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Leo Trotzki 19180902 Verfügung

Leo Trotzki: Verfügung

des Allrussischen Zentralexekutivkomitees der Sowjets der Arbeiter-, Bauern-, Kosaken- und Rotarmistendeputierten vom 2. September 1918.

[nach Leo Trotzki: Die Geburt der Roten Armee. Wien 1924, S. 138 f.]

Die Sowjetrepublik sieht sich vor die wachsende Gefahr der Invasion der vereinigten Banden des Weltimperialismus gestellt. Die siegreichen alliierten Räuber, die unter den betrügerischen Losungen von Demokratie und Völkerverbrüderung in die Arena des Weltgemetzels getreten waren, drücken jetzt die schwächeren Völker und Staaten immer mehr zu Boden.

Die deutsche Arbeiterklasse, die der Politik der bürgerlich-adeligen Hohenzollernmonarchie zum Opfer gefallen ist, wird momentan erbarmungslos von Wilson, Lloyd George und deren Komplizen abgewürgt. Sämtliche neutrale Staaten beugen gehorsam ihren Nacken unter das Joch der Sieger. Frankreich selbst, das zu den Siegerstaaten gehört, ist in Wirklichkeit von den englisch-amerikanischen und kolonialen Truppen besetzt, denen die Aufgabe gestellt ist, die Revolution des französischen Proletariats zu erdrosseln.

Unter diesen Verhältnissen der internationalen Räubereien, Plünderungen und Gewalttaten bildet jetzt nur ein einziges Land den wahren Herd der Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, die Stütze der schwachen, unterdrückten Völker, die Hochburg der sozialen Revolution – nämlich Sowjetrussland.

Gegen dieses Land richtet sich jetzt die ganze Wut, der ganze Hass der internationalen Bourgeoisie. In Nord und Süd, in Ost und West richteten und errichten die englisch-amerikanischen und die französisch-japanischen Räuber feindliche Fronten gegen Sowjetrussland, sie bewaffnen die Weißgardisten, die Kosakengenerale, die Gutsbesitzer- und Bourgeoissöhnchen, die Ausbeuter in Stadt und Land, sie lassen Truppen landen und bedrohen uns mit immer neuen Horden.

Die Allrussischen Sowjetkongresse haben angesichts der ganzen Menschheit ihren Wunsch dokumentiert, mit allen Völkern in Frieden und Brüderlichkeit zu leben, aber zugleich auch ihre Bereitwilligkeit gezeigt, mit bewaffneter Faust die sozialistische Republik vor den Angriffen der imperialistischen Heere zu schützen. Das Allrussische Zentral-Exekutivkomitee konstatiert mit großer Genugtuung die Erfolge der Roten Armee und der Roten Flotte und bestätigt die Nowendigkeit, die Bemühungen der Arbeiter und Bauern, der Soldaten und Matrosen zur Verteidigung des Arbeiter- und Bauernlandes zu verzehnfachen.

Durch das Dekret des Allrussischen Zentral-Exekutivkomitees vom 2. September wird die Sowjetrepublik als Heereslager proklamiert.

Diese Verfügung muss nun auf allen Gebieten der Wirtschaft und der Staatsverwaltung durchgeführt werden.

Es ist notwendig, die Versorgung der Armee zu sichern, und dazu muss die Arbeitsleistung erhöht werden.

Es ist notwendig, die Armee und die Flotte ebenso wie Moskau, Petrograd und alle anderen Produktionszentren mit Lebensmitteln zu versorgen.

Zu diesem Zweck muss man alle Eisenbahnen und Verpflegungsorgane im Zentrum und an der Peripherie zwingen, mit erhöhter Intensität und größter Gewissenhaftigkeit zu arbeiten.

Nicht allein in der Armee und in der Flotte, sondern auch im Verpflegungs- und Transportwesen muss das Kriegsregime eingeführt werden, d. h. ein Regime der harten Arbeitsdisziplin, entsprechend der Lage des Landes, das die Banditen des Imperialismus gezwungen haben, zu einem Kriegslager zu werden.

Um die genannten Maßnahmen zu verwirklichen, ist die engste Verbindung des Militäramtes, der außerordentlichen Kommission zur Beschaffung von Lebensmitteln und der Verkehrsämter mit den praktischen Aufgaben anzustreben.

Zu diesem Zweck beschließt das Allrussische Zentral-Exekutivkomitee, den Rat der Arbeiter- und Bauernverteidigung ins Leben zu rufen unter Vorsitz des Gen. Lenin als Vorsitzenden des Sowjets der Volkskommissare, zu dem gehören sollen: der Vorsitzende des Revolutionären Kriegsrates der Republik, Gen. Trotzki; der Volkskommissar für das Verkehrswesen, Gen. Newski; der stellvertretende Volkskommissar für das Verpflegungswesen, Gen. Brjuchanow; der Vorsitzende der Außerordentlichen Kommission zur Beschaffung von Lebensmitteln, Gen. Krassin (oder dessen Stellvertreter), und der Vertreter des Zentral-Exekutivkomitees, Genosse Stalin. Dem Sowjet für Verteidigung werden sämtliche Befugnisse zur Mobilmachung der Kräfte und Mittel des Landes im Interesse der Verteidigung übertragen. Die Bestimmungen des Sowjets der Verteidigung sind für sämtliche Ämter und Institutionen, sowohl die zentralen wie die lokalen, absolut verpflichtend.

Die unmittelbare Leitung der Armee und der Flotte sowie sämtlicher Institutionen des Kriegs- und Marineamts verbleibt nach wie vor in den Händen des revolutionären Kriegsrates der Republik.

Zwecks größerer Konzentrierung der Tätigkeit dieses Amts wird ein Büro gebildet, das folgendermaßen zusammengesetzt ist: Vorsitzender – Genosse Trotzki, Befehlshaber der Truppen – Genosse Watzetis und Genosse Aralow.

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