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Rosa Luxemburg und Julian Marchlewski 18931010 Berichtigung

Rosa Luxemburg und Julian Marchlewski: Berichtigung

[Vorwärts (Berlin), Nr. 241, 13. Oktober 1893, S. 3, Sp. 2. Auch in Gesammelte Werke, Band 6, Berlin 2014, S. 72 f.]

Uns geht das folgende Schreiben zu:1 In Nr. 236 des „Vorwärts" erschien eine Notiz des Vorstandes der Polnischen Sozialistischen Partei in Deutschland, die mich zum Verfasser eines Artikels im „Sozialist", Organ aller Revolutionäre, macht. Diese Behauptung ist eine freie Erfindung, in der auch nicht ein Haar Wahrheit steckt. Weder mit den „Unabhängigen" noch mit ihrer Richtung habe ich irgendetwas gemein und ihr Organ, den „Sozialist", habe ich nach den ersten Nummern aufgehört, zur Hand zu nehmen. Nie habe ich eine Zeile zum „Sozialist" geschrieben, und wenn ich für die deutsche Presse schreiben wollte, so würde ich mich jedenfalls an eine meinen Überzeugungen entsprechende, also eine sozialdemokratische Zeitung wenden. Als mich die „Unabhängigen" nach der Abweisung meines sozialdemokratischen Mandats zu ihrem Kongresse einluden, habe ich ihnen klipp und klar erklärt, dass ich auf dem anarchistischen Kongress absolut nichts zu tun habe und dass diese ihre in jenem Moment an mich gerichtete Einladung nicht die edelste ihrer Handlungen war.

Ich weise also die Behauptung, als hätte ich etwas zum „Sozialist" geschrieben, ganz entschieden zurück und will zu Ehren des Vorstandes der Polnischen Sozialistischen Partei in Deutschland annehmen, dass dieser seine so kategorisch ausgesprochene und dabei jedes auch entferntesten Grundes ermangelnde Behauptung einem unerklärlichen Irrtum in gutem Glauben entsprungen ist.

Da ferner die Behauptung mich auch als die Vertreterin auf dem Kongress und Mitglied der Redaktion der „Sfrawa [sic!] Robotnicza" (Arbeitersache), offizielles Organ der Sozialdemokratischen Partei im Königreich Polen, trifft, so habe ich und Genosse Karski, Delegierter derselben Partei auf dem Züricher Kongress, im Auftrage unserer Redaktion ausdrücklich und ein für alle Mal zu betonen:

1. Wir stehen voll und ganz auf dem Boden der internationalen Sozialdemokratie. Um dies zu konstatieren, genügt es unseren dem Züricher Kongress unterbreiteten Bericht oder eine Nummer unserer Zeitung zur Hand zu nehmen. Übrigens hat der „Vorwärts" davon in seiner Nummer vom 8. August bereits Notiz genommen.

2. Was unser politisches Programm betrifft, so erachten wir Hand in Hand mit dem russischen Proletariat den Sturz des Zarentums und die Erkämpfung einer demokratischen Verfassung als unsere nächste und wichtigste politische Aufgabe und als die dringendste Notwendigkeit im Interesse des polnischen und des internationalen Proletariats.

Der Verstärkung und Leitung des politischen Kampfes in Russisch-Polen in dieser Richtung haben wir gerade unsere Zeitung hauptsächlich gewidmet.

Angesichts dieser Tatsachen erscheinen alle Versuche, uns mit den „Unabhängigen" auch in entfernteste Verbindung zu bringen, ebenso die, wie aus der Notiz im „Vorwärts" ersichtlich, uns zuteil gewordenen2 Sympathien der „Unabhängigen", zum Mindesten als ein Kuriosum.

Mit dringendster Bitte, obige Zeilen in Ihr geschätztes Organ aufnehmen zu wollen und mit sozialdemokratischem Gruß

Zürich, 10. September [muss heißen: Oktober3] 1893

R. Luxemburg J. Karski

1Der Einleitungssatz fehlt in den „Gesammelten Werken“

2 Die „Gesammelten Werke“ schreiben irrtümlich „zuteilgewordener“, machen also aus dem Nominativ einen Akkusativ und fügen ein „[zu bezichtigen]“ ein. Tatsächlich schreibt Rosa Luxemburg hier von den – siehe die Einladung zu deren Kongress – tatsächlich vorhandenen, aber politisch unverständlichen Sympathien der Anarchisten für Rosa Luxemburg und nicht von einer Bezichtigung Rosa Luxemburgs, Sympathien für die Anarchisten zu haben,

3 Offenbar ist weder der Redaktion des „Vorwärts“ noch den „Gesammelten Werken“ aufgefallen, dass ein Brief, der eine „Vorwärts“-Veröffentlichung vom 7. Oktober kritisiert und am 14. Oktober veröffentlicht wurde, wohl nicht vom 10. September, sondern vom 10. Oktober stammt.

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