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Leo Trotzki 19330221 Die Trotzki-Nin Korrespondenz

Leo Trotzki: Die Trotzki-Nin Korrespondenz

[Veröffentlicht im International Bulletin der Kommunistischen Linken Opposition Nr. 2/3 vom März 1933. Nach Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, S. 351-379]

Anstelle einer Vorrede

21. Februar 1933

Genosse Nin befindet sich praktisch in dauerndem Konflikt mit der Führung der Internationalen Opposition und mit den Führern aller anderer Sektionen – gleichzeitig aber leugnet er das Vorhandensein theoretischer und politischer Differenzen. In dieser Hinsicht verweist er häufig auf seine Korrespondenz mit mir, ohne jedoch Einzelheiten anzuführen.

In Wirklichkeit aber bestand meine Korrespondenz mit Genossen Nin, die sich über zweiundeinhalb Jahre erstreckte, trotz ihrer äußerst freundschaftlichen Form aus einer dauernden Polemik. Sie befasste sich mit fast allen Fragen, die mit dem Leben und der Aktivität der Internationalen Opposition zu tun haben. Es stimmt, dass Genosse Nin ihre grundsätzlichen Voraussetzungen teilte, wenn es aber die Situation erheischte, weigerte er sich stets, aus ihnen die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Lange Zeit hindurch hielt er die Bildung der Spanischen Opposition auf. Er tat alles, um sie zu isolieren und sie der Internationalen Opposition entgegenzustellen.

Leider kann ich nicht die gesamte Korrespondenz wiedergeben: sie würde ein dickes Buch füllen. Zwei Genossen, die mir bei meiner Arbeit helfen, haben es unternommen, die charakteristischsten Auszüge auszuwählen. Es wäre schade, soviel Zeit für solche Dinge verloren zu haben, wenn nicht die spanischen Genossen sich diese Auszüge aufmerksam betrachten, um die Geschichte der Differenzen besser zu verstehen und der Internationalen Opposition helfen, ihre spanische Sektion auf den richtigen Weg zu bringen.

L.D. Trotzki

Briefe von Nin an Trotzki

23. Oktober 1930

In Frankreich sah ich sehr wenig Leute. Durch Ihre Vermittlung informierte ich mich über die interne Situation der Opposition. Von ihrer Seite aus haben sie mir nur sehr vage Andeutungen gemacht und die bestehende Disharmonie so dargestellt, als habe sie rein persönlichen Charakter. Im Übrigen sind sie mit der Arbeit zufrieden.

Im Augenblick haben wir: 1. die offizielle Partei, die keine wirkliche Kraft und keine Autorität bei den Massen besitzt, 2. die kommunistischen Föderationen von Katalonien und Valencia, die von der Partei ausgeschlossen wurden, und die tatsächlich, zusammen mit den einflussreichsten Gruppen von Asturien und einigen anderen Plätzen, eine unabhängige Partei darstellen, 3. die katalanische Kommunistische Partei, die eine gute Eliteführung hat, auf einen gewissen Einfluss bei den Hafenarbeitern von Barcelona rechnen kann und die Arbeiterbewegung in Lérida beherrscht und 4. die Linke Opposition. Die letztere hat in Katalonien keine Mitglieder.


12. November 1930

Die Situation in Frankreich beunruhigt mich sehr. Eine Spaltung in unseren Reihen würde katastrophale Folgen haben. Hoffen wir, dass die von Ihnen kürzlich zustande gebrachte Verständigung sich nicht als kurzlebig erweisen und gemeinsame Arbeit ermöglichen wird. Persönlich habe ich mit den vorhandenen Meinungsverschiedenheiten sehr wenig Berührung. Ihre Briefe haben etwas zu meiner Orientierung beigetragen. Ich erwarte Briefe, von denen mir die französischen Genossen berichtet haben, um mir eine bessere Vorstellung von der Situation zu bilden.

Offizielle Kommunistische Partei: sie hat einige Ortsgruppen in der Biskaya, in Asturien und Andalusien. Ihre Autorität ist gleich null… Katalanisch-Balearische Kommunistische Föderation: Bis vor sehr kurzer Zeit gehörte sie der offiziellen Partei an. Ihr bekanntester Führer ist Maurín. Bei seiner Ankunft in Spanien verlangte von ihm das Zentralkomitee, das diesem Genossen niemals günstig gesinnt war (denn er ist – trotz seines Zauderns – sehr intelligent und vor allem ein sehr ehrlicher Genosse), er solle eine Erklärung gegen den „Trotzkismus" abgeben und seine „früheren Irrtümer" widerrufen. Er weigerte sich, diese Erklärung abzugeben und wurde daraufhin ausgeschlossen. Die Katalanische Föderation, die sich mit ihm solidarisch erklärte, wurde en bloc ausgeschlossen …

Die Föderation hat ein Organ, eine Wochenzeitschrift, La Batalla, mit einer Verbreitung von 8.000. Die Zeitschrift ist außerordentlich verwirrt… Aus diesem Grunde sollte dem auf ihren Seiten veröffentlichten unglückseligen Bericht Stalins keine große Bedeutung beigemessen werden. Sie haben ihn veröffentlicht, wie sie irgendetwas anderes hätten veröffentlichen können. Vielleicht wurde es aus Mangel an druckfertigen Manuskripten hineingenommen. Die gleiche Zeitschrift veröffentlichte zum Beispiel zum Jahrestag der Oktoberrevolution die Bilder der Führer der Revolution, und darunter auch Ihres…

Die Schwierigkeit unserer Aufgabe kommt daher, dass wir noch keine Partei haben … Mit Menschen, denen wir die ersten Begriffe vom Kommunismus beibringen müssen, können wir nicht beginnen, Oppositionspropaganda zu machen … In Spanien, ich wiederhole es, gibt es keine Partei… In der vereinigten Partei oder in den bestehenden Gruppen werden wir das Recht in Anspruch nehmen, unsere Position zu verteidigen. Ein paar Worte über Maurín. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass ich ihm durch eine sehr alte Freundschaft verbunden bin. Maurín steht uns sehr nahe, und ich bin sicher, er wird in kurzer Zeit so weit sein, sich für die Opposition zu erklären. Das wäre eine sehr wertvolle Erwerbung, denn ich habe Ihnen erzählt, dass er sehr angesehen und ehrlich ist. Wir könnten alles verderben, würden wir ihn in einer zu ungerechtfertigten Weise angreifen.


3. Dezember 1930

Ich bin überzeugt, das Proletariat in Spanien wird seine Partei außerhalb und trotz der offiziellen Partei (die ja gar nicht existiert) organisieren … Ich hätte Ihnen gerne etwas über die französischen Angelegenheiten geschrieben, aber dieser Brief ist bereits zu lang und ich behalte mir diesen Gegenstand für einen zukünftigen Brief vor.


17. Januar 1931

Und wir kommen zu einer wesentlichen Frage. Hier wird die Partei außerhalb der offiziellen Partei gebildet werden …

Ich sollte hinzufügen, dass die Katalanische Föderation mit der Sympathie der besten Elemente des übrigen Spaniens rechnen kann und dass eine gemeinsame Aktion durchaus möglich ist.

Mein eigenes Vorgehen erscheint mir ziemlich klar (und ich sage mir, denn ich bin offiziell hier das einzige Mitglied der Linken Opposition): ich sollte in die Föderation eintreten. Andrade und Lacroix, die besten Elemente, die wir in Spanien haben, teilen meine Auffassung. Ich habe bereits Verhandlungen geführt, und ich werde sicher aufgenommen werden, ohne natürlich meine Haltung in irgendeiner Weise aufzugeben … Wir müssen mit einem gewissen Taktgefühl vorgehen. Die meisten Militanten (außer Maurín, der der intelligenteste ist und wirklich auf unserer Seite steht) sagen, sie seien nicht für die Opposition; aber (es ist erstaunlich!), sie sind für uns, ohne es zu ahnen; wenn ich mit ihnen nicht über die Opposition spreche, ihnen aber unseren Standpunkt in den wesentlichen Fragen von Strategie, Taktik und Organisation erkläre, dann zeigen sie, dass sie mit uns übereinstimmen … Hier ein schlagendes Beispiel. Im nächsten Monat soll der Vereinigungskongress stattfinden. Maurín ist beauftragt worden, die Thesen über die politische Frage und die Aufgaben der Partei aufzustellen. Unter Ausnutzung nun der Tatsache, dass wir „Nachbarn" sind (wir wohnen Tür an Tür), stellen wir die Thesen gemeinsam auf … Es wäre Dummheit, eine gemeinsame Aktion aufzugeben, wenn sie auf einer politischen Plattform möglich ist, die völlig vertretbar ist…

Jetzt ein paar Worte zu der französischen Krise. Ich pflichte völlig Ihren Thesen bei. Aber ich muss Ihnen gestehen, dass ich noch sehr schlecht hinter die wirklichen Ursachen der Krise schaue. Rosmer schrieb mir vor einigen Wochen einen langen Brief, um mir zu beweisen, dass er im Prinzip keine Divergenzen hätte und dass sich alles auf die Unverträglichkeit zwischen ihnen und Molinier beschränke den er als „Schlitzohr" bezeichnet, der in der französischen Arbeiterbewegung sehr diskreditiert sei. Ich muss sagen, dass andere Genossen, die nicht zur Opposition gehören, mir gegenüber die gleiche Auffassung vertreten haben. Was haben Sie dazu zu sagen? Das dringt natürlich nicht bis zum Grund der Frage vor, aber es ist auch von Bedeutung. Außerdem habe ich größte Mühe, Ihre Auffassung über Naville zu teilen. Er leidet ein wenig unter der Krankheit vieler französischer Militanten, die das Ergebnis ihres fehlenden direkten Kontakts mit den arbeitenden Massen ist.


26. Januar 1931

Ich spreche von einem grundsätzlichen Einverständnis, weil ich Ihren Standpunkt nicht gänzlich in den Einzelheiten teile … Beginnen wir mit der Frage der Cortes … Sollen wir sie boykottieren? Bei den Republikanern ist die Stimmung für eine Stimmenthaltung sehr günstig … Boykottiert die Mehrheit der oppositionellen Parteien das Parlament, dann meine ich, dass die Kommunisten das gleiche tun sollten …

Sie sprechen von meiner Kandidatur. Die Katalanische Kommunistische Föderation (die Sektion, die mit der Komintern gebrochen hat und deren Führer Maurín ist) sollte ohne große Umschweife auf einem Kongress vereinigt werden und sollte sich auf eine Linie für die Wahlen festlegen. Die Barcelonaer Sektion und das vorläufige Exekutivkomitee haben die von Maurín und mir vorgelegten Thesen angenommen (ich habe sie fast in vollem Umfange verfasst) und beschlossen, Kandidaten in verschiedenen Orten aufzustellen, dort wo die oppositionellen Parteien sich nicht zu einem Boykott entschließen. Eine der beschlossenen Resolutionen besagt, meine Kandidatur im Vendrell-Distrikt zu betreiben … Eine unerlässliche Bedingung für einen Erfolg ist ein erbarmungsloser Kampf gegen die republikanischen Parteien. Seit meiner Ankunft sind wir einen großen Schritt in dieser Richtung vorangekommen. Als ich ankam, liefen nicht nur die Anarchosyndikalisten, sondern auch ein erheblicher Teil der Kommunisten hinter der „linken" Bourgeoisie und dem Kleinbürgertum her. Das hat ein Ende genommen.


5. Februar 1931

Wir stimmen völlig bei der allgemeinen Linie überein und ich bin darüber entzückt. Die politischen Thesen der Katalanischen Föderation, die – wie ich Ihnen wohl schrieb – von Maurín und mir verfasst wurden, atmen genau den gleichen Geist. Noch ein weiteres füge ich hinzu: die Föderation hat mich beauftragt, die offizielle Antwort auf die „Politische Erklärung" der Partei auf den Seiten von La Batalla herauszugeben. Ist das nicht interessant?


7. März 1931

Ich muss wohl energisch gegen die Idee, eine „Arbeiter- und Bauernpartei" zu schaffen, gekämpft haben. Diese Idee ist jetzt verworfen worden. Indessen konnte ich nicht die Annahme eines Plans zur Schaffung eines „Arbeiter- und Bauernblocks" verhindern. Aber es gelang mir, die erforderlichen Garantien zu erhalten. Der Block wird provisorisch sein; sein Programm wird das der Partei sein … Die Katalanische Föderation ist der Auffassung, dass meine direkte Zugehörigkeit zu ihr ihre Beziehungen zu der Komintern verschlechtern könnte. Das ist richtig. Aber wir haben eine Formulierung gefunden: ich werde dem Block angehören, und als Mitglied von ihm werde ich an allen Versammlungen teilnehmen. Andererseits werde ich unter einem Pseudonym jede Woche in La Batalla schreiben. Wenn der Bruch mit der Komintern endgültig sein wird (und er ist unvermeidlich), würde ich sofort in die Föderation aufgenommen werden. Ich weiß nicht das Geringste von Meinungsverschiedenheiten zwischen uns (den Mitgliedern der Spanischen Opposition). Niemand hat mir jemals irgendetwas davon gesagt. Das ist doch merkwürdig! Immerhin – sollte es solche Differenzen geben, dann würde das nur zeigen, dass die Opposition am Leben ist.


15. März 1931

Im April sollen (oder sollten eigentlich) Gemeindewahlen sein … Hier wird es eine kommunistische Kandidatenliste geben, unter der Fahne des Arbeiter- und Bauernblocks (ein „kommunistischer" Kandidat würde nicht zugelassen werden, denn die Partei ist illegal) … Trotz dieser Formalität wird der Block mit einer offen kommunistischen Plattform auftreten … Nachdem alle Möglichkeiten erwogen worden sind, soll ich ein Kandidat sein . , . Die Kandidatenliste setzt sich aus Mitgliedern der Katalanisch-Balearischen Föderation und aus der Gruppe „Katalanische Partei", die sich nicht mit der Föderation vereinigt hat, und mir zusammen. Deshalb ist dies der erste Versuch einer kommunistischen Einheitsfront. Ich schlug auch vor, die offizielle Partei einzuladen. Mein Vorschlag stieß auf erheblichen Widerstand, aber es ist nicht unmöglich, dass er zuletzt doch angenommen wird …

Vor kurzem erhielt ich Ihren Brief über die deutsche Krise, der mich außerordentlich interessiert hat. Ich muss Ihnen offen sagen, dass ich diese Krise besser als die der französischen Opposition verstehe.


4. April 1931

Offene Propaganda für die Prinzipien der Opposition haben meinen Bruch mit der Katalanischen Föderation hervorgerufen, oder um es besser auszudrücken, mit ihren Führern. Die Arbeiter nehmen eine ganz andere Haltung ein und bezeigen mir deutlich ihre Sympathie.


(Brief an das Internationale Sekretariat)

5. April 1931

Die Krise der Linken Opposition in Deutschland kann für die gesamte Zukunft unserer Bewegung verheerende Folgen haben, wenn wir nicht energische und schnelle Maßnahmen ergreifen. Wir können die Krise an der Wurzel durch die wirksamen Mittel treffen, die uns die Methoden des demokratischen Zentralismus bieten. In diesem Sinne erweisen sich die Vorschläge, die Genosse Trotzki in seinem Brief vom 17. Februar formuliert hat, als völlig richtig und ich stimme ihnen hiermit vorbehaltslos zu.*


10. April 1931

Gehen wir nun zu den „bekannten" Differenzen mit den Madrider Genossen über … Anscheinend ergab sich die größte Meinungsverschiedenheit über die Frage meines sogenannten bedingungslosen Eintritts in die Katalanische Föderation. Da die Madrider Genossen sich niemals über diesen Gegenstand geäußert haben, kann ich nicht klären, worin diese Differenzen liegen.


12. April 1931

Sollten wir anfangen, die Föderation plötzlich heftig anzugreifen, so würden die Ergebnisse meiner Meinung nach äußerst bedauerlich sein … Wir müssen in die Föderation eintreten, systematische Arbeit in ihr leisten und unsere Fraktion in ihr schaffen. Das ist durchaus möglich. Ich bin überzeugt, dass mein Eintritt, wenn er heutzutage nicht möglich ist, es in Kürze sein wird, vielleicht noch vor Monatsfrist.


15. April 1931

Die Katalanische Föderation hat mich um meine Hilfe gebeten. Ich konnte sie nicht verweigern, deshalb arbeite ich hier in einer direkten Weise (tatsächlich in hohem Maße führend) im Zentralkomitee der Organisation … Wir veröffentlichen ein tägliches Blatt, dessen Herausgeber ich bin.


25. Mai 1931

Ihre Befürchtungen, was die Möglichkeit einer verfrühten Aktion in Katalonien anbelangt, sind übertrieben … Die ganze Taktik der Anarchosyndikalisten, welche die Hegemonie über die Bewegung ausüben, besteht darin, die Aktionen des Proletariats einzudämmen. Hinsichtlich der Kommunisten hat die Katalanische Föderation (die einzigen, die man hier als eine kommunistische Kraft einschätzen kann) eine durchaus richtige Auffassung von der Bewegung (sie gleicht unserer genau) und ist entschiedener Gegner jeder Abenteuer- oder Putschpolitik.


25. Juni 1931

Die Katalanische Föderation, deren Politik ich nicht verteidige und niemals verteidigt habe, vertrat keine Versöhnungspolitik gegenüber den Anarchosyndikalisten.


29. Juni 1931

Die Orientierung (der Katalanischen Föderation) ist wie immer unbeständig, unbestimmt. Meine Beziehungen zu ihren Führern haben mehrere Stadien durchlaufen: Zusammenarbeit, Bruch, neue Zusammenarbeit, neuer Bruch. Gerade im Augenblick herrscht der letztere Zustand … bis zum Vereinigungskongress (das Auslassungszeichen stammt von Nin).


7. Juli 1931

Bis jetzt haben wir noch keine beständige und organisierte Arbeit fertiggebracht … Wir konnten es auf keine andere Weise tun. Eine Zelle der Opposition hat vor kurzem zu funktionieren begonnen, ohne geschaffen worden zu sein und formell zu existieren.


9. Juli 1931

In wenigen Tagen werden die Ergänzungswahlen in Barcelona stattfinden … Zwischen der Esquerra (von Macia) und Maurín hat es offizielle Vereinbarungen gegeben. Maurín wird von der ersteren unterstützt werden und dadurch ist es fast sicher, dass er gewählt wird … Die Esquerra machte mir offiziell das Anerbieten, mich als Kandidaten aufzustellen. Ich gab zur Antwort, ich würde nur dann annehmen, wenn ich von der Katalanischen Föderation aufgestellt würde und unter der Bedingung, dass die Esquerra keine Schritte zugunsten meiner Kandidatur unternehmen würde. Die Föderation schlug natürlich Maurín vor. Es verblieben nur die Provinz von Barcelona, wo drei Deputierte zu wählen sind. Die Föderation stellt keine Kandidaten auf. Freunde in der Provinz schlugen mir vor, ich sollte als ein „unabhängiger Kommunist" kandidieren, aber ich wies das glatt zurück.


13. Juli 1931

Für die dritte Nummer der Zeitschrift (Communismo) schrieb ich einen Artikel gegen die Fehler von Maurín. Ohne größte Gefahr für die Bewegung können wir ihnen, gegenüber nicht Stillschweigen bewahren. Die Wahlkampagne, die der Block in diesen letzten paar Tagen geführt hat, hat mit Kommunismus wenig zu tun.


15. Juli 1931

Wir sind immer noch ein sehr kleiner Kern in Spanien … Wir arbeiten in völliger Übereinstimmung und mit großem Enthusiasmus … Von den IS-Genossen kenne ich nur Mill. Er machte auf mich einen guten Eindruck. Ich habe über Molinier und Frank die widersprüchlichsten Meinungen gehört, und ich muss Ihnen sagen, dass ich mehr zu den weniger günstigen Berichten neige. Aber all das, ich wiederhole es, sind nur Mutmaßungen, Vorahnungen. Und ich fühle mich nicht informiert genug, um eine endgültige Meinung zu äußern, wie ich das zum Beispiel für Deutschland machte, weil ich die Personen kannte und den Konflikt früh herbeikommen sah.

Ein paar Worte zu einem der Punkte, der Sie fälschlicherweise in Beunruhigung versetzte, wo Sie in meiner Haltung einige „Elemente" von „Diplomatie" sehen. Ich ziele damit auf den Besuch Rosmers. Ich muss Ihnen vor allem sagen, ich war überzeugt, Ihnen davon geschrieben zu haben. Tatsächlich jedoch gab es nichts Wichtiges darüber zu sagen. In seiner Beurteilung war er recht besonnen, und über die spanischen Angelegenheiten drückte er sich nicht in dem Sinne aus, wie Sie es andeuten. Über die französischen Fragen berichtete er mir einiges, was ich recht gut kenne. Ich muss Molinier und Frank persönlich sehen und mit ihnen sprechen.


20. Juli 1931

Wenn wir in Barcelona nur eine Wochenzeitschrift haben könnten! Sie würde sehr schnell zu einem Organisierungszentrum werden. Hätte ich tausend Pesetas, ich würde sie sofort dafür anlegen.


25. August 1931

Ich habe Gelegenheit, hier in mehreren Städten kommunistische Organisationen aufzubauen. Welcher Organisation sollten sie angehören? Dem Block oder der offiziellen Partei? In diesem Punkt bin ich ziemlich unschlüssig. Sie der offiziellen Partei anzuschließen, ist recht schwierig, denn in Katalonien existiert praktisch keine Organisation. Zum andern ist die offizielle Position des Blocks gegenwärtig so verkehrt, dass es nicht weniger schwierig ist, ihnen zu raten, sich dieser Organisation anzuschließen. Trotzdem neige ich noch zu dieser zweiten Lösung …

Unsere wichtigste Aufgabe ist jetzt die Herausgabe der Wochenzeitschrift. Molinier kam hier vorbei und wird in einigen Tagen wieder vorbeikommen. Wir werden uns zu dritt, mit Lacroix, in Barcelona treffen, um endgültig den Arbeitsplan aufzustellen. Er hat bereits etwas Geld gegeben …

Ein paar Worte zur französischen Situation. Entweder habe ich mich schlecht ausgedrückt (was aus Mangel an Zeit durchaus möglich ist – ich schreibe in großer Eile) oder Sie haben mich nicht richtig verstanden. Ich ordne bestimmt nicht (was absurd wäre) die politischen den persönlichen Fragen unter, ich glaube nur (und Sie ebenfalls, meiner Meinung nach), dass Personen eine große Rolle spielen. Ich habe keine Zeit gehabt, die Dokumente, welche die französische Frage betreffen, gründlich zu studieren. Ich bin gerade dabei, dies zu tun, und es ist bestimmt diesen Umständen zuzuschreiben, dass ich nicht klar genug sehe. Allgemein gesprochen scheint mir Ihre Weise, das Gewerkschaftsproblem zu betrachten, völlig richtig zu sein. Aber ich bin bisher noch nicht in der Lage gewesen, einzuschätzen, wie weit die von Ihnen angedeuteten Fehler tatsächlich gemacht werden. Und dabei mögen die persönlichen Probleme eine Rolle spielen. Zuweilen schreiben wir Personen Auffassungen zu, die sie niemals geteilt haben. Das ist keine Anklage gegen Sie (es gibt nichts, was mir ferner läge); aber diese Hypothese ist auf der französischen Seite nicht ausgeschlossen. Ich wiederhole, dass dies nur Mutmaßungen sind. Ein gründliches Studium der Dokumente wird mir zweifellos behilflich sein, zu klaren Schlussfolgerungen zu kommen. Andererseits habe ich Molinier getroffen (ein Umstand von Bedeutung), und ich muss Ihnen sagen, dass ich von ihm einen ausgezeichneten Eindruck erhalten habe. Ich werde nicht verfehlen, Ihnen meine endgültige Meinung mitzuteilen. Was Rosmer anbelangt, so teile ich völlig Ihre Ansichten.


6. September 1931

Ich betone weiterhin, dass unsere dringendste Aufgabe die Gründung eines wöchentlichen Kampforgans in Barcelona ist…

P.S.: Alle Briefe auf der mir von Ihnen zugesandten Liste sind angekommen.


18. September 1931

In diesen letzten zwei Wochen habe ich alle die französische Frage betreffenden Dokumente gründlich studiert. Ich habe ausführlich über diese Frage mit Molinier gesprochen, der – wie Sie wissen – bei uns ist. Und wirklich sind alle meine Zweifel zerstreut worden. Ich bin jetzt überzeugt, dass Rosmer und Naville nicht recht haben. (Ich habe diesmal Rosmer nicht gesehen.) Ich war außerdem sehr froh, Molinier kennenzulernen, dessen Ergebenheit ich schätze und den ich als einen echten Revolutionär ansehe.… Ich muss Ihnen gestehen, dass ich etwas beeindruckt von dem war, was Rosmer über Molinier gesagt hatte. Aber ich wiederhole, ich habe weiter keine Zweifel mehr über diese Angelegenheit. Moliniers Position scheint mir völlig richtig, und ich halte den Gewinn von Militanten wie ihn für einen großen Vorteil für die Opposition. …

Wir haben ausführlich mit einigen Genossen von Barcelona so wie mit Molinier und Lacroix die Frage erörtert, ob die Organisationen sich dem Block oder der Partei anschließen sollen. Von einem prinzipiellen Gesichtspunkt aus haben Sie natürlich recht: wir sollten sie der Partei anschließen. Unsere komplizierte Lage erfordert jedoch eine kombinierte Lösung. In Barcelona werden wir jeden zum Eintritt in die Partei bewegen. In den katalanischen Provinzen soll jeder in den Block eintreten. Darin liegt vorläufig die einzig mögliche Lösung. Zuerst einmal wäre es schwierig, die Organisation zum Eintritt in die Partei zu veranlassen (sie würden nicht in sie eintreten wollen); zweitens weil – vergessen Sie das nicht – die Partei in Katalonien gegenwärtig nicht existiert. In allen diesen Gruppen sind die besten Elemente auf unserer Seite, und unter unserer Führung werden sie imstande sein, aktiv zur Zersetzung des Blocks beizutragen.

Wir hielten es für absolut unzulässig und unmöglich, diese Gruppen zu veranlassen, zur Opposition zu gehören, und von ihnen zu fordern, dass sie in die Partei eintreten. In erster Linie handelt es sich nicht um Gruppen, die sich aus Anhängern der Opposition, sondern aus neugebackenen Kommunisten zusammensetzen, unter denen sich einige Oppositionelle befinden. Selbst in Fällen, wo wir imstande wären, sie zu veranlassen, vollständig der Opposition beizutreten (falls das wünschenswert wäre), sollten wir nicht zu jener Lösung neigen: sie würden nicht in die offizielle Partei aufgenommen werden und in Wirklichkeit würden wir die Basis für eine neue Partei schaffen. Innerhalb des Blocks werden diese Gruppen eine günstige Arbeitsbasis für uns abgeben; sie werden die Pioniere der Einheit und die unversöhnlichsten Gegner der Politik der Führung sein. Es stimmt, für die von Ihnen empfohlene Taktik halten Sie ein Zentrum der Opposition in Barcelona für notwendig. Und Sie fügen wörtlich hinzu: „Sie werden sich daran erinnern, ich habe vom ersten Tag ihrer Ankunft in Barcelona darauf Gewicht gelegt, aber leider ohne Erfolg." Jetzt haben wir dieses Zentrum. Ich habe nie daran gezweifelt, dass es notwendig war. Um aber dahin zu gelangen, haben wir fast ein Jahr benötigt.


7. Oktober 1931

An einem der nächsten Tage werde ich Ihnen ausführlich über die Frage einer „engen" oder „weiten" Fraktion schreiben. Ich habe Ihren Brief übersetzt und wir sind dabei, ihn in unseren Organisationen zu diskutieren. Ich ziehe es vor, Ihnen meine persönliche Meinung zusammen mit der aller Genossen mitzuteilen. Trotzdem möchte ich Sie darüber informieren, dass ich Ihre Auffassung nicht teile, die mir von einer ungenügenden Informiertheit der Situation eingegeben zu sein scheint.


(Brief an das IS)

7. November 1931

Die Verfolgung von El Soviet durch den Gouverneur ermöglichte es uns, die Veröffentlichung auf „ehrenvolle" Weise einzustellen …

Wir haben tatsächlich alle Schwierigkeiten vorausgesehen, denen wir begegnen werden. Demgemäß und deswegen haben wir das öffentliche Erscheinen nicht früher vorangetrieben. Aber Genosse Molinier machte uns im Namen des IS feierliche Versprechungen …

Aber diese Versprechungen blieben blauer Dunst, und unsere wirtschaftliche Lage wurde ernst. Der für all das direkt Verantwortliche ist der Genosse Molinier, der mit nichts zu rechtfertigender Unverantwortlichkeit handelte … Ein bewusster Saboteur der Opposition hätte nicht besser als Molinier vorgehen können.


24. November 1931

Zweifellos hat Ihnen das IS eine Kopie des Briefes zugeschickt, den ich in dieser Angelegenheit (die Einstellung von El Soviet) dem IS schrieb … Ich will nur noch hinzufügen, dass die Spanische Opposition einstimmig die Meinung vertritt, dass Molinier in der Französischen Liga und in der Internationalen Opposition eine verderbliche Rolle spielt. Alle mir zugänglichen Informationen (zusätzlich zu Ihren eigenen Erfahrungen) bestätigen mich in meiner Auffassung … Unsere Arbeit geht sehr gut vorwärts, und es gibt unter uns nicht die geringste Meinungsverschiedenheit (in der spanischen Sektion).

Es gibt über die Frage von „weiten" Fraktionen keine Meinungsverschiedenheiten. Das war ein Missverständnis zwischen uns und nichts weiter.


7. Dezember 1931

Sie schreiben, das gegenwärtige Regime in Spanien kann mit der „Kerenskiperiode" verglichen werden … Ich bin anderer Auffassung. Die „Kerenskiperiode" war die letzte Karte der Bourgeoisie. Sie kündete den Oktober an. Azaña kündet Lerroux, d.h. Miljukow, die Großbourgeoisie, an.


7. Februar 1932

Ich habe nichts dem hinzuzufügen, was ich Ihnen in meinen vorangegangenen Briefen über die Frage geschrieben habe, die unseren Meinungsverschiedenheiten zugrunde liegt. Was die Situation besonders verschärft, ist nicht ihr politischer, sondern ihr persönlicher Aspekt. Im Falle Frankreichs ist das von entscheidender Bedeutung.


7. Juni 1932

Ihr Brief vom 29. Mai überraschte mich außerordentlich durch Ton und Inhalt.

Ich hatte ernsthafte Bemühungen unternommen, um eine Korrespondenz wieder aufzunehmen, deren Nutzen für unsere Bewegung (die jeden Tag gewichtiger wird) unbezweifelbar ist. Auf Ihrer Seite habe ich nicht das gleiche Entgegenkommen gefunden … Ihre direkte Zusammenarbeit mit uns ist uns sehr wertvoll; aber selbst ohne sie (da Sie sie verweigern), haben wir alle unsere Kräfte bis zum heutigen Tag der Aufgabe gewidmet, eine starke linkskommunistische Kraft in Spanien zu schaffen …

Ich versuche noch immer, zu unterstreichen, dass es zwischen uns keine politischen Differenzen gibt, und dass es sehr bedauernswert ist, dass die Tatsache, dass wir Ihre Meinung über einen französischen Militanten (ein Militanter?)… nicht teilen, zu einem tatsächlichen Bruch geführt hat, wofür Sie völlig die Verantwortung tragen.


25. November 1932

Weder die Spanische Opposition noch ich persönlich haben jemals gesagt, dass die spanische Revolution zu Ende sei. Das ist eine kaum glaubliche Ungeheuerlichkeit. Wir halten die Veröffentlichung einer Resolution des Zentralkomitees zu dieser Frage für völlig überflüssig, denn niemand hat uns hier beschuldigt, einen Standpunkt unterstützt zu haben, der in grundsätzlichem Widerspruch zu unserer politischen Position steht.


Briefe von Trotzki an Nin

13. September 1930

Zweifellos werden Sie in Paris mit der internen Auseinandersetzung in der Liga in Berührung kommen. Aus diesem Grunde halte ich es für notwendig, Ihnen meine Auffassung in dieser Frage zu erklären …

Wenn Sie sich mit all diesen internen Angelegenheiten in Paris befassen (Sie sollten es, glaube ich, tun), so ist es notwendig, dass Sie beide Seiten hören. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir im Einzelnen den Eindruck schreiben würden, den Sie erhalten haben.**


21. November 1930

Da die westeuropäische Opposition im allgemeinen kein permanentes ideologisches und politisches Leben gekannt, auf wichtige Fragen nicht reagiert, sich nicht in das innere Parteileben eingemischt hat, konnten ihre gelegentlichen Anhänger (Urbahns, Overstraeten, Souvarine, Paz) sich und anderen als unsere Parteigänger vorkommen. Im Grunde genommen aber richteten sie den größten Schaden an, da sie den Weg zu den Vorstellungen der Linken Opposition innerhalb der Partei versperrten: sie alle bezeichneten die Partei als erledigt und tot, da dies doch viel einfacher ist und Gelegenheit bietet, friedlich in einer Ecke zu sitzen, um wöchentlich eine Stunde oppositionellen Unterhaltungen zu widmen …

In Ihrem Brief kommt der Satz vor: „Eine Spaltung in unseren Reihen (in Frankreich) würde katastrophale Folgen haben." Ganz sicher ist jede Spaltung ein ungewöhnlicher Vorgang. Ganz sicher würde das Sichzurückziehen des Genossen Rosmer der Zeitschrift La Vérité einen Schlag versetzen und ich bin bereit, meinerseits persönlich alles dafür einzusetzen, um das zu vermeiden. In diesem Sinne schrieb ich den französischen Genossen und Rosmer selbst. Aber ich muss sagen, dass eine solche Spaltung für uns keine Katastrophe bedeuten würde …

Damit die kleinen nationalen Gruppen – ohne entsprechende theoretische Grundlage, ohne Tradition, ohne Erfahrung – sich nicht auf dem Weg beim Prozess geduldiger Klärung verirren, muss zwischen ihnen eine feste Verbindung sein, eine dauernde gegenseitige Überprüfung stattfinden, eine organisierte ideologische Kontrolle vorhanden sein, eine doppelte und dreifache ideologische Unerbittlichkeit herrschen …

Sie schreiben, dass Landau Ihre Korrespondenz ohne Ihre Genehmigung bekannt machte. Woher hat er denn aber in diesem Falle Ihre Korrespondenz erhalten?


29. November 1930

Sie schreiben über die Rückständigkeit der spanischen Arbeiter und von der Notwendigkeit, sie mit den Grundvorstellungen des Kommunismus vertraut zu machen, bevor man die Fragen der Linken Opposition stellt…

Ich behaupte von mir, dass ich mich nicht imstande sehen würde, den rückständigsten Arbeitern einen Kurs über Kommunismus zu geben, ohne zur gleichen Zeit die Fragen der Linken Opposition zu stellen … Würde ich eine Konferenz mit den rückständigsten Arbeitergruppen, spanischen oder sonstigen, veranstalten, dann würde ich den Weg gleich am Anfang mit der folgenden Erklärung festlegen: „Innerhalb des Kommunismus gibt es mehrere Strömungen. Ich gehöre zu der und der Strömung und ich werde Euch auseinandersetzen, wie diese Strömung die Aufgaben der Arbeiterklasse sieht."

Zum Abschluss würde ich die Arbeiter auffordern, der Organisation beizutreten, welche die soeben von mir dargelegten Auffassungen verteidigt. Ohne diese Propaganda und Agitation hat alles nur akademischen Charakter, berauben wir uns einer organisatorischen Basis und helfen letzten Endes unseren Gegnern, d.h. den Zentristen und Rechten.


2. Dezember 1930

Wenn die Linke Opposition auch schwach sein mag, so kann sie meiner Meinung nach, wenn sie die Initiative beim Stellen der politischen (agrarischen) und organisatorischen Probleme der Revolution ergreift, in einer sehr kurzen Zeitspanne die führende Position in der Bewegung einnehmen.

Ich sage Ihnen ganz offen, ich fürchte sehr, die späteren Historiker könnten die spanischen Revolutionäre beschuldigen, nicht begriffen zu haben, wie man eine außerordentliche revolutionäre Situation auszunützen hat.


12. Januar 1931

Den Zeitungen nach bereiten sich die bürgerlichen Oppositionsparteien darauf vor, die Wahlen zu den Cortes zu boykottieren. Umso mehr sollten dann die Arbeiter zu der Boykotttaktik greifen.

In der augenblicklichen Situation hat es zweifelsohne den Anschein, dass wir die Wahlen von Berenguer durch eine energisch angewandte Boykotttaktik zunichtemachen können; auf diese Weise haben wir im Jahre 1905 die Wahl einer legislativen Duma, die nur beratende Funktion haben sollte, zunichte gemacht. Was ist die Politik der Kommunisten in diesem Punkt? Verteilen sie Flugblätter, Aufrufe, Erklärungen zu dieser Sache?


31. Januar 1931

Von einem revolutionären Standpunkt aus lässt sich die Frage so entscheiden: strebt die katalanische Partei nach politischer und organisatorischer Unabhängigkeit? Oder hat sie sich tatsächlich von Anfang an als eine regionale Organisation der spanischen Partei betrachtet? Wir können im Staat Föderalismus zulassen, aber unter keinen Umständen in der Partei…

Obwohl die offizielle Partei, wie sie heutzutage besteht, schwach und unbedeutend sein mag, so zieht sie doch aus außerhalb liegenden historischen Faktoren ihren Vorteil: aus der UdSSR und aus allem, was mit der UdSSR verbunden ist. Deshalb erscheint es mir gefährlich, wenn Sie sich empirisch allein von den unmittelbaren Kräfteverhältnissen leiten lassen …

Das Hineingehen der Linken Kommunisten in größere und breitere Organisationen ist durch den Zustand der kommunistischen Reihen auf der einen, der revolutionären Situation auf der anderen Seite, in Spanien mehr als irgendwo anders gerechtfertigt. Aber diese Taktik beschwört unmittelbar die Gefahr herauf, dass sich die Linken Oppositionellen in anderen Strömungen und Fraktionen auflösen. Aus diesem Grunde scheint mir die Schaffung eines Zentrums der Linken Opposition eine notwendige und dringende Vorbedingung für das Eintreten der Linken in andere Organisationen. Eine Zeitschrift der Linken Opposition und ein internes Bulletin sind dazu notwendig.


5. Februar 1931

Was den Boykott anbelangt, fühle ich mich nicht überzeugt … Die Kommunisten begingen offensichtlich einen Fehler, dass sie nicht die Initiative für den Boykott ergriffen haben. An der Spitze der revolutionären Arbeiter hätten sie allein der Boykottkampagne einen kühnen und militanten Charakter geben können. Desungeachtet ist die Stimmung für einen Boykott augenscheinlich innerhalb der Oppositionsparteien weit verbreitet und eine Widerspiegelung und ein Symptom der tiefen Beunruhigung der Volksmassen. Die letzten Telegramme scheinen die Nachrichten zu bestätigen, dass sich die Republikaner und Sozialisten zugunsten des Boykotts ausgesprochen haben. Wären Ihnen die Kommunisten zu passender Zeit energisch entgegengetreten, dann hätten die Republikaner und Sozialisten weit größere Schwierigkeiten, sich von diesem Boykottplan loszusagen.


13. Februar 1931

Die Tatsache, dass die Katalanische Föderation Sie mit dem Verfassen ihrer Hauptdokumente, einschließlich der Antwort auf die politische Erklärung der Partei betraut hat, ist ein sehr wertvoller, vielversprechender Schritt vorwärts…

Aber trotzdem komme ich auf meinen Vorschlag zurück, in Madrid (oder in einer anderen Stadt) ein Bulletin der spanischen Linken Opposition als ein politisch und theoretisch solides Monatsorgan zu veröffentlichen … Ohne ein solches kann das neue Stadium der Revolution die Linke Opposition unversehens überraschen, und bei der Schwäche der Partei und der Verwirrung der Katalanischen Föderation könnte das zu den fürchterlichsten nicht wieder gutzumachenden Verheerungen führen.


15. Februar 1931

Leider waren die Kommunisten nicht die Helden der Boykott-Operationen. Deshalb haben sie auch keine bedeutenden Siege in der Kampagne der letzten zwei oder drei Monate errungen. In Perioden einer stürmischen revolutionären Strömung wächst die Autorität der Partei sehr schnell, fieberhaft – wenn die Partei bei entscheidenden Wendungen, bei neuen Etappen sofort die erforderliche Losung ausgibt, deren Richtigkeit bald durch die Ereignisse bestätigt wird .. Im Verlauf der letzten Wochen und Monate hat man Gelegenheiten vorübergehen lassen. Aber es nützt nichts, jetzt zurückzublicken. Wir müssen vorwärts blicken. Die Revolution ist erst am Anfang. Wir können hundertfach zurückgewinnen, was wir uns haben entgehen lassen …

Es ist notwendig, sofort eine gut organisierte Fraktion der Linken Opposition zu schaffen, gleichgültig, wie klein man anfangen muss, damit sie ihr eigenes Bulletin und ihr eigenes theoretisches Organ veröffentlicht. Natürlich schließt das nicht die Teilnahme der Linken Kommunisten in breiteren Organisationen aus; es setzt sie im Gegenteil voraus, aber gleichzeitig ist die Organisierung der Linken Opposition die unentbehrliche Bedingung für diese Teilnahme.


4. März 1931

Die politische Erfahrung der Berenguer-Periode zeigt, dass die proletarische Partei eine standhafte Position des Boykotts gegenüber den Cortes des Admirals einnehmen muss. Die Sozialisten, die Republikaner können die von ihnen bezogenen Boykottpositionen verlassen, wenn sie nicht dauernd nach links getrieben werden. Im gegenwärtigen Stadium der Revolution kann die kommunistische Organisation die Rolle eines kleinen aber starken Schwungrads spielen, das all die Zahnräder der Sozialisten, Republikaner und selbst der Anhänger der verfassunggebenden Cortes zwingt, sich zu drehen – damit das Schwungrad nicht die Zähne der sozialistischen und konstitutionellen Räder zerbricht.

Wir müssen die Parole eines aktiven Boykotts aufstellen – nämlich nicht nur einfach Stimmenthaltung üben, sondern auch eine energische Offensive auslösen, um die verfälscht konstituierten Cortes zu zerschlagen (durch öffentliche Versammlungen, Erklärungen, Demonstrationen, Anprangerung der Namen der offiziellen Kandidaten als Feinde des Volkes, öffentlichen Boykott von denen, die sich zur Wahl stellen, usw.). Ich meine, dass die Taktik eines aktiven Boykotts die Schaffung von Arbeiter-Boykottkomitees ermöglichen würde, die zu einem günstigen Zeitpunkt in Arbeiterjuntas umgewandelt werden können …

In meinen vorangegangenen Briefen schrieb ich im Einzelnen über den Zusammenhalt der Linken Opposition und über ihre Haltung zur offiziellen Partei. Ich weiß nicht, ob Sie meine Briefe erhalten haben, und ich warte ungeduldig darauf, dass Sie mich über Ihre Auffassung zu diesen Fragen informieren, sowie über die praktischen Maßnahmen, die Sie und Ihre Genossen ergriffen haben. Fragen revolutionärer Strategie und Taktik haben nur dann eine Bedeutung, wenn „der subjektive Faktor" dieser Strategie existiert, nämlich eine revolutionäre Organisation, selbst wenn sie anfangs sehr klein ist.


15. März 1931

Wie wird Ihre Teilnahme in dem Block definiert und politisch erklärt werden – als die eines Vertreters einer kommunistischen Fraktion oder als eines, wie man weiß, isolierten Revolutionärs? Es kann sein, dass einige Elemente der Föderation, falls sie einmal ein Abkommen mit der Kominternbürokratie nötig haben, später erklären werden, sie hätten einen Block mit der Bauernschaft und der revolutionären Kleinbourgeoisie in der Person von Nin gebildet. Ohne im Besitz eines politischen Passes zu sein ist, besonders während der Revolution, sehr gefährlich.


29. März 1931

Ich erhalte Briefe von Paris, die sich immer stärker beunruhigt über die Situation in Spanien zeigen. Ich muss Ihnen sagen, dass ich diese Besorgnis teile. In Spanien ist die Situation revolutionär; in Spanien haben wir eine absolut qualifizierte Vertretung der Linken Opposition. Durch Korrespondenz, Artikel usw. haben wir so etwas wie einen Programmentwurf ausgearbeitet. Alle Augen richten sich auf Spanien. Und doch existiert in Spanien die Linke Opposition als eine offizielle und aktive Organisation nicht. Und jeder verlorene Tag wird starke Rückwirkungen in den entscheidenden Augenblicken haben. Niemand außerhalb der Linken Opposition ist imstande, eine korrekte Orientierung zu geben, noch eine angemessene Politik in den revolutionären Bedingungen Spaniens zu entwerfen. Und trotzdem ist die Linke Opposition nicht existent; das ruft bei vielen Genossen Unruhe hervor, und ich teile diese Unruhe …

Welchen Ausweg gibt es? Die Madrider Genossen glauben, dass es mit Unterstützung der asturischen Genossen möglich sei, eine theoretische Monatszeitung zu veröffentlichen. Sie sind auch bereit, ein Bulletin der linken Fraktion zu veröffentlichen. Es scheint mir, dass wir sie mit allen unseren Kräften unterstützen müssen. Durch Aufrechterhaltung einer dauernden Verbindung zwischen Ihnen und Madrid auf der einen Seite, und Spanien, Paris und Konstantinopel auf der andern, können wir die erforderliche politische, theoretische und organisatorische Übereinstimmung erzielen. Mit erheblicher Ungeduld erwarte ich Ihre Antwort auf diese Frage, umso mehr, als meine früheren Briefe in diesem Punkt unbeantwortet geblieben sind …

Ihre Aufstellung als Kandidat bei den Gemeindewahlen ist offensichtlich ein sehr wichtiger Punkt. Aber Sie werden sicher mit mir übereinstimmen, dass in der Politik, vor allem während der Revolution, nur diejenigen Siege wichtig sind, die sich in ein Wachstum der Partei oder, im vorliegenden Falle, der Fraktion verwandeln. Ohne sie wird der Sturm der Revolution die individuellen Initiativen völlig wegfegen, sowohl beim Sieg der Revolution wie bei ihrer Niederlage.


1. April 1931

Ich freue mich außerordentlich über Ihre Konferenz und Ihre Erfolge. Ihre Absicht, sich während Ihrer Reise mit der Organisierung einer Linken Opposition zu befassen, lässt mich noch mehr hoffen. Es ist wichtig, einen Kristall bereit zu haben; die Entwicklung der Revolution wird eine gesättigte Lösung schaffen.


12. April 1931

Ich habe gerade Ihren Brief erhalten, in dem Sie mich zum ersten Mal über Ihren Bruch mit der Katalanischen Föderation und dem Erscheinen in Kürze eines Organs der Linken Opposition, Comunismo, informieren. Die letztere Nachricht erfreut mich so sehr, dass ich es ablehne, die bei dem Versuch der Bildung einer Linken Opposition verlorenen mehreren Monate zu bedauern. Ich zweifle nicht daran, dass Sie die verlorene Zeitspanne hundertfach zurückgewinnen werden.


20. April 1931

In Ihrem zweiten Brief zeigen Sie die Notwendigkeit auf, die Katalanische Föderation in einer freundlichen Manier und taktvoll zu beeinflussen. Ich stimme völlig mit Ihnen überein …

Aber ich komme nicht umhin, von hier aus, aus weiter Entfernung, die zweite Seite der Angelegenheit zu betonen. Vor zwei oder drei Monaten schätzten Sie, dass die Organisation für Sie ohne Schwierigkeiten gewonnen werden könnte; mit Maurín zusammen arbeiteten Sie die Thesen aus usw. Ein wenig später stellt sich heraus, dass der Föderation – wegen ihrer zweideutigen Beziehungen zu den Komintern – Ihr direkter Eintritt in ihre Reihen ungelegen kommt. Diese Geschichte ist in meinen Augen ein Argument gegen die Versuche, die Föderation nur persönlich, individuell, pädagogisch zu beeinflussen – beim Fehlen einer organisierten linken Fraktion, die überall unter ihrem eigenen Banner auftritt. Arbeiten innerhalb der Föderation? Gewiss. Geduldiges, freundschaftliches Arbeiten, ohne sich vor Rückschlägen zu fürchten? Ja, ja und nochmals ja. Jedoch offenes Arbeiten, als Linker Oppositioneller, als Bolschewik-Leninist, der seine eigene Fraktion besitzt, und als jemand, der für sie die Freiheit der Kritik und der Meinungsäußerung verlangt.


22. April 1931

Die wichtigste Information Ihres Briefes besteht aus der Tatsache Ihres Eintritts in das Zentralkomitee der Katalanischen Föderation und Ihrer Herausgabe der Tageszeitung der Föderation. Ich kann gar nicht sagen, welch riesige Bedeutung diese Tatsache hat.

Leider sind mir jedoch die politischen Voraussetzungen nicht klar. Vor einigen Wochen schrieben Sie, Sie wären gezwungen, mit der Föderation zu brechen, da ihre Führer Ihre Zugehörigkeit zur Linken Opposition als unvereinbar mit einer Zugehörigkeit zur Föderation ansahen. Mit anderen Worten: die Führer zeigten sich uns gegenüber außerordentlich feindlich und wandten die Methoden und die Phraseologie der stalinistischen Bürokratie an.

Nach diesen Dingen verwirrt mich Ihr Einzug in die führenden Positionen der Föderation – nach Ablauf mehrerer Wochen – wirklich ganz außerordentlich. Was ist mit der Föderation geschehen? Hat sich die Zusammensetzung der Führung geändert? Hat sich ihre Geistesverfassung radikal unter dem Einfluss des republikanischen Umsturzes und dem allgemeinen Weichwerden der Herzen gewandelt? Haben sie die Hoffnung verloren, sich mit der Kominternbürokratie wieder auszusöhnen? Unter welchen Bedingungen sind Sie in die Föderation eingetreten? Auf alle diese Fragen erwarte ich Ihre Antwort mit größter Ungeduld …

Sie schrieben, Sie neigten dazu, Ihre Reise zur Organisierung der linken Fraktion auszunutzen. Leider erwähnen Sie davon nichts in Ihrem Brief.

Jetzt zu der allgemeinen politischen Seite dieser Dinge. Nach meiner Kenntnis hat die Katalanische Föderation eine allgemeine spanische Organisation weder angestrebt noch strebt sie jetzt danach. Wenn dem so ist, dann führt sie sich selbst und die katalanische Arbeiterbewegung in eine Niederlage … Die Stärke der Linken Opposition in Barcelona wie in Madrid kann und würde darin liegen, all diese Fragen auf ein historisches Niveau zu heben, indem sie isolierten Gruppen und Sekten verwehrt, die Revolution durch Provinzialismus, passiven oder aktiven Nationalismus, bürokratische Kurzsichtigkeit usw. zu zerstören. Wir haben auf diesem Gebiet viel Zeit verloren, und Zeit ist ein sehr kostbarer Faktor in der Revolution. Ein neuer Zeitverlust wäre ein Verbrechen. Auf den spanischen Kommunisten und auf Ihnen persönlich, teurer Freund, ruht eine gewaltige historische Verantwortung. Die katalanische Föderation ist nur eine Einflusssphäre, aber kein sicherer Ansatzhebel. Ohne eine ernste prinzipielle Grundlage, ohne eine klare strategische Linie, würde die Katalanische Föderation, mit zahlreichen Vorurteilen behaftet, den Stürmen der Revolution nicht widerstehen können und bei der nächsten scharfen Wendung eine Niederlage erleiden. Ein kleiner aber fester marxistischer Kern, der genau weiß, was er will, kann nicht nur die Katalanische Föderation, sondern auch die spanische Revolution retten. Aber nur unter einer Bedingung: der kleine Kern muss unter seinem eigenen klaren Programm und unter seinem eigenen Banner marschieren.

Ich bitte Sie, mir so schnell wie möglich zu antworten, und gerade auf diese Fragen, da sie in meinen Augen von entscheidender Bedeutung sind.***


26. Mai 1931

Ich muss feststellen, dass Sie es in Ihren Briefen vorziehen, mich über Tatsachen zu informieren, die mir im Allgemeinen von den Zeitungen her vertraut sind, und gleichzeitig beharrlich Fragen umgehen, die von entscheidender Wichtigkeit zu sein scheinen. Zweifellos habe ich nicht das Recht, von Ihnen laufend mit Nachrichten versehen zu werden oder auch nur kurze Antworten (mit ja oder nein) auf die von mir gestellten Fragen zu erhalten. Aber Sie sollten verstehen, dass eine diplomatische Korrespondenz mich nicht zufriedenstellen kann.

Als Ergebnis zahlreicher und zunehmender Versuche, durch unsere Korrespondenz ein Minimum an Klarheit zu erzielen, habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie nicht nach dieser gleichen Klarheit streben. Warum? Offensichtlich, weil Sie eine entgegengesetzte Position einnehmen – Sie lassen die Dinge laufen und warten darauf, dass sie sich von selbst klären werden. Erfahrung und Theorie haben gezeigt, dass eine derartige Politik verhängnisvolle Folgen hat.


30. Mai 1931

Sie werden sehen, dass ich am Ende meiner neuen Arbeit über die spanische Revolution („Die spanische Revolution und die ihr drohenden Gefahren") eine beträchtliche Zahl meiner an Sie gerichteten Briefe angefügt habe, wobei ich gleichzeitig alles fortließ, was einen persönlichen oder „polemischen" – wenn auch freundschaftlich gemeinten – Charakter trug; ich ließ nur die prinzipiellen und politischen Betrachtungen übrig.x


31. Mai 1931

Leider kann ich mir die beruhigenden Bemerkungen nicht zu Eigen machen, die Sie in Bezug auf die Situation in Spanien und besonders in Katalonien äußern. Sie meinen, es gäbe keinen Grund, ein vorzeitiges Losschlagen in Katalonien zu befürchten, da ja die Anarchisten, welche die Hegemonie in der Arbeiterbewegung ausüben, mit allen ihren Kräften die Arbeiter zurückhalten. Nach Ihren Worten geht die Katalanische Föderation in die gleiche Richtung. Ich sehe in dieser Information, die mit der Information der bürgerlichen Presse über die Anarchosyndikalisten übereinstimmt, keinen Grund zur Beruhigung, sondern im Gegenteil einen zur Besorgnis.

Soweit ich es beurteilen kann, schlagen die Anarchosyndikalisten eine Versöhnungspolitik gegenüber dem verächtlichen Regime des Oberst Macia, dem Barcelonaer Vertreter der Madrider Imperialisten, ein. Die anarchosyndikalistischen Führer sind wahrscheinlich zu Untervertretern und tatsächlich zu Agenten eines nationalen Bürgerfriedens in Katalonien geworden.

Soweit ich aus Ihrem Briefe ersehen kann, hat die Katalanische Föderation eine versöhnlerische Haltung gegenüber den Anarchosyndikalisten eingeschlagen; sie hat, mit anderen Worten, die revolutionäre Einheitsfrontpolitik mit der opportunistischen Politik des Verteidigens und Hofierens des Macia-Regimes vertauscht. Genau darin sehe ich eine der Quellen für eine Explosion, die in einem gewissen Stadium so gefährlich werden kann. Die Aufgabe der Gewerkschaften besteht nicht darin, die Arbeiter zurückzuhalten, sondern im Gegenteil in ihrer Mobilisierung und Organisierung für die Offensive …

Damit das Zurückhalten von Aktionen, die verfrüht und unvernünftig sind, nicht in eine menschewistische Erstickung der Revolution umgewandelt werden kann, müssen wir eine klare strategische Linie haben, und die fortgeschrittenen Arbeiter müssen sie gut begreifen, so dass sie sie unermüdlich den breiten Massen erklären können. Die Katalanische Föderation hat offensichtlich keine strategische Linie. Ihre Führer fürchten sich, über Grundprobleme der Revolution nachzudenken; sonst hätten sie nicht diese kindische und dumme Angst vor dem „Trotzkismus", die für den Horizont ihres politischen Denkens so bezeichnend ist. Solidarität mit solchen Führern – anstatt gegen sie, selbst im freundschaftlichsten Ton, eine ernsthafte und hartnäckige Politik zu führen – bedeutet, sich kopfüber mit offenen Armen in tragische Fehler hineinzustürzen. Aber darüber habe ich oft geschrieben und werde nicht darauf zurückkommen.


29. Juni 1931

Um den proletarischen Kern der Katalanischen Föderation zu gewinnen, muss man einen festen Kern der Linken Opposition in Katalonien schaffen, sowie entsprechende Veröffentlichungen – als Allerwenigstes ein Bulletin in der katalanischen Sprache. Wir müssen Maurín erbarmungsloser und unaufhörlicher Kritik unterwerfen, die Ereignisse werden unsere Kritik völlig bestätigen

Die Tatsache, dass die Stalinisten in Barcelona mehrere Dutzend Arbeitslose – wie Sie schreiben – auf ihre Seite gezogen haben, ist nach meiner Auffassung ein wichtiges Symptom, das gegen die Katalanische Föderation spricht. Wie kann es der führenden revolutionären Organisation nicht gelingen, die Arbeitslosen zu beeinflussen, die doch die linke Flanke der Bewegung darstellen? Der Grund dafür liegt meiner Meinung nach im Opportunismus der Föderation, in ihrer fehlenden Aktivität und Regsamkeit, in ihrer vorschnellen „Weisheit", d.h. ihrem Opportunismus. Während der Revolution gehen die Arbeiter schnell von einer Organisation zur andern über.


2. Juli 1931

Ich kritisierte nicht, dass Sie wenig oder selten schreiben, sondern dass Sie bei Ihrer Korrespondenz hartnäckig gewissen Fragen aus dem Weg gehen …

Da war noch eine Sache, die mich beunruhigt hat. Ihnen kann Rosmers politische Position nicht unbekannt sein. In dieser Frage habe ich von Ihnen größere Offenheit erwartet. Wenn Sie meinen, ich hätte den und den Fehler Rosmer gegenüber begangen, dann bin ich bereit, jede Art Kritik, selbst die schärfste, mir anzuhören, und ich bin zu allem bereit, was zur Besserung der Lage beiträgt, die gänzlich und ausschließlich Rosmers wegen sich verschärft hat. Aber ich muss gestehen, die Tatsache beunruhigt mich ganz erheblich, dass Sie mich über den Besuch Rosmers nicht informiert haben, mir nicht sagen, was er will, vorschlägt, und was ich Ihrer Meinung und Einschätzung nach in dieser Frage tun sollte. Das Enthält meiner Auffassung nach ein Element von „Diplomatie".


27. Juli 1931

Ich muss sagen, dass der Teil Ihres Briefes, der sich mit Rosmer befasst, auf mich einen seltsamen Eindruck gemacht hat. Sie schreiben, wir könnten den politischen nicht vom persönlichen Aspekt trennen. Das stimmt: ich habe darauf stets bestanden. Jetzt scheint es mir, dass Sie nicht nur beides voneinander trennen, sondern auch dazu neigen, den politischen dem persönlichen Aspekt unterzuordnen.

Wir haben eine Reihe von Trennungen im internationalen Maßstab hinter uns. Wir sind Overstraeten losgeworden, der eine Art belgische Ausgabe von Maurín repräsentierte, und den Rosmer halb unterstützte (er macht alles halb); mit ungeheuren Anstrengungen haben wir uns von den Anhängern und halben Anhängern von Monatte getrennt, die Rosmer hartnäckig unterstützte; wir haben einen Kampf gegen die syndikalistischen Abtrünnigen (Gourget) geführt, die sich uns nur durch Rosmers Schuld näherten; ein Jahr lang verhinderte Rosmer offen und vorsätzlich eine Polemik mit den Bordigisten; schließlich unterstützte er die Landau-Clique in den Methoden und Ansichten, über die ich hinreichend detailliert im Rundbrief geschrieben habe. Mir scheint, all jene Fragen sind höchst politisch, sehr oft sogar programmatisch … Sie aber schreiben, Sie möchten Molinier und Frank sehen, um zu entscheiden, auf welcher Seite Sie stehen. Ich kann das absolut nicht verstehen …

Wie sollten wir als eine internationale Organisation im Falle neuer prinzipieller Differenzen in den verschiedenen Sektionen verfahren? Müssten wir die Vertreter beider Gruppen in jede Hauptstadt der Welt transportieren? Existiert da irgendein Missverständnis, dessen zutiefst prinzipiellen oder episodischen Charakter ich noch nicht begriffen habe?

Da Sie vielleicht zu stark mit spanischen Angelegenheiten beschäftigt sind, lesen Sie die ausländischen Veröffentlichungen der Opposition nicht, so unter andrem La Vérité, das russische Bulletin, und vor allem das Internationale Bulletin? Sonst müsste ich es so verstehen: die gesamte ideologische Arbeit der letzten beiden Jahre existiert für Sie nicht; ihre Stelle würde durch persönliche Eindrücke ersetzt werden. Das aber wäre Impressionismus und nicht Marxismus. Offensichtlich kann das nicht Ihre Politik sein …


26. August 1931

Sie beklagen sich, dass Sie von mir keine Briefe erhalten. Ich habe Ihnen indessen nicht seltener als Sie mir geschrieben. Insbesondere schickte ich Ihnen einen langen, Rosmer betreffenden Brief. Bis jetzt weiß ich nicht, ob Sie ihn erhalten haben. Andererseits beklagen sich die Berliner Genossen, dass Sie niemandes Briefe beantworten …

Ich sehe mich genötigt, ausdrücklich Folgendes zu erklären: Lange vor dem Konflikt wussten wir von all jenen persönlichen „Beschuldigungen", die Rosmer gegen Molinier vorbringt, und gemeinsam mit Rosmer erachteten wir diese Beschuldigungen als Verleumdungen und ergriffen Maßnahmen, die Verleumder dafür verantwortlich zu machen. Rosmer hat sich herabgelassen, diese Beschuldigungen erst wieder vorzubringen, nachdem zwischen ihm und Molinier ein politischer Konflikt entstanden war.


1. September 1931

Ich habe Ihren Brief vom 25 August erhalten. Sie stellen sich die Frage: sollen wir die Arbeiter auffordern, der Partei oder der Föderation beizutreten? …

Betrachten wir die bisherigen Ergebnisse unserer Zusammenarbeit mit der Föderation, dann stellen wir fest, dass sie uns mehr Schaden als Nutzen bringt. Die gesamte Kominternpresse, und vor allem die Prawda, hat uns für Mauríns opportunistische Verworrenheit verantwortlich gemacht. Genosse Mills Artikel in La Vérité haben ebenfalls erheblich dazu beigetragen. Trotz dieser Zusammenarbeit waren wir gezwungen, mit der Föderation zu brechen, und wir haben sie mit fast leeren Händen verlassen. Mit anderen Worten: die Erfahrung der Zusammenarbeit mit der Föderation hat uns in Spanien insgesamt wie auch international geschwächt, ohne uns irgendwie in Katalonien zu helfen …

Es ist an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen. Meiner Meinung nach sollten wir eine schroffe politische Wendung machen, um zu vermeiden, noch länger mit Maurín in einen Topf geworfen zu werden – eine Verwechslung, die zu seinem Vorteil und unserem Nachteil gedient hat.

Das richtigste Vorgehen bestünde in einem Appell an die Arbeiter, in die Fraktion der Linken Kommunisten einzutreten, sie aufzubauen und Aufnahme in die Partei zu verlangen. Aber eine solche Politik erfordert ein offizielles Zentrum der Linken Opposition in Katalonien, und sei es noch so klein. Sie werden sich daran erinnern, dass ich darauf seit dem ersten Tage Ihrer Ankunft in Barcelona gedrungen habe, aber leider ohne Erfolg. Selbst jetzt sehe ich keinen anderen Weg …

Zweifellos erscheint es Rosmer, als ob seine Gegner Meinungsverschiedenheiten erfinden. Das kommt daher, weil Rosmer genau dort aufhört, wo die Frage gerade anfängt. Dieser Mann hat hervorragende persönliche Eigenschaften und eine sehr achtenswerte Vergangenheit. Aber er hat drei Fehler: 1. er ist kein Marxist, 2. er ist kein Revolutionär, 3. er ist kein Politiker…

Meine Differenzen mit Rosmer begannen fast mit dem ersten Tage seiner Rückkehr von Prinkipo nach Paris. In seine eigene Umgebung zurückgekehrt nahm er fast automatisch seine alten Verbindungen und Denkgewohnheiten wieder auf. La Vérité stürzte sich mit gewaltigem Schwung in eine syndikalistische Abweichung. Über MacDonald und seine Partei schrieb Rosmer immer nur in folgendem Sinne: sie „verstünden nicht", wie notwendig es sei, die Interessen der Arbeiterklasse zu verteidigen. Wenn Cuvier die Tiere mit Hilfe des Seziermessers einteilte, so ist Rosmers Art zu denken durch diese Worte „verstünden nicht" eindeutig festgelegt. Er meinte, die Partei sei eine Sache und La Vérité eine andere. Er sieht keine Notwendigkeit einer internationalen Organisation. Seine Beziehungen zu ihr waren die einer heftigen Belastung. Er stellte sich hinter Overstraeten, die Bordigisten und alles, was verwirrt und undefinierbar ist, und suchte dort Unterstützung für seinen eigenen Mangel an Entschlossenheit. Handelte es sich dabei um einen jungen Genossen, so würden wir uns zweifellos sagen: „Er wird lernen." Aber leider erwartete jeder von Rosmer, dass er andere etwas lehren würde, und jeder wurde sehr schnell enttäuscht. Daraus entstand der Konflikt der lebendigen und revolutionären Elemente mit der Rosmer-Gruppe. Während ich Rosmer in persönlichen Briefen zuredete und kritisierte, habe ich gleichzeitig alles, was von mir abhing, getan, um nicht nur die Einheit der Organisation, sondern auch Rosmers verantwortliche Position in ihr zu wahren. Er war jedoch zu keinem Kompromiss bereit. Er wollte jene jungen Genossen fertigmachen, die grundsätzlich ihm gegenüber recht hatten.


27. September 1931

Zuerst einmal möchte ich mir selbst darüber klar werden, was die in der Linken Opposition diskutierte Frage meint: eine enge oder eine breite Fraktion? …

Für Katalonien wurde, wie ich aus Ihrem Brief ersehe, vorher die Frage so gestellt: sollten wir an die Arbeiter appellieren, in die offizielle Kommunistische Partei einzutreten oder in die Katalanische Föderation? … Aber ist es denn heutzutage noch möglich, ernsthaft von der Linken Opposition zu verlangen, sie solle die Arbeiter zum Eintritt in die Katalanische Föderation auffordern? Das ist mir unbegreiflich! … Das wäre der gröbste Fehler und würde die Linke Opposition nicht nur schwächen, sondern ihr sogar zur Schande gereichen …

Formal ist die Frage der offiziellen Partei anders gestellt… Ich hatte immer den Eindruck, dass viele Genossen die Möglichkeiten der Entwicklung der offiziellen Kommunistischen Partei in Spanien unterschätzt haben. Ich habe Ihnen mehr als einmal dazu geschrieben. Die offizielle Partei als eine fiktive Größe anzusehen, ihr den Rücken zuzukehren, scheint mir ein großer Fehler zu sein. Wir müssen im Gegenteil hinsichtlich der offiziellen Partei an unserem Weg, die Reihen zu einigen, festhalten. Trotzdem ist diese Aufgabe nicht so einfach. Solange wir eine schwache Fraktion bleiben, ist diese Aufgabe gemeinhin unlösbar. Innerhalb der offiziellen Partei können wir eine Tendenz zur Einheit nur dann hervorrufen, wenn wir zu einer ernsthaften Kraft werden.

Die Gegner einer „breiten Fraktion" antworten darauf: Aber wenn wir um uns viele Arbeiter gruppieren, dann verwandeln wir uns automatisch in eine zweite Partei. Ich muss sagen, dass mich dieses Argument verwundert. Wenn wir derartig formal argumentieren, dann müssten die Bolschewiki-Leninisten, um der Gefahr einer zweiten Partei zu entgehen, insgesamt von der Erdoberfläche verschwinden. Genau das wollen die Stalinisten. Politischer Malthusianismus stellt die unnatürlichste aller Varianten des Malthusianismus dar. Jede politische Tendenz mit Zutrauen zu ihren eigenen Kräften muss erwarten, dass sie um sich die größtmöglichen Massen schart…

Die Linke Opposition würde sich in eine Sekte verwandeln, käme sie zu dem Schluss, dass ihre Aufgabe nur in der Kritik an den Aktionen der offiziellen Partei und der Massenorganisationen des Proletariats bestünde. Die spanische Revolution ist eine Tatsache. Ohnehin ist bereits enorm viel Zeit verloren worden, einschließlich des Zeitverlusts der spanischen Linken Opposition. Nächstes Jahr werden wir nicht durch bloßes In-die-Hände-Klatschen die revolutionäre Situation wieder herbeirufen können, die wir heute vorbeigehen lassen. Gerade in Spanien kann die Opposition in kurzer Zeit zu einer starken Kraft anwachsen. Aber die erste Bedingung dafür ist nicht, davor Angst zu haben, sondern danach zu streben, eine solche Kraft zu werden …


19. November 1931

Sie schreiben von dem „ehrenvollen" Einstellen der Zeitschrift El Soviet, da sie sich weigerte, sich der ausdrücklichen Zensur des Gouverneurs zu unterwerfen. Ich finde diese Art der Fragestellung prinzipiell verkehrt. Eine revolutionäre Organisation kann nicht als bloße politische Demonstration eine Veröffentlichung einstellen. Diese Art zu handeln ist einem Demokraten, aber nicht einem Marxisten angemessen. Ein Marxist sollte von den legalen Möglichkeiten bis zum Letzten Gebrauch machen, und sie durch illegale Handlungen ergänzen. Es ist nichts „Schädliches" daran, sich der Zensur zu unterwerfen, wenn man nicht die Macht hat, sie zu beseitigen; das ist eine Frage der Machtverhältnisse, und keine abstrakter Moral. Die Veröffentlichung einer Zeitung einzustellen, ohne sie durch eine illegale zu ersetzen, bedeutet einfach Desertion. Ich finde dabei nichts „Ehrenvolles".

Was hätten wir also tun können? Den Arbeitern offen und deutlich die vorhandenen Umstände erklären: dass die innere Unterstützung seitens der Arbeiter ungenügend sei, die von Freunden versprochene Unterstützung nicht gekommen wäre, dass wir eine Zeitlang gezwungen wären, die Veröffentlichung von El Soviet als einer Wochenzeitschrift einzustellen, dass wir einen Schritt zurückweichen, um umso besser voranschreiten zu können. Arbeiter, ihr müsst uns helfen! So hätten wir, meiner Meinung nach, das zeitweilige Einstellen der Wochenzeitschrift begründen müssen…


28. November 1931

Über die gröbsten bei der spanischen Politik begangenen Fehler beschränkten wir uns auf die Korrespondenz, mit dem Versuch, sich gegenseitig zu überzeugen, und wir haben die Diskussion, selbst in freundschaftlichster Form, nicht in die internationale Arena hineingetragen. Aber Mills völlig falsche und opportunistische Briefe aus Spanien wurden nicht offiziell beantwortet (ich halte das für einen Fehler). Das Missverständnis jedoch, das aufgrund der Finanzierungsfrage entstanden ist, ist zum Gegenstand einer internationalen Intrige geworden. Ich kann Ihnen nicht verbergen, dass dieser Vorfall auf mich einen äußerst ungünstigen Eindruck macht. Man sollte, glaube ich, von Ihnen verlangen können, dass Sie Ihren ersten Brief erläutern, Ihre Anschuldigungen zurücknehmen, die sowohl nach Form wie Inhalt völlig unzulässig sind, und erklären, ob Sie Ihren Brief zur internationalen Verbreitung vorgesehen hatten. Damit könnten wir diesen Vorfall als erledigt ansehen und die Notwendigkeit einer internationalen Polemik würde entfallen.


16. Dezember 1931

Es scheint so – und im Übrigen schreiben Sie es selbst – dass Sie die Thesen zur Weltsituation nicht aufmerksam genug gelesen haben; andernfalls ist Ihr Einwand unbegreiflich. Alles hängt davon ab, wie man die „Kerenski-Periode" betrachtet: als die letzte bürgerliche Regierung, nach der die Bourgeoisie zugrundegehen muss, oder als die letzte linke Regierung, die linkeste, bis zu der die Bourgeoisie im Kampf für ihr Regime noch gehen kann, und die der Bourgeoisie ermöglichen muss, sich zu retten – und fast dabei zugrundezugehen – oder ihren Platz einem faschistischen Regime zu überlassen. Alles hängt von den Kräfteverhältnissen ab und vor allem von dem Vorhandensein einer festgefügten revolutionären Partei, die es in Spanien nicht gibt.

In Spanien besteht eine liberal-sozialistische Koalitionsregierung. Wie oben erwähnt, handelt es sich um die „letzte" oder vorletzte „linke Regierung", das heißt, dass noch die Möglichkeit einer linkeren, „sozialistischen" Regierung offenbleibt, die keineswegs unfehlbar das Ende der Bourgeoisie bezeichnen muss. Erinnern wir uns, dass in Deutschland die sozialdemokratische „Räte"regierung (das heißt die linkeste, die dort sein konnte) die Bourgeoisie rettete. Der gleiche Gedanke ist von mir etwas näher bezüglich der Situation in England entwickelt worden.

Wenn wir unsere zahlenmäßige Schwäche in Betracht ziehen, hat die Internationale Opposition der spanischen Opposition außerordentliche Aufmerksamkeit geschenkt. Die Weltkrise hat indirekt aber sehr konkret alle Genossen getroffen, welche die Möglichkeit haben, uns finanziell zu unterstützen. Überall wuchs die Arbeitslosigkeit in erschreckendem Ausmaß. Unter den Genossen der deutschen Opposition sind viele aller Mittel entblößt. Der gesamten deutschen Opposition wurde nicht halb so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie der spanischen Opposition, obwohl in Deutschland gerade jetzt die Situation unvergleichlich zugespitzter als in Spanien ist. Unter diesen Umständen einen internationalen Skandal auszulösen, nur weil zwei oder drei Genossen aus finanziellen Schwierigkeiten nicht regelmäßig genug spendeten, wenn man völlig darauf zählen konnte, dass sie zur Unterstützung der spanischen Veröffentlichung beitragen – nein, das ist unstatthaft. Das zeigt eine gewisse uns fremd erscheinende Haltung, die weder revolutionär, noch proletarisch oder kommunistisch ist.

Die spanischen Genossen begingen eine große Zahl von Fehlern; sie verloren Zeit, sie verloren Monate über Monate. Eine Anzahl Genossen sah diese Fehler, beobachtete sie mit Besorgnis,. beschuldigte mich fortwährend einer übermäßigen Nachsicht… Aber bis zum Schluss zeigten wir hinsichtlich der spanischen Genossen bei Fragen gewaltiger politischer Bedeutung erheblich größere Geduld. Angesichts der ersten finanziellen Schwierigkeit beschworen die spanischen Genossen einen internationalen Skandal herauf.

Die einzige Erklärung, die ich dafür finden kann: die spanischen Genossen suchten nach einer Gelegenheit, Rosmer direkt zu unterstützen. Da sie keine prinzipielle Grundlage dazu hatten, das heißt, da sie nicht Gefahr laufen wollten, offen eine skandalöse politische Position zu verteidigen, nützten die spanischen Genossen – leider sind Sie einer von diesen – die erste günstige oder ungünstige Gelegenheit zu einer indirekten Unterstützung Rosmers aus. Das ist die einzige psychologische Erklärung für die Handlungsweise der spanischen Genossen.


17. Januar 1932

Mein Eindruck von der Rolle, welche die spanische Opposition bei internationalen Angelegenheiten spielt, ist weiterhin außerordentlich ungünstig … Während der drei Jahre meines Auslandsexils fand ein Ausleseprozess zwischen wirklich revolutionären Elementen in der Opposition und den Philistern, die bloß Abtrünnige sind, statt. An dieser Aufgabe nahmen die spanischen Genossen nicht teil. Sie intervenierten bei internationalen Fragen nur dann, wenn sie sich persönlich betroffen fühlten, und bei solchen Fällen intervenierten sie in der Weise, dass sie den Abtrünnigen aus unseren Reihen halfen …


13. Juni 1932

Ihr Brief vom 7. Juni enthielt eine Reihe merkwürdiger Missverständnisse:

1. Falls einige Ihrer Briefe verloren gegangen sein sollten, die gewisse politische Fragen enthielten, auf die ich nicht geantwortet habe, dann hätten diese Fragen einfach noch einmal gestellt werden müssen, anstatt die Zeit mit allgemeinen Betrachtungen über den Wert der Korrespondenz zu verlieren. Jetzt wiederhole ich meinen Vorschlag: nummerieren Sie bitte für mich die Fragen, auf die Sie keine Antwort von mir erhalten haben; ich werde es diesmal übernehmen, sofort zu antworten, wie ich es stets in der Vergangenheit getan habe.

2. Sie schreiben, ich verweigere der spanischen Opposition die Hilfe. Darauf kann ich nur mit Achselzucken antworten. Ich schickte Ihnen alle meine Arbeiten, Briefe, Rundschreiben usw., das heißt alle Dokumente, die ich allen nationalen Sektionen schickte. Keine dieser Sektionen beschuldigt mich, ihr Unterstützung verweigert zu haben. Vielleicht meinen Sie, dass ich mich gerade jetzt nicht besonders mit den spanischen Problemen befasse? Das stimmt, erklärt sich aber durch objektive politische Gründe. In der Entwicklung der spanischen Revolution sehe ich keine neuen Probleme dringender Art. Im Verlauf dieser letzten Monate sind in der UdSSR, in Deutschland und im Orient völlig neue Probleme von größter Tragweite aufgetaucht. Beim Aufstellen meines Arbeitsplanes werde ich von politischen Vorstellungen geleitet. Ich habe Ihnen alle die deutschen Angelegenheiten befassenden Manuskripte zur gleichen Zeit zugesandt, wie ich sie nach Deutschland schickte. Ich meine, die deutschen Probleme bewegen die spanischen Genossen mehr als die spanischen Probleme. Ich sehe, dass Sie die Frage anders betrachten.

3. Schließlich schreiben Sie, ich hätte aufgehört, „Hilfe zu geben", nachdem wir über verschiedene Fragen und verschiedene Genossen nicht mehr länger einer Meinung waren. Alles hat seine Grenzen, Genosse Nin. Sie glauben, meine Einschätzung dieses oder jenen Genossen zwinge mich, meine politischen Beziehungen zu einer revolutionären Organisation zu ändern; und trotzdem bestehen Sie auf unserer Korrespondenz und bezeichnen sie als „sehr nützlich". Ich kann dies alles nicht verstehen.

4. Sie wiederholen noch einmal, dass wir mit Ihnen keine politischen Differenzen haben. Ich wäre sehr froh, wenn die Dinge wirklich so gelegen hätten! Aber selbst vor dem Vorfall mit den französischen Genossen – der schon vor langer Zeit seine Bedeutung verlor – schrieb ich Ihnen, dass Ihre Briefe einen rein diplomatischen Charakter trugen. Sie beschränkten sich auf Abstraktionen, Banalitäten, und Sie beantworteten niemals die konkreten politischen Fragen. Sollten Sie meine Briefe an Sie aufbewahrt haben (und ich habe sie vollständig aufbewahrt), dann könnten Sie sich mühelos überzeugen, dass hinter jeder formalen Übereinstimmung stets eine wesentliche Meinungsverschiedenheit entdeckt werden kann. Aus diesem Grunde glaube ich, dass meine Hilfe für die spanische Opposition größer gewesen wäre, wenn wir unsere Meinungen über diese strittigen Fragen nicht in privaten Briefen ausgetauscht hätten – die, wie mir die gesamte Vergangenheit bewiesen hat, ergebnislos geblieben sind –, sondern in öffentlichen oder halböffentlichen Briefen, zum Beispiel im spanischen Bulletin, damit die spanischen Genossen an der kollektiven Erarbeitung von Meinungen zu allen strittigen Fragen hätten teilnehmen können. Ich meine, dass eine ganze Reihe strittiger spanischer wie internationaler Fragen einer ernsthaften prinzipiellen Diskussion unterbreitet werden können und sollten, ohne sich hinter persönlichen Sympathien und Antipathien zu verstecken, weil ich glaube, eine solche Methode sei in den revolutionären Reihen, vor allem bei Marxisten nicht nur unrichtig, sondern auch unzulässig.


20. September 1932

Vor einigen Wochen schrieb ich Ihnen und bat Sie, genau die Fragen anzugeben, die Sie mir gestellt hatten – in Briefen, welche ich nicht erhalten habe. Ich habe auf diesen Brief keine Antwort erhalten. Er wurde per Einschreiben geschickt, genau wie der jetzige Brief.


14. November 1932

Aus verschiedenen Quellen erhielt ich die Neuigkeit, dass einige spanische Genossen, vor allem Sie selbst, eine Einschätzung der Lage in Spanien vorgenommen haben und zu dem Schluss gekommen sind, die Revolution sei zu Ende. Ich brauche nicht zu betonen, wie wichtig diese Frage bei der Festlegung politischer Perspektiven ist. Es erscheint mir absolut notwendig, diese Frage völlig zu klären. Am besten wäre es, wenn das neue Zentralkomitee in einer besonderen Resolution zu dieser Frage Stellung beziehen würde; dies würde falschen Interpretationen endgültig einen Riegel vorschieben. Vielleicht hat übrigens Ihr Zentralkomitee bereits zu dieser Frage Stellung genommen; umso besser!

* Dieser Vorschlag (Trotzki-Nin) wurde angenommen. Danach beschuldigte Nin die Internationale Opposition, sie führe Landau gegenüber eine falsche Politik. – L.T.

** Nin tat das nicht, sondern beschränkte sich auf eine Unterhaltung mit der Rosmer-Gruppe. – L.T.

*** Nin hat niemals auf diese Fragen geantwortet und niemals erklärt, auf welcher Basis er in das Zentralkomitee der Föderation eingetreten ist. – L.T.

x Nin warf all diese Briefe aus der spanischen Ausgabe heraus. – L.T.

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