Otto Schüssler 19320201 Aus den Organisationen

Otto Schüssler: Aus den Organisationen

[Nach Permanente Revolution, Zeitschrift der Linken Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) (Sektion der Internationalen Linken Opposition) 2. Jahrgang Nr. 3 (Anfang Februar 1932), S. 12]

Leipzig

Wir haben uns in der «Perm. Rev.» schon einige Male mit dem augenblicklichen sächsischen Bezirksleiter der KPD, Selbmann, befasst, nicht etwa deswegen, weil vielleicht S. eine «Leuchte», sondern weil er der typische Ausdruck des Tiefstandes und der Unfähigkeit der heutigen Parteibürokratie ist.

Dieser S. nun hat auf der letzten «Plenar-Bezirksleitung» eine «große Rede», – d. h. eine große Nach-Rede des großen Thälmann-Artikels gehalten, die jetzt auch noch gedruckt vorliegt. Es lohnt sich, diesem Referat einen kurzen Absatz zu entnehmen.

Selbmann stellte vor den Funktionären folgende Frage: «Was bedeutet es, wenn während des Volksbegehrens Teile unserer Partei noch Diskussionen führen: «Was kommt nach dem Sturz der Schieck-Regierung?»

Was das bedeutet, das kann und wird der Trottel Selbmann nie verstehen. Wir wollen ihm ein wenig auf den Weg helfen. Die Diskussionen und Widerstände der Parteigenossen über den Wert des «Volksbegehrens» mit den Nazis gegen die Schieck-Regierung bedeuten, dass die Parteimitglieder einen gesunden proletarischen Instinkt, eine politische Erfahrung und ein Gefühl dafür haben, was kommunistische und was verderbliche Politik ist, -- d. h. ein proletarisches Gewissen, was natürlich ein so unverantwortlicher, bürokratischer Schwätzer wie S. nicht – oder nicht mehr – hat.

Aus diesem seinen Unverständnis heraus begreift S. auch nicht das Anwachsen der oppositionellen Stimmungen innerhalb der Partei und so schwatzt er darüber:

«Wo haben wir in den ganzen Parteiorganisationen die Tatsache, dass Trotzkisten und Brandleristen so an den verschiedensten Ecken in die Organisation eindringen können wie in Leipzig?»

«Genossen, wo haben wir die Tatsache, dass dieser trotzkistische und brandleristische Dreck so in die Organisation eindringen kann, wie in der Leipziger Organisation? In keinem Teil der sächsichen Partei ist das so. Glaubt Ihr, das wäre deshalb, weil die Leipziger Arbeiter so unbeständig sind? Nein, das ist nur möglich bei einer Partei, die innerlich durchsetzt ist mit sozialdemokratischer Ideologie. Solch Unkraut wächst nur auf sozialdemokratischem Mist.»

In einem hat S. recht: die Leipziger Arbeiter sind nicht «unbeständig», sondern die Leipziger Arbeiter haben, – wovon S. nichts versteht, – eine gute proletarische Tradition und einen immerhin guten proletarischen Instinkt. Das zeigt sich schon darin, dass für das kommunistisch-nationalsozialistische Volksbegehren gegen die Schieckregierung im Leipziger Wahlkreis die wenigsten Stimmen (im Gegensatz zu den unter stärkerem Einfluss der Nazis stehenden sächsischen Gebiete) abgegeben wurden. Es wird alles Geschrei S. von «sozialdemokratischer Ideologie» und «Unkraut» usw. nichts nützen: – mit solchen Beschimpfungen werden die Bürokraten die Folgen ihrer verderblichen Politik nicht abwenden können. Die Linke Opposition innerhalb der KPD wird und muss weiter anwachsen, denn die Selbmänner werden die Partei weiter in die Isolierung und in den Sumpf führen.

Wir als Linke Opposition der KPD (Bolschewiki-Leninisten) werden unsere Arbeit innerhalb der KPD weiter betreiben. Wir kämpfen für die Rückkehr der KPD zum Marxismus-Leninismus, wir kämpfen für die bolschewistische Reform der Partei, wenn auch der Selbmann noch so sehr von «Unkraut» schreit. Die bolschewistische Reform der KPD wird das «Edelgewächs» Selbmann daran erkennen, dass er im hohen Bogen dahin fliegt, wohin er gehört, nämlich: heraus aus einer bolschewistischen Partei.

Parteigenossen, lasst Euch trotz aller Beschimpfungen und Verdächtigungen durch die Bürokratie nicht davon abhalten, weiter Eure proletarische Kritik an der heutigen verderblichen Politik der KPD zu üben!

In Böhlitz-Ehrenberg sprach von der Gruppe der sogenannten «Revolutionären» Nazis (Otto Strasser) der Leutnant Wendt. Zahlreiche KPD-Mitglieder waren in dieser Versammlung anwesend.

Auf die Frage eines Genossen der Linken Opposition, dem die Parteigenossen von dieser Versammlung berichteten, ob die Partei in der Diskussion aufgetreten sei, erwiderten die Parteimitglieder: «Das war doch gar nicht nötig. Mit den Ausführungen Wendts waren wir doch einverstanden, er hat vollkommen in unserem Sinne gesprochen. Uns trennt nur noch die «Internationale».

Ein ähnliches Erlebnis hatte ein Genosse in Penig i. S. Dort ist eine Gruppe ehemaliger «Roter Frontkämpfer» zu den Nazis übergetreten. Sie begründeten ihren Übertritt damit, dass ja NSDAP und KPD «dasselbe» wollen und nur durch das Wort «international» getrennt seien.

Das sind praktische «Erfolge» des Programms zur «Nationalen und sozialen Befreiung» und des Reichspräsidentschaftskandidaten der «Sozialen und nationalen Befreiung», Thälmann.

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Bei dem Abbau der Gemeindearbeiterlöhne bemühte sich die RGO, die Leipziger Fürsorgearbeiter zum Streiken zu bringen. Den Widerstand der Fürsorgearbeiter, die sich zwar zum Streiken bereit erklärten, wenn auch die Gemeindearbeiter streiken würden, aber es ablehnten, allein zu streiken, da ihnen dann der Rat der Stadt sofort die Fürsorgeunterstützung entziehe, versuchten die unfähigen RGO-Bürokraten damit zu beseitigen, dass sie an das Pflichtgefühl appellierten, das den «Idealismus» zum Streiken aufbringen müsste, gleichviel, ob der Streik ins Wasser fällt oder nicht! Auf eine Frage, ob denn die RGO die Streikenden eventuell unterstützen würde, kam die Antwort, dass «die RGO keine Unterstützungs-Institution sei». Für den Streik gewannen die RGO- «Führer» nicht mal die KPD-Mitglieder.

Das ist ein charakteristisches Beispiel dafür, wie die RGO Streiks auszulösen versucht. Hinter dem Idealismus der Arbeiter wollen die unfähigen Partei- und RGO-Bürokraten dei Bankrott ihrer Politik verbergen.

o-r.

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