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Russischer Verein der Fabrikarbeiter

Der „Russische Verein der Fabrikarbeiter" in Petersburg war eine Polizeigründung, um die Arbeiter vom revolutionären Kampf abzulenken. Nachdem das Subatowsche Experiment eines eigenartigen „Polizeisozialismus" in den Jahren 1902/03 in Moskau, Odessa und im Nordwestgebiet fehlgeschlagen hatte, versuchte die Polizei das gleiche in Petersburg mit etwas anderen Methoden. Sie bediente sich hierbei des Priesters Gapon, der seit 1902 mit Subatow bekannt war. Im April 1904 wurde mit Erlaubnis der Regierung der von Gapon organisierte „Verein der russischen Fabrikarbeiter der Stadt Petersburg" gegründet. Die Regierung wollte damit die Arbeiterbewegung in das Fahrwasser ihrer reaktionären Politik bringen, die Arbeiter vor dem Einfluss der revolutionären Parteien bewahren und sie, wie der Direktor des Polizeidepartements Lopuchin sich ausdrückte, „in den Grundsätzen des russischen nationalen Selbstbewusstseins", d. h. im Geiste der Schwarzen Hundert erziehen. Die Tätigkeit des Vereins bestand in der Veranstaltung von Unterhaltungsabenden, in der Organisierung von Konzerten, Sängerchören, Bibliotheken, Lesehallen usw. Einmal in der Woche durften die Mitglieder sich versammeln, um ihre Angelegenheiten zu besprechen. Der Verein entfaltete in Petersburg eine rege Tätigkeit und im Dezember 1904 bestanden bereits elf Abteilungen des Vereins in allen Arbeiterbezirken der Stadt, die erhebliche Massen der hauptstädtischen Arbeiter erfasst hatten.

Die Hoffnungen der Regierung erwiesen sich aber als trügerisch. Der Rahmen des Polizeistatuts des Vereins konnte das klassenmäßige Auftreten der Arbeiter nicht verhindern. Und als Anfang Januar 1905 aus einem scheinbar geringfügigen Anlass (Entlassung von vier Arbeitern, Mitgliedern des Vereins, in den Putilow-Werken) erst diese Werke und dann die anderen Großbetriebe in den Streik traten, da war die Hauptforderung der Arbeiter der Achtstundentag. Im Verlauf des Streiks wurden dann, nicht ohne Einfluss der Sozialdemokraten, weitgehende politische Forderungen erhoben, die in einer Petition dem Zaren persönlich überreicht werden sollten. Das Ende dieser Ereignisse war der „blutige Sonntag" des 9./22. Januar 1905, wo die Arbeiter unter Führung Gapons friedlich zum Zarenpalais marschierten, um ihm die Petition zu überreichen, und zu Hunderten und Tausenden niederkartätscht wurden. Am nächsten Tag wurde dieser Arbeiterverein aufgelöst. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 7, Anm. 55]

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