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Schidlowski-Kommission

Nach den Januarereignissen wurde von der Regierung eine Kommission unter dem Vorsitz des Senators Schidlowski eingesetzt, um, wie es hieß, die Ursachen der Unzufriedenheit der Arbeiter festzustellen und Mittel zu deren Beseitigung ausfindig zu machen. Die Arbeiter sollten Vertreter in diese Kommission wählen. Der wahre Zweck der Kommission war natürlich, den Arbeitern Sand in die Augen zu streuen. Rumjanzew, der Delegierter der Petersburger Organisation war, präzisierte in seinem Schlusswort folgendermaßen die Stellung der Petersburger Sozialdemokraten zur „Schidlowski-Kommission":

Das Bestreben der Arbeiter, sich an der Wahl zu beteiligen, stand außer Zweifel. Wir hatten uns zu entscheiden, entweder abseits von der Wahlagitation zu stehen, oder praktisch die Verlogenheit und den Betrug der Regierungspolitik zu beweisen. Dies konnte aber nur geschehen, wenn man sich an den Wahlen beteiligte, klassenbewusste Arbeiter als Wahlmänner durchbrachte und Forderungen an die Kommission stellte, die sie zweifellos nicht erfüllen wird. Man muss jede Gelegenheit des offenen Auftretens benützen, praktisch die Heuchelei der Regierung aufzeigen – dann und nur dann werden uns die Massen glauben, sonst wird unser Einfluss gering bleiben, und den Einfluss auf die Massen werden die Gapons oder sogar Provokateure haben." („Protokolle des III. Parteitages", 1905, russisch.)

In dem Flugblatt einer Wahlmännergruppe, herausgegeben vom Petersburger Parteikomitee zusammen mit dem Büro der Komitees der Mehrheit, wurden folgende Forderungen aufgestellt: „1. Öffentlichkeit der Kommissionssitzungen; 2. Pressefreiheit, damit die Arbeiter, die die Sitzungen der Kommission nicht besuchen können, imstande sind, die Tätigkeit ihrer Delegierten nach den Zeitungsberichten zu verfolgen; 3. Versammlungsfreiheit und Wiedereröffnung der elf Abteilungen (des aufgelösten Arbeitervereins), damit die Arbeiter sofort nach jeder Sitzung der Kommission Berichte ihrer Delegierten entgegennehmen können und die Möglichkeit haben, deren Verhalten zu besprechen und es zu billigen oder zu missbilligen; schließlich 4. Freilassung der verhafteten Kameraden."

Die 1924 publizierten Protokolle der Sitzungen des Petersburger Komitees bestätigen vollkommen die Mitteilungen Rumjanzews und widerlegen die Behauptungen der „Iskra" und Martows (in seiner „Geschichte der SDAPR"), dass die Bolschewiki die „Schidlowski-Kommission" boykottiert hätten.

Lenins Bemerkung: „Aus der Erfahrung mit der ,Schidlowski-Kommission' lässt sich keine absolut negative Einstellung herleiten", richtete sich gegen einige Provinzdelegierte, namentlich gegen Romanow (Leskow), der die Ansicht vertrat, dass die Tätigkeit an legalen Institutionen die Aufmerksamkeit der Arbeiter zersplittern, sie vom revolutionären Wege ablenken und veranlassen würde, von diesen legalen Institutionen eine Verbesserung ihrer Lage zu erwarten. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 7, Anm. 132]

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