Leo Trotzki‎ > ‎1918‎ > ‎

Leo Trotzki 19180900 Der Kasansche Bauer hat's leicht, hinterher schlau zu sein

Leo Trotzki: Der Kasansche Bauer hat's leicht, hinterher schlau zu sein

[nach Leo Trotzki: Die Geburt der Roten Armee. Wien 1924, S. 127]

Unsere Soldaten berichten, dass in einigen Dörfern des Gouvernements Kasan die Bauern ihnen unfreundlich und stellenweise sogar feindselig entgegenkommen. Weswegen? Soweit es sich um die reichen Bauern handelt, ist es ja verständlich. Die reichen Bauern wissen, dass die Revolution ihnen zum Verderben gereicht. Aber auch das mittlere Bauerntum, zum Teil unter dem Einfluss der reichen Bauern, verhält sich der Roten Armee gegenüber feindselig. Dies kommt daher, weil der Kasansche Bauer weit entlegen und in Unwissenheit lebt, von der Welt abgeschnitten ist und selbst über den morgigen Tag nichts weiß. Das war auch in der Ukraine der Fall. Als die bürgerlichen Truppen der Rada, zusammen mit den deutschen Banden, gegen die ukrainischen Städte und Dörfer losmarschierten, kämpften die Sowjettruppen gegen sie. Aber die Bauern blieben an vielen Orten abseits und sagten: „Das geht mich nichts an. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Es gab auch wiederholt Fälle, wo die Bauern die ukrainischen Sowjettruppen schädigten und die bürgerlichen ukrainischen Truppen unterstützten. Die deutschen Truppen besetzten die Ukraine. Der Grund und Boden der Gutsbesitzer wurde an die Gutsbesitzer zurückgegeben. Die alten Behörden wurden in ihre alten Rechte eingesetzt. Es wurden die alten Steuern wiedereingeführt. Der Bauer brüllte auf. Nun erhob sich die Bauernschaft der ganzen Ukraine. Mit Maschinengewehren, Gewehren oder einfach mit Messern und Heugabeln bewaffnet, ging der ukrainische Bauer gegen die ukrainischen und deutschen Gewalthaber los. Es flossen Ströme von Blut. Das ukrainische Bäuerlein kratzt sich hinter den Ohren und sagt sich: „Die Einsicht kommt zu spät. Ich hätte die Sowjettruppen rechtzeitig unterstützen sollen, dann hätte ich jetzt weniger Opfer bringen müssen."

Der Kasansche Bauer soll sich am ukrainischen ein Beispiel nehmen und soll sich sagen: Morgen werden dir die Gutsbesitzer und die alten Behörden auf den Hals kommen. Da wirst du ebenfalls zu der Heugabel, zu der Sense, zum Messer greifen müssen.

Wäre es nicht besser, jetzt schon sich den Sowjettruppen anzuschließen und sie im Kampfe zu unterstützen? Dies ist der einzige Weg, um der Bauernschaft Land und Freiheit zu sichern.

Kommentare