Leo Trotzki‎ > ‎1931‎ > ‎

Leo Trotzki 19310524 Brief an die Gruppe Linker Kommunisten

Leo Trotzki: Brief an die Gruppe Linker Kommunisten

[Nach dem maschinenschriftlichen Text in Lev Davidovič Trockij / International Left Opposition Archives, inventory number 923, International Institute of Social History, Amsterdam]

Kadiköy, den 24. Mai 1931

An die Gruppe Linker Kommunisten, Prag

Werte Genossen,

ich beherrsche leider die tschechische Sprache nicht, um mir ein selbständiges Urteil über die erste Nummer ihrer Zeitschrift bilden zu können. Inwieweit ich informiert bin, stellt sich Ihre Zeitschrift außerhalb der drei Hauptströmungen im Kommunismus, des offiziellen Kommunismus, der Rechten und der Internationalen Linksopposition. Da wird man jedenfalls abwarten müssen, bis Sie ihr selbständiges Programm ausarbeiten oder bis sie zu den bestehenden Programmen eine bestimmte Stellung nehmen.

Was die Frage der Entwicklung der linken Opposition in der Tschechoslowakei anlangt, so waren meine praktischen Vorschläge von dem Gedanken diktiert worden, dass die beiden Gruppen zu der gleichen grundsätzlichen Tendenz gehören, und ihr zusammenwirken höchst fruchtbringend sein könnte. Selbstverständlich kann die linke Opposition nicht durch ein pures Agitationsblatt die Arbeitermassen gewinnen, denn sie muss zuerst die eigenen Kader erziehen. Daher braucht sie ein theoretisches Organ oder einen theoretischen Teil in dem einzigen Organ. Andererseits aber kann sich die Opposition nicht dadurch leiten lassen, dass eine Gruppe Intellektueller sich vornimmt, ein selbständiges Programm in der Zukunft auszuarbeiten, ohne irgendwelche Verbindung und Verpflichtungen den bestehenden internationalen Tendenzen einerseits, den Klassenkämpfen andererseits anzunehmen. Die Diskussion könnte sich in dem gemeinsamen theoretischen Organ, teilweise auch in einem Diskussionsbulletin mit Nutzen entwickeln. Ich kann daher nichts an jenen Vorschlägen ändern, die ich seinerzeit gemacht habe und muss nur bedauern, dass sie keine praktischen Folgen nach sich gezogen haben. Es bleibt mir einstweilen nichts anderes übrig, als die Entwicklung der Dinge mehr mit Besorgnis als mit Hoffnung abzuwarten.

Mit kommunistischen Grüßen

Kommentare