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Über die erste Zeit ihres gemeinsamen Wirkens wissen wir nur wenig. Da sie täglich zusammenkamen, war keine Gelegenheit zu schriftlichem Verkehr, und Briefe an Dritte, in denen sie sich etwa über ihre Beziehungen geäußert hätten, sind aus dieser Zeit weder von Freiligrath noch von Marx erhalten.

In der Redaktion sollte Freiligrath den englischen Artikel besorgen; doch wird ihm die redaktionelle Tätigkeit schwerlich behagt haben, und je mehr sich die durch die Septemberkrawalle gesprengte Redaktion wieder in Köln sammelte, hat er sich wohl darauf beschränkt, das Feuilleton des Blattes mit seinen Liedern zu schmücken. Politisch stand er jetzt ganz und gar auf dem Boden von Marx, und wie in die Redaktion, so trat er auch in den Bund der Kommunisten ein, dem er bis zu dessen Ende treu geblieben ist.**

Am 19. Mai 1849 erlag die „Neue Rheinische Zeitung" den Streichen der siegreichen Gegenrevolution. Marx wurde aus Preußen ausgewiesen und ging nach Paris; auch die übrigen Redakteure zerstreuten sich; nur Freiligrath blieb in Köln. Die ersten Briefe, die nunmehr zwischen Freiligrath und Marx gewechselt wurden, bezogen sich auf die Abwicklung von Geschäften der unterdrückten Zeitung, die heute nicht mehr aufzuklären und auch ohne Interesse sind. Am 29. Juli 1849 antwortete dann Freiligrath auf das Ersuchen, das Marx in einem – nicht erhaltenen – Briefe an ihn um persönliche Hilfe gerichtet hatte. Marx hatte sein ganzes Vermögen der Zeitung und zum Teil auch dem Bund der Kommunisten geopfert und befand sich in einer um so traurigeren Lage, als ihn die französische Regierung am 19. Juli in das Departement Morbihan verwiesen hatte. Freiligrath versprach in seiner Antwort, alles Mögliche zu tun, beklagte sich aber bitter über Lassalle, an den sich Marx mit der gleichen Bitte gewandt hatte. Lassalle habe die Sache mit äußerster Indiskretion betrieben und sie zum Kneipengespräch gemacht. Der Brief Freiligraths schließt:

Deine Verweisung in die Departements ist die Infamie der Infamien. Dr. Daniels erklärt Morbihan für den ungesundesten Strich Frankreichs, schlammig und fieberhauchend: die pontinischen Sümpfe der Bretagne.

Gingest Du jetzt, im August, hin, so wäre ein Wechselfieber unvermeidlich für Dich. Du möchtest drum lieber, wenn es Dir irgend möglich wäre, nach England gehen. Daniels grüßt herzlich."

Daniels war ein junger Arzt in Köln und ein Gesinnungsgenosse, auf den Freiligrath wie Marx gleich große Stücke hielten.

Am 31. Juli antwortete Marx:

Ich gestehe Dir, dass mich L[assalle]s Benehmen sehr in Erstaunen setzt. Ich hatte mich persönlich an ihn gewandt, und da ich der Gräfin selbst in einem Moment Geld geliehn, ich andrerseits L[assalle]s Zuneigung zu mir kenne, war ich weit entfernt, eine derartige Kompromittierung vorherzusehen. Ich hatte umgekehrt ihm die höchste Diskretion empfohlen. Die größte Verlegenheit ist mir lieber als eine öffentliche Bettelei. Ich habe ihm deshalb geschrieben. Die Geschichte irasziert mich ganz unaussprechlich. Parlons de politique, weil das von diesem Privatdreck abzieht.''1

Es folgen dann politische Auseinandersetzungen, die hier leider fortbleiben müssen, da ihr Verständnis eine ausführliche Darstellung der damaligen europäischen Lage nötig machen würde. Sie zeigen, wie so manche andere Briefe von Marx, dass er sich seinen klaren und umfassenden Blick für die öffentlichen Angelegenheiten niemals auch durch die größte persönliche Bedrängnis trüben ließ.

Am 6. August kommt Freiligrath auf Lassalles Benehmen zurück. Er schreibt:

Das Geld sitzt fest bei den Leuten, namentlich wenn es sich gleich um ein Sümmchen handelt, und es ist unter diesen Umständen immer gut, dass Lassalle Deinem dringendsten Bedürfnis abgeholfen hat. Sein Verfahren dabei bleibt freilich nichtsdestoweniger verwerflich. Meiner Ansicht nach bezweckte Dein Brief an Lassalle einzig, ihn oder die Gräfin auf delikate Weise zu einer billigen Revanche (angesichts dessen, was Du selbst früher der Gräfin geliehen) aufzufordern. Dem wollte man aus Geiz (denn ich kann unmöglich denken: aus Not) nicht gerecht werden, sondern zog es vor, coram publico Deinen Protektor zu spielen. Ich habe das, mit wenig veränderten Worten, offen heraus dem Lassalle gesagt und dagegen eine Menge kasuistischen Zeuges geduldig anhören müssen. Hätten wir: Strohn, ich, Daniels, Dein Mandat in Lassallescher Manier überschreiten wollen, so würden wir Dir wohl schon ebenso viel haben schicken können als er. Übrigens liegt das Schmutzige der Sache nicht in der Sammlung an sich, sondern der Sammlung durch diese Leute, die Dir für bare Vorschüsse und Deiner Zeitung für die Berücksichtigung ihres Familiendrecks (um den nach ihrer Meinung die ganze Weltgeschichte sich dreht) zu jeder Revanche verpflichtet waren.

Lassalle sagte mir vor einigen Tagen, er habe noch zirka 92 Taler für Dich liegen und es Dir anheimgestellt, dieselben zu beziehen oder zu refüsieren. Du musst jedenfalls das erstere tun. Er hat den Bock geschossen, zurückgegeben werden kann das Geld nicht, und das Beleidigende für Dich liegt, wie gesagt, nicht in der Sache, sondern in persönlichen Antezedenzien zwischen Dir und den Hatzfeldts, die die Welt nicht kennt. Ich würde also an Deiner Stelle unbedenklich über das Vorhandene verfügen.

Alles dies natürlich strikt unter uns. Ich verlasse mich fest darauf, da ich keine Lust habe, mich weiter mit Lassalle zu streiten. Die ganze Geschichte würde überhaupt nie in meinen Briefen zur Sprache gekommen sein, wenn ich es nicht zu meiner und Strohns Rechtfertigung für nötig gehalten hätte. – Daniels lässt Dich wiederholt vor Morbihan warnen. Man scheint Dir indes auch Zeit zu lassen. Deine Mitteilungen über Politik sind so klar und prächtig, dass man nur schmerzlich bedauert, sie nicht gleich in die Druckerei tragen zu können …"

Lassalles Schuld scheint nun aber doch geringer gewesen zu sein, als Freiligrath in seinem ersten begreiflichen Ärger annahm. Dies darf man aus dem nächsten der vorliegenden Briefe von Marx schließen. Er lautet wörtlich:

5. September [1849], London

Lieber Freiligrath!

Adresse: Karl Blind, 18 Robertsstreet, Peterson's Coffeehouse, Grosvenor Square; den Brief an mich kuvertiert da drein.

Ich kann Dir nur einige Zeilen schreiben, da ich seit 4-5 Tagen eine Art von Cholerine habe und schrecklich matt bin.

Meine Frau hat mir geschrieben, ich solle Dir den Empfang Deines Briefs mit den einliegenden 100 fr. anzeigen. Denke Dir die Gemeinheit der Pariser Polizei; man hat meine Frau selbst belästigt, und mit Schwierigkeit ist es ihr gelungen, bis zum 15. September in Paris bleiben zu dürfen, bis zu welchem Termin wir daselbst unsre Wohnung gemietet hatten. Ich bin nun wirklich in einer schwierigen Lage. Meine Frau ist hochschwanger, den 15ten muss sie von Paris fort, und ich weiß nicht, wie ich die zu ihrer Abreise und zur hiesigen Ansiedlung nötigen Gelder auftreiben soll. Andrerseits hab' ich alle Aussicht, hier eine monatliche Revue zustande zu bringen; aber die Zeit presst mich, und die ersten Wochen bilden die wahre Schwierigkeit.

Lassalle scheint durch meinen Brief an Dich und einen andren an ihn beleidigt zu sein. Ich war sicher durchaus von dieser Absicht entfernt und würde ihm schon geschrieben haben, wenn mein jetziger Zustand mir das Brief schreiben nicht zu einer wahren Last machte.

Sobald ich wieder einigermaßen auf dem Strumpf bin, schreib' ich Dir ausführlicher über Politika. Ich hoffe bald auf ein paar Zeilen von Dir. Grüß Deine Frau, Daniels usw. bestens von mir.

Dein K. Marx"2

Um die geplante Monatsrevue, die bekanntlich 1850 in sechs Heften erschien, dreht sich dann hauptsächlich der Briefwechsel dieses Jahres. Am 11. Januar bittet Marx um Empfehlungsschreiben für Konrad Schramm, der in Amerika Gelder aufzutreiben versuchen soll; aus der Antwort Freiligraths vom 26. Januar wäre etwa der Satz zu erwähnen: „Dana (den ich ja bei Dir kennenlernte) steht Dir ebenso nahe wie mir, und eine Einführung von Dir würde durchaus genügen. Doch bin ich gern bereit, auch die meinige zu geben, wenn Du es wünschest." Bisher nahm man an, dass Freiligrath die Verbindung zwischen Marx und Dana, dem Herausgeber der „New-York Daily Tribüne", deren langjähriger Korrespondent Marx bald darauf wurde, vermittelt habe. Dana hatte vielmehr Marx im Jahre 1848 in Köln besucht.

Für die Verbreitung der Revue im Rheinland legte sich Freiligrath scharf ins Zeug, doch sind diese geschäftlichen Einzelheiten heute gleichgültig geworden. Nur ein Brief Freiligraths an Marx aus diesem Jahre ist noch bemerkenswert, weil er von einem Manne handelt, der in den Beziehungen beider Freunde eine große Rolle spielen sollte, nämlich von Gottfried Kinkel.

Kinkel war ursprünglich Theologe und sogar orthodoxer Theologe: Privatdozent an der Bonner Universität, Religionslehrer am dortigen Gymnasium und Hilfsprediger der evangelischen Gemeinde in Köln. Durch seine Heirat mit Johanna Mockel, einer geschiedenen Katholikin, schnitt er sich jedoch alle theologischen Aussichten ab und trat zur philosophischen Fakultät in Bonn über, in der er es bis zum außerordentlichen Professor für Kunstgeschichte brachte. Ein bescheidenes dichterisches Talent, das er mit seiner ihm sonst geistig überlegenen Gattin teilte, führte ihn in die Kreise der rheinischen Dichter, wo er auch mit Freiligrath bekannt wurde, ohne dass jedoch ein näheres Verhältnis zwischen beiden entstand. Als Dichter lässt sich Kinkel mit Freiligrath nicht entfernt vergleichen, und das schönrednerische Wesen Kinkels, das ihm noch aus seiner theologischen Zeit anhing, passte nun gar nicht zu Freiligraths knorriger Art.

In die Revolutionsbewegung von 1848 stürzte sich Kinkel mit großem Eifer. Er gab ein demokratisches Blatt in Bonn heraus und kam auch in persönliche Berührung mit Marx, in dessen Nachlass noch einige Briefe von Kinkel und dessen Frau erhalten sind. Sie beschränken sich jedoch auf äußerliche Dinge, auf die Bitte um Zusendung von englischen Blättern und dergleichen mehr. Im Mai 1849 beteiligte sich Kinkel an dem Sturm der Bonner Demokraten auf das Zeughaus in Siegburg. Nach dem Scheitern dieses Unternehmens kämpfte er in dem badisch-pfälzischen Aufstand mit, wo er, gemeinsam mit Engels, in Willichs Freikorps diente und in den letzten Gefechten an der Murg gefangen genommen wurde. Hatte er bis dahin sich tapfer gehalten, so ließ er sich in seiner Verteidigungsrede vor dem Kriegsgericht in Rastatt durch seine Schönrednerei zu Bekenntnissen hinreißen, die nicht anders als taktlose Verleugnungen seiner Mitkämpfer und ebenso taktlose Huldigungen an den „Kartätschenprinzen" ausgelegt werden konnten. Jedoch wurde diese Rede zunächst nicht bekannt, und die allgemeine Sympathie, die Kinkel als Freiheitskämpfer genoss, wurde nur noch verstärkt, als Friedrich Wilhelm IV. niederträchtig genug war, den zu lebenslänglicher Festungsstrafe verurteilten Rebellen zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe zu „begnadigen".

Nun wurde Kinkel aber noch wegen seiner Beteiligung an dem Sturm auf das Zeughaus in Siegburg angeklagt. In den ersten Maitagen 1850 stand er deshalb vor den Kölner Geschworenen, die ihn freisprachen. Einen Monat vorher hatte er in der Berliner „Abendpost", einem freihändlerischen Blatte von abwiegelnden Tendenzen, seine Rastatter Rede veröffentlichen lassen, und sie war nunmehr von Marx und Engels in deren Revue aufs schärfste kritisiert worden.3 Über Kinkels Kölner Rede aber schrieb Freiligrath am 6. Mai an Marx und Engels:

Ich war nicht zugegen und finde die Rede, nun sie gedruckt vor mir liegt, nicht so ausgezeichnet, wie ich sie nach allem Sprechen davon erwartet hatte. Dass Kinkel sich in ihr auch jetzt noch zur Revolution bekennt, ist doch wahrhaftig kein Verdienst. Das Gegenteil hätte ihn ja geradezu als Schuft und als Idioten hingestellt. Hühnerbein mag sich immer dahinter verstecken, dass er nur auf der Straße gewesen sei, ,um Personen und Eigentum zu schützen'; wir verzeihen das seiner ,exzeptionellen Stellung' als Schneider, machen aber andere Ansprüche an einen Professor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität.

Was mein Gefühl und meinen Geschmack beleidigt hat, ist die verfluchte Schönrednerei, die sich, schnurstracks an die Tränensäcke hysterischer Weiber und Advokaten appellierend, zuweilen geltend macht in dieser Rede. ,Die Aurikelaugen meiner Kinder.' Spricht so der tiefe, der große Schmerz? Clauren vor den Assisen!

Es ist schade, dass Kinkel von diesem Phrasen- und Floskelwerk sich nicht losmachen kann; es ist sonst doch Kern in ihm, glaub' ich. Und sein Los verdient sicher Anerkennung und Teilnahme. Aber freilich keinen Kultus, wie Ehren-Strodtmann ihn zu etablieren versucht und vom roten Becker redlich dabei unterstützt wird. Die neue Revolution, fürcht' ich, wird den Kinkel doch unters ,Fallbeil' bringen. Er hält sich bloß zu den Proletariern, er will nicht selbst einer sein. Solche Kritik sollte ich jetzt aber einmal hier in Köln an den Mann bringen wollen! Man würde sie Blasphemie nennen und mich steinigen!"

Strodtmann gab 1850 eine Biographie Kinkels in zwei Bänden heraus. Der „rote Becker" redigierte die „Westdeutsche Zeitung" in Köln, die mit sehr mangelhaftem Erfolg in den Spuren der „Neuen Rheinischen Zeitung" zu wandeln versuchte. Er war mit Marx befreundet, wurde im Kölner Kommunistenprozess zu mehrjähriger Festungsstrafe verurteilt, gedieh aber später, wie bekannt, zum Kölner Oberbürgermeister und Mitglied des preußischen Herrenhauses. Der Brief Freiligraths schließt:

Die drei ersten Hefte der Revue haben, soviel ich erfahren, sehr gefallen und enthalten zum Teil ganz Vortreffliches. So namentlich Die Folgen des 13. ]uni 1849 im dritten Hefte, Engels' frische nonchalante Kritik der Erhebungen für die Reichsverfassung, die Vernichtung Daumers, der Passus über Kalifornien im zweiten Hefte und manches andere. Dass ich seither nichts geschickt habe, müsst Ihr mir vergeben. Meine Kinder waren krank, ich selbst häufig verstimmt. Nächste Woche wollen wir irgendwohin aufs Land, den Ort kann ich noch nicht bestimmen. – Meine Bemühungen um Dein ungarisches Buch sind umsonst gewesen, lieber Engels. Ich kann nichts dazu, ich habe getan und geschrieben, was und wohin ich konnte. Der Teufel hole die Sosier! Für heute die herzlichsten Grüße!"

Den Landaufenthalt, den Freiligrath suchte, fand er in Bilk bei Düsseldorf, wo er von Juni 1850 bis Mai 1851 lebte. Aus dieser Zeit haben sich keine Briefe erhalten, weder von ihm noch von Marx. Die „Verstimmung" Freiligraths wird ihn gerade damals zu keinem fleißigen Briefschreiber gemacht haben. Sie erklärt sich aus den Zuständen, in denen er lebte. Aus dem Düsseldorfer Malkasten, in den er als außerordentliches Mitglied gewählt worden war, wurde er durch die servile Kriecherei des Direktors v. Schadow und einiger anderer Mitglieder wieder heraus gegrault, und die Polizei wollte ihn schon im November 1850 aus Preußen ausweisen, so dass er sich mit ihr monatelang herumbalgen musste, bis sein Bürgerrecht anerkannt wurde. Seine dichterische Produktion stockte nicht ganz; gerade in dieser Zeit hat er noch einige seiner gewaltigsten Revolutionslieder geschaffen, wie „Die Schlacht um den Birkenbaum". Aber sonst beschränkte er sich darauf, Zerstreutes zu sammeln; unter dem Titel „Zwischen den Garben" gab er seine zweite Gedichtsammlung heraus, die ästhetisch weit über der ersten stand, aber nicht entfernt den gleichen Erfolg hatte; sie hat nicht einmal eine zweite Auflage erlebt. Auch das wird nicht wenig zur „Verstimmung" des Dichters beigetragen haben.

Aber deshalb bereute und verzagte Freiligrath nicht. Vielmehr sammelte er nun auch seine revolutionären Gedichte, die als Flugblätter oder in der „Neuen Rheinischen Zeitung" erschienen waren, und gab sie in zwei Heften heraus. Er wusste, dass damit seine Tage in seiner Heimat gezählt waren, und nachdem er sein preußisches Bürgerrecht siegreich erstritten hatte, ging er am 12. Mai 1851 in die Verbannung.

Das dankbare Vaterland aber sandte ihm im August zwei Steckbriefe nach, den einen wegen Teilnahme an einem Komplott zum Umsturz der Staatsregierung, den anderen wegen Aufforderung zur Empörung, Störung des öffentlichen Friedens und Majestätsbeleidigung. Für diesen musste das zweite Heft seiner Revolutionslieder, für jenen seine Eigenschaft als Mitglied des Kommunistenbundes herhalten. Am 10. Mai war Nothjung als Emissär dieses Bundes in Leipzig verhaftet worden, ohne davon zu wissen, entging Freiligrath mit knapper Not der Gefahr, ein Opfer des Kölner Kommunistenprozesses zu werden.

* * Anknüpfend an das Abschiedslied Freiligraths, das die letzte Nummer der „Neuen Rheinischen Zeitung" veröffentlichte, schreibt W. Buchner: „Freiligraths leidenschaftliche, aber edle und schöne Dichtung nimmt sich an der Spitze dieses Blattes aus wie eine exotische Purpurblume auf einem Distelfeld. Er vertrat eben das poetische, das ideale Element an der Zeitung. Wohl widerte ihn manches darin Gesagte an, wohl missbilligte er manches, was er als Mitglied der Schwefelbande – denn mit diesem von Marx wahrscheinlich selbst aufgebrachten Spitznamen bezeichneten sich die Redakteure selbst – mit zu unterschreiben hatte; an gelegentlichen Zwisten und Uneinigkeiten fehlte es auch nicht, und nur Freiligraths große Gutherzigkeit und sein Korpsgeist machten es möglich, dass die zeitweiligen Fehden beigelegt werden konnten." Alles das ist – sagen wir – patriotische Phantasie. Es genügt, festzustellen erstens, dass die „Schwefelbande" nicht von Karl Marx, sondern von Karl Vogt als Blüte edelsten Gemüts produziert worden ist, und auch erst im Jahre 1859, und zweitens, dass Freiligrath nach dem Eingehen der „Neuen Rheinischen Zeitung" nicht nur mit Marx, sondern auch mit allen übrigen Redakteuren des Blattes, mit Engels, Weerth, Dronke, den beiden Wolffs in jahrzehntelanger treuer Freundschaft verbunden gewesen ist.

1 Marx an Ferdinand Freiligrath, 31. Juli 1849. In: Marx/Engels: Werke, Bd. 27, S. 503.

2 Ebenda, S. 512.

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