ende Jan. nachahmen wolltet), sondern Streikleitung, Leitung zur Aktion, zur Führung des Kampfs – Kampfleitung, nicht Verhandlungsleitung. Kampfleitung, die vor allem aktionsfähig u. aktionsbereit, kampffähig u. kampfbereit sein musste. Dazu war vor allem einheitliche Zusammensetzung nötig. Nicht ein Konglomerat aus drei disparaten Elementen – mit Pferden hinten und vorn.

Es war ein Fehler, dass, was möglicherweise einmal eine – unwichtige – Etappe (Teilergebnis, Etappenergebnis) im Kampf sein konnte (die Verhandlungen mit Regierung), zum Ziel gemacht wurde, dem alles Übrige bei der Gestaltung der Aktion untergeordnet wurde.

III. Unterirdische – für Polizei u. Militärdiktatur unerreichbare, unfassbare Organisation!!

Lehren

Lasst euch nicht bestricken (berücken) u. nicht ersticken (zerdrücken). Kämpfen heißt's – nicht kriechen! Nicht wedelnd antichambrieren nach regier.soz. Art. – Nicht betteln u. bitten, nur mutig gestritten.

Zu deutschen Streiks u. Standrecht

Lasst euch nicht schrecken, nicht einschüchtern! Spottet ihrer Gewalt(tätigkeit), auch wo sie sich ins Gewand (Toga, Kleid) der Justiz kleidet! Spottet der Kriegsgerichte!

Kein stumpfes, dumpfes Nachbrüten – Frisch auf! Frisch gewagt ist halb gewonnen! „Heraus, berenne die Klingen!"

Lehren

Ehe der Hahn dreimal krähte, wart ihr viermal von diesen Aposteln/ihnen/verleugnet – von der Generalkommission, vom Parteivorstand u. vom Parteiausschuss u. von der Reichstagsfraktion der Regierungssozialisten.

(Am 30. oder 31. 1.: keine außenpolit. Forderungen, nur innerpolitische; kein Bäcker-, kein Transportarbeiterstreik!! Die ihn unwiderstehlich gemacht hätten!!)

Dem schloss sich Reichstagsfraktion an.

Lasst ihre Strafmacht an eurer Einigkeit zerschellen (Brandung – Felsen – ohnmächtig).

Beispiel der Chartisten. Wenn alle der Maschen ihrer scheingesetzlichen Willkür spotten, werden ihre Netze wie Spinnweben zerrissen.

Bange machen gilt nicht. Ein trauriger Kumpan, wer sich einschüchtern lässt.

Was sind die Schrecken ihrer Standgerichte im Vergleich zu den Schrecken des Krieges?? Hölle, wo ist dein Stachel? Tod, wo ist deiner?

Ev. passive Resistenz; auch kein militär. Leiter kann euch zwingen wollen, rascher u. genauer zu arbeiten, als ihr könnt.

Lehren

Kämpfen gilt's, nicht in Ministerbüros auf dem Bauch rutschen. Scheinaktionen, die eure Ohnmacht, nicht eure Macht, eure Verworrenheit, nicht eure Zielklarheit, eure Unentschlossenheit, nicht eure Entschlossenheit enthüllen (offenbaren, zeigen), sind nur Triumphe für den Imperialismus (Triumphe in der Hand des I.; Wind in die Segel des …20).

Zur Strafe des Schützengrabens

Das Verschicken der politisch Missliebigen, vor allem der Streiker, an die Front ist für die Regierung stets zweischneidig – es trägt das Gift an die Front. Von einem gewissen Umfang an wird es ein Mittel zur Demoralisation, Desorganisation der Armee, wie wir uns kein besseres wünschen können. Das dürfte die Heeresleitung auch wissen oder doch ahnen. Dadurch werden der Anwendung dieses Mittels Grenzen gesetzt, die der Regierung wiederum die Streikbekämpfung erschweren, was uns natürlich nicht minder willkommen ist.

Bemerkung zum Dittmann-Prozess21

Nach dem mir zugänglichen Bericht war Dittmanns Haltung unerfreulich – fast Desaveu des Streiks und Drückebergerei. Und das Verstecken hinter das Schild Scheidemanns wirkt abscheulich: als eine Solidarisierung und als Gelegenheitsmacherei für eine echte Scheidemann-Demagogie in der Pose des getreuen Ekkehard der Arbeiterschaft. Der Prozess wurde nach dem Schema eines Wald-und-Wiesen-Pressprozesses aus dumpfiger Friedenszeit geführt.

Die Nichteinmischungserklärung der Mittelmächte gegenüber dem revolutionären Russland22

Die Nichteinmischungserklärung, das Desinteressement der Mittelmächte in Bezug auf die inneren Zustände im revolutionären Russland ist wertloser noch als ihre Kriegserklärungen. Wir wissen, und auch die russische Bolschewik-Regierung weiß, dass nach Beendigung des Krieges die Klassengegensätze auch international wieder die ausschlaggebenden Orientierungs- und Gruppierungsgesetze geben werden. Darauf vertrauen, dass jene Erklärung länger Geltung haben werde als bis zur gründlichen Ausnutzung des heutigen revolutionären Zustandes des russischen Reiches für die imperialistischen Interessen der Mittelmächte, darauf vertrauen hieße einer Ableugnung des Klassenkampfes vertrauen; hieße nicht nur an eine union sacrée über den Krieg hinaus glauben, sondern weit mehr: an eine Eskamotierung der Klassengegensätze selbst.

Der Bruch des russ. Waffenstillstands, der Überfall auf das wehrlose u. nicht kämpfen wollende Russland – ist würdiges Gegenstück des Bruchs der belg. Neutralität, des Überfalls auf das friedliche u. ungerüstete Belgien.

Das „Prinzip der Nichteinmischung" (Nonintervention) in die innerruss. Verhältnisse – im Februar 1918:

So lange gesichert, auch gegenüber den „maximalistischen Gräueln", wie die „Maximalisten" bereit schienen, die Randvölker dem deutschen Imperialismus ans Messer zu liefern.

Wozu der deutsche Kaiser 1905/1906 trotz aller Ableugnung auf Wunsch des russ. Zaren bereit war, das schickt er sich jetzt auf Wunsch der ukrain., lettischen, estnischen usw. Kapitalisten u. Großgrundbesitzer an zu tun: mit Feuer u. Schwert die g[roß]bürgerl. Ordnung zu schützen, die prolet.-soz. Feinde dieser Ordnung niederzuwerfen.

Methode der Mittelmächte – Deutsche Methode

So, wie sie einfach – ohne sich um die Feinde zu scheren – die okkupierten Gebiete zu neuen Staaten verarbeiten, so machen sie einfach ihr Mitteleuropa, ohne zu fragen, ohne den Frieden abzuwarten.

Kurz: Sie verzichten vollends auf den Flitter der „Friedensverträge", des „Völkerrechts" u. tun im Bereich ihrer faktischen Macht, was ihnen passt; so dass der etwaige künftige Friede in möglichst weitem Umfang fertige Tatsachen vorfinden soll, die er – nichts andres soll ihm übrigbleiben – nur zu bestätigen hat;

den künftigen Friedensschluss in wichtigen Dingen zur bloßen Formalität zu machen.

Annexionen ohne Frieden – nicht Friede ohne Annexionen: das war bisher preußische Eigenart – über Hannover u. Kurhessen ist bis heute noch kein Friede geschlossen!

Lieber/eher/Annexionen ohne Frieden als Frieden ohne Annexionen – das ist auch heute die Parole Preußen-Deutschlands, u. das wird auch, was an ihm, Preußen-Deutschland, liegt (abhängt), das Ende des Kriegs sein.

Annexionen ohne Frieden – u. Annexionen trotz Frieden – gegen frühere Feinde nach Friedensschluss u. gegen – Verbündete – Annexionen trotz Frieden, auf die sich die Preußen, wie Figura zeigt, schon mit Feuereifer geworfen haben.

Schema F der Historie

Sie/Die Hind[en]b. etc./sollen (werden) erleben, dass Weltgeschichte/ Krieg u. Revol./auch nach einer anderen als der ihnen bisher geläufigen (üblichen) Methode gemacht werden kann.

Es gibt noch andere Arten Kriegführung als jene vorschrifts-, reglementmäßigen, kommandierten Haufen! Es gibt den revolutionären Guerillakrieg – der eine kommandierte Truppe mehr ermattet, mehr aufreibt als selbst die Schrecken der modernen Schlachten u. der Disziplin gefährlicher ist als alle Agitation der Welt: durch die soziale Demoralisation!

Gefahren des Guerilla-Klassen-Kriegs für Mittelmächte

Durch die neuen Vorgänge im Osten so viel Truppen der Mittelmächte gebunden, dass nennenswerte Abtransporte unmöglich!

Guerillakrieg – erfordert größere Truppenmassen als der übliche Frontkrieg. Aufreibend, ermattend – ungeheuer.

Demoralisierend23; nicht ungestraft wird ein modernes Massenheer im Bürgerkrieg, im Klassenkrieg als Gendarm (zu Gend.diensten) in Revolution/gegen Revolution/benutzt in einem revolutionierten Volke.

Besonders intensive Demoralisation des Klassenkriegs, sozialen Kriegs!

Kein Krieg" gegen Ukr. u. in Estland, Finnland etc., Ostseeprovinzen, damit man die revolutionären Verteidiger als Franktireurs, Räuber, Mörder etc. exekutieren kann!! usw.

Aber die Schande trifft nicht diese heldenmütigen Kämpfer der Freiheit – auch nicht mit dem „Friedensschluss" –, sondern ihre Henker u. die sich zu deren Henkersknechten hergeben.

Dieser Krieg wird zu einem immer schmutzigeren Geschäft.

Februar/März 1918.

F[lugblatt] f. O[sten]

Man schämt sich nicht, euch als Henkersknechte der „Ordnung" gegen die Freiheit, gegen die Massen u. ihre Not, ihre Erlösungshoffnung zu missbrauchen, u. als Raubgesellen – zur Wegnahme der Nahrungsmittel, der in der Ukraine liegenden „Überschüsse", d. h. dessen, was für die Ernährung des furchtbar hungernden russ. Volks dringendst benötigt wird – kurz: zur Unterstützung der kapitalist. Verschwörung gegen das Volk, bei dem infamen Anschlag auf Aushungerung nicht nur der ukrain. Volksmassen, sondern ganz Großrusslands, wo das Proletariat, wo das verelendete Volk den heroischsten Kampf der Geschichte um den Fortschritt der Menschheit blutend kämpft – ein Laokoon, von der Riesenschlange der Not u. der Feindschaft aller kapitalist. u. reakt. Mächte der Welt umstrickt.

Februar/März 1918.

F[lugblatt] zu Sit[uation] im O[sten]

Zu spät!

Henker der Freiheit – im Namen der „Ordnung", des Besitzes, des Kapitals! Ihr, Henkersknechte, Schergen – ein Volksheer dazu wirklich zu gut. Schmachvolles Ansinnen! Werft ihnen die Waffen vor die Füße. Mögen sie ihre Polizisten u. Gendarmen, die Soldknechte als Ordnungshunde gegen das um Freiheit ringende russ. u. ukr. Volk hetzen. Ihr/Wir/dazu zu gut.

Das ist die Einmischung, die Intervention in innerruss. Verhältnisse. (Demoralisier. Wirkung solcher Gendarmentätigkeit.) Wie 1905/6 auf den Hilferuf des Zaren bereit – so heute auf Hilferuf der besitz. Kl[assen]. Wer durchschaut auch heute noch nicht die Schleier des Trugs, u. wem könnte sich heute noch die Wahrheit verbergen: die Wahrheit, dass ihr nicht für Verbrüderung, nicht für Freiheit, sondern als Büttel des Kapitals, als Schergen der Unfreiheit, der Unterdrückung, der Ausbeutung von euren Todfeinden verwendet werdet, aufgeopfert werden sollt – für Kriegsziele, die eure Vernichtung bedeuten, für einen „deutschen Frieden", zu dem sich jetzt auch S. M. als Mitglied der berüchtigten Vaterlandspartei offen bekannt hat – für einen „deutschen Frieden", der das ist: Sieg der deutschen Reaktion, des deutschen Großkapitals über das deutsche Volk, über Freiheit u. Massenwohlfahrt.

Verhinderung des Weltfriedens – Vorbereitung einer neuen, schrecklicheren Kriegs-Weltkatastrophe. Raserei, Wahnsinn.

Zertrümmert ihre frechen Pläne! Erhebt euch gegen sie – schlagt sie, eure einzigen Feinde, zu Boden.

Nicht über die Länge meiner Flugbl. spotten – sie sind rasch hingeworfen u. zum Kürzen durch Sie bestimmt. -

Ich bringe „viel", um möglichst auch etwas nach Ihrem Geschmack zu bringen.

Februar/März 1918.

Zu den Interventionen im Osten

Bluthunde der Ordnung" – gegen die Freiheit.

Infamer als die Koalitionskriege gegen die Große Franz. Rev. – schon durch die heuchlerische Verbrämung (Hypokrisie).

Henkersarbeit für die Bourgeoisie (kapitalist. Bluthunde, Ordnungsbestien) gegen das Proletariat, gegen die Revolution.

Februar/März 1918.

Ihr wisst nicht, zu welchen Schändlichkeiten (welche Verruchtheit es ist, zu der) ihr jetzt missbraucht werdet. Wüsstet ihr es, längst hätte sich alles in euch aufgebäumt, empört zum Widerstand gegen eure Schänder, zur Züchtigung der Verruchten.

(Niedertracht)

Werft euch ihnen (den Ordnungsbestien) entgegen – fallt ihnen in den Arm.

Bluthunde der Bourgeoisie /des Kapitals/ – Henkersknechte (geringste [?]) gegen die Revolution (gegen das Prolet., die Volksmassen), gegen die Freiheit.

Helfershelfer der Ordnungsbestie.

Februar/März 1918.

Wo sie in diesem Unglück sind – nicht mehr öffentlich kritisieren – diese blutige Tragödie ausnutzen – zur Aufpeitschung der Massen.

Wenn jetzt nicht Sturm, so möchte man verzweifeln. Rasen müsste das Volk – oder es ist ein Lager von Mehlsäcken!

Februar/März 1918.

1 14. bis 20. Januar 1918 politische Massenstreiks in Österreich-Ungarn. Ausgangspunkt war Wien, wo die Arbeiter der Daimlerwerke die Arbeit niederlegten, um gegen eine Verkürzung der Mehlquote zu protestieren. Die Streikbewegung griff auf Brünn, Budapest, Graz, Prag, Böhmen und Mähren sowie die Steiermark über. Im Verlauf des Streiks traten immer stärker politische Forderungen (Frieden ohne Annexionen, Wahlrecht usw.) in den Vordergrund. In verschiedenen Orten wurden Arbeiterräte gebildet. Die Regierung war gezwungen, den Wiener Arbeiterrat anzuerkennen, sich für einen Frieden ohne Annexionen, vor allem mit Sowjetrussland, für die Demokratisierung des Gemeindewahlrechts, die Aufhebung der Militarisierung der Betriebe und des Kriegsleistungsgesetzes zu erklären. Der Parteivorstand der österreichischen Sozialdemokraten hatte aus Furcht vor der revolutionären Entwicklung unter besonders aktiver Mitwirkung Karl Renners mit der österreichischen Regierung verhandelt und selbst den Wortlaut der Regierungserklärung verfasst.

2 Prof. Emil Lederer, Volkswirtschaftler und Soziologe, Herausgeber des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, gehörte 1919 der Sozialisierungskommission an. Die Red.

3 Januarstreik vom 28. Januar bis 4. Februar 1918. In Berlin streikten mehr als 500000 Arbeiter, vorwiegend aus der Rüstungsindustrie. Aus den gewählten Betriebsvertrauensleuten konstituierte sich der Groß-Berliner Arbeiterrat, der folgende Streikforderungen stellte: sofortiger Friede ohne Annexionen und Entschädigungen entsprechend den sowjetrussischen Vorschlägen; ausreichende Lebensmittelversorgung; Aufhebung des Belagerungszustandes; Freilassung aller politischen Gefangenen; Demokratisierung der Staatseinrichtungen; Einführung des allgemeinen Wahlrechts in Preußen. Zur Leitung des Streiks wählte der Arbeiterrat einen Aktionsausschuss von elf Vertretern der revolutionären Obleute. Der Beschluss, in den Aktionsausschuss je drei Vertreter des Parteivorstandes der SPD und des ZK der USPD einzubeziehen, zeigte, dass die revolutionären Obleute den klassenfeindlichen Charakter der Politik der rechten Führer der SPD nicht erkannten. Ebert, Scheidemann und Braun traten – wie sie später selbst zugaben – nur in die Streikleitung, um die Bewegung abzuwürgen. Die Streikbewegung breitete sich rasch von Berlin auf fast alle industriellen Zentren des Reichs aus. Am 29. Januar verbot das Oberkommando in den Marken das Abhalten von Streikversammlungen. Das Gewerkschaftshaus in Berlin wurde einen Tag später von starken Polizeikräften besetzt. Am 31. Januar wurden über Berlin u. a. Städte der verschärfte Belagerungszustand verhängt sowie Truppen in unmittelbarer Nähe von Großstädten konzentriert. Sieben Berliner Rüstungsbetriebe wurden am 1. Februar unter militärische Leitung gestellt. Die Arbeiter erhielten Befehl, am 4. Februar die Arbeit wiederaufzunehmen. Gleichzeitig erfolgten Massenverhaftungen und Einberufungen zum Kriegsdienst. Nach Einsatz von Militär gegen Demonstranten beschloss der Aktionsausschuss den Abbruch des Streiks; am 4. Februar nahm die Mehrzahl der Streikenden die Arbeit wieder auf. Insgesamt streikten in Deutschland über eine Million Arbeiter. Der Januarstreik war die größte Friedensaktion der deutschen Arbeiterklasse während des ersten Weltkrieges.

4 Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 31. Januar 1918, Abendausgabe, schrieb: „Wenn sich die Nachricht bestätigt, dass der sozialdemokratische Parteiausschuss ein Programm ausarbeitet, auf Grund dessen man mit der Regierung verhandeln möchte, das sich auf innerpolitische Forderungen beschränkt und die Wünsche außenpolitischer Art streicht, so wäre man damit schon ein Stück vorwärts gekommen. Gerade der Versuch, auf den Gang der Friedensverhandlungen Einfluss zu bekommen und sich den Bolschewisten als Anwälte ihrer Forderungen anzubieten, war am gefährlichsten, weil er die diplomatische Arbeit unmöglich machen müsste, über diesen Punkt kann es kein Verhandeln geben." Die Red.

5 Wahrscheinlich: Flugblatt für Freunde. Die Red.

6 Punkte in der Quelle. Die Red.

7 Punkte in der Quelle. Die Red.

8 Karl Liebknecht bezieht sich hier auf die von dem Gendarmerieobersten Subatow im Jahre 1901 in Russland gebildeten „Arbeiterorganisationen", die unter der Vormundschaft der Gendarmerie und der Polizei standen und den Arbeitern vortäuschten, dass die zaristische Regierung bereit sei, den Arbeitern bei der Verwirklichung ihrer wirtschaftlichen Forderungen zu helfen.

9 Der „Vorwärts" war am 21. Januar 1918 wegen eines Artikels über den Streik in Österreich vorübergehend verboten worden. Die Red.

10 Richard von Kühlmann (1873-1948), Staatssekretär des Auswärtigen Amtes. – Georg Graf von Hertling (1843-1919), führender Vertreter des konservativen Flügels des Zentrums, Reichskanzler vom 1. November 1917 bis 30. September 1918. Die Red.

11 Matthias Erzberger (1875-1921), führendes Mitglied der Zentrumspartei, Staatssekretär in der Regierung Prinz Max von Baden, 1918 Vorsitzender der deutschen Waffenstillstandskommission. Die Red.

12 Am 23. Januar 1918 wurde in der Budgetkommission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderung des Gesetzes über den Kriegszustand vom 4. Dezember 1916, verhandelt, der zur Beschlussfassung dem Reichstag überwiesen werden sollte. Der Entwurf enthielt geringfügige Änderungen verschiedener Bestimmungen über den Belagerungszustand.

13 Der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger hatte, als im Juli 1917 über neue Deckungsvorlagen abgestimmt werden sollte, unterstützt von der SPD und der Fortschrittlichen Volkspartei, die Regierung und die Oberste Heeresleitung angegriffen. Ludendorff hatte – die „Krise" ausnutzend – dem Reichskanzler Bethmann Hollweg Unentschlossenheit und Schwäche vorgeworfen und, um den Sturz des Kanzlers zu erzwingen, gemeinsam mit Hindenburg mit Rücktritt gedroht. Am 14. Juli 1917 wurde Bethmann Hollweg entlassen.

14 Im Juli 1917 war von dem Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger im Reichstag eine Friedensresolution eingebracht worden, die die Zustimmung der Reichstagsmehrheit, bestehend aus SPD, Zentrum und Fortschrittlicher Volkspartei, fand. Am 19. Juli 1917 wurde die Friedensresolution mit 212 gegen 120 Stimmen angenommen. Sie enthielt kein direktes Friedensangebot an die Gegner des deutschen Imperialismus, sie endete mit der Versicherung, dass Deutschland weiterkämpfen werde, falls die Entente nicht auf der Grundlage der Resolution Frieden schließen würde. Die Friedensresolution diente dazu, die imperialistische Durchhalte-Politik zu rechtfertigen, das Volk zu beruhigen und die Massen vom revolutionären Kampf abzuhalten.

15 Ernst Graf zu Reventlow (1869-1943), bis 1899 aktiver Seeoffizier, dann Schriftsteller, marinetechnischer Berater an einigen Zeitungen, z. B. „Berliner Tageblatt", „Kreuz-Zeitung", „Deutsche Tageszeitung"; trat während des ersten Weltkrieges für eine rücksichtslose Kriegführung mit allen Mitteln ein, besonders im U-Boot-Krieg; war Hauptvertreter eines annexionistischen Friedens. Die Red.

16 Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vom 18. und 20. Januar 1918, Morgenausgabe, brachte einen ausführlichen Bericht über die Beratungen im Hauptausschuss zur Zensurfrage und Erzbergers Stellungnahme. Die Red.

17 Einige Wörter nicht zu entziffern. Die Red.

18 Einige Wörter nicht zu entziffern. Die Red.

19 „Kapitalisten" im Original von Karl Liebknecht gestrichen, ohne etwas anderes dafür zu setzen. Die Red.

20 Punkte in der Quelle. Die Red.

21 Am 31. Januar 1918 war Wilhelm Dittmann, Vertreter des ZK der USPD in der Streikleitung, nach seiner Rede auf der Streikkundgebung im Treptower Park verhaftet worden. Am 4. Februar wurde er von einem außerordentlichen Kriegsgericht wegen versuchten Landesverrats zu fünf Jahren Festung verurteilt.

22 In der Verhandlung am 9. Februar 1918 in Brest-Litowsk hatte Staatssekretär Kühlmann erklärt: Die deutsche Politik werde, sobald dieser Krieg einen befriedigenden Abschluss gefunden habe, auch dem neu organisierten Russland gegenüber immer ein freund-nachbarliches Verhältnis anstreben unter Vermeidung der Einmischung in seine inneren Verhältnisse.

23 Nachträglich an dieser Stelle von Karl Liebknecht eingefügt: „Und außerdem infolge zwecks." Am Rande steht: „an sich dazu als Guerillacharakter dieses Kriegs." Die Red.

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