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Wladimir I. Lenin 19010900 Die Agrarfrage und die „Marxkritiker"

Die Agrarfrage und die „Marxkritiker“1

[Geschrieben im zweiten Halbjahr 1901. Die Kapitel I–IV erschienen zum ersten Mal im Dezember 1901 in der ZeitschriftSarja", Nr. 2 u 3 gezeichnet: N. Lenin; die Kapitel V-IX im Februar 1906 in der Zeitschrift „Obrasowanije, Nr. 2, gezeichnet: N. Lenin. Nach Sämtliche Werke, Band 4.1, Wien-Berlin 1928, S. 215-350]

„… Den Nachweis führen,… dass der dogmatische Marxismus auf dem Gebiet der Agrarfragen aus dem Felde geschlagen ist, hieße offene Türen einrennen…" So erklärte im vergangenen Jahre „Russkoje Bogatstwo" durch den Mund des Herrn V. Tschernow (Jahrgang 1900, Nr. 8, S. 204)2. Eine merkwürdige Eigenschaft besitzt doch dieser „dogmatische Marxismus"! Seit Jahren versichern die gelehrten und gelehrtesten Leute Europas mit wichtiger Miene (und die Zeitungsschreiber und Journalisten wiederholen und variieren es auf ihre Art), dass der Marxismus von der „Kritik" bereits aus dem Felde geschlagen sei, – und nichtsdestoweniger beginnt jeder neue Kritiker diese angeblich bereits zerstörte Position erneut anzugreifen. Sowohl in der Zeitschrift „Russkoje Bogatstwo" als auch in dem Sammelbuch „Auf ruhmvollem Posten" rennt z. B. Herr V. Tschernow volle 240 Seiten hindurch offene Türen ein, indem er sich mit dem Leser über das Buch von Hertz „unterhält". Das so eingehend wiedergegebene Werk von Hertz, der sich seinerseits mit dem Buche Kautskys befasst, ist bereits ins Russische übersetzt. Herr Bulgakow hat in Erfüllung seines Versprechens, denselben Kautsky zu widerlegen, eine ganze zweibändige Untersuchung veröffentlicht. Nun dürfte es wohl niemandem mehr gelingen, sei es auch nur Überreste des von solchen Papierbergen der Kritik zermalmten „dogmatischen Marxismus" zu entdecken.

I. Das „Gesetz" des abnehmenden Bodenertrages

II. Die Rententheorie

III. Die Maschinen in der Landwirtschaft

IV. Die Aufhebung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land – von den „Kritikern" aufgeworfene Einzelfragen

V. „Das Gedeihen der fortgeschrittenen modernen Kleinwirtschaften" – das Beispiel Badens

VI. Die Produktivität des Kleinbetriebes und des Großbetriebes – ein Beispiel aus Ostpreußen

VII. Die badische Enquete über die Bauernwirtschaft

VIII. Die allgemeinen Ergebnisse der deutschen landwirtschaftlichen Statistik für die Jahre 1882 und 1895 – Die Frage der Mittelbetriebe

IX. Die Molkereiwirtschaft und die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Deutschland – Die deutsche Landbevölkerung nach ihrer Stellung in der Wirtschaft

1 Die ersten neun Kapitel der Leninschen Abhandlung „Die Agrarfrage und die ,Marx-Kritiker"' wurden im Jahre 1901 verfasst. Die ersten vier Kapitel wurden in der Zeit vom Juli–September geschrieben und erschienen in Heft 2/3 der „Sarja" im Dezember 1901 unter dem Titel: „Die Herren ,Kritiker' in der Agrarfrage (1. Aufsatz)". Im Jahre 1905 erschienen dann diese vier Kapitel legal im Verlag „Burewestnik" in Form einer Sonderbroschüre N. Lenins mit dem abgeänderten Titel „Die Agrarfrage und die ,Marx-Kritiker'" (der Umschlag enthält den Vermerk: „Von der Zensur genehmigt, Odessa, den 23. Juli 1905."). Der neue abgeänderte Titel der Leninschen Arbeit wurde vom Verfasser auch bei den folgenden Ausgaben sowohl der Gesamtarbeit als auch ihrer einzelnen Teile beibehalten. Die Kapitel V–IX erschienen zum ersten Mal im Jahre 1906 in der legalen Zeitschrift „Obrasowanije", Heft 2 (ohne die Kapitel I–IV), mit folgender Anmerkung des Verfassers: „Vorliegende Aufsätze wurden im Jahre 1901 verfasst. Ihr erster Teil erschien im vergangenen Jahre in Odessa als Broschüre (im Verlag „Burewestnik"); der zweite Teil erscheint hier zum ersten Male. Jeder Aufsatz stellt ein mehr oder weniger abgeschlossenes Ganzes dar; ihren gemeinsamen Gegenstand bildet die Analyse der in der russischen Literatur gegen den Marxismus gerichteten Kritik." Die Kapitel V–IX sind mit Untertiteln versehen, was in der „Sarja" nicht der Fall war. Im Buche W. Iljins „Die Agrarfrage", Teil I (1908), wurde vorliegende Arbeit mit Hinzufügung von zwei neuen Kapiteln gedruckt (X. und XI., diese Kapitel werden, ebenso wie Kapitel XII, im entsprechenden Bande der „Gesamtausgabe" Aufnahme finden); der Text erfuhr hierbei einige stilistische Änderungen und wurde durch mehrere Anmerkungen ergänzt: alle Kapitel wurden mit Untertiteln versehen. Das letzte (XII.) Kapitel schließlich, das im Sammelbuch „Die Agrarfrage" zufällig weggefallen war, erschien zum ersten Mal im Sammelwerk „Tekuschtschaja Schisn" („das tägliche Leben") (1908). Einige statistische Tabellen, die in der „Agrarfrage" angeführt sind, weisen unerhebliche Irrtümer in den Berechnungen auf, die wahrscheinlich durch Verschulden der Druckereien, die Lenins Arbeiten damals druckten, entstanden sind und vom Verfasser später nicht berichtigt wurden. In den Fällen, in denen es sich um offensichtliche Fehler handelte, wurden diese von der Redaktion der vorliegenden Auflage ohne besondere Hinweise berichtigt. Doch in einigen Fällen, in denen es sich um Verhältniszahlen handelt, die Lenin anführt, hat es sich als unmöglich erwiesen, die Tabellen zu berichtigen, da das Fehlen des Leninschen Manuskriptes oder Konzeptes es nicht gestattete, die „Quelle" des Fehlers und folglich auch den Charakter der wünschenswerten Berichtigungen genau festzustellen. Die Berechnungen sind in diesen Fällen unverändert geblieben.

2 In seiner „Agrarfrage" kritisierte Lenin folgende im „Russkoje Bogatstwo" im Jahre 1900 erschienenen Artikel W. M. Tschernows: „Die Typen der kapitalistischen Evolution und der Agrar-Evolution" und „Zur Frage der kapitalistischen Agrar-Evolution".