Ende Januar 1918 brach in Deutschland ein politischer Generalstreik aus. Bereits zu Beginn des Generalstreiks schritt man an die Wahl von Arbeiterräten. Die Rolle dieser ersten deutschen Räte beschränkte sich auf die Führung der Streikbewegung; nach Beendigung des Streiks stellten die Räte ihre Tätigkeit wieder ein. Die Bildung von Räten erlebte Anfang November 1918 einen neuen Aufschwung. In Kiel bildeten die revolutionären Matrosen einen Soldatenrat, der zum Mittelpunkt der revolutionären Bewegung in der Flotte und in den Ostsee-Städten wurde. In den Tagen des Kieler Aufstandes wurde der Soldatenrat in der Stadt und in der Flotte schon zu einer realen Macht, die sich die Polizei unterwarf, die Lebensmittelkontrolle in die Hände nahm usw. Auch in Hamburg ging damals die Macht an den Arbeiter- und Soldatenrat über. Unter dem unmittelbaren Einfluss des Kieler Aufstandes bildeten sich auch in Bremen ein Arbeiter- und Soldatenrat und in Lübeck und Brunsbüttel Soldatenräte.
Am
5. November 1918 setzte in Berlin und in anderen Städten
Deutschlands der Generalstreik ein. Mittelpunkt der Bewegung war
zunächst der Rat der revolutionären Obleute der Berliner
Großbetriebe, der bald darauf in den Berliner Arbeiterrat
reorganisiert wurde. Nach dem Vorbild Berlins wurden auch in allen
anderen Industriestädten Arbeiter- und Soldatenräte gebildet. Die
Entfaltung ihrer Tätigkeit trieb die Räte unabwendbar zum Kampf
gegen den bestehenden Apparat der Staatsmacht, da ein friedliches
Nebeneinanderbestehen der Räte und des bürgerlichen Staates
unmöglich ist. Deshalb unternahmen die Regierungssozialisten, die
für einen bürgerlichen parlamentarischen Staat eintraten, alle nur
möglichen Schritte gegen die zunehmende Rolle der Räte. Die
Unabhängigen
(Kautskyaner)
versuchten, den Parlamentarismus mit dem Sowjetsystem zu vereinigen.
Nur die Spartakus-Leute
kämpften wirklich für den Übergang der Macht auf die Räte. Der
starke Einfluss der Sozialdemokraten auf die Arbeitermassen und die
Schwäche der jungen kommunistischen Organisation brachten es mit
sich, dass die rechten Sozialdemokraten, die Scheidemänner,
gemeinsam mit den Unabhängigen in den Räten die führende Rolle
spielten. Unter ihrer Leitung tagten auch die deutschen Rätekongresse
– der I.
Kongress im Dezember 1918 und der II. Kongress im April 1919. Der
Kommunistischen Partei Deutschlands gelang es nicht, den deutschen
Menschewiki die Räte abzuringen, wie es 1917 in Russland den
Bolschewiki gelungen war, die Räte von den russischen Menschewiki
und Sozialrevolutionären zu erobern. Die deutschen Räte
verwandelten sich nicht in Organe des Aufstandes und der
Machtergreifung durch das Proletariat und verschwanden, ohne sich in
Organe der proletarischen Diktatur verwandelt zu haben. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 7] |
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