Als „Smjena-Wjech“-Leute (smjena wjech – Umstellung der Wegzeichen) wurde eine Gruppe bezeichnet, die sich im Jahre 1922 unter der russischen weißgardistischen Emigration, vorwiegend unter ihren intellektuellen Schichten, herauskristallisierte Die „Smjena-Wjech“-Leute gingen, unter dem Einfluss der völligen Zerschmetterung der weißen Armeen an einem Erfolg des militärischen Kampfes gegen die Sowjetmacht verzweifelnd, von ihrer unversöhnlich feindlichen Haltung gegenüber der Sowjetmacht zu deren Anerkennung über, glaubten dabei allerdings, dass die neue ökonomische Politik unweigerlich zu einer „Wiederherstellung der alten bürgerlichen Verhältnisse“ führen und Russland in eine imperialistische Großmacht verwandeln würde.

Die „Smjena-Wjech“-Leute hofften, dass die neue ökonomische Politik eine kapitalistische Wandlung der Sowjetmacht nach sich ziehen und auf evolutionärem Wege zu einer Rückkehr zum Kapitalismus führen würde. Diese Anschauungen fanden ihren prägnantesten Ausdruck in einem Artikel, den der Führer der „Smjena-Wjech“-Leute, Professor N. Ustrjalow, unter dem Titel „Evolution und Taktik" in einem in Paris unter der Bezeichnung „Smjena Wjech“ erschienenen Sammelband über die neue ökonomische Politik schrieb.

„Die neue Taktik der Bolschewiki“ – schrieb Ustrjalow – „ist für das Land von weittragendster prinzipieller Bedeutung; ihre Früchte werden eine derartige Kraft besitzen, dass sie für ihre Urheber selbst unüberwindlich sein wird … Die Evolution der Taktik des Bolschewismus in der wirtschaftlich-staatlichen Grundfrage ist eine Evolution des Bolschewismus selbst … Lenin ,evolutioniert', d. h. unternimmt aus taktischen Erwägungen Schritte, die eine dem Bolschewismus fremde Macht unausbleiblich getan haben würde. Um die Sowjets zu retten, opfert Moskau den Bolschewismus … Die Evolution des Bolschewismus wird sich vor unseren Augen immer mehr entfalten und verliefen.“ Ustrjalow war somit der Meinung, dass die neue ökonomische Politik keine Änderung der Methoden des Kampfes um den Sozialismus, keine Taktik, sondern eine „Wandlung des Bolschewismus“ sei und dass die Sowjetmacht den „Weg des Thermidors“ betreten habe.

Lenin erwiderte hierauf, dass „derlei Dinge, von denen Ustrjalow spricht, möglich sind“ und dass „der Feind danach strebt, dass das unausbleiblich werde“. Eben aus diesem Grunde müsse man den Worten Ustrjalows Aufmerksamkeit schenken, denn sie sind „die Klassenwahrheit des Klassenfeindes“.

Lenin, der von dieser Gefahr der Entartung spricht, unterstreicht jedoch gleichzeitig, dass man diese Gefahr durchaus verhüten kann und muss, dass in den Sowjetrepubliken alles Notwendige und Ausreichende für den Aufbau der vollen sozialistischen Gesellschaft vorhanden ist und dass eine richtige Politik den Sieg des Sozialismus im Lande der Sowjets verbürgt. [...] [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 101]

„Smjena-Wjech-Leute“ — eine Gruppe emigrierter bürgerlicher Politiker, die nach Einführung der neuen Wirtschaftspolitik, in der trügerischen Hoffnung auf eine Entartung des Wesens der Sowjetmacht, für die Zusammenarbeit mit dieser eintrat. [Ausgewählte Werke, Band 10]