Leo Trotzki 19370730 Japan und China

Leo Trotzki: Japan und China

[Nach Schriften 2.2, Hamburg 1990, S. 829 f., dort mit erläuternden Fußnoten.]

Japan ist zur Zeit das schwächste Glied der kapitalistischen Kette. Sein militärisch-finanzieller Überbau steht auf dem Fundament einer halb feudalen agrarischen Barbarei. In den periodischen Eruptionen der japanischen Armee kommt nur die unerträgliche Spannung der sozialen Widersprüche im Lande zum Ausdruck. Das ganze Regime hält sich nur durch die Dynamik der militärischen Eroberungen. Indem man die Rote Armee ihrer Führung beraubte und sie durch eine Serie von inszenierten Prozessen demoralisierte, hat man der japanischen Militärclique die Hände für neue Abenteuer freigemacht.

Die wahrscheinlichen japanischen militärischen Erfolge in China werden historische Episoden bleiben. Der Widerstand Chinas, eng mit der Wiedergeburt des Landes verbunden, wird von Jahr zu Jahr zunehmen. Japans wachsende Schwierigkeiten werden mit einer militärischen Katastrophe und einer sozialen Revolution enden.

Unter der Voraussetzung wirklicher sozialer Reformen könnte die chinesische Regierung in den Volksmassen einen mächtigen Enthusiasmus wecken und sie für den Kampf gegen die japanische Invasion mobilisieren. Die Erfahrungen der Vergangenheit erlauben uns aber nicht, Illusionen in Bezug auf das soziale Programm des Marschalls Tschiang Kaischek zu nähren. Aber wenn es auf der Welt überhaupt einen gerechten Krieg gibt, dann ist es der Krieg des chinesischen Volkes gegen seine Unterdrücker. Alle Arbeiterorganisationen, alle progressiven Kräfte Chinas werden, ohne ihre Programme und ihre politische Unabhängigkeit preiszugeben, in diesem Befreiungskrieg ihre Pflicht bis zum Ende zu erfüllen, unabhängig von ihrer Einstellung gegenüber der Regierung Tschiang Kaischeks.

Der gegenwärtige militärische Kampf kann, wie dies schon öfter in der Vergangenheit der Fall war, mit einem faulen Kompromiss enden. Aber der wird nicht lange halten. Japan hat sich auf dem Kontinent viel zu tief verstrickt, als dass es sich zurückziehen könnte. Chinas nationales Erwachen wird Kapitulationen nicht lange zulassen. Die UdSSR kann diesem großen historischen Kampf nicht mehr lange nur passiv zusehen. Die Interessen der Selbsterhaltung des sowjetischen Staats werden die Oberhand über die Interessen der Selbsterhaltung der gegenwärtig herrschenden Clique gewinnen. Die UdSSR wird China die Hand reichen und beim Aufbau der chinesischen Armee und bei ihrer Bewaffnung helfen. Die progressive Weltmeinung wird auf sehen Chinas stehen. Der Zusammenbruch des japanischen Militarismus ist unvermeidlich, und zwar in nicht ferner Zukunft.

Kommentare