III. Die Maschinen in der Landwirtschaft

III. Die Maschinen in der Landwirtschaft

Wir wenden uns nun der nach der Meinung Bulgakows „bemerkenswerten" Arbeit von Hertz („Die agrarischen Fragen im Verhältnis zum Sozialismus", Wien 1899; russische Übersetzung von A. Iljinsky, St. Petersburg, 1900) zu. Eine Zeitlang werden wir indessen die identischen Argumente dieser beiden Schriftsteller zusammen behandeln.

Die Maschinenfrage in der Landwirtschaft und, in engem Zusammenhange damit, die Frage des Großbetriebes und des Kleinbetriebes in der Landwirtschaft dient den „Kritikern" besonders häufig als Ausgangspunkt zur „Widerlegung" des Marxismus. Wir werden weiter unten einige der von ihnen vorgebrachten detaillierten Angaben ausführlich behandeln; zunächst jedoch wollen wir die hierher gehörenden allgemeinen Erwägungen betrachten. Die Kritiker widmen ganze Seiten eingehendster Betrachtungen dem Umstande, dass die Verwendung von Maschinen in der Landwirtschaft auf größere Schwierigkeiten stoße als in der Industrie, und sie daher weniger verwendet werden und eine geringere Bedeutung besitzen. Alles das ist unbestreitbar und wurde ausdrücklich festgestellt, beispielsweise auch von demselben Kautsky, bei dessen bloßem Namen die Herren Bulgakow, Hertz und Tschernow in einen an Unzurechnungsfähigkeit grenzenden Zustand geraten. Allein diese unbestreitbare Tatsache widerlegt mitnichten, dass die Verwendung von Maschinen auch in der Landwirtschaft rasch zunimmt und auf sie einen gewaltigen umwälzenden Einfluss ausübt. Diesem unvermeidlichen Schluss vermögen die Kritiker nur durch tiefsinnige Betrachtungen, wie etwa der folgenden, „zu entgehen":

Die Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch die Herrschaft der Natur im Produktionsprozess, durch die Unfreiheit des menschlichen Willens" (Bulgakow I, S. 43) ,… sie" (die Maschine in der Industrie) „ersetzt die unsichere und ungenaue Arbeit des Menschen durch mathematisch exakt ausgeführte mikrometrische wie gigantische Arbeiten. Für die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte vermag die Maschine nichts Ähnliches (?) zu leisten, da sich dieses Arbeitsinstrument bis jetzt noch in der Gewalt der Mutter Natur, nicht aber in jener des Menschen befindet. Dies ist keine Metapher." (Ebenda.)

Das ist in der Tat keine Metapher, wohl aber eine hohle Phrase, denn jeder weiß, dass der Dampfpflug, die Drillmaschine, die Dreschmaschine usw. sicherere und exaktere Arbeit leisten. Die Bemerkung „nichts Ähnliches" ist somit ein Unsinn. Dasselbe gilt für die Behauptung, die Maschine in der Landwirtschaft „vermöge die Produktion nicht im mindesten (sic!) zu revolutionieren" (Bulgakow I, S. 43,44, wobei Urteile von Fachleuten des landwirtschaftlichen Maschinenbaus angeführt werden, die jedoch lediglich die relativen Unterschiede zwischen landwirtschaftlichen und industriellen Maschinen betreffen), oder „die Maschine vermag hier den Arbeiter nicht nur nicht in ihr Anhängsel (?) zu verwandeln, sondern muss dem Arbeiter nach wie vor die Rolle des Leiters des Prozesses überlassen" (S. 44). Dem Einleger bei der Dreschmaschine etwa? Die Überlegenheit des Dampfpfluges sucht Herr Bulgakow herabzusetzen durch Berufung auf Stumpfe und Kutzleb (die über die Fähigkeit des Kleinbetriebes, mit dem Großbetrieb zu konkurrieren, schrieben) im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen, zu denen die Fachleute des landwirtschaftlichen Maschinenbaus und der landwirtschaftlichen Ökonomie (Fühling, Perels) gelangt sind, wobei Argumente vorgebracht werden von der Art, dass das Dampfpflügen einen besonderen BodenA und „außerordentlich ausgedehnte Güter" erheische (nach der Meinung Bulgakows spricht dieses Argument nicht gegen den Kleinbetrieb, sondern gegen den Dampfpflug!), dass bei einer Furchentiefe von 12 Zoll die Arbeit des Viehs billiger sei als die des Dampfes und dergl. mehr. Mit derartigen Argumenten ließen sich ganze Bände füllen, ohne dass damit widerlegt wäre, weder, dass der Dampfpflug ein außerordentlich tiefes Pflügen ermöglicht (auch tiefer als 12 Zoll), noch, dass seine Verwendung rasch zugenommen hat; in England verwendeten ihn 1867 nur 135 Güter, 1871 waren bereits über 2000 Dampfpflüge in Gebrauch (Kautsky), in Deutschland stieg die Zahl der Dampfpflüge verwendenden Wirtschaften in der Zeit von 1882 bis 1895 von 836 auf 1696.

Zur Frage der landwirtschaftlichen Maschinen zitiert Herr Bulgakow wiederholt Franz Bensing, „Verfasser einer Spezialmonographie über landwirtschaftliche Maschinen", wie er ihm bescheinigt (I, S.44). Es wäre eine große Ungerechtigkeit, wollten wir nicht auch im vorliegenden Falle aufzeigen, wie Herr Bulgakow zitiert und wie er von seinen eigenen Gewährsmännern geschlagen wird.

Bulgakow, der behauptet, Marx' „Konstruktion" über das schnellere Anwachsen des konstanten Kapitals gegenüber dem variablen könne auf die Landwirtschaft nicht angewendet werden, beruft sich auf die Notwendigkeit eines zunehmenden Aufwandes an Arbeitskraft in dem Maße der Zunahme der Produktivität der Landwirtschaft und zitiert u. a. die Berechnung Bensings.

Der allgemeine Bedarf an Arbeitskräften gestaltet sich unter verschiedenen Wirtschaftssystemen folgendermaßen: bei Dreifelderwirtschaft 712 Arbeitstage, bei Norfolker Fruchtwechsel 1615 Arbeitstage, bei Fruchtwechsel mit starkem Rübenbau 3179 Arbeitstage auf 60 Hektar."1 (Franz Bensing, „Der Einfluss der landwirtschaftlichen Maschinen auf Volks- und Privatwirtschaft", Breslau 1897, S. 42; Bulgakow I, S. 32.)

Das Unglück ist nur, dass Bensing mit dieser Berechnung gerade die wachsende Bedeutung der Maschinen beweisen will. Bensing berechnet, indem er diese Zahlen auf die gesamte Landwirtschaft Deutschlands anwendet, dass die vorhandene Landarbeiterzahl nur für eine Bearbeitung des Bodens nach dem Dreifeldersystem ausreichen würde und folglich die Einführung des Fruchtwechsels, sofern keine Maschinen verwendet würden, überhaupt unmöglich wäre. Da bekanntlich unter der Herrschaft des alten Dreifeldersystems Maschinen fast gar nicht verwendet wurden, so beweist Bensings Berechnung das Gegenteil von dem, was Bulgakow beweisen möchte; sie beweist, dass die Zunahme der Produktivität in der Landwirtschaft notwendig verbunden sein musste mit einem schnelleren Anwachsen des konstanten Kapitals gegenüber dem variablen.

An anderer Stelle, da, wo Bulgakow behauptet, es bestünde „ein grundlegender (sic!) Unterschied zwischen der Rolle der Maschinen in der verarbeitenden Industrie und in der Landwirtschaft" (I, S. 44), zitiert er die Worte Bensings:

Es ist klar, dass die landwirtschaftlichen Maschinen nicht so, wie die industriellen, die Produktion ins Unermessliche steigern können …

Wieder hat Herr Bulgakow Pech. Bensing vermerkt diesen keineswegs „grundlegenden" Unterschied zwischen landwirtschaftlichen und industriellen Maschinen zu Anfang des VI. Kapitels, das überschrieben ist: „Einfluss der landwirtschaftlichen Maschinen auf den Rohertrag". Nachdem er hinsichtlich jeder einzelnen Maschinenart die Angaben der landwirtschaftlichen Fachliteratur und einer von ihm besonders veranstalteten Rundfrage ausführlich geprüft, gelangt Bensing zu dem allgemeinen Ergebnis, dass eine Erhöhung des Rohertrages bei Verwendung des Dampfpfluges um 10 Prozent, der Drillmaschine um 10 Prozent, der Dreschmaschine um 15 Prozent eintrete, überdies die Drillmaschine 20 Prozent an Saatgut erspare, und dass sich nur bei der Verwendung von Kartoffelerntemaschinen eine Verringerung des Rohertrages um 5 Prozent zeige. Die Behauptung des Herrn Bulgakow: „Auf jeden Fall ist der Dampfpflug die einzige aller landwirtschaftlichen Maschinen, zu deren Gunsten gewisse technische Erwägungen geltend gemacht werden können" (I, 47 ff), ist auf jeden Fall bereits von demselben Bensing widerlegt worden, auf den sich Herr Bulgakow hier unvorsichtigerweise beruft.

Um ein möglichst exaktes und abgeschlossenes Bild von der Bedeutung der Maschinen in der Landwirtschaft zu geben, stellt Bensing eine Reihe eingehender Berechnungen an über das Wirtschaften ohne Maschinen, sodann mit einer, zwei und mehr Maschinen, schließlich mit allen wichtigen Maschinen einschließlich Dampfpflug und Feldbahnen. Es ergibt sich, dass beim Fehlen von Maschinen die Bruttoeinnahmen 69.040 Mark, die Ausgaben 68.615 Mark, die Nettoeinnahmen 425 Mark oder 1,37 Mark pro Hektar betragen, während sich bei Verwendung aller wichtigsten Maschinen die Bruttoeinnahmen auf 81.078 Mark, die Ausgaben auf 62.551,5 Mark, die Nettoeinnahmen auf 18.526,5 Mark oder auf 59,76 Mark pro Hektar, d. h. auf über vierzig mal so viel belaufen. Und das ist die Wirkung allein der Maschinen, denn das Wirtschaftssystem wurde hierbei als unverändert unterstellt! Dass die Verwendung von Maschinen, wie Bensings Berechnungen zeigen, eine gewaltige Zunahme des konstanten Kapitals und eine Abnahme des variablen (d. h. des auf die Arbeitskraft verwendeten Kapitals und der Arbeiterzahl selbst), zur Folge hat, ist ohne weiteres klar. Kurz, Bensings Arbeit widerlegt Herrn Bulgakow gänzlich und beweist sowohl die Überlegenheit des Großbetriebes in der Landwirtschaft als auch die Anwendbarkeit des Gesetzes der Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen auf die Landwirtschaft.

Nur eines hat Bensing mit Herrn Bulgakow gemein: er nimmt einen rein bürgerlichen Standpunkt ein, er verkennt völlig die dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche und verschließt seelenruhig die Augen vor der Verdrängung der Arbeiter durch die Maschinen usw. Von Marx spricht dieser gemäßigte und akkurate Schüler der deutschen Professoren mit dem gleichen Hasse, wie Herr Bulgakow. Nur ist Bensing konsequenter: er nennt Marx einen „Gegner der Maschinen" überhaupt, in der Landwirtschaft wie in der Industrie, da Marx „die Tatsachen verdrehe", indem er von der schädlichen Wirkung der Maschinen auf die Arbeiter spreche und überhaupt den Maschinen allerhand Unheil zuschreibe. (Bensing, l. c. S. 4, 5, 11.) Das Verhältnis Bulgakows zu Bensing zeigt uns wieder einmal, was die Herren „Kritiker" von den bürgerlichen Gelehrten übernehmen und was sie ignorieren.

Welcher Art die „Kritik" von Hertz ist, geht zur Genüge aus folgendem Beispiel hervor. Auf S. 61 wirft er Kautsky „feuilletonistische Methoden" vor und auf S. 62 „widerlegt" er die Behauptung von der Überlegenheit des Großbetriebes hinsichtlich der Verwendung von Maschinen mit folgenden Argumenten: 1. Durch genossenschaftlichen Einkauf würden die Maschinen auch den Kleinbetrieben zugänglich gemacht. Das soll die Tatsache der größeren Verbreitung der Maschinen in den Großbetrieben widerlegen! Wem die Wohltaten genossenschaftlichen Zusammenschlusses zugänglicher sind, darüber werden wir uns mit Hertz im zweiten Abschnitt noch besonders unterhalten. 2. David habe in den „Sozialistischen Monatsheften" (III, S. 2) gezeigt, dass die Verwendung von Maschinen in Kleinbetrieben „weit verbreitet ist und stark zunimmt,… dass auch die Drillmaschine selbst in sehr kleinen Betrieben stark (sic!) gebraucht wird. Ebenso die Mähmaschine usw." (Ebenda, S. 63.) Wendet sich nun der Leser dem Artikel DavidsB zu, so findet er, dass derselbe mit absoluten Zahlen über die Anzahl der Maschinen verwendenden Wirtschaften, nicht aber mit dem Prozentualverhältnis dieser Wirtschaften zur Gesamtzahl der Wirtschaften der betreffenden Gruppe (wie es, selbstverständlich, Kautsky tut), operiert.

Konfrontieren wir diese ganz Deutschland betreffenden Zahlen für das Jahr 1895C:

Größe der Wirtschaften

Gesamtzahl d. Wirtschaften

Darunter verwendeten Maschinen

Säma­schinen

%

Drillma­schinen

%

Mäh- u. Ern­temaschinen

%

Unter 2 ha

3 236 367

214

0,01

14 735

0,46

245

0,01

2-5 ha

1 016 318

551

0,05

13 088

1,29

600

0,06

5-20 ha

998 804

3 252

0,33

48 751

4,88

6 746

0,68

20-100 ha

281 767

12 091

4,29

49 852

17,69

19 535

6,93

über 100 ha

25 061

12 565

50,14

14 366

57,32

7 958

31,75

Insgesamt

5 558 317

28 673

0,52

140 792

2,54

35 084

0,63

Eine schöne Bestätigung der Behauptung Davids und Hertz', dass Drillmaschinen und Mähmaschinen „selbst in sehr kleinen Betrieben" stark gebraucht würden, nicht wahr? Und wenn Hertz daraus „schließt", dass „Kautskys Behauptung statistisch durchaus unhaltbar" sei, auf wessen Seite sind da wohl echt feuilletonistische Methoden zu finden?

Der Kuriosität halber sei erwähnt, dass, während die „Kritiker" einerseits die Überlegenheit des Großbetriebes in der Verwendung von Maschinen und die dadurch hervorgerufene Tatsache übermäßiger Arbeit und mangelnden Konsums im Kleinbetriebe leugnen, sie andererseits, sobald sie auf die tatsächlichen Verhältnisse eingehen (und ihre „Hauptaufgabe", die Widerlegung des „orthodoxen" Marxismus, vergessen), sich unbarmherzig selbst widerlegen. „Der Großbetrieb," schreibt z. B. Bulgakow im zweiten Band seines Werkes (S. 115), „arbeitet stets kapitalintensiver als der Kleinbetrieb und gibt daher natürlich den mechanischen Faktoren der Produktion vor der lebendigen Arbeitskraft den Vorzug". Dass Herr Bulgakow, der als „Kritiker" seinen Vorbildern, den Herren Struve und Tugan-Baranowski folgt, der Vulgärökonomie zuneigt und die mechanischen „Faktoren der Produktion" den lebendigen gegenüberstellt, ist in der Tat ganz „natürlich". War es aber natürlich, so unvorsichtig die Überlegenheit des Großbetriebes zu leugnen?

Von der Konzentration in der landwirtschaftlichen Produktion spricht Herr Bulgakow nicht anders als von „dem mystischen Gesetz der Konzentration" und dergl. mehr. Nun stößt er aber auf englische Daten und da stellt sich heraus, dass die Tendenz zur Konzentration der Farmen von den fünfziger Jahren bis Ende der siebziger Jahre bestand.

Kleine konsumierende Wirtschaften", schreibt Herr Bulgakow, „schlossen sich zu größeren zusammen. Diese Konsolidierung der Landparzellen erscheint keineswegs als Ergebnis des Kampfes zwischen Großbetrieb und Kleinbetrieb (?), sondern des bewussten (!?) Strebens der Grundherren nach Erhöhung ihrer Rente durch Zusammenlegung mehrerer kleiner, nur eine geringe Rente zahlender Wirtschaften zu einer großen Wirtschaft, die eine hohe Rente zahlen kann." (I, S. 239.)

Man beachte: Also nicht der Kampf zwischen Großbetrieb und Kleinbetrieb, sondern die Verdrängung des letzteren, als des unrentableren, durch den ersteren!

Ist einmal die Wirtschaft auf kapitalistischer Grundlage aufgebaut, so ist es sicher, dass innerhalb gewisser Grenzen der kapitalistische Großbetrieb vor dem kapitalistischen Kleinbetrieb zweifellose Vorzüge aufweist" (I S 239 und 240.)

Wenn das sicher ist, warum lärmt und lärmte (im „Natschalo") dann Herr Bulgakow gegen Kautsky, der sein Kapitel über den Großbetrieb und Kleinbetrieb (in der „Agrarfrage") mit den Worten einleitet:

Je kapitalistischer die Landwirtschaft wird, desto mehr entwickelt sie einen qualitativen Unterschied der Technik zwischen Großbetrieb und Kleinbetrieb?"

Allein nicht nur die Blütezeit der Landwirtschaft in England, sondern auch die Krisenperiode zeitigt für den Kleinbetrieb ungünstige Ergebnisse. Die Kommissionsberichte der letzten Jahre „behaupten mit erstaunlicher Hartnäckigkeit, dass die Krise am schwersten gerade auf den kleinen Landwirten lastete" (I, S. 311).

Ihre Häuser", heißt es in einem Bericht von den kleinen Eigentümern, „sind schlechter als der Durchschnitt der Arbeitercottages Sie leisten alle eine erstaunlich schwere Arbeit und arbeiten erheblich länger als die Arbeiter, wobei viele von ihnen erklären, dass sie sich in einer weniger günstigen materiellen Lage befänden als letztere, dass sie schlechter lebten und nur selten frisches Fleisch äßen… Die Yeomen gingen unter der Last der Hypotheken als erste zugrunde…" (I, S. 316). „Sie sparen an allem in einem Maße, wie es nur wenige Arbeiter tun" … „Die kleinen Farmer vermögen sich noch zu halten, solange sie die unbezahlte Arbeit der Familienglieder ausnützen" … „Dass das Leben des kleinen Farmers unendlich schwerer ist als das Leben des Arbeiters, bedarf wohl kaum besonderer Erwähnung." (I, S. 321.)

Wir führen diese Stellen an, damit der Leser in den Stand gesetzt werde, sich über die Richtigkeit der folgenden Schlussfolgerung des Herrn Bulgakow ein Urteil zu bilden:

Der grausame Ruin der Wirtschaften, die sich bis in die Zeit der Agrarkrise gehalten hatten, besagt lediglich (!!), dass in solchen Fällen kleine Produzenten schneller untergehen als große, sonst nichts (sic!!). Daraus irgendwelche allgemeinen Schlüsse über ihre allgemeine wirtschaftliche Lebensfähigkeit herzuleiten, ist ganz unmöglich, denn in dieser Epoche erwies sich die ganze englische Landwirtschaft als hinfällig." (I, S. 333.)

Nicht übel, nicht wahr? Und im Kapitel über die allgemeinen Entwicklungsbedingungen der Bauernwirtschaft verallgemeinert Herr Bulgakow sogar noch diese famose Argumentationsweise:

Der plötzliche Preissturz hat für alle Produktionsformen schwere Folgen, doch die bäuerliche, als die kapitalschwächste, ist natürlich weniger stabil als der Großbetrieb (was die Frage ihrer allgemeinen Lebensfähigkeit nicht im Geringsten berührt)." (II, S. 247.)

In der kapitalistischen Gesellschaft sind also die kapitalschwachen Wirtschaften weniger stabil, doch berühre das nicht ihre „allgemeine" Lebensfähigkeit!

Nicht besser ist es um die Konsequenz in der Beweisführung bei Hertz bestellt. Er „widerlegt" (in der oben geschilderten Weise) Kautsky, sobald dagegen von Amerika die Rede ist, gibt er die Überlegenheit der größeren Betriebe Amerikas zu, bei denen „eine vermehrte Maschinenanwendung möglich ist, die unsere Parzellenwirtschaft verbietet" (S. 36). Er gibt ferner zu:

Der europäische Bauer wirtschaftet oft in seiner gewohnheitsfaulen, alten Betriebsweise weiter, als Arbeiter um seinen Lebensunterhalt robotend, ohne Streben nach einer Steigerung" (S. 36).

Hertz gibt überhaupt zu, dass „der Kleinbetrieb verhältnismäßig mehr Arbeit als der Großbetrieb" anwende. (S. 74.) Auch könnte er Herrn Bulgakow mancherlei Lehrreiches über die Steigerung der Ernteerträge infolge der Einführung des Dampfpfluges mitteilen. (S. 67 ff.)

Eine natürliche Begleiterscheinung der schwankenden theoretischen Anschauungen unserer Kritiker über die Bedeutung der landwirtschaftlichen Maschinen bildet ihr hilfloses Nachplappern ausgesprochen reaktionärer Argumente der den Maschinen feindlich gesinnten Agrarier. Allerdings verhält sich Hertz in diesem heiklen Punkte noch sehr zaghaft. Indem er von den „Hindernissen" spricht, die die Landwirtschaft der Einführung von Maschinen entgegensetze, bemerkt er:

Überdies wird behauptet, dass im Winter so viel Zeit übrig sei, dass das Handdreschen vorteilhafter ist" (S. 65).

Hertz ist offenbar geneigt, daraus mit der ihm eigenen Logik den Schluss zu ziehen, diese Tatsache spreche nicht gegen den Kleinbetrieb, nicht gegen die kapitalistischen Hindernisse bei der Einführung von Maschinen, sondern gegen die Maschinen selbst! Dafür erhält Hertz von Herrn Bulgakow die Rüge, er sei „zu sehr an die Meinungen seiner Partei gebunden". (II, S. 287.) Der russische Professor fühlt sich natürlich erhaben über derlei erniedrigende „Gebundenheit" und erklärt stolz:

Ich bin frei von dem besonders in der marxistischen Literatur so verbreiteten Vorurteil, als habe man in jeder Maschine einen Fortschritt zu erblicken" (I, S. 48).

Leider entsprechen dem Gedankenfluge dieser blendenden Argumentation die konkreten Schlussfolgerungen in keiner Weise. „Die Dampfdreschmaschine," schreibt Herr Bulgakow, „die zahlreiche Arbeiter ihrer Winterarbeit beraubte, war für die Arbeiter ohne Zweifel ein beträchtliches Übel, das durch technische Vorteile nicht aufgewogen wurdeD. Darauf weist übrigens Goltz hin, der sogar einen utopischen Wunsch äußert" (II, S. 103), den Wunsch nämlich, die Verwendung der Dreschmaschine, besonders der Dampfdreschmaschine zu beschränken, „im Interesse der Verbesserung der Lage der Landarbeiter", fügt Goltz hinzu, „sowie der Verminderung der Auswanderung und der Migration" (unter Migration, fügen wir unsererseits hinzu, versteht Goltz vermutlich die Abwanderung nach den Städten).

Wir erinnern den Leser daran, dass gerade diese Goltzsche Idee auch Kautsky in seiner „Agrarfrage" erwähnt. Es dürfte daher nicht uninteressant sein, die Stellung des in marxistischen Vorurteilen versinkenden, engstirnigen Orthodoxen und die eines modernen Kritikers, der den wahren Geist des „Kritizismus" vortrefflich erfasst hat, zu der konkreten Frage der Ökonomie (die Bedeutung der Maschinen) und der Politik (ob man nicht beschränken soll?) miteinander zu vergleichen.

Kautsky meint („Agrarfrage", S. 41), Goltz schreibe der Dreschmaschine eine besonders „unheilvolle Wirkung" zu; sie nähme den Landarbeitern ihre Hauptbeschäftigung während des Winters weg, treibe sie in die Städte, verstärke die Entvölkerung des flachen Landes. Und Goltz schlage vor, die Anwendung der Dreschmaschine zu beschränken, schlage es vor, fügt Kautsky hinzu, „anscheinend im Interesse der Landarbeiter, tatsächlich im Interesse der Gutsbesitzer, denen, wie er selbst sagt, ,der aus dieser Beschränkung erwachsende Nachteil reichlich aufgewogen wird, wenn auch nicht sofort, so doch in der Zukunft durch die größere Zahl der im Sommer verfügbaren Arbeitskräfte'."

Zum Glück", fährt Kautsky fort, „ist diese konservative Arbeiterfreundlichkeit nichts als eine reaktionäre Utopie. Die Dreschmaschine ist ,sofort' zu profitabel, als dass die Gutsbesitzer um eines Profits ,in der Zukunft' willen von ihrer Anwendung absehen wollten. Und so wird sie fortfahren, ihre revolutionäre Tätigkeit zu üben; sie wird die Landarbeiter in die Stadt treiben und dadurch ein kräftiges Mittel werden, auf der einen Seite die Arbeitslöhne auf dem flachen Lande zu heben, auf der anderen die weitere Entwicklung des Maschinenwesens daselbst zu fördern."

Das Verhalten des Herrn Bulgakow zu dieser Art der Fragestellung durch einen Sozialdemokraten und durch einen Agrarier ist äußerst charakteristisch, es ist ein Muster jener Stellung, die die gesamte moderne „Kritik" überhaupt zwischen der Partei des Proletariats und der Partei der Bourgeoisie eingenommen hat. Der Kritiker ist natürlich nicht so engherzig und nicht so schablonenhaft, den Standpunkt des Klassenkampfes und der Revolutionierung aller gesellschaftlichen Beziehungen durch den Kapitalismus einzunehmen. Wenn andererseits aber unser Kritiker auch „vernünftiger" geworden ist, so hindern ihn doch die Erinnerungen an jene Zeit, da er noch „jung und unvernünftig" war und die Vorurteile des Marxismus teilte, das Programm seines neuen Genossen, des Agrariers, völlig zu akzeptieren, der aus der Schädlichkeit der Maschinen für „die gesamte Landwirtschaft" ganz vernünftig und folgerichtig den Wunsch herleitet: Verbieten! Und so gerät unser braver Kritiker in die Lage des Buridanschen Esels, der zwischen zwei Heubündeln steht: einerseits ist ihm bereits jedes Verständnis für den Klassenkampf abhanden gekommen; er vermag nur mehr von der Schädlichkeit der Maschinen für „die gesamte Landwirtschaft" zu sprechen, wobei er vergisst, dass die gesamte moderne Landwirtschaft in erster Linie von Unternehmern geleitet wird, die nur an ihren Profit denken; er hat so sehr jene „Jugendjahre" vergessen, wo er Marxist war, dass er bereits die ganz alberne Frage aufwirft, ob die technischen Vorteile der Maschinen ihre schädliche Wirkung auf die Arbeiter „aufwiegen" (diese schädliche Wirkung aber übt nicht allein die Dampfdreschmaschine, sondern auch der Dampfpflug, die Mähmaschine, die Reinigungsmaschine usw.), ja er bemerkt nicht einmal, dass der Agrarier im Grunde genommen nichts anderes erstrebt als eine noch stärkere Versklavung des Arbeiters, sowohl im Winter als auch im Sommer. Andererseits erinnert er sich dunkel jenes veralteten „dogmatischen" Vorurteils, dass ein Verbot von Maschinen eine Utopie ist. Armer Herr Bulgakow! Ob es ihm wohl gelingen wird, sich aus dieser peinlichen Lage zu befreien?

Interessant ist, dass unsere Kritiker, die bemüht sind, die Bedeutung der landwirtschaftlichen Maschinen auf jede Art herabzusetzen, wobei sie sogar zum „Gesetz des abnehmenden Bodenertrages" ihre Zuflucht nehmen, gleichzeitig vergaßen (oder es absichtlich unterließen), jenen neuen technischen Umschwung in der Landwirtschaft zu erwähnen, den die Elektrotechnik vorbereitet. Im Gegensatz dazu hat Kautsky, der nach dem mehr als ungerechten Urteil P. Maslows „den wesentlichen Fehler beging, dass er in keiner Weise die Richtung der Entwicklung der Produktivkräfte in der Landwirtschaft bestimmt hat" („Schisn" 1901, Nr. 3, S. 171), auf die Bedeutung der Elektrizität für die Landwirtschaft bereits im Jahre 1899 hingewiesen („Agrarfrage"). Heute treten die Anzeichen der bevorstehenden technischen Umwälzung schon deutlicher hervor. Man versucht, theoretisch die Bedeutung der Elektrotechnik für die Landwirtschaft zu beleuchtenE. Auch praktische Landwirte äußern sich, die ihre Erfahrungen bei der Anwendung der Elektrizität schildern (Pringsheim zitiert ein Buch von Adolf Seufferheld, der über die Erfahrungen in seiner Wirtschaft berichtet), sie sehen in der Elektrizität ein Mittel, die Landwirtschaft wieder gewinnbringend zu gestalten, und fordern Regierung und Landwirte zum Bau zentraler Kraftwerke und zur Massenerzeugung von elektrischer Kraft für die Landwirte auf. (In Königsberg erschien im vergangenen Jahre ein Buch des ostpreußischen Großgrundbesitzers P. Mack: „Der Aufschwung unseres Landwirtschaftsbetriebes durch Verbilligung der Produktionskosten. Eine Untersuchung über den Dienst, den Maschinentechnik und Elektrizität der Landwirtschaft bieten".)

Pringsheim macht die unseres Erachtens sehr treffende Bemerkung, die moderne Landwirtschaft nähere sich – dem allgemeinen Stande ihrer Technik und vielleicht auch ihrer Ökonomik nach – jenem Entwicklungsstadium der Industrie, das Marx als „Manufaktur" bezeichnet habe. Vorwiegen von Handarbeit und einfacher Kooperation, sporadische Anwendung von Maschinen, verhältnismäßig geringer Umfang der Produktion (wenn man z. B. die Summe der von einem Unternehmen jährlich verkauften Produkte zugrunde legt), zumeist relativ beschränkter Markt, Verbundenheit zwischen Groß- und Kleinbetrieb (wobei letzterer, ähnlich den Heimarbeitern in ihrem Verhältnis zum Großunternehmer der Manufaktur, ersterem die Arbeitskraft liefert, oder aber ersterer dem letzteren sein „Halbfabrikat" abkauft, wie das durch die Großwirte beim Ankauf von Rüben, Vieh usw. bei den kleinen Landwirten geschieht) – alle diese Merkmale sprechen in der Tat dafür, dass die Landwirtschaft die Stufe einer wirklichen „großen Maschinenindustrie" im Sinne von Marx noch nicht erreicht hat. In der Landwirtschaft gibt es noch kein „Maschinensystem", bei dem die Maschinen zu einem einheitlichen Produktionsmechanismus verbunden wären.

Man darf diesen Vergleich natürlich nicht übertreiben. Einerseits kennt die Landwirtschaft Besonderheiten, die absolut nicht zu beseitigen sind (sofern wir absehen von der in allzu weiter Ferne liegenden und allzu problematischen Möglichkeit einer künstlichen Herstellung von Eiweiß und von Nahrungsmitteln); infolge dieser Besonderheiten wird die maschinenmäßige Großindustrie in der Landwirtschaft niemals alle jene Eigenschaften aufweisen, die sie in der Industrie auszeichnen. Andererseits hat auch in der Manufaktur schon der industrielle Großbetrieb die Vorherrschaft und eine beträchtliche technische Überlegenheit über den Kleinbetrieb errungen. Diese Überlegenheit suchte der kleine Unternehmer während geraumer Zeit zu paralysieren durch die Verlängerung der Arbeitszeit und die Einschränkung seiner Bedürfnisse, die für den Heimarbeiter wie für den modernen Kleinbauer so charakteristisch sind. Das Vorwiegen der Handarbeit in der Manufaktur gewährte dem Kleinbetrieb noch eine gewisse Möglichkeit, sich mit Hilfe solcher „heroischen" Mittel über Wasser zu halten. Allein jene Leute, die sich dadurch verlocken ließen und von der Lebensfähigkeit des Heimarbeiters sprachen (ähnlich wie die heutigen Kritiker von der Lebensfähigkeit des Bauern reden), wurden sehr bald widerlegt durch jene „zeitweilige Tendenz", die das „Universalgesetz" des technischen Stillstandes paralysiert. Wir erinnern beispielsweise an die russischen Erforscher der Hausweberei im Moskauer Gouvernement in den siebziger Jahren. In der Baumwollweberei, erklärten sie, habe der Handweber ausgespielt, da habe die Maschine die Oberhand gewonnen. In der Seidenweberei dagegen vermöge sich der Heimarbeiter noch zu halten, da die Maschinen noch nicht genügend vervollkommnet seien. Es vergingen zwei Dezennien, da hatte die Technik dem Kleinbetrieb wieder eine seiner letzten Zufluchtsstätten genommen, gleichsam, als wollte sie sagen – denen, die Ohren haben zu hören und Augen zu sehen –, dass der Volkswirtschaftler stets nach vorwärts blicken muss, in die Richtung des technischen Fortschritts, sonst bleibt er schnell zurück, denn wer nicht vorwärts blicken will, der wendet der Geschichte den Rücken zu: einen Mittelweg gibt es hier nicht, und kann es nicht geben.

Jedenfalls sollten die Schriftsteller, die, wie F. O. Hertz, über dieses Thema (Konkurrenzverhältnisse zwischen Groß- und Kleinbetrieb) gehandelt und den Einfluss der Elektrotechnik ignoriert haben, ihre Untersuchung von neuem anfangen", bemerkt Pringsheim treffend. In noch weitgehenderem Maße gilt seine Bemerkung für das zweibändige Werk des Herrn Bulgakow.

Elektrische Energie ist billiger als Dampfkraft, sie lässt sich leichter verteilen, auf sehr weite Entfernungen viel leichter übertragen; dabei ist der Gang der Maschinen ein exakterer und ruhigerer, daher ihre große Überlegenheit sowohl beim Dreschen und Pflügen als auch beim Melken und HäckselnF usw. Kautsky führt ein ungarisches LatifundiumG an, in dem die elektrische Energie von einem zentralen Kraftwerk aus zum Antrieb landwirtschaftlicher Maschinen, zum Rübenschneiden, zur Wasserförderung, zur Beleuchtung usw. nach allen Richtungen den entferntesten Teilen des Gutes zugeleitet wird.

Zur Förderung von 300 Hektoliter Wasser täglich aus einem 29 Meter tiefen Brunnen in ein 10 Meter hohes Reservoir und zur Bereitung von Futter für 240 Kühe, 200 Kalbinnen und 60 Zugochsen und Pferde, also zum Schroten, Rübenschneiden und Häckseln, waren im Winter zwei Paar Pferde, über den Sommer ein Paar Pferde erforderlich, welcher Stand einen Kostenaufwand von 1500 Gulden verursachte. Statt der Zugtiere arbeiten nun ein drei- und ein fünfpferdiger Motor, deren Arbeit sich mit Einrechnung sämtlicher Spesen auf 700 Gulden stellt, somit um 800 Gulden weniger als vorher…" (Kautsky, „Die Elektrizität in der Landwirtschaft".)

Mack berechnet die Kosten eines Pferdearbeitstages auf drei Mark; beim Ersatz der Pferdekraft durch Elektrizität kostet die gleiche Leistung 40–75 Pf., d. h. sie wird um 400–700 Prozent billiger. Würden, schreibt er, in der deutschen Landwirtschaft im Verlaufe von 50 oder mehr Jahren 1¾ Millionen Pferde durch Elektrizität ersetzt (im Jahre 1895 wurden in der deutschen Landwirtschaft für Feldarbeiten 2,6 Millionen Pferde, 1,0 Million Ochsen, 2,3 Millionen Kühe verwendet, darunter 1,4 Millionen Pferde und 0,4 Millionen Ochsen in Wirtschaften von über 20 ha), so würde dies die Ausgaben von 1.003 Millionen Mark auf 261 Millionen, d. h. um 742 Millionen Mark, herabsetzen. Eine Riesenfläche, die Viehfutter liefert, könnte so zur Erzeugung menschlicher Nahrung, zur Verbesserung der Ernährung der Arbeiter, die Herr Bulgakow so sehr mit dem „Rückgang der Gaben der Natur", der „Brotfrage" usw. schreckt, verwendet werden. Mack empfiehlt nachdrücklich eine Zusammenfassung der Landwirtschaft und Industrie zum Zwecke ständiger Ausbeutung elektrischer Energie; er empfiehlt den Bau eines masurischen Kanals, der fünf elektrische Überlandzentralen mit elektrischer Kraft speisen könnte, die im Umkreise von 20–25 km die Landwirte mit Elektrizität versorgen sollen, ferner eine Ausnützung des Torfes zu gleichen Zwecken und fordert den Zusammenschluss der Landwirte, da „es nur noch möglich ist, genossenschaftlich und in Verbindung mit Industrie und Großkapital unser Gewerbe lohnend zu machen". (Mack, S. 48.) Natürlich wird die Anwendung neuer Produktionsmethoden auf zahlreiche Schwierigkeiten stoßen und sich nicht glatt abwickeln, sondern im Zickzack verlaufen. Allein, dass sie einsetzen wird, dass eine Revolutionierung der Landwirtschaft unvermeidlich ist, darüber kann wohl kein Zweifel bestehen.

Das bedeutet die Ersetzung der meisten Gespanne durch Elektromotoren. Das bedeutet weiter", sagt Pringsheim mit Recht, „die Möglichkeit eines Maschinensystems in der Landwirtschaft… Was die Dampfkraft nicht vermochte, das wird die Anwendung der Drehstromtechnik sicher bewirken, die Verwandlung der Landwirtschaft aus einer alten Manufaktur in einen modernen Großbetrieb." (l. c. S. 413.)

Wir wollen uns hier nicht weiter darüber verbreiten, welchen gewaltigen Sieg der Großindustrie das Eindringen der Elektrotechnik in die Landwirtschaft bedeuten wird (und teilweise bereits bedeutet), da das zu offensichtlich ist, als dass es noch einer besonderen Betonung bedürfte. Betrachten wir lieber einmal jene modernen Wirtschaften, in denen im Keime jenes „Maschinensystem" vorgebildet ist, das vom zentralen Kraftwerk in Gang gebracht werden wird. Ein Maschinensystem erfordert doch zunächst eine praktische Erprobung verschiedener Maschinen, erfordert Beispiele gleichzeitiger Verwendung mehrerer Maschinen. Die Antwort auf diese Frage erteilen die Angaben der deutschen landwirtschaftlichen Betriebszählung vom 14. Juni 1895. Wir haben Daten über die Anzahl der Wirtschaften jeder Gruppe, die eigene oder fremde Maschinen verwendeten. (Herr Bulgakow irrt, wenn er auf S. 114 des zweiten Bandes einen Teil dieser Angaben anführt und annimmt, sie bezögen sich auf die Anzahl der Maschinen. Nebenbei bemerkt, die Angaben über die Anzahl der eigene oder fremde Maschinen verwendenden Wirtschaften lassen selbstverständlich die Überlegenheit des Großbetriebes schwächer erscheinen, als sie in Wirklichkeit ist. Die Großbetriebe haben häufiger eigene Maschinen als die kleinen, die für deren Benutzung zu teuer bezahlen müssen.) Diese Angaben betreffen entweder die Verwendung von Maschinen überhaupt oder aber die Verwendung bestimmter Maschinenarten im Besonderen, so dass wir nicht feststellen können, wie viele Maschinen die Wirtschaften der verschiedenen Gruppen verwendet haben. Wenn wir aber für jede Gruppe die Zahl aller Wirtschaften, die eine bestimmte Maschinenart verwendeten, addieren, so erhalten wir die Anzahl der Fälle der Verwendung landwirtschaftlicher Maschinen verschiedenster Art. Wir geben hier die so gruppierten Zahlen, die uns zeigen, wie das „Maschinensystem" in der Landwirtschaft vorbereitet wird:

Umfang der Wirtschaften

Auf 100 Wirtschaften entfallen (1895)

Wirtschaften, d. überhaupt landwirtschaftl. Maschinen verwenden

Fälle der Verwendung der einen oder anderen Art landwirtschaftl. Maschinen

Unter 2 ha

2,03

2,30

2– 5

13,81

15,46

5 – 20 „

45,80

56,04

20 – 100 „

78,79

128,46

100 u. darüber

94,16

352,34

Insgesamt

16,36

22,36

Mithin sehen wir, dass in den Kleinwirtschaften bis zu 5 ha (diese Wirtschaften umfassen über drei Viertel der Gesamtzahl: 4,1 Millionen von 5,5 Millionen, d. h. 75,5 Prozent, verfügen jedoch nur über 5 Millionen Hektar Land von insgesamt 32½ Millionen, d. h. 15,6 Prozent) die Anzahl der Fälle der Verwendung landwirtschaftlicher Maschinen der einen oder anderen Art (einschließlich der Maschinen für die Milchwirtschaft) eine ganz minimale ist. Von den Mittelbetrieben (5-20 ha) verwenden Maschinen überhaupt weniger als die Hälfte der Wirtschaften und auf je 100 Wirtschaften entfallen nur 56 Fälle der Verwendung landwirtschaftlicher Maschinen. Nur im kapitalistisch betriebenen GroßbetriebH verwendet die Mehrzahl der Wirtschaften ¾-9/10) Maschinen, so dass sich ein Maschinensystem herauszubilden beginnt: auf jede Wirtschaft entfällt mehr als ein Fall der Verwendung von Maschinen. Folglich werden mehrere Maschinen in einer Wirtschaft verwendet. So verwendeten beispielsweise von den Wirtschaften mit über 100 ha jede etwa 4 Maschinen (352 Prozent bei 94 Prozent überhaupt Maschinen verwendender Wirtschaften). Von 572 Latifundien (Wirtschaften mit 1000 ha und darüber) verwendeten Maschinen 555, die Zahl der Fälle von Maschinenverwendung beläuft sich auf 2800, d. h. jeder Betrieb verwendete je 5 Maschinen. Daraus ist ersichtlich, welche Betriebe eine „elektrische" Revolution vorbereiten und welche am meisten davon profitieren werden.

A Hertz hält daran mit besonders „siegesbewusster" Miene fest, indem er die Falschheit des „absoluten" Urteils beweist (S. 65), dass der Dampfpflug „unter allen Umständen" dem Gespannpflug überlegen sei. Das heißt denn doch wirklich offene Türen einrennen!

1 In dem Text der „Agrarfrage", der in der „Sarja" veröffentlicht wurde, wie auch in dem der späteren Ausgaben der „Agrarfrage" (1905 und 1908) heißt es nicht wie bei Bensing, den Lenin zitiert, „3179 Arbeitstage", sondern „2608 Arbeitstage". Den gleichen Fehler macht S. Bulgakow („Kapitalismus und Landwirtschaft", I. Band). Es handelt sich darum, dass Bensing auf Seite 42 seiner Arbeit nacheinander zwei analoge Tabellen mit folgender Zahl von Arbeitstagen für die drei im Zitat erwähnten Wirtschaftssysteme, jedoch unter verschiedenen Arbeitsbedingungen, bringt:

I. 712 II. 1615 III. 3179

I. 262 II. 1199 III. 2608

Bei der Wiedergabe der ersten Tabelle wurde die dritte Zahl versehentlich der zweiten Tabelle entnommen.

B In Davids Buch „Sozialismus und Landwirtschaft" (1903) wird dieses fehlerhafte Verfahren wiederholt. (Anm. des Verfassers zur Auflage von 1908. Die Red.)

C Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 112, S. 36.

D Vgl. Bd. I, S. 51: „…die Dampfdreschmaschine… erfüllt die Hauptarbeit der ohnehin arbeitsarmen Winterperiode (der Nutzen dieser Maschine für die gesamte [sic!!] Landwirtschaft ist daher mehr als fraglich; wir werden dieser Tatsache noch begegnen)."

E Vgl. Dr. Otto Pringsheim, „Landwirtschaftliche Manufaktur und elektrische Landwirtschaft", Brauns Archiv, XV, 1900, S. 406-418 und K. Kautskys Artikel in der „Neuen Zeit" XIX, I. 1900/01, Nr. 18, „Die Elektrizität in der Landwirtschaft".

F Dies dem kühnen Herrn Bulgakow, der frischweg und grundlos von „solchen Zweigen der Landwirtschaft" spricht, „die der Maschine überhaupt unzugänglich, wie z. B. die Viehzucht", zur Kenntnis! (I, S. 49.)

G Wiederum Herrn Bulgakow, der von der „Entartung der Großbetriebe zu Latifundien" faselt, zur Kenntnis!

H Über 20 ha besitzen nur 0,3 Millionen Wirtschaften von insgesamt 5,5 Millionen, d.h. nur 5,5 Prozent der Gesamtzahl; doch verfügen sie über 17,7 Millionen ha Land von insgesamt 32,5 Millionen, d. h. über 54 4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche.

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