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Leo Trotzki 19171129 Antwort an die britische Botschaft

Leo Trotzki: Antwort an die britische Botschaft

[Prawda Nr. 193, 18. November/1. Dezember 1917. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925]

Anlässlich unseres Empfangs der Mitteilung der britischen Botschaft1 halten wir es auf der Grundlage der Informationen, die wir im Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten erhalten haben, für notwendig, folgende Klarstellungen zu machen.

Der offene Vorschlag eines sofortigen Waffenstillstandes für alle Völker – alliierte und feindliche – wurde vom 2. Allrussischen Kongress der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten am 26. Oktober gemacht. So waren drei Tage vor der Note des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten die alliierten Regierungen und Botschaften völlig unmissverständlich über die bevorstehenden Schritte der Sowjetmacht informiert. Daher konnte der Volkskommissar durchaus kein Interesse daran haben, seine Note der deutschen Macht früher als den alliierten Botschaften zur Kenntnis zu bringen. Die an die Alliierten gerichtete Note und der radiotelegraphische Befehl an General Duchonin wurden zur gleichen Zeit redigiert und abgesandt. Wenn es wahr ist, dass die Botschaften die Note später als Duchonin erhalten haben, so ist dies ganz und ausschließlich sekundären technischen Gründen zu verdanken, die nicht wert sind, mit der Politik des Rates der Volkskommissare in Verbindung gebracht zu werden.

Zweifellos jedoch hat der Rat der Volkskommissare seinen Appell nicht in Abhängigkeit von der Zustimmung oder Ablehnung der alliierten Regierungen an die deutschen Militärmacht gerichtet. In diesem Sinne ist die Politik der Sowjetmacht vollkommen klar. Die Sowjetmacht fühlt sich von den formellen Verpflichtungen der alten Regierungen nicht gebunden und lässt sich in ihrem Kampf für den Frieden nur von den Prinzipien der Demokratie und den Interessen der Arbeiterklasse der Welt leiten. Genau aus diesem Grund sucht die Sowjetmacht einen allgemeinen, keinen Separatfrieden. Sie ist sicher, dass mit den einmütigen Bemühungen der Völker – gegen die imperialistischen Regierungen – ein solcher Frieden gesichert ist.

1 Der Text dieser Mitteilung lautete wie folgt:

In Anbetracht der Gerüchte, die in der Stadt über die Haltung der alliierten Botschaften gegenüber dem Rat der Volkskommissare zirkulieren, erklärt der britische Botschafter in Erwartung der endgültigen Anweisungen seiner Regierung Folgendes:

Lord R. Cecile hat in einem Gespräch mit einem Reporter der Reuters-Agentur angeblich erklärt, die britische Regierung könne die neue russische Regierung nicht anerkennen und habe ihren Botschafter angewiesen, jegliche Handlungen zu unterlassen, die als Anerkennung seines Umsturzes interpretiert werden könnten.

Der Brief von Herrn Trotzki an den Gesandten mit dem Vorschlag eines allgemeinen Waffenstillstands kam neunzehn Stunden, nachdem der russische Oberbefehlshaber den Befehl erhielt, sofortige Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Feind zu eröffnen. Die Alliierten waren daher mit einer bereits vollendeten Tatsache konfrontiert, an deren Vorbesprechung sie nicht beteiligt waren. Obwohl alle Aufrufe von Herrn Trotzki sofort nach London weitergeleitet wurden, hatte der britische Botschafter nicht die Möglichkeit, auf Noten zu antworten, die von einer Regierung an ihn gerichtet werden, die von seiner Regierung nicht anerkannt wurde. Darüber hinaus haben Regierungen, deren Macht wie die britische Regierung direkt vom Volk ausgeht, nicht das Recht, Fragen von solcher Wichtigkeit zu lösen, bevor sie endgültig feststellen, ob sie die volle Zustimmung und Unterstützung ihrer Wähler erhalten haben.

Deshalb können sie nicht mit raschen Antworten kommen. Petrograd, 16. November 1917.“

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