Michailowski,
N. K. (1842–1904) – Publizist,
hervorragendster Theoretiker der Narodniki. „Beherrscher der
Gedanken" der russischen Intelligenz in den achtziger und
neunziger Jahren. Entstammte einer armen Adelsfamilie. Beschäftigte
sich seit dem achtzehnten Lebensjahre ausschließlich mit
literarischer Arbeit. War leitender Mitarbeiter der bekanntesten
Zeitschriften seiner Zeit. „Otetschestwennyje Sapiski",
„Sewerny Westnik" und „Russkaja Mysl". Begründer und
Redakteur der Zeitschrift „Russkoje
Bogatstwo", in deren
Spalten er seit Beginn der neunziger Jahre bis zu seinem Tode eine
erbitterte Polemik mit den Marxisten führte. Schuf eine eigene
Theorie des historischen Prozesses, die den „kritisch denkenden
Persönlichkeiten" die Hauptrolle bei der Hinlenkung des
historischen Prozesses in die „gewünschte" Bahn zusprach. Die
Sozialrevolutionäre betrachten Michailowski als einen der Begründer
ihrer Partei. Michailowski ist Verfasser des Briefes an die Redaktion
der „Otetschestwennyje Sapiski", Nr. 7, Jahrg. 1883, der unter
dem Pseudonym „Postoronni" erschien. Einer Kritik der
Anschauungen Michailowskis ist die Schrift Lenins gewidmet „Was
sind die ,Volksfreunde' und wie kämpfen sie gegen die
Sozialdemokraten?" [Band 3] Hervorragender Theoretiker der Volkstümler, übte einen ungeheuer großen Einfluss auf die russische Intelligenz der achtziger bis neunziger Jahre aus, der er die Theorie des „historischen Prozesses" gab. Zu Beginn der achtziger Jahre schloss er sich der „Narodnaja Wolja" an, deren Publikationen er verfasste und redigierte. War einer der hervorragendsten Mitarbeiter der „Vaterländischen Memoiren" in den Jahren 1869–1884 und von 1894 ab Redakteur des „Russkoje Bogatstwo", auf dessen Seiten er vom Beginn der neunziger Jahre an und bis zu seinem Tode eine erbitterte Polemik gegen die Marxisten führte. Die Sozialrevolutionäre betrachten Michailowski neben P. L. Lawrow als einen der Begründer ihrer Partei. Seine polemischen Artikel gegen die Marxisten sind gesammelt in zwei Bänden unter dem Titel „Die literarischen Erinnerungen und die gegenwärtigen Wirren" und bilden den siebenten Band seiner Gesammelten Werke. [Band 4] Prominenter
Theoretiker des Narodnikitums.
„Beherrscher der Köpfe" der russischen Intellektuellen in den
90er Jahren. Vertreter der sogenannten subjektiven Methode in der
Soziologie. Anfang der 80er Jahre stand er der „Narodnaja
Wolja"
nahe und redigierte ihre Veröffentlichungen. Von 1869–1884 war er
einer der Leiter der „Otjetschestwennyje
Sapiski"
und von 1892 an Redakteur des „Russkoje
Bogatstwo";
hier führte er vom Anfang der 90er Jahre bis zu seinem Tode eine
erbitterte Polemik gegen die Marxisten. Die Sozialrevolutionäre
betrachten Michailowski nebst P. L. Lawrow
als einen der Begründer ihrer Partei. Seine gegen die Marxisten
gerichteten polemischen Artikel sind unter dem Titel „Literarische
Erinnerungen und die gegenwärtigen Wirren" im VII. Band seiner
Sämtlichen Werke (St. Petersburg 1911) enthalten. [Band 12] Russischer Publizist und
Kritiker, neben P. L. Lawrow der Haupttheoretiker der sog.
„Narodniki"-Richtung
in der oppositionellen Bewegung Russlands, kleinbürgerlicher
Utopist. M.s literarische Hauptwirksamkeit fällt in die 70er und
90er Jahre. Verfasser verschiedener Aufrufe der
revolutionär-terroristischen „Narodnaja Wolja" („Partei der
Volksfreiheit") in den 80er Jahren, darunter auch des „Offenen
Briefes des Exekutivkomitees" dieser Partei an den Zaren
Alexander III., in dem die Verkündung einer Amnestie, die Gewährung
bürgerlich-politischer Freiheiten und die Einberufung einer
Konstituante gefordert wurden. Ständiger Mitarbeiter der vom
russischen Volksdichter Nekrassow
herausgegebenen Zeitschrift „Otjetschestwennyje Sapiski"
(„Vaterländische Annalen"), später Chefredakteur der
Monatsschrift „Russkoje
Bogatstwo" („Der russische Reichtum"), die einen
leidenschaftlichen Kampf gegen den Marxismus führte. Gilt als
Mitbegründer der Partei der Sozialrevolutionäre, auf deren rechtem
Flügel er stand. M.s Philosophie und Soziologie schillern in allen
Farben eines kleinbürgerlichen Eklektizismus, in dem jedoch Elemente
des Comteschen Positivismus und Spencerschen Evolutionismus, gepaart
mit einem verschämten Subjektivismus, vorwiegen. Insbesondere
entwickelte M. eine „subjektive Soziologie" mit einer „Theorie
des historischen Fortschritts", der die Betonung der Wirksamkeit
„kritisch-denkender Persönlichkeiten" als treibenden Faktors
der gesellschaftlichen Entwicklung zugrunde lag. M.s Ideal ist eine
abstrakte „allseitig-harmonisch entwickelte Persönlichkeit".
M. warf den Marxisten vor, sie verstünden nicht die Eigenheit der
russischen Wirklichkeit und der für die revolutionäre Bewegung in
Russland ausschlaggebenden Faktoren, und vertrat die Auffassung, dass
Russland dank der Existenz einer primitiven „Dorfgemeinschaft",
der sogenannten „Obschtschina" oder des „Mir", unter
Umgehung einer kapitalistischen Entwicklungsphase, direkt ins Reich
des Sozialismus gelangen könne. M.s reaktionäre, die entscheidende
Rolle des revolutionären Klassenkampfes des Proletariats
missachtende Theorie erhielt ihre ersten harten Schläge durch die
marxistische Kritik, deren hervorragendste Köpfe, W. Lenin und G.
Plechanow,
den kleinbürgerlichen und rückständigen Charakter der Philosophie
und der Soziologie M.s schonungslos aufdeckten. Die wichtigsten
hierher gehörenden Schriften sind: N.
Lenin: „Was sind die ,Freunde des Volkes' und wie bekämpfen sie
die Sozialdemokraten?" (1894) und N.
Beltow (Pseudonym G. Plechanows): „Zur Frage der Entwicklung der
monistischen Geschichtsauffassung" (1894), ein Meisterwerk,
das zum philosophischen Vademecum einer ganzen Generation russischer
Marxisten geworden ist. Hauptschriften M.s: „Gesammelte Werke"
in 10 Bänden (Petersburg, 1909, russisch). Die gegen den Marxismus
gerichteten Artikel erschienen unter dem Titel „Literarische
Erinnerungen und die gegenwärtigen Wirren" (1909, russisch). [Band 13] Michailowski, N[ikolai] K[onstantinowitsch] (1842-1904) – bekannter Publizist, Soziologe und Kritiker, einer der hervorragendsten Theoretiker des Narodnikitums. Seine politische Weltanschauung erarbeitete Michailowski noch in den 60er Jahren und kam auf den Weg des Narodniki-Sozialismus. Größeren Einfluss auf die junge Generation erlangt Michailowski in den 80er Jahren, zunächst als Mitarbeiter, aber danach auch als Mitglied der Redaktion der „Otjetschestwennyje Sapiski” [Vaterländische Notizen]. In dieser Zeitschrift veröffentlichte er alle seine wichtigsten soziologischen und kritischen Artikel: „Was ist Fortschritt?“, „Helden und Menge“, „Die Theorie Darwins und die Gesellschaftswissenschaft“ etc. Nach der Schließung der „Otjetschestwennije Sapiski“ arbeitet Michailowski zunächst an „Russkaja Mysl” [Russischer Gedanke] und „Sewerny Wjestnik“ [Nordbote] mit, wird aber im Jahre 1892 Hauptleiter des „Russkoje Bogatstwo” [Russischer Reichtum]. In seinen philosophischen Arbeiten bemühte sich Michailowski, die „subjektive Methode“ in der Soziologie zu begründen, ausgehend vom Begriff der „kritischen intelligenten Persönlichkeiten“. Außer der publizistischen Tätigkeit nahm Michailowski lebendigsten Anteil an der Arbeit der Partei „Narodnaja Wolja“, redigierte manche ihrer Publikationen. In den 90er Jahren führte Michailowski einen erbitterten Ideenkampf mit den ersten russischen Marxisten, bewies die Lebensunfähigkeit des Kapitalismus unter russischen Bedingungen und fuhr fort, die alte Narodniki-Sicht über die „Eigenständigkeit der russischen Gemeinde und über die besonderen Wege zum Sozialismus“ zu predigen. [Trotzki, Sotschinenija, Bd. 4, Anm. 5] |
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